BPA und CDU gegen Abitur zur Zulassung zur Gesundheits- und Krankenpflegeausbildung

@thorstein: deswegen habe ich ja gesagt, das ich diesen Zwiespalt sehe, braucht es eine Fachkraft oder keine?
Hilfskräfte sind nicht 3 Jährig examinierte und selbst die(mich mit eingeschlossen) übersehen sicherlich immer noch etwas.
 
Die Kontinuität der Patientenbetreuung ist aber nötig, um die Fehlerquote möglichst gering zu halten, auftretende Gefährdungen frühzeitig zu erkennen und Schaden durch umgehend einge-leitete Gegenmaßnahmen vom Patienten abzuwenden.
Was passiert, wenn eine Pflegefachperson ein Essenstablett abräumt? Sie schaut auf die laufen-de Infusion, sie sieht einen vollen Urinablaufbeutel, sie schaut auf den Nachttisch und bemerkt, dass der Patient seine Medikamente noch nicht eingenommen hat. Sie erinnert freundlich daran. Der Patient sagt, ihm sei nicht gut. Die Pflegefachperson sieht, dass kaum etwas gegessen wur-de. Sie weiß, der Patient ist Diabetiker. Vor dem Essen war der Blutzucker in Ordnung, der Pati-ent hat Insulin erhalten. Die Pflegefachperson fragt, warum der Patient nichts geges-sen hat. Dieser erwidert, es sei das falsche Essen. Er mag keinen Fisch. Aber er woll-te auch nichts sagen. „Sie haben doch so viel zu tun!“ Als die Menüassistentin am Vortag die Bestellung aufgenommen hatte, war der Patient gerade zur Untersu-chung.
Die Pflegefachperson organisiert eine Ersatzmahlzeit – engmaschige Blutzuckerkon-trollen erfolgen.
Dieses Beispiel soll zeigen, was an so scheinbar banalen Tätigkeiten wie dem Austei-len oder Einsammeln von Essenstabletts hängt. Im Idealfall erkennt eine aufmerksame Hilfs-kraft, wenn ein Patient nichts isst und sie regelmäßig das nahezu unberührte Tablett wieder abräumt. Sie informiert die Pflegefachperson. Im Normalfall erfolgt durch diese dann eine Diag-nostik im Rahmen ihrer Kompetenzen und Fähigkeiten. Was hat dazu geführt, dass der Patient nicht isst? Hat er keine Zahnprothese dabei? Hat er Schmerzen im Mund? Leidet er unter Übelkeit oder Schmerzen? Ergibt die Inspektion der Mundhöhle gar eine Entzündung oder eine Pilzinfektion?
http://www.dbfk.de/download/download/Auf-den-Zuschnitt-kommt-es-an.pdf

Die Broschüre ist ausdrücklich zu empfehlen. Ich kenne die Verhältnisse im KH nicht, aber wenn ich den Zusammenhang herstelle: Verkürzung der durchschnittlichen Liegezeiten unter 8 Tagen bei gleichzeitigem vermehrten Einsatzvon Pflegehilfspersonal? Kann das gut gehen?
 
Dein Beispiel zeigt m.E., dass Pflege erhebliche Probleme hat, wenn es um den einsatz von Hilfskräften geht. Es fehlt die Fähigkeit Arbeiten sinnvoll zu delegieren.

Elisabeth
 
Entwurf für neue Beruferichtlinie noch vor Weihnachten12.12.2011

Sitz der EU-Kommission in Brüssel EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier will seine Neufassung der EU-Beruferichtlinie am 20. Dezember vorlegen
...
Danach sollen Krankenschwestern und Hebammen künftig eine „solide Schulbildung aufweisen, ehe sie ihre Ausbildung beginnen“, um den stark veränderten und komplexen Ansprüchen der Gesundheitswirtschaft gewachsen zu sein. Konkret heißt das, Auszubildende in Krankenpflegeberufen müssten in Europa künftig „zwölf Jahre Schulausbildung oder ein erfolgreich absolviertes gleichwertiges Examen“ nachweisen, um zugelassen zu werden
...
Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) sieht die geplante Modernisierung der Richtlinie weniger dramatisch. Die EU diskutiere nicht, ob das Abitur Zugangsvoraussetzung werden solle. „Darauf wird diese Diskussion von interessierten Kreisen aber gerne reduziert“, schrieb DBfK-Bundesgeschäftsführer Franz Wagner in der November-Ausgabe der Fachzeitschrift „Die Schwester Der Pfleger“. Mit der Anhebung der Zugangsvoraussetzung auf zwölf Jahre allgemeine Schulbildung oder ein Äquivalent vollziehe die Kommission nur nach, was heute schon in der Mehrheit der EU-Staaten und weltweit Normalität sei. „Ich befürworte die Anhebung der Zugangsvoraussetzung auf zwölf Jahre Allgemeinbildung, weil damit ein deutliches Signal in die Gesellschaft geht, dass professionelle Pflege eine anspruchsvolle Tätigkeit ist, die auch eine anspruchsvolle Ausbildung voraussetzt“. Übereinstimmend mit Barnier hält Wagner die Anforderungen an die Pflege für gewaltig gestiegen und sieht sie auch künftig weiter steigen.
News - bibliomed.de

