Burn out - was kann ich machen?

Ich möchte das so nicht stehen lassen und nochmal darauf hinweisen, dass Burnout eine ernst zu nehmende Krankheit ist und nichts mit mangelndem Spaß an der Arbeit zu tun hat.

Es ist ein Unterschied ob man sich für eine Arbeit begeistern kann (Spaß hat) oder nicht... oder ob man das ständige Gefühl hat sich und anderen beweisen zu müssen, dass die eigenen überhöhten Berufserwartungen doch erfüllbar sind, wenn man sich nur genug Mühe gibt. Dieser Drang zum Perfektionismus führt geradewegs in Burnout.
Besonders betroffen sind nicht selten Menschen mit einem Helfersyndrom, wie man sie oft in sozialen Berufen findet.

Elisabeth

Na ja, ich wundere mich, dass ihr überhaupt noch von "Spaß bei der Arbeit" reden könnt. Die meisste Zeit geht es einfach nicht um Spaß.

Soviel ich weiß, tritt "Burn out" aber auch bei Unterforderung auf, sprich, wenn man das Gefühl hat, man darf und kann sowieso nur Dienst nach Vorschrift leisten und ist als Individuum überhaupt nicht gefragt. Das ist dann auch die fehlende Anerkennung. Dieses Gefühl, du sollst zwar alles irgendwie können und leisten, aber mehr wie eine Maschine, du selbst bist total austauschbar.

Ideelle Vorstellungen im Job sind sowieso lachhaft, ein Witz (ironisch gemeint); man kommt sich vor wie ein naives Dummchen, jemals solche Vorstellungen gehabt zu haben.

Als mein Sohn noch ganz klein war und ich gerade alleinerziehend, dachte ich, völlig egal, ob's Spaß macht, Hauptsache, ich kann uns ernähren usw. Es war angenehm zu erleben, dass es dann irgendwann doch anfing, Spaß zu machen!

Keineswegs würde ich die Diagnose "Burn out" abschwächen. Das Problem ist viel zu komplex, als es allein auf "Spaß bei der Arbeit" zu reduzieren.
 
Hallo
ich habe mich heute hier angemeldet und diese Thread gefunden. Nach dem Übefliegen der Beiträge finde auch ich mich in vielem wieder, habe aber noch eine andere Komponente zuzufügen: Agressionen.
Ich bin seit heute auf meinen Wunsch krankgeschrieben (und seit letzem Donnerstag auch wieder in ambulanter Therapie), weil ich trotz zwölftägiger Pause letztes Wochenende fast auf eine Kollegin und eine Bewohnerin losgegangen bin. Es hat mir richtig Angst gemacht zu sehen, wie weit unten meine Hemmschwelle ist.
Vielleicht hole ich aber mal ein wenig aus. Ich habe in einer großen Seniorenresidenz im ambulanten Dienst gearbeitet. Die Leute leben eigenständig in Appartements, es gibt nur einen kleinen stationären Bereich.
2007 war ich schon einmal beim Psychotherapeuten weil ich vor dem Dienst heulend zusammengebrochen bin. Eigentlich wollte ich damals eine dreimonatige Therapie in einer Tagesklinik machen, wovon mir meine PDL jedoch abriet. Ich Trottel habe mich tatsächlich bequatschen lassen, mein größter Fehler, auch wenn die ambulante Therapie mir damals schon geholfen hat. Kurz nach Abschluss ging ein sehr hässlicher Zickenkrieg im Team los, woraus ich versucht habe, mich herauszuhalten. War unmöglich. Seitdem war die Fluktuation bei uns sehr hoch, die Einarbeitung neuer Mitarbeiter wurde immer schlechter und die Anforderungen immer höher. Keiner der Neuen kennt den Ablauf richtig. Vor einem Jahr bekamen wir einen neuen Teamleiter, der aber gleichzeitig eine halbe stellv. PDL-Stelle bekleidet. Vom Typ her, ohne ihn verletzen zu wollen, ein typischer altachtundsechziger, der ständig versucht hat alles gleichzeitig zu machen und nichts fertig bekam. Zusätzlich kam immer mehr Druck der neuen Heimleitung, die anfangs die Arbeit des stationären und ambulanten Bereichs versuchte gleichzusetzen, was unmöglich ist.
Und ich hatte nichts besseres zu tun, als in alte Muster zu verfallen und zu versuchen, es allen recht zu machen. Mit der Zeit wurde ich nicht nur immer abgestumpfter, sondern auch immer agressiver. Am letzen Wochenende wäre es nun fast eskaliert, aber Gott sei Dank, eben nur fast. Sowohl die Kolleginnen, als auch meine PDL haben super reagiert. Den besten Satz hat meine französische Kollegin von sich gegeben : "Hast Du nicht auf Dich aufgepasst, selber Schuld." Sie hat so recht!
So, hat gutgetan sich das ganze mal von der Seele zu schreiben.
 
