Warum lässt sich Pflege weiterhin mit dem Vornamen ansprechen?
Ich denke, es gibt viele Erklärungen dafür:
-Angst vor Verantwortung
-Um ein trügerisches/falsches Gefühl von Nähe zu erzeugen
-Angst vor Patienten
-Verlustängste, was „Besonderes zu sein“
-Angst angreifbarer zu werden
-Seine Berufsrolle vertreten zu müssen
Es wird hartnäckig daran festgehalten, obwohl dies aus fachlichen Gründen nicht zu befürworten ist. Kommunikationsregeln im Umgang mit Distanz und Nähe werden einfach ignoriert. Wobei auch dies in unserer Fachlichkeit eine entscheidende Rolle spielt.
In der psychiatrischen Pflege ist dies schon weiter verbreitet sich mit Nachnamen vorzustellen, da Kommunikation und Beziehung eindeutig zu den Aufgaben gehört.
Auch die Altenpflege ist dort weiter, sie kennt von der Ausbildung her nicht diese Anrede.
Wobei es dann auch wieder erschreckend ist, dass auch diese zu dieser Form der Anrede übergehen ohne sich damit auseinander gesetzt zu haben.
Berufspolitisch ist es auch ein Dilemma und auch dort sind diese Forderungen schon sehr alt und bekannt. Wer kann jemanden ernst nehmen, der sich mit „Schwester Heidi“ vorstellt?
Im multiprofessionellen Team werden auch wir deutlicher und ernster wahrgenommen, wenn wir zu unserem Nachnamen stehen. Es kann nicht mehr so einfach gesagt werden, das macht die Schwester. Wir treten aus dem „Gesichtslosen „ heraus und sind nicht mehr so einfach austauschbar. Auch trifft dies natürlich auch auf die Beziehung mit dem Patienten zu.
Dann der Patient; er hat ein Recht darauf unseren vollen Namen zu erfahren. Genauso wie ich ein Recht darauf habe den Nachnamen meines Arztes zu erfahren.
Ich mag meinen Beruf sehr, deshalb ist mir es wichtig auch dafür einzutreten. Aber wenn wir nicht in der Lage sind, diese einfachen Qualitätsanforderungen, die nur zum Vorteil sein können, umzusetzen dann müssen wir uns nicht wundern, dass uns keiner ernst nimmt.
Natürlich ist es ein Umgewöhnungsprozess und man muss immer wieder darauf hinweisen, dass man mit dem Nachnamen angesprochen wird. Da ich auch beide Seiten kennen gelernt habe, kann ich nur sagen es lohnt sich.
Es hat auch nun mal gar nichts mit der alten Berufsbezeichnung „Krankenschwester“ zu tun,
sondern es kommt auf den Inhalt an.
Es ist nun schon über 10 Jahre her, dass dies gefordert wird und für mich ist es erschreckend,
dass immer noch so wenige professionell damit umgehen. Oder man könnte sagen: „Sage mir wie Du heißt, sage ich Dir wer Du bist“. Quasi könnte man behaupten, man gibt sich selber zu erkennen, wer ein Profi ist und wer eben nicht.
Dazu noch einen Link von 2003:
http://www.klinikum.nuernberg.de/DE/ueber_uns/aktuelles/knzeitung/2003/200301/pflege.pdf
Liebe Grüße Brady