Who is who?
Michel Barnier
Johannes Singhammer
http://www.dbfk.de/presse/vita_franz_wagner_vers-2009-07.pdf

Elisabeth
 
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Diakonie-Chef kritisiert neue Beruferichtlinie
13.12.2011
...
Er wies die Argumentation des EU-Kommissars zurück, dass die beruflichen Anforderungen in der Krankenpflege in den vergangenen Jahren stark gestiegen seien. Zwar handele es sich bei den Pflegeberufen selbstverständlich um sehr qualifizierte Tätigkeiten. „Wenn man aber bedenkt, dass zukünftig die Kranken- und Altenpflegeausbildung zusammengeführt werden soll, bedeutet hier die Voraussetzung eines Abiturs eine weitere enorme Hürde“, so Schönfeld. Sowohl aus Sicht der Altenpflegeeinrichtungen, die schon heute nicht mehr ausreichend Fachkräfte fänden, als auch aus Sicht der diakonischen berufsbildenden Schulen, erschwere die Anhebung der geforderten Schulzeit die Gewinnung junger Menschen. Warum ein Abiturient besser für einen Beruf geeignet sein solle, bei dem es mehr auf soziale Kompetenzen und Einfühlungsvermögen als auf das Lösen schwieriger Logarithmen ankomme, sei nicht einsichtig.
...
News - bibliomed.de

Braucht es mehr Bestätigung, wie die Pflegefachkompetenz wertgeschätzt wird? Ich glaueb net. Billig und willig ist die Devise. Und jeder der über soziale Kompetenz und Einfühlungsvermögen verfügt ist geeignet. Mehr braucht es auch net für die Grundpflege.

Elisabeth
 
Warum ein Abiturient besser für einen Beruf geeignet sein solle, bei dem es mehr auf soziale Kompetenzen und Einfühlungsvermögen als auf das Lösen schwieriger Logarithmen ankomme, sei nicht einsichtig.
Sehr aufschlussreich. Der Punkt ist, dass veränderte Zugangsvorausetzungen auch zu einer Akademisierung führen müssen. Dass wird aber nicht thematisiert. Bei unserern Nachbarn sind die 12 Jahre ja Voraussetzung für eine Ausbildung im tertiären Bereich. Da scheinen dochnoch einige Kräfte bemüht zu sein, die eine oder andere Nebelgranate zu zünden.
Passt übrigen sehr zu folgender Aussage:
Drastischer formuliert der Fernsehsender n-tv in einem Beitrag vom 02. August 2011 unter der Überschrift „Pflege (immer noch) in Not – Wer braucht einen „Urin-Kellner“?50 : „… Die beiden Ausbildungsberufe „Altenpfleger“ und „Krankenpfleger“ sind im vergangenen Jahrzehnt quasi systematisch ruiniert worden. Nichts Ernsthaftes wurde getan, um dem Image des „Urin-Kellners“ oder „Hintern-Abwischers“ entgegenzutreten. Ja, zum Berufsbild gehört die Körper-pflege der Kranken und Alten. Aber eben auch: Umgang mit lebenserhaltender High-Tech, mit teuren und hochwirksamen Medikamenten, mit Extremsituationen und sich sorgenden Angehö-rigen. Eine Pflegekraft ist ein bisschen Arzt, ein bisschen Seelsorger, ein bisschen Manager, ein bisschen Bestatter, ein bisschen Koch, ein bisschen Sportler, ein bisschen Hygieneexperte, ein bisschen Apotheker, kurz: eine Allround-Fachkraft mit anspruchsvoller, lernintensiver Ausbil-dung. …“


xxxxxx
 
Danke für die wirklich gelungene Beschreibung. Gibt es dazu einen Link? Welcher Journalist konnte es so punktgenau beschreiben?