Ich wünsche Dir umso mehr die Ruhe und Gelassenheit, die Du brauchst, um mehr auf Dich zu achten...:emba:
 
Burnout ...

Mich hat gerade spontan eine Statistik dazu interessiert, aber ich habe indess diesen Burnout Test gefunden...

Ähm, ich finde das Thema wird generell etwas dramatisiert.
Nach dem Test bin ich auch gefährdet.
Finde ich pers. aber nicht.

Wär ich jetzt jemand der auch an Horoskope glaubt, dann drück ich mich ja selbst noch mehr in diese Richtung.
Nur weil alle so sensibilisert sind...

Gilt auch für Freunde/Kollegen/Forenteilnehmer, die einen ständig auf die Gefahr des Burnouts hinweisen müssen.
 
Wie möchtest Du das verstanden wissen? Klingt ein bischen wie "stellt Euch alle nicht so an!"
 
Ich habe bis zum heutigen Tag Probs die Diagnose Burnout anzunehmen und suche immer noch tausend Ausflüchte. Das unangenehmste an dieser Erkrankung ist, dass man selbst die Warnsignale nicht wahrnimmt und damit in der Spirale immer weiter nach unten durchrutscht. Erst die Depression bzw. der körperliche Zusammenbruch bringen die Erkenntnis.

Unter diesem Aspekt bitte ich dich Maniac mit solchen Aussagen mehr als vorsichtig zu sein. Schnell entstehen Mißverständnisse. Betroffene haben eh schon das Problem, dass sie sich schuldig fühlen und das Gefühl haben nicht richtig krank zu sein sondern einfach nur überarbeitet. Und das sie sich genug Mühe geben.

Ein Burnout ist eine ernstzunehmende Krankheit und in diesem Thread ist mir nich keiner begegnet, der seine Symptome über bewertet hat- im Gegenteil.

Elisabeth
 
Wie möchtest Du das verstanden wissen? Klingt ein bischen wie "stellt Euch alle nicht so an!"

Nee, so wars nicht gemeint.

Es war auch nicht auf irgendjemanden hier im Thread bezogen (hab ihn nämlich jetzt garnicht ganz gelesen). Mir begegnet es halt nur gehäuft (auch hier), dass gleich ein möglicher BurnOut in den Raum geschmissen wird, wenn irgendjemand seine Situation oder seine Probleme schildert.

Natürlich ist es nötig, jemanden, der sich in dieser bergab-Spirale befindet darauf hinzuweisen, nur ständig BurnOut zu schreien, halte ich für falsch.
Ist ja schon fast so wie das ständig Mobbing-Geschrei...
 
Wenn man es selbst nicht kennt, sollte man sich glücklich schätzen... und wenn einem die Sensoren für diese Erkrankung fehlen, vielleicht auch mal den Mund halten... besonders in diesem Thread.

Elisabeth
 
Wenn man es selbst nicht kennt, sollte man sich glücklich schätzen... und wenn einem die Sensoren für diese Erkrankung fehlen, vielleicht auch mal den Mund halten... besonders in diesem Thread.

