Guten Abend zusammen,
seit dem 25.3.2010 bin ich arbeitsunfähig. Diagnose: Depressionen.
Bin seit 1978 in unserem Haus tätig, seit 1991 als STL. Bin seit 3 Jahren als abteilungsübergreifend für DPLäne, Ablaufveränderungen, etc. zuständig. Hatte durch Fort / Weiterbildung darauf hingearbeitet und war froh, diese Stelle zu bekommen. Vorteil für mich: Kein Schicht- und Wochenenddienst, keine körperliche Arbeit. Nachteil: kaum bzw. so gut wie kein Patientenkontakt. Mein Ziel bestand darin, die Bedürfnisse der Mitarbeiter so umfassend wie nur möglich in Bezug auf Arbeitszeiten, Dienstwünsche, etc. zu erkennen und sie zu berücksichtigen. Habe "Assistenzpersonal" mit ausgebildet und deren Tätigkeiten mit in die Abteilungen integriert.
Ich bin immer sehr ehrgeizig gewesen und habe mich beruflich voll eingebracht und daraus auch meine Bestärkung gezogen, dass ich ein produktives und nützliches Teil der Gesellschaft bin.
Vor 4 Jahren in 2. Ehe verheiratet, ein Haus gebaut, eigentlich alles im grünen Bereich....
Ich fühle mich - wie von fast allen vorher beschrieben- seit ca. 1 Jahr zunehmend schlechter und belasteter. Das alles habe ich in erster Linie auf meine schwierige persönliche Situation zurückgeführt: Bis Herbst 2009 war mein Mann nach jahrelanger Astinenz rückfällig, hat körperlich total abgebaut, Teerstühle gehabt, jegliche Hilfe abgelehnt, so dass ich überlegt habe, ihn ggf. zwangseinweisen zu lassen. Gott sei Dank hat er nach meinen drastischen Prognosen die Kurve gekriegt und ist wieder trocken. Im April 2009 begann der 6 monatige Aufenthalt meiner 28 jährigen Tochter in der Psychatrie. Seit einem erlittenen Missbrauch als Kind (von dem ich erst vor 12 Jahren Kenntnis erhielt) hat sie diverse psychische Probleme und ich habe immer noch wahnsinnige Schuldgefühle.
Beruflich war ich (wie eigentlich immer) total ge(über)fordert.
2009 war ich körperlich sehr anfällig, habe jedoch selten eine Krankschreibung gehabt, sondern viel durch Abbau von ständig wieder aufgebauten Plusstunden kompensiert. Fühlte mich hilflos, schuldig, kannte mich so nicht, hatte hypertone Krisen, Panikattacken und regelrechte Fressanfälle. Mein schlechtes Gewissen (bin Diabetikerin) wegen der Unmengen an Schokolade - täglich 1 Tafel- habe ich verdrängt. Soziale Kontakte gab es nicht mehr. Mir fehlte die Energie. Schlafstörungen kamen dazu, ich permanent müde. Da mein Mann und die Tochter auf dem Weg der Besserung waren, bin ich im Dez. 09 zum Hausarzt und habe einiges erzählt. Wollte eine Reha beantragen, damit die Akkus wieder voll werden. Reha wurde abgelehnt- auf Drängen des Hausarztes lehnte ich erfolgreich Widerspruch ein. Musste auch zum Neurologen, der mir Fluoxe verordnete und mir die Krankschreibung anbot. Kam für mich gar nicht in Frage. Hatten eine neue PDL bekommen und ich wollte einen wie immer starken und belastbaren Eindruck machen. Habe dann noch 2 Wochen "durchgehalten", bis ich nur noch geheult habe. Dann habe ich die AU akzeptiert und einen Termin beim Psychologen gemacht. Sollte laut HA und Neurol. bis zum Rehabeginn AU sein. Hatte damit ein riesiges Problem- es sollte schnell gehen, ich wollte wider arbeiten...
Seit Mai weiß ich, das ich erst im Oktober / November in die Reha aufgenommen werde. Die Therapie läuft, der Neurologe hat das Fluoxe erhöht. Da ich ständig gefragt habe, was ich außer Medikamente schlucken und zum Psych. gehen noch aktiv beitragen kann, wurde mir Sport empfohlen. Sei sowohl (weiß ich ja eigentlich) gegen die Diabetes als auch die Depressionen gut. Habe all meine (sehr wenige) Energie darauf konzentriert, meine körperlichen Probleme durch erneute Diabetesschulung, Ernährungsumstellung und dem 2-3 mal in der Woche stattfindenden Kraft- und Ausdauertraining zu verringern. Das sollte bis zu Wiederaufnahme meiner Arbeit mein Job sein. Habe trotz der Schlafprobleme versucht, einen halbweges regelmäßigen Tagesablauf zu haben. Mein Mann unterstützt mich sehr, "treibt" mich an die Luft und die Sonne und zum Sport. Meine Woche ist mit diesen Dingen ausgefüllt. Ich bin erschöpft, wenn ich mich länger unterhalte, mag immer noch nicht gerne mit Menschen zusammentreffen, gehe nur dann einkaufen, wenn erfahrungsgemäß nur wenig Menschen im Laden sind, so daß ich schnell wieder rauskomme. Auto fahren ist nur bei Kurzstrecken möglich, weil ich Angst habe bzw. bekommen könnte. Ans Telefon gehe ich nur, wenn ich den Anrufer kenne, Briefe machen mir auch Druck (obwohl nichts schlimmes drinstehen könnte). Insgesamt bilde ich mir ein, dass es etwas besser wird. Ich fühle mich nicht mehr so sehr unruhig und habe jetzt zur Zeit auch kein Problem damit, das die Reha erst im Herbst beginnt. Im Gegenteil: seit etwa 4 Wochen ist mir bewußt, dass ich am liebsten gar nicht mehr ins Krankenhaus möchte. Natürlich möchte ich gesund werde, denn so wie jetzt kenne ich mich nicht und finde mein Leben nicht lebenswert. Aber wenn ich an das Krankenhaus denke, an die Dienstpläne, an die wenigen Kollegen, die ich planen kann, obwohl ich weiß, dass sie mit der Arbeit überfordert sind...Das Gerede vom Leitbild find ich zum ko..... Wir arbeiten wie in einer Fabrik am Fließband, fertigen im Akkord Patienten ab, ignorieren Signale,
Wenn ich die Fachzeitschrift geliefert bekomme und nur die Überschriften lese, dann bekomme ich Herzrasen und Schweißausbrüche. Berufspolitik lässt mich mittlerweile kalt. War immer engagiert- gebracht hat es nichts.
Habe viele Albträume: Reanimation und ich weiß nicht, wo der Notfallkoffer ist oder finde dort nicht die richtigen Medikamente. Sehe die großen Augen von sterbenden Patienten vor mir und drehe mich um.
Ich weiß nicht, was ich machen soll. Wenn ich das einem meiner Ärzte erzähle dann denkt die doch, dass ich nur keine Lust habe, zu arbeiten. In der Rehe soll ich doch wieder fit gemacht werden. Ich weiß aber nicht, wie das funktionieren soll. Vielleicht wäre es besser gewesen, ich hätte gar keinen Reha Antrag gestellt, sondern wäre ggf. in eine Klinik gegangen. Habe ich wirklich Depressionen oder "nur" ein Burn out??
Es tut mir leid, dass ich meinen ganzen Seelenmüll hier abgeladen habe. Ihr braucht auch nicht antworten- ich bin jetzt total fertig, aber auch stolz, dass ich so lange geschrieben habe.
Gute Nacht an alle,
Susa