Elisabeth
 
Zitat:

"Stelle 2: in der Ausbildung. Die Komplexität der Lehre hat vor allem die Krankenpflegeschulen in den 90er-Jahren dazu gebracht, in Sachen Nachwuchs auf Abiturienten zu setzen. Real- und Hauptschülern wurde der Weg in den Beruf zunehmend unmöglich. Heute rächt sich das. Der Beruf ist bei Abiturienten unten durch, das Image des Jobs bei den anderen Schülern so schlecht, dass er sie nicht mehr interessiert. Dazu kommt: Die Anzahl der Ausbildungsplätze ist über Jahre massiv zusammengestrichen worden. Die Warnung vor einem Kräftemangel allein aus diesem Grund gibt es auch schon Jahre"

Etwas, was unsere ganzen Abiturientenbefürworter irgendwie überlesen haben müssen.
 
Grund- und Behandlungspflege
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Die beiden korresponierenden Begriffe Grundpflege (auch: "allgemeine Pflege") und Behandlungspflege (auch "spezielle Pflege") wurden 1967 von dem Krankenhausökonomen Siegfried Eichhorn in seinem Lehrbuch der Krankenhausbetriebslehre verwendet bzw. aufgegriffen
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Eichhorns Darlegungen über die damals entwickelte und bis heute übliche Auffassung von Grundpflege und Behandlungspflege ist u. a. sehr aufschlussreich für Verständnis und Wertschätzung pflegerischer Arbeit aus betriebswirtschaftlicher Sicht. Steht allerdings im Widerspruch zum heutigen beruflichen Selbstverständnis von Pflege (s. u.).
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Diese Zerlegung pflegerischer Verantwortungsbereiche in anspruchslose zeitraubende "Grundpflege" einerseits und weisungsabhängige anspruchsvolle "Behandlungspflege" (was wird da behandelt?) spiegelt sich in den SGB XI und V wider.
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Grundpflege bedeutet in Eichhorns Auslegung eine Versorgung im Sinne von "Gepflegt-Werden" der PatientInnen und wird als Grundanforderung unabhängig von der zugrunde liegenden Erkrankung angesehen, die sowohl vom Tätigkeitsumfang als auch vom Zeitaufwand für alle PatientInnen gleich ist. Ihnen räumt Eichhorn auch ein, bei Personalengpässen und Arbeitsgipfeln weggelassen zu werden zugunsten einer reibungslos ablaufenden Therapie bzw. Behandlungspflege.
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Der Behandlungspflege ordnet Eichhorn alle Tätigkeiten zu, die sich als medizinisch-diagnostische und -therapeutische Hilfestellung der Pflege einseitig an die Medizin umschreiben lassen, ... . Ihnen unterstellt Eichhorn breit angelegtes medizinisches Wissen. Er übersieht jedoch die Tatsache, daß es sich hierbei eher um fraktioniertes ärztliches Halbwissen handelt, das für diesen Tätigkeitsbereich lediglich Grundkenntnisse bereithält, die die Zuarbeit für medizinische Belange sichern sollen, aber nicht als Basis für eigenständig zu treffende Entscheidungen der Pflegenden gedacht sind.
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Grund- und Behandlungspflege

Und jetzt überlege jeder selber mal, warum er bei den Ärzten so einen úntergeordneten Stand hat. Das das ein Abiturient net in Ordnung findet, versteht sich wohl von selbst. Ich denke, auch ein Realschüler ist net so dumm, dass er dies net spätestens in der Ausbildung erkennt.

Und da D sich ja zur Zersplitterung der Pflegeausbildung bekennt, wird über kurz oder lang die verkürzte Ausbildung für den zunehmenden Bedarf an Fachkräften für die Grundpflege kommen. Der erste Schritt in diese Richtung ist bereits getan: Absenkung der Zugangsvorrausetzungen.

Und ob das dann ein Realschüler noch will ??? Aber da gibt es ja das Heer der Langzeitarbeitslosen. Net wenige sind dankbar, wenn sie nach einem Crashkurs wieder Arbeit finden. Die sehen das net so eng. Ein Blick auf den Personalmix dürfte dies verdeutlichen. KPH war gestern. Heute ist die SH die gefragte MA für die "anspruchslose zeitraubende "Grundpflege"".

Wieviel braucht es für die "weisungsabhängige anspruchsvolle "Behandlungspflege""? Kann man heute bereits vielerorten beobachten: Heißt Stammpersonal und reicht eben nur für die Behandlungspflege. Und laut Eichhorn kann man die Grundpflege ja eh weglassen. Man sollte als GuK mal drüber nachdenken und dies dann auch tatsächlich tun ... oder SH anfordern.

Elisabeth

PS Kennt jemand die Lohngruppe einer SH im TVöD?
 
Schwesternhelferin :mryellow: !!
 
