Aktive Sterbehilfe - moralisch vertretbar?

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Da stellt sich mir die grundsätzliche Frage, was ist, wo beginnt aktive Sterbehilfe?

Ich will mal versuchen, das anhand zweier (überspitzter) Beispiele zu verdeutlichen:
  • Ist eine Chemotherpie schon aktive Sterbehilfe, weil durch sie auch wieder potentiell tödliche Tumorleiden ausgelöst werden können?
  • Ist eine ausreichende Schmerztherapie schon aktive Sterbehilfe, nur weil durch die Nebenwirkungen der Patient nicht erst in 6 Stunden, sondern schon in 4 Stunden stirbt?
 
Habe jetzt schon öfter angesetzt hier zum Thema zu schreiben.
Es ist schwer auzudrücken, damit es auch so verstanden wird wie ich es meine.

Die Wünsche des Patienten kann ich vielleicht verstehen. Aber es heisst nicht für mich, dem nachzukommen. Wie in vielen anderen Dingen kann ich dem Patienten nicht alles abnehmen. Ich bin da bei der Begleitung, muss aushalten können. Was sehr viel auch von mir verlangt. Das "Auszuhalten" was oft über das Zumutbare hinausgeht....Wo ich dann für mich sorgen muss, im Team, rechtzeitig Grenzen aufzeigen...sich seiner Schwäche bewusst sein.

Wie schwer es auch ist, wie kann jemand anders sowas von mir verlangen? Was ist mit mir? Dort sind meine Grenzen. Wie sollte ich....kann ich damit leben? Was geschieht danach mit mir? Wer sollte sowas entscheiden? Ich aufjedenfall nicht. Wie ändern sich vielleicht meine Werte wenn ich selber in dieser Lage bin oder wenn mich ein Schicksalschlag nochmal anders denken lässt...

Liebe Grüße Brady
 
[02.04.2005]


...Sollte allerdings der sterbenskranke Patient ausdrücklich nicht weiterleben wollen, könnten sich fast zwei Drittel aller befragten Ärzte vorstellen, auf lebensverlängernde Maßnahmen zu verzichten...

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Quelle: Neue Westfälische


Ergo: Mindestens ein Drittel der Ärzte würde sich in ignoranter und selbstherrlicher Weise über den ausdrücklichen Wunsch des Patienten hinwegsetzen und lebensverlängernde Maßnahmen durchführen! Na soviel zu "Die Würde des Menschen ist unantastbar". :schraube:

Gruß,Amabilis
 
Ist aktive Sterbehilfe moralisch vertretbar? Ein interessanter Tread. Ich bin mir bewußt, daß die folgenden Ausführungen teils sehr provokativ sind. Dennoch halte ich sie für nachdenkenswert. Also nicht gleich verdammen, bitte.

Sterbehilfe
oder
Welches Leben ist lebenswert?

Es ist unmöglich, angemessen über Sterben und Tod zu reden, wenn ich mir nicht vorher Gedanken über das Leben gemacht habe. Hierbei spielt die Weltanschauung des Einzelnen eine entscheidende Rolle. Gestatten Sie mir daher eine kleine Reise in die dieses Thema prägenden Weltanschauungen.

In unserer „westlichen Welt“ treffen wir auf drei große Weltanschauungen, die das Leben, und damit auch das Sterben und alles was sich darum abspielt, wesentlich beeinflussen. Die ursprünglich christliche (bis zum Ausgang des 18. Jhdts.), die evolutionistisch-nihilistische (seit der französischen Revolution im Ausgang des 18. Jhdts.), und seit einigen Jahrzehnten mit zunehmender Tendenz die asiatische.

Während die christliche mit fast allen anderen Weltanschauungen – auch den sogenannten „Naturreligionen“ – die Herkunft und Beeinflussung des Menschen von einer Gottheit lehren, geht die evolutionistisch-nihilistische von der Zufälligkeit des Lebens aus. Aus der asiatischen Weltanschauung, die von einem ständigen Kreislauf des Lebens ausgeht, werden in unserer westlichen Welt in der Regel nur die uns sympathischen Elemente übernommen – Entspannungsübungen, Kampftechniken, medizinisches Wissen, usw. -, ohne sich um Herkunft, Bedeutung und Auswirkung Gedanken zu machen.

