Quelle: Gewerkschaft für Beschäftigte im Gesundheitswesen
Dienstverpflichtung in der Freizeit? Mir passiert es ständig, daß mein Arbeitgeber an meinen freien Tagen bei mir anruft und mich zum Dienst holt. Im Falle einer Weigerung droht er mit einer Abmahnung. Ich trau mich kaum noch ans Telefon, wenn ich frei habe und habe mir jetzt einen Anrufbeantworter zugelegt. Ist dies tatsächlich meine einzige Möglichkeit, mich gegen diese Praktiken zu wehren? Sie haben mit Ihrem Arbeitgeber einen Vertrag abgeschlossen, der Sie zu einer bestimmten Arbeitsleistung verpflichtet. Innerhalb Ihrer Arbeitszeit sind Sie dem Direktionsrecht des Arbeitgebers unterworfen und müssen seinen Anweisungen Folge leisten. Sie sind jedoch nicht sein Leibeigener, so gerne das vielleicht mancher Arbeitgeber hätte. Ihre Freizeit gehört Ihnen und wird vom Arbeitsvertrag nicht erfasst. Dies bedeutet, daß Ihr Arbeitgeber Ihnen gegenüber in Ihrer Freizeit nicht weisungsbefugt ist. Nur in Notfällen kann er sie rufen, wobei an diesen Begriff strenge Kriterien anzulegen sind.
So versteht man unter Notfällen im Prinzip alle Formen von Katastrophen wie z.B. Großbrände, Massenunfälle, Epidemien etc.
Nicht zu den Notfällen gehört der Personalmangel durch Fehlplanungen des Arbeitgebers oder ein Personalausfall, wenn der Arbeitgeber keine Vorkehrungen getroffen hat, um diesen zu kompensieren. Gerade letzteres möchte ich an einem typischen Beispiel verdeutlichen.
Im Bereich der Nachtwachen passiert es immer wieder, daß eine Nachtwache krankheitsbedingt ausfällt und dies erst kurz vor Nachtwachenbeginn meldet. Dies ist auch dem Arbeitgeber bekannt. Er hätte die Möglichkeit, eine Rufbereitschaft einzurichten, bei der sich eine Kollegin für den Fall eines Nachtwachenausfalls bereit hält. Diese Rufbereitschaft kostet jedoch Geld, weshalb seitens der Arbeitgeber in der Regel darauf verzichtet wird. Wäre nun eine solche Rufbereitschaft eingerichtet und es fallen mehrere Nachtwachen gleichzeitig aus, so daß alle Kolleginnen, die in Rufbereitschaft sind, bereits gerufen wurden, kann der Arbeitgeber einen Notfall deklarieren und Sie aus der Freizeit holen. Hat er eine solche Rufbereitschaft, deren Anzahl sich nach dem erfahrungsgemäß durchschnittlichen Ausfall an Nachtwachen richten müßte, nicht eingerichtet, liegt ein Organisationsverschulden, aber kein Notfall vor.
Personalausfall am Tage ließe sich im übrigen auch durch interne Personalverschiebungen kompensieren und muß nicht zwangsläufig durch in Freizeit befindliches Personal aufgefangen werden.
Vergewissern Sie sich also, wenn Sie die Station verlassen und in Ihre wohlverdiente und geplante Freizeit gehen, daß es keine Dienstplanänderungen gegeben hat und geniessen Sie dann Ihr Frei ohne Angst vor dem Arbeitgeberanruf. Es ist Ihre freie Entscheidung, ob Sie bei einem Anruf zu- oder absagen. Zur Freizeit gehört neben dem im Dienstplan festgelegten Frei auch die Pause. Will Ihr Arbeitgeber Sie vorzeitig aus der Pause holen, müßte ebenfalls ein Notfall, in der Regel eine akute Patienten- bzw. Bewohnergefährdung, vorliegen.
DOCH ACHTUNG: Diese Aussagen gelten nicht für Zeiten, in denen Sie offiziell in Urlaub sind. Urlaub ist ein Sonderfall und kann bei entsprechenden betrieblichen Gründen jederzeit durch den Arbeitgeber abgebrochen werden. Allerdings ist der Arbeitgeber in diesem Fall verpflichtet, Ihnen nachweisbare finanzielle Schäden zu ersetzen.