Zitat:

"Stelle 2: in der Ausbildung. Die Komplexität der Lehre hat vor allem die Krankenpflegeschulen in den 90er-Jahren dazu gebracht, in Sachen Nachwuchs auf Abiturienten zu setzen. Real- und Hauptschülern wurde der Weg in den Beruf zunehmend unmöglich. Heute rächt sich das. Der Beruf ist bei Abiturienten unten durch, das Image des Jobs bei den anderen Schülern so schlecht, dass er sie nicht mehr interessiert. Dazu kommt: Die Anzahl der Ausbildungsplätze ist über Jahre massiv zusammengestrichen worden. Die Warnung vor einem Kräftemangel allein aus diesem Grund gibt es auch schon Jahre"

Wenn das Image bei allen schlecht ist, und niemand den Beruf erlernen will, dann sehe ich irgendwie auch keinen Sinn darin,Hauptschuelern den Zugang zu erleichtern, die dann sowieso nicht kommen.
Hier oben wird die Krankenpflge zunehmend beliebter. Die Universitaeten koennen sich vor Bewerbern kaum retten.
Es gibt mittlerweile arbeitslose Pflgekraefte hier!
Sonderbar, nicht?
 
Wenn das Image bei allen schlecht ist, und niemand den Beruf erlernen will, dann sehe ich irgendwie auch keinen Sinn darin,Hauptschuelern den Zugang zu erleichtern, die dann sowieso nicht kommen.
Hier oben wird die Krankenpflge zunehmend beliebter. Die Universitaeten koennen sich vor Bewerbern kaum retten.
Es gibt mittlerweile arbeitslose Pflgekraefte hier!
Sonderbar, nicht?

Für mich klingt das nach "Wir sind hoch Verschuldet. Um die Schulden in Zukunft evtl. reduzieren zu können, machen wir jetzt erstmal noch viel mehr Schulden."

Und das kann nicht funktionieren. Wenn ich gegen Personalnotstand angehen muß kann ich keine Zugangsvorraussetzung hochschrauben.
 
Wiederholung:

Der Punkt ist, dass veränderte Zugangsvoraussetzungen auch zu einer Akademisierung führen müssen.

@ycassy

Warum wohl Herr Meurer als Vertreter der privaten Anbieter keine Akademisierung will? Warum Herr Meurer auch mit einer Reduzierung der Fachkraftquote liebäugelt? Natürlich hat der Mann nur das Wohl der Pflegekräfte im Sinn.

Auf der einen Seite wird ernsthaft gefordert, dass man Pflegehelfer mit genügend Berufserfahrung kurzerhand zur Fachkraft erklärt, und auf der anderen Seite wird eine Aufwertung hin zu einer Profession auf akademischen Niveau verlangt.

Und ein beachtlicher Teil der Pflege reduziert das Problem auf die Frage, ob Akademiker auch bereit sind, Windeln zu wechseln.

Und bitte weiterhin Erfahrungen aus solchen Bananebrepubliken wie Dänemark ignorieren. Das haben wir doch nicht nötig. Läuft doch alles super.
 
1. These: heute benoetigt man Realschulabschluss oder Gymnasium fuer die Krankenpflege. (Hauptschueler fallen raus)
2. These: Wenn man Hauptschueler hineinnimmt ist das gut fuer Hauptschueler.
3. These: Realschueler und Gymnasiasten werden denken: "Warum soll ich mir soviel Muehe geben mit meiner Schulbildung, wenn man den Beruf doch mit Hauptschule schaffen kann? Da mache ich eher was, dass meinen Faehigkeiten entspricht!"
4. These: Realschueler und Gymnasiasten werden den Beruf noch mehr meiden.
5. These: Die Zahl der Abiturienten im Allgemeinen nimmt zu.
6. These : Die der Haupschueler im Allgemeinen nimmt ab.
7. These: Deshalb n o c h weniger Azubis, wenn die Zugangberechtigung auf Hauptschulniveau abgesenkt wird.
8. These: Diese Azubis werden ein niedrigeres Bildungsniveau haben als Pflegekraefte jetzt. Die Entwicklung der Pflege in Deutschland wird noch weiter stagnieren und den Anschluss an Europa hoffnungslos verlieren.
 
Zur These 8

Das macht nix. Schon heute wird eine Pseudoqualität generiert mit Chekclisten, Skalen und detaillierten Arbeitsvorgaben. Das Handwerk kannst andressieren. Wird vieltausendfach erfolgreich binnen weniger Tage erreicht... bei FSJlern, bei diversen Praktikanten, bei den Bufdis.

Elisabeth
 
Zu These 8: In dem Artikel wurde ja geschrieben, dass die Ansprueche an die Pflegekraefte so weit gestiegen sind, dass man sich auf die Abiturienten kozentrierte bei der Auswahl der Azubis.
Wie soll denn der Hauptschueler diesen Anspruechen entsprechen koennen? Das ist doch zum Scheitern verurteil!
 

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