Nach der für unsere Breiten (noch?) bedeutsamen christlichen Weltanschauung hat der Mensch nicht das Recht, Hand an sein Leben oder das seiner Mitmenschen zu legen, das steht allein Gott zu. Nachzulesen in dem Glaubensbuch der Christen – der Bibel, ohne jetzt näher darauf einzugehen.

Nach der evolutionistisch-nihilistischen Weltanschauung bedarf es konsequenterweise keiner Rechtfertigung, da der Anhänger dieser Anschauung nur das Produkt des Zufalls ist. Er ist nicht gewollt, niemand verantwortlich, von niemand abhängig. Ethik und Moral sind antiquierte Relikte der christlichen Weltanschauung und dem Zufall fremd.

Die asiatische Weltanschauung betrachtet das Lebewesen schlechthin als wertvoll, da es im ständigen Kreislauf immer wiederkehrt. Die menschliche Existenzform wird als die bessere angesehen, da der Mensch in der Lage ist , bewusst zu handeln und Veränderungen herbei zu führen. Auch hier ist das „Hand an sein Leben legen“ oder das seiner Mitmenschen undenkbar.

Wer sich mit den verschiedenen Weltanschauungen befasst, wird schnell herausfinden, dass es dort keine autonome Entscheidung über lebenswert oder nicht lebenswert gibt. Nirgendwo wird das „Hand-an-sich-selber-legen“ toleriert, mit Ausnahme kleiner Bereiche, z.B. der Ehrenrettung (Japan, China, u. a.). Auch der asiatischen Weltanschauung ist die aktive Einflussnahme auf den Tod fremd.

Das Thema „Sterbehilfe“ ist eine neue Qualität der Lebensäußerung des „modernen“, westlichen Menschen, die erst wenige Jahrzehnte publik gemacht wird. Sie kommt aus der gleichen Quelle, aus der die sogenannte „Geburtenkontrolle“ gespeist wird – der absoluten Egozentrik, in der sich der Einzelne zum letzten Maßstab macht.

Wie werden wir diskutieren – oder vielleicht bereits handeln, wenn in den 50 – er Jahren dieses Jahrhunderts 2/3 der deutschen Bevölkerung über 65 Jahre und deshalb nur unnützer Ballast sind? Wenn diese Menschen dem eigenen Wohlstandsstreben und der egozentrischen Selbstverwirklichung nur im Wege stehen?

Wir in der westlichen Welt behaupten, wir seien „aufgeklärt“ und modern. Dabei meinen wir doch nur, dass wir individuell entscheiden dürfen, was richtig und falsch, gut oder böse ist. Nicht erkannt wird hierbei, dass wir uns analog der These der „Herrenmenschen“ zu DEN Herren und Herrinnen aufspielen die meinen, über jeglicher Ordnung zu stehen. Wer sich erinnert: Das hatten wir schon – in vereinfachter Form – heute mit fataleren Folgen als damals.

Ist es nicht richtig, dass vor sechzig Jahren Juden, Roma und Sinti, psychiatrisch Erkrankte, Körperbehinderte – mit Ausnahme der Kriegsbeschädigten – und andere Minderheiten – wohlgemerkt: Dritte - von den damaligen „Herrenmenschen“ als „lebensunwert“ bezeichnet und behandelt wurden? Von einem Dr. Mengele wenden wir uns mit Abscheu ab, der medizinische Versuche an denen vornahm, die sich nicht wehren konnten. Und heute? Wir entscheiden nach dem Lustprinzip nach dem Motto: „Mein Bauch gehört mir!“, ob ein Kind – das Eigene – lebenswert ist oder nicht. Wir entscheiden nach Ultraschall und Fruchtwasseruntersuchung, ob ein Mensch lebenswert ist oder nicht. Ärzte experimentieren an Patienten, ohne diese darüber aufzuklären. Nur durch Zufall wird hin und wieder mal was öffentlich. Krankenkassen wollen entscheiden, bis zu welchem Lebensalter und unter welchen Bedingungen bestimmte medizinische Versorgungen genehmigt werden können oder nicht. Wir fordern eine Freigabe der aktiven Sterbehilfe bei - unserer Meinung nach - „lebensunwertem“ Leben. Schwerstkranken und Sterbenden. Gleichzeitig wird zur Befriedigung unserer Geltungssucht so mancher mit Maschinen über Jahre „in Funktion“ – wir sagen „am Leben“ - gehalten und als Wunder der Technik hingestellt.