Elisabeth


Ich denke nicht,dass der Vorredner jemanden hier auf den Schlips treten wollte oder gar die Erkrankung bagatellisieren wollte.Mein Mitgefühl gilt denen,die an dieser Kranheit leiden,ich kann mir nur sehr vage vorstellen,wie es sein muss,da ich nicht betroffen bin.Trotzdem steht es aber jedem frei,seine Meinung zu äussern und ich gebe Maniac Recht,es wird schnell vom Burn-Out gesprochen,wenn jemand erschöpft ist z.B.Ich habe es auch erlebt,dass es zu einer Art Schlagwort geworden ist.Das kann nicht richtig sein und dieses schnelle "Geschrei" trägt sich dazu bei,dass sich Betroffene nicht ernst genommen fühlen,bzw. die Erkrankung bagatellisiert wird.Ich denke,ein Burn-Out sollte nicht zur Volkserkrankung werden und schon gar nicht,von Laien diagnostiziert werden...das passiert aber und ich denke,dass meinte Maniac.Es wird schnell in den Raum geworfen...und das ist nicht richtig...
 
Ich muss Euch allen dreien recht geben. Aber manchmal ist man als Betroffener was das angeht einfach dünnhäutig.
 
Ich habe nicht verstanden, warum S.Deissler sein Buch "Depression" nennt. So langsam schwant mir warum.

Wie hieß es bei uns im Haus: es gibt kein Burnout. Korrekt, man kann es nicht verschlüsseln im ICD10- das geht nur mit den Ursachen und den Folgen:

In einem Thread "Burnout- was kann ich machen?" die Erkrankung infrage zu stellen, halte ich für mehr als schwierig. Vielleicht wäre es sinnvoll, dafür einen neuen Thread zu eröffnen... gerade weil dieser Thread betroffene Kollegen anspricht. Und gerade diese Kollegen sollten als letzte mit einer so einem Statement konfrontiert werden.

Kann man den Threaf ggf. splitten um das Problem: Burnout- ein neues Modewort- seperat zu diskutieren?

Elisabeth
 
Guten Abend,

zum Thema wurde viel Richtiges gesagt. Aus Erfahrung kann ich (als 1.Hilfe sozusagen) unbedingt eine Kur in einem Müttergenesungswerk (ohne Kinder) empfehlen.1 Anruf bei der Kasse genügt. Der Hausarzt unterschreibt die bei der KK angeforderten Unterlagen, dann wir der richtige Kurort gesucht, und Freunde/Oma... kümmern sich um die Kids und los gehts zum Schlafen, Weinen, Besprechen, Sporteln, Gleichgesinnte finden, innere Mitte suche, Konzept im kopf wieder herstellen, bekocht werden, noch mehr weinen und sich allmählich wieder aus dem freien Fall selber bremsen!
Eine für geringe Selbstbeteiligung von der Kasse geschenkte 3-wöchige Auszeit für die gesamte Person.
Die Nerven sind blank, sie werden da wieder aufgepolster.
Gute Besserung und bald viel Kraft und Lebensfreude.
HS
 
