Zum Deife mim Deckl...
... so lautete das bayrische Motto der Münchner Demonstranten.
Angereist mit dem Sonderzug Nr. 2 der Deutschen Bahn, kamen knapp 1000 Demonstranten aus München morgens um 9.28 Uhr am Berliner Hauptbahnhof an. Alleine die STKM konnte 470 TeilnehmerInnen aktivieren an der Demonstration teilzunehmen, diese setzten sich aus allen Berufsgruppen zusammen.
Am Aufstellungsort Kapellenufer heizte die Band Promillos aus Zwickau und die Drummergruppe Big Drums den Demonstratnen ordentlich ein.Auf der Showbühne konnten sich die teilnehmenden Häuser vorstellen und machten auch reichlich davon Gebrauch.
An den Ständen von Gewerkschaften und Berufsverbänden bestand auch die Möglichkeit sich mit Fahnen und sonstigem Demomaterial sich aus zustatten, es sei gesagt, dass Ver.di die besten Pfeiffen hat.
Viele Teilnehmer hatten Transparente selbst gestaltet und mitgebracht. Der Phantasie waren keine Grenzen gesetzt. Die TeilnehmerInnen der STKM trugen ein Wiesnherzerl mit der Aufschrift "Zum Deife mim Deckl" um den Hals, wir wurden damit sehr bestaunt. Nachdem ich auf der Veranstaltung mehrfach gefragt wurde ob ich es übersetzen könnte: Zum Teufel mit dem Deckel, so lautet es auf Hochdeutsch.
Der Veranstalter gab Hinweise zum Verhalten innerhalb der "Bannmeile" im Regierungsviertel. Die Volksvertreter hatten darum gebeten, diese doch bitte in einem Schweigemarsch zu durchschreiten, damit sie nicht in ihrer Arbeit gestört würden. Von den Teilnehmern war das Verständins hierfür sehr gross, immerhin haben wir sie ja gewählt.
Die Schlange der Demonstranten staute sich bis zum Bahnhof zurück, nach Polizeiangaben waren ca. 20.000 mit dem Zug angereist.
Um 12 Uhr begann der Marsch zum Brandenburger Tor. Innerhalb der Bannmeile wurde wenig gesprochen, dennoch war es nicht wirklich leise, es schien so, als wäre die Trillerpfeiffe den TeilnehmerInnen im Mund festgewachsen
Am Brandenburger Tor sorgte dann erst die Band der Toten Ärzte für Stimmung, bevor dann die Redner begannen. Die Besetzung der Sprecher war hochkarätig gewählt.
Der Demonstrationszug war auf 135.000 TeilnehmerInnen angestiegen. Die Berliner sind ja erfahren in solchen Situation, doch schafften wir es die Fanmeile zu sprengen - die Demonstranten stauten sich bis auf die Zufahrtsstrassen. Selbst der Auftritt von Barak Obama hatte "nur" 60.000 Bürger angelockt.
Christian Ude, Vorsitzender des Deutschen Städtetags und Münchner Oberbürgermeister brachte die Misstände in den Krankenhäusern in seiner Rede gut herüber. Es fehlt an allen Ecken, die Finazierung ist nicht gesichert.
Die Inhalte der Reden waren ziemlich identisch, was auch nicht anders zu erwarten war.
Die Frau Gesundheitsministerin Ulla Schmidt hatte noch vor Beginn der Demo ein 30 minütiges Gesprächsangebot für diesen Tag gemacht, was aber von den Veranstaltern abgelehnt wurde, da man ein solches Gespräch nicht zwischen "Tür und Angel" führen wollte.
Bereits auf der Hinfahrt habe ich mich mit TeilnehmerInnen aus den unterschiedlichen Berufsgruppen unterhalten, was ihre Motivation für die Reise ist. So stehen bei den TeilnehmerInnen Gründe wie mangelnde Zeit zur Versorgung der Patienten meist im Vordergrund, wen wundert es?
Im Jahr 1995 musste eine Pflegekraft noch sechs Patienten versorgen, im Jahr 2005 waren es bereits 12 Patienten, heute kommt auf eine Krankenschester 20 Patienten. - diese Zahlen nannte Marie Louise Müller vom Deutschen Pflegerat in ihrer Rede am Brandenburger Tor.
Für andere Kollegen steht wiederum die eigene Zufriedenheit mehr im Vordergrund, frei nach dem Motto, nur wenn es auch mir gut geht, kann es meinen Patienten auch gut gehen. Eine ebenso verständliche Aussage, da das Bourn out unter Pflegekräften recht hoch ist. Viele Dienstpläne werden heute schon mit geplanten Überstunden geschrieben. Bei einem Abbau der Pflegekräfte von 50.000 in den letzten 5 Jahren mehr als verständlich.
Befragt habe ich auch den Bürger, die Meinungen waren hier deutlich unterschiedlicher. Ein Herr meinte "Es könnte doch keinen Personalmangel in den Krankenhäusern geben, wenn an einem Tag soviele Mitarbeiter Zeit hätten zu demonstrieren und die Patientenversorgung dennoch gewährleistet ist, von anderen Bürgern kam deutlich mehr Verständnis. Vor allem von denen die in letzter Zeit selbst im Krankenhaus gelegen hatten und dies am eigenen Leib gespürt hatten.
Ich war sehr beeindruckt und habe es nicht bereut für zwei Nächte auf mein Bett zu verzichten und 22 Stunden im Zug zuverbringen, wollen wir doch hoffen, dass es auch einen Erfolg zeigen wird, ansonsten kommen aber auch die nächsten Wahlen und wir können dann unseren Volksvertretern, die nicht durch das Volk gestört werden wollen, zeigen was wir von ihnen halten.
Fairerweise muss ich noch hinzufügen, dass man die Regierung Merkel und Ulla Schmidt nicht alleinig dafür verantwortlich machen darf, sie haben es nicht erfunden, aber auch nicht abgeschafft - gedeckelt wurde unter Gesundheitsminister Seehofer vor 15 Jahren.
Der Zug auf der Rückfahrt war übrigens deutlich weniger gefüllt als auf der Hinfahrt, hatten doch einige nicht die Kosten gescheut ein "normales" Rückfahrtticket bei der Deutschen Bahn zu lösen um zu weniger ungünstigen Zeiten in München anzukommen als unsere Gruppe. Wer sagt die Deutsche Bahn hätte immer Verspätung, der hat nicht recht, manchmal kommt man auch früher an als man glaubt, auf unserer Rückfahrt waren wir um 3.35 Uhr in München, statt um 4.45 Uhr.