Was rechtfertigt unseren Aufschrei über damals bei unserem eigenen Denken und Handeln heute? Ist es nicht die gleiche Anmaßung, die damals eine kleine Gruppe für sich in Anspruch nahm? Heute ist dieser Kreis wesentlich größer. Damals ging es um die Ausübung von Macht. Und heute? Heute kommt zu diesem „Macht ausüben“ noch als wesentlicher Faktor Geld, Besitz und Geltungsstreben hinzu. Der „Lebensunwerte“ könnte mir ja etwas wegnehmen oder mich daran hindern, noch mehr zu bekommen.

Sind wir uns eigentlich bewusst, auf welchem Niveau wir uns bereits heute bewegen? Ist uns eigentlich klar, dass viele bereits die Grenzen der „Herrenmenschen“ von vor sechzig Jahren weit überschritten haben, die wir selbstherrlich verdammen?



Sterbehilfe
oder
Wer gibt mir das Recht, über Leben zu entscheiden?

Zunächst ist mir wichtig klar zu stellen, dass ich die Taten des NS-Regimes genau so verurteile, wie die meisten meiner Mitbürger. Meine Ausführungen sollen einmal ein Spotlight auf die Gesinnung werfen, die hinter solchen Taten steht. Sollten Sie der Auffassung sein, dass ein „Vergleich“ mit den Geschehnissen in der NS-Zeit eine Verhöhnung der damaligen Opfer sei, kann ich dieser Ansicht nicht folgen. Es gab vor der NS-Zeit Völkermord und es gibt ihn heute noch. Doch viele Verhaltensweisen nähren sich aus der gleichen Lebenseinstellung - heute wie damals.

Ich betrachte mich auch nicht als selbsternannten „Lebensschützer“. Aber wenn so freizügig über die „Beendigung von Leben“ gesprochen werden darf, wie dies immer wieder in der Öffentlichkeit getan wird, bin ich der Auffassung, dass auch das Einstehen für das Leben den gleichen Anspruch hat. Vielleicht ist der Bezug zu unserer jüngsten Vergangenheit zu eng, als dass wir uns sachlich darüber unterhalten könnten? Aber wir können auf einer sachlichen Ebene – wenn auch vielleicht konträr – über verschiedene Dinge sprechen, die untrennbar mit unserem Menschsein verbunden sind.

Betrachten wir die Fakten:

Ich erwähnte in dem Abschnitt „Sterbehilfe – oder Welches Leben ist lebenswert“ Mengele. Worin unterscheidet sich sein Handeln von den Wissenschaftlern unserer Zeit, die ein Patent nach dem anderen anmelden, nach dem sie Rechte erwerben auf tiefgreifendste Manipulationen des Lebens – wohlgemerkt des menschlichen Lebens. Meines Wissens können nur dann Patente angemeldet werden, wenn entsprechende Verfahren oder Produkte bereits erprobt sind und sich als verwertbar erweisen. Ist daraus nicht zu schlussfolgern, dass hier bereits umfangreiche Manipulationen stattgefunden haben, auch wenn dies offiziell dementiert wird – es ist ja gesetzlich verboten?

Wie viele Menschen werden heute in unseren Krankenhäusern als Versuchsobjekte missbraucht, die nichts davon wissen? Und immer wieder werden in kritischen TV-Beiträgen solche Vorgehensweisen aufgedeckt! Wo liegt unsere Berechtigung zum Aufschrei über damals, wo wir heute genau das Gleiche tun? Mit den heutigen Methoden sogar noch tiefgreifender und umfassender. Damals hieß es, das geschieht zur Weiterentwicklung der Medizin. Wie nennt man das heute? Meines Wissens genau so. Wird nicht auch heute behauptet, dass mit den Ergebnissen später vielen Menschen gesundheitlich geholfen werden kann? Kein Wort zu den Opfern, die bei diesen Versuchen ihre Gesundheit einbüßen oder sogar ihr Leben lassen!