Hallo an alle,

über google bin ich auf dieses Forum gestossen und habe mich in vielen Eurer Beiträge wiedergefunden. Deshalb grabe ich diesen alten Thread aus und möchte auch meinen Senf dazu geben.
Ihr könnt alle von Glück reden, dass ihr eine starke Untertützung durch Euer Umfeld und Familie habt. Meine Situation ist um ein vielfaches komplizierter und schwieriger. Ich versuche mal, sie etwas zu beschreiben (vorsicht, lang!):
Vor einigen Jahren bin ich hier in die Region gezogen, der Liebe wegen. Zur Krankenpflege bin ich eigentlich durch den Zivildienst gekommen. HAbe die Weiterbildung zur Stationsleitung gemacht, als Stationsleitung gearbeitet, inzwischen auch die Weiterbildung zur PDL absolviert und bin seit einigen Jahren in wechselnden Stellen als Pflegedienstleitung tätig. Ich habe in meinem Beruf immer alles gegeben und eigentlich immer nur für den Beruf gelebt. Dann habe ich mich (mit vierzig) erstmals verliebt, bin zu ihr gezogen und habe hier eine neue Stelle als Pflegedienstleitung angenommen. Meine erste und einzige Liebe, die auch Krankenschwester ist, habe ich dann geheiratet, wir haben ein Haus gebaut und waren glücklich. Dann kam ein Schicksalsschlag nach dem anderen. Meine Frau wurde durch eine schwere Erkrankung arbeitsunfähig und ist jetzt pflegebedürftig. Sie erhält Frührente, was in unserem Beruf nicht gerade viel ist. Gut, ich verdiene als PDL etwas mehr und es reicht gerade so, um unsere Kredite vom Hausbau zurückzuzahlen und uns überm Wasser zu halten.
Doch in der letzten Zeit komme ich mit der enormen Doppelbelastung nicht mehr klar. Ich bin nur noch erschöpft, kann mich nicht mehr erholen, habe hin und wieder sogar den Wunsch all das zu beenden. Aber ich liebe meine Frau über alles und bin bereit, alles für sie zu tun. In der Arbeit wird mir alles zu viel und auch wenn meine Kollegen sagen, dass ich super Arbeit leist, so habe ich doch das Gefühl, dass es nicht reicht. Ich habe Angst vor der nächsten MDK-Kontrolle, obwohl das letzte Mal alles super war. Ich würde am liebsten alles hinschmeissen, weglaufen. Aber ich kann es nicht. Ich habe meine Frau, um die ich mich kümmern muss. Wir brauchen das Geld, sonst müssten wir Privatkonkurs anmelden. Ich brauche die Stelle und kann mir keine längere Auszeit leisten.
Ich war jetzt bei einem Psychiater, der mir ein Burn-Out diagnostiziert hat. Er hat mir Citalopram verschrieben. Ich war bei einem Psychotherapeuten, der den Eindruck hat, dass mir nichts fehlt (ich kann hervorragend verdrängen und schauspielen).
Ich weiß einfach nicht mehr weiter. Ich kann meine Frau nicht im Stich lassen. Für sie wäre es die größte Schande, wenn in ihrem Heimatort, wo wir unser Haus gebaut haben, es jemand mitbekommen würde, dass wir pleite sind. Umziehen kommt nicht in Frage, alles scheint mir aussichtslos. Und wenn ich die Beiträge von Euch lese, scheint sich das alles nur zu bewältigen lassen, wenn ich eine Auszeit nehme, Aber das geht halt einerseits finanziell nicht und andererseits bleibt noch die private Belastung.

So, jetzt habe ich Euch genug vorgejammert. Ich denke, es war für mich wichtig, mir mal alles von der Seele zu schreiben.

LG, Ein Brennender, der bald ausgebrannt ist.
 
Du beschreibst alle Züge, die man hat, bevor der körperliche Zusammenbruch kommt. Und der kommt unweigerlich, wenn du so weiter machst. Du kannst diese Entwicklung nur aufhalten, wenn du das Rad rigoros stoppst.

Ich habe lange Zeit geglaubt, dass ich es hinbekomme mit Kurzkrankschreibungen. Mit dieser Methode habe ich noch ca. 5 Jahre geschafft... und einen sehr, sehr hohen Preis dafür bezahlt. Ich bin jetzt seit 1,5 Jahren zuhause und es ist nach wie vor nicht möglich zu arbeiten. Mein Körper reagiert sofort auf jede Belastungserhöhung.

Auch ich habe es nicht wahrhaben wollen, dass ich ernsthaft krank bin. Ich musste erst ganz tief unten ankommen um die Schwere der Erkrankung überhaupt zu erfassen. Auch meine ambulante Thera hat lange gebraucht, bis ich zur Einsicht kam... über 5 Jahre. Mein Ziel damals war: schnell wieder funktionieren. Der Ansatz hat mich schlussendlich an den Abgrund gebracht.

Du musst also wählen, was dir wichtiger ist: Haus und Hof und der Ruf in der Nachbarschaft oder deine Gesundheit. Wenn du jetzt bewusst gegensteuerst, dann hast wahrscheinlich die Chance wieder stabil zu werden. Du wirst nie wieder das Pensum bewältigen, welches du dir die letzten Jahre aufgeladen hast. Aber es wird reichen. Weniger ist oft mehr.

Die Antidepressiva, wie dein SSRI, reduzieren den aktuellen Druck subjektiv. Da sehe ich mit der heutigen Erfahrung auch ein immenses Risiko drin. Man nimmt seine Grenzen noch schlechter wahr, weil die Symptome unterdrückt werden.
Ich nehme aktuell ADs- auf Anraten meiner Thera. Eine Therapie wäre sonst net möglich gewesen, weil die Symptome ohne AD zu stark waren. Und als die anfingen zu wirken, kam der Drang arbeiten zu müssen wieder. Meine Thera hat viel Kraft aufgewendet mich zur Vernunft zu bringen.

Was kannst machen: Erst mal akzeptieren: du bist ernsthaft krank. Dann: Hilfe suchen und annehmen. Aufhören den starken Mann zu spielen. Niemand, außer dir selbst, verlangt dies. Schuldnerberatung aufsuchen und nach Optionen suchen.

Elisabeth

PS Der "Verarmungswahn" ist übrigens kein gutes Zeichen. Er signalisiert: allerhöchste Zeit etwas zu tun gegen das Burnout.
 
Guten Abend zusammen,
seit dem 25.3.2010 bin ich arbeitsunfähig. Diagnose: Depressionen.
Bin seit 1978 in unserem Haus tätig, seit 1991 als STL. Bin seit 3 Jahren als abteilungsübergreifend für DPLäne, Ablaufveränderungen, etc. zuständig. Hatte durch Fort / Weiterbildung darauf hingearbeitet und war froh, diese Stelle zu bekommen. Vorteil für mich: Kein Schicht- und Wochenenddienst, keine körperliche Arbeit. Nachteil: kaum bzw. so gut wie kein Patientenkontakt. Mein Ziel bestand darin, die Bedürfnisse der Mitarbeiter so umfassend wie nur möglich in Bezug auf Arbeitszeiten, Dienstwünsche, etc. zu erkennen und sie zu berücksichtigen. Habe "Assistenzpersonal" mit ausgebildet und deren Tätigkeiten mit in die Abteilungen integriert.
Ich bin immer sehr ehrgeizig gewesen und habe mich beruflich voll eingebracht und daraus auch meine Bestärkung gezogen, dass ich ein produktives und nützliches Teil der Gesellschaft bin.
Vor 4 Jahren in 2. Ehe verheiratet, ein Haus gebaut, eigentlich alles im grünen Bereich....
Ich fühle mich - wie von fast allen vorher beschrieben- seit ca. 1 Jahr zunehmend schlechter und belasteter. Das alles habe ich in erster Linie auf meine schwierige persönliche Situation zurückgeführt: Bis Herbst 2009 war mein Mann nach jahrelanger Astinenz rückfällig, hat körperlich total abgebaut, Teerstühle gehabt, jegliche Hilfe abgelehnt, so dass ich überlegt habe, ihn ggf. zwangseinweisen zu lassen. Gott sei Dank hat er nach meinen drastischen Prognosen die Kurve gekriegt und ist wieder trocken. Im April 2009 begann der 6 monatige Aufenthalt meiner 28 jährigen Tochter in der Psychatrie. Seit einem erlittenen Missbrauch als Kind (von dem ich erst vor 12 Jahren Kenntnis erhielt) hat sie diverse psychische Probleme und ich habe immer noch wahnsinnige Schuldgefühle.
Beruflich war ich (wie eigentlich immer) total ge(über)fordert.
2009 war ich körperlich sehr anfällig, habe jedoch selten eine Krankschreibung gehabt, sondern viel durch Abbau von ständig wieder aufgebauten Plusstunden kompensiert. Fühlte mich hilflos, schuldig, kannte mich so nicht, hatte hypertone Krisen, Panikattacken und regelrechte Fressanfälle. Mein schlechtes Gewissen (bin Diabetikerin) wegen der Unmengen an Schokolade - täglich 1 Tafel- habe ich verdrängt. Soziale Kontakte gab es nicht mehr. Mir fehlte die Energie. Schlafstörungen kamen dazu, ich permanent müde. Da mein Mann und die Tochter auf dem Weg der Besserung waren, bin ich im Dez. 09 zum Hausarzt und habe einiges erzählt. Wollte eine Reha beantragen, damit die Akkus wieder voll werden. Reha wurde abgelehnt- auf Drängen des Hausarztes lehnte ich erfolgreich Widerspruch ein. Musste auch zum Neurologen, der mir Fluoxe verordnete und mir die Krankschreibung anbot. Kam für mich gar nicht in Frage. Hatten eine neue PDL bekommen und ich wollte einen wie immer starken und belastbaren Eindruck machen. Habe dann noch 2 Wochen "durchgehalten", bis ich nur noch geheult habe. Dann habe ich die AU akzeptiert und einen Termin beim Psychologen gemacht. Sollte laut HA und Neurol. bis zum Rehabeginn AU sein. Hatte damit ein riesiges Problem- es sollte schnell gehen, ich wollte wider arbeiten...
Seit Mai weiß ich, das ich erst im Oktober / November in die Reha aufgenommen werde. Die Therapie läuft, der Neurologe hat das Fluoxe erhöht. Da ich ständig gefragt habe, was ich außer Medikamente schlucken und zum Psych. gehen noch aktiv beitragen kann, wurde mir Sport empfohlen. Sei sowohl (weiß ich ja eigentlich) gegen die Diabetes als auch die Depressionen gut. Habe all meine (sehr wenige) Energie darauf konzentriert, meine körperlichen Probleme durch erneute Diabetesschulung, Ernährungsumstellung und dem 2-3 mal in der Woche stattfindenden Kraft- und Ausdauertraining zu verringern. Das sollte bis zu Wiederaufnahme meiner Arbeit mein Job sein. Habe trotz der Schlafprobleme versucht, einen halbweges regelmäßigen Tagesablauf zu haben. Mein Mann unterstützt mich sehr, "treibt" mich an die Luft und die Sonne und zum Sport. Meine Woche ist mit diesen Dingen ausgefüllt. Ich bin erschöpft, wenn ich mich länger unterhalte, mag immer noch nicht gerne mit Menschen zusammentreffen, gehe nur dann einkaufen, wenn erfahrungsgemäß nur wenig Menschen im Laden sind, so daß ich schnell wieder rauskomme. Auto fahren ist nur bei Kurzstrecken möglich, weil ich Angst habe bzw. bekommen könnte. Ans Telefon gehe ich nur, wenn ich den Anrufer kenne, Briefe machen mir auch Druck (obwohl nichts schlimmes drinstehen könnte). Insgesamt bilde ich mir ein, dass es etwas besser wird. Ich fühle mich nicht mehr so sehr unruhig und habe jetzt zur Zeit auch kein Problem damit, das die Reha erst im Herbst beginnt. Im Gegenteil: seit etwa 4 Wochen ist mir bewußt, dass ich am liebsten gar nicht mehr ins Krankenhaus möchte. Natürlich möchte ich gesund werde, denn so wie jetzt kenne ich mich nicht und finde mein Leben nicht lebenswert. Aber wenn ich an das Krankenhaus denke, an die Dienstpläne, an die wenigen Kollegen, die ich planen kann, obwohl ich weiß, dass sie mit der Arbeit überfordert sind...Das Gerede vom Leitbild find ich zum ko..... Wir arbeiten wie in einer Fabrik am Fließband, fertigen im Akkord Patienten ab, ignorieren Signale,
Wenn ich die Fachzeitschrift geliefert bekomme und nur die Überschriften lese, dann bekomme ich Herzrasen und Schweißausbrüche. Berufspolitik lässt mich mittlerweile kalt. War immer engagiert- gebracht hat es nichts.
Habe viele Albträume: Reanimation und ich weiß nicht, wo der Notfallkoffer ist oder finde dort nicht die richtigen Medikamente. Sehe die großen Augen von sterbenden Patienten vor mir und drehe mich um.
Ich weiß nicht, was ich machen soll. Wenn ich das einem meiner Ärzte erzähle dann denkt die doch, dass ich nur keine Lust habe, zu arbeiten. In der Rehe soll ich doch wieder fit gemacht werden. Ich weiß aber nicht, wie das funktionieren soll. Vielleicht wäre es besser gewesen, ich hätte gar keinen Reha Antrag gestellt, sondern wäre ggf. in eine Klinik gegangen. Habe ich wirklich Depressionen oder "nur" ein Burn out??
Es tut mir leid, dass ich meinen ganzen Seelenmüll hier abgeladen habe. Ihr braucht auch nicht antworten- ich bin jetzt total fertig, aber auch stolz, dass ich so lange geschrieben habe.
Gute Nacht an alle,
Susa
 
Liebe Susa,

laß es zu, total am Ende zu sein. Ruf doch mal bei der Telefonseelsorge an, es gibt in jeder Stadt zumindest eine Anlaufstelle für akute Nöte. Das ganze klingt nach Klinik. Jetzt. Laß die anderen ihre Sachen machen, denke nicht daran, sorge für dich.
Mach dir keinen Kopf, ob und wie ein Arzt erkennnt, was mit dir los ist. Schildere ihm ehrlich dein Befinden. Du bist nicht allein mit deinen Beschwerden.
Und bedenke, für somatische Beschwerden gibt es Spezialisten, nur mit unseren seelischen Nöten sitzen wir oft allein zuhaus und schämen uns. Warum? Es ist kein Versagen, es ist eine ganz normale Krankheit.
Ich wünsche Dir ganz viel Kraft,
Marty
 
Es ist kein Seelenmüll. Es ist das, was man aussprechen muss um den Druck abzubauen. Und was leider oft keinen Platz hat. Es widerspricht unserer Vorstellung, Schwäche zu zeigen. Im Internet ist man "anonym", keiner kennt einen und da fällt es leichter, sich mal freizuschreiben.

Du bist erst wenige Monate krank geschrieben. Man merkt, dass du immer noch als Ziel: funktionieren hast. Das wird sich mit der Zeit geben. Du wirst lernen, dass das Selbstwertgefühl aus der Arbeit zu ziehen, der Weg war, dich ins Burnout zu bringen.

Auch die Problematik, dass es dir schwerfällt, zu akzeptieren, dass es sich net um eine passagere Unpässlichkeit, die sich mit einer Erholungsphase kurieren lässt, entspricht der Norm. Unserer Sozialisierung hat uns beigebracht: eigene Bedürfnisse hintenan stellen.

Warum trifft es uns? Wir bekommen es nur schwer hin, eine Balance herzustellen zwischen Anspannung und Entspannung. Unsere Antreiber: Perfektionismus, es allen recht machen wollen- sind massiv ausgebildet und nur schwer zu bändigen.

Versuch mal das Wort "muss" durch das Wort "darf" zu ersetzen. Du darfst krank sein, du darfst dich um deine Gesundheit kümmern, du darfst dich krank schreiben lassen... .
Versuch, dein Ziel zu ändern. Nicht Funktionieren ist wichtig, sondern du selbst ist wichtig. Du wirst dich mit dem Gedanken anfreunden müssen, dass wenn du den Ursprungszustand wieder herstellen willst, geradewegs ins nächste Burnout läufst.

Ob eine Klinik indiziert ist, vermag ich net zu sagen. Da sind deine Ärzte vor Ort die Experten. Denen solltest du uneingeschränkt vertrauen. Es hört sich so an, als wenn du im Moment optimal versorgt bist. Nicht jeder hat das Glück einen verständnisvollen Hausarzt und Psychiater zu haben.

Ich kann den Wunsch so gut verstehen, schnell wieder gesund zu werden. man hofft, dass es etwas gibt, dass es so funktioniert wie in der Somatik: Tablette, Op, Ernährungsumstellung... und alles wird wieder gut. Einschlafen- aufwachen... und alles ist wieder gut.
Die Ursachen der Krankheit liegen aber nicht in den Organen- auch nicht in den Arbeitsbedingungen (die sind nur förderlich)- die Ursachen liegen in unserer Art Probleme zu managen. Hier kann nur eine Psychotherapie helfen. Und die Veränderungen brauchen viel Zeit.

Ob die Reha dann den Abschluss der Therapie bringt und du danach arbeitsfähig bist, steht aktuell net zur Debatte. Versuch in der Gegenwart zu leben: heute war ein guter Tag, weil ... . Heute war ein nicht so gelungener Tag- aber der nächste wird anders sein. nach jedem Regen folgt stets Sonnenschein.

Es ist übrigens auch nicht ungewöhnlich, dass uns Kliniken und hier Reha verunsichern. Mir ist niemand bekannt, der mit fliegenden Fahnen in diese Einrichtungen eingezogen wäre. Unbekanntes macht auch den "Gesunden" Angst. warum soll das bei uns anders sein.

Lass dich also net drängen. Nimm dir die Zeit, die du brauchst. Komme weg vom "Müssen" und gehe hin zu "Dürfen" und "selbst Wollen".

Ich wünsche dir, dass du die innere Gelassenheit findest in den nächsten Monaten um Kraft zu finden, gesund zu werden.

Elisabeth
 
Burnout gibt es im ICD 10, es ist Z.73
 

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