Wird ein Verhalten dadurch weniger verabscheuungswürdig, wenn es sehr weit zurück in der Vergangenheit liegt oder von Nichtdeutschen praktiziert wird? Judenvernichtung durch die Römer, Christenvernichtung durch die Römer und die katholische Kirche in Europa sogar bis ins 19. Jhdt. Durch die Inquisition, ethnische Säuberung in Jugoslawien, systematische Vernichtungsfeldzüge gegen die Indianer Amerikas. Das Handeln in unserem Land vor 60 Jahren ließe sich noch mit vielen anderen Fakten vergleichen. Für mich erscheinen alle diese Vorgänge gleich verabscheuungswürdig.

Wir müssen uns die Frage stellen, welche Gesinnung hinter diesen Handlungen steht. Ob das Handeln 2000 Jahre zurück liegt, vor 50 Jahren geschah, heute in Nachbarländern geschieht, oder nur gerade um die Ecke – was bewegt Menschen dazu, sich so zu verhalten?

Im Wochenkurier von Eberbach wurde einmal unter dem Titelthema: „Mord, Selbstmord oder Pflicht zum Sterben?“ Untertitel: „Gefährliche Gratwanderung der Sterbehilfe-Organisationen“! folgendes geschrieben:

„Wie soll Sterbehilfe – aktive oder passive – aussehen? Als Recht des Patienten, oder als Pflicht für den Arzt? Bei wem soll sie angewandt werden? Wo enden? Laufen wir nicht Gefahr, dass letztendlich das heute häufig geforderte „Recht zu sterben“ zur „Pflicht zum Sterben“ wird? Und spätestens dann wäre die Brücke geschlagen zwischen Sterbehilfe und NS – Euthanasie. ...

Sind es wirklich die Alten und Kranken, die „humanes Sterben“ fordern, oder sind es die Auswüchse unserer Gesellschaft, die sich den Tod bereits aus dem gepflegten Ambiente hinaus in die Anonymität geschafft hat, und die sich nun des Todes noch ein wenig schneller entledigen will, weil er einfach nicht mehr in den Lifestyle passt?

Wie schnell könnte bei einer generellen Freigabe aus „Du darfst töten“ – vielleicht unter dem Gesichtspunkt einer zukünftigen „Gesundheitsreform“ – „Du musst töten“ werden? Ein Horrorszenario: Aus Kostengründen wird der Patient eliminiert – ohne gefragt zu werden. Science Fiction? Keineswegs! 1982 äußerte sich der Berater des damaligen französischen Präsidenten Mitterand, Jacques Atteli, in einem Interview dahingehend:

„Wenn der Mensch das 60. oder 65. Lebensjahr überschritten hat, lebt er länger, und kostet die Gemeinschaft sehr viel. Zwei Drittel der Gesundheitskosten sind auf seine letzten beiden Lebensmonate konzentriert. Vom gesellschaftlichen Standpunkt aus ist es daher besser, wenn die menschliche Maschine plötzlich zum Stillstand kommt, als dass sie sich fortwährend abnützt.. Die Euthanasie wird auf jeden Fall eines der wesentlichen Instrumente eines künftigen Gesellschaftssystems sein.“

Bis hier hin der Zeitungsbeitrag.

In der Bibel steht: „Du sollst nicht töten!“

Sterbehilfeorganisationen und andere sagen heute: „Du darfst töten!“ Ist der nächste Schritt bereits vorprogrammiert: „Du sollst töten?“ Die Geschichte hat gelehrt: Alles, was sich der Mensch vorstellen kann, tut er auch. Manches sofort – manches später. Aber er tut es. Warum? Am Anfang der Menschheitsgeschichte sagte die Schlange: „Wenn du das auch noch nimmst, was dir nicht gehört, wirst du Gott sein und selbst entscheiden können, was gut und böse – richtig oder falsch ist.“ Und der Mensch nahm.

Die Folgen sind uns allen bekannt: Scham – Furcht – Lüge – Verschieben von Verantwortung auf andere – Selbstrechtfertigung - Mühsal beim Erwerb des Lebensunterhalts – Schmerzen bei der Geburt – Neid – Haß – Mord – Verzweiflung. Nachzulesen ab 3. Kapitel, 1. Buch Mose. Auch wer nicht an Gott glaubt kommt an dieser Kettenreaktion nicht vorbei. Muß sich deren Auswirkungen stellen. Wir müssen uns die Frage stellen: Wie können Menschen, die nur ihrer Lust leben „den Ungeborenen ein würdiges Leben bieten?“ Was fangen diese Menschen mit Kranken, Alten und Sterbenden an?

Menschenwürde: Nach unserem Grundgesetz ist das Leben unantastbar. Das heißt, dass kein Mensch das Recht hat, über Leben und Tod zu entscheiden. Für mich ist es genauso menschenunwürdig, den Menschen als Ersatzteillager zu benutzen, wie ihn zu töten. Es hat nichts mit Menschenwürde zu tun, Frauen und Kinder zu missbrauchen. Es ist aber genauso menschenunwürdig, ein Menschenleben zu vernichten, weil man nur seiner Lust leben will.

Es gibt vieles, das menschenunwürdig ist. Dennoch wird es praktiziert.

Das Geschrei kommt immer erst dann auf, wenn sich eine Stimme gegen die allgemein geübte Praxis wendet oder man selbst die/der Betroffene ist. Doch das ist auch nicht neu.

Ich führe meinen Beruf als Altenpfleger aus, weil ich das Leben achte. In dieser Zeit gehört auch das Sterben und der Tod zu unserem Leben. Ich sehe meine Aufgabe darin, dem Sterbenden auf seinem letzten Weg etwas von der Hoffnung mitzugeben, die ich selber habe. Wer hat also das Recht, zu entscheiden ob lebenswert oder nicht? Wer entscheidet was richtig oder falsch ist? Wer gibt irgend jemand das Recht, über den anderen zu richten? Ist es recht zu schweigen, wenn eine Entwicklung auf uns zu kommt, die sich sehr wohl verselbständigen kann?

michiko
 
@michiko:
Deine Ausführungen find ich sehr interessant.(ist nicht ironisch gemeint, find´ich wirklich).
Ich hab dich so verstanden daß das Thema Sterbehilfe für dich eigentlich indiskutabel ist. Meiner Meinung nach ist genau das aber die unweigerliche Folge unserer gesellschaftlichen Entwicklung.
Mag sein daß in den meisten Weltanschauungen die Selbsttötung nicht als akzeptabel gilt, trotzdem starben allein in Deutschland im Jahr 2003 11150 Menschen durch Suizid (ohne die Dunkelziffer).Das beweist für mich daß das Thema durchaus relevant ist. Und wenn ein todkranker Mensch den Wunsch hat sein Leben ohne Qualen zu beenden finde ich das durchaus ein berechtigtes Anliegen und man sollte ihn dabei nicht alleine lassen (das hat meiner Meinung nach auch was mit Unterstützung zu tun).
Andere Intelligente Lebewesen (Delfine) haben die revolutionäre Möglichkeit einfach das Atmen einzustellen, daran müssten wir evolutionstechnisch vielleicht mal arbeiten.
Wir haben heutzutage aber nun mal die Möglichkeiten diesen Wunsch zu erfüllen, und in dem Maße wie wir unsere Möglichkeiten in anderen medizinischen Bereichen nutzen, wär es für mich nur die logische Konsequenz diese auch im Bereich Sterbehilfe einzusetzen.
Ich bin auch deiner Meinung daß es schwierig wird über Leben zu entscheiden wenn der betroffene Mensch nicht mehr für sich selber Entscheidungen treffen kann. Allerdings find ich die Vergleiche mit Mengele und Naziregime immer ein bißchen hinkend, dahinter stand eine andere Motivation die man in dieser Diskussion keinem Befürworter der Aktiven Sterbehilfe unterstellen sollte.
Der Wunsch von Menschen über sich selbst bestimmen zu wollen und zu können hat seinen Ursprung meiner Meinung nach als wir angefangen haben die Gesetze der Evolution und Natürlichen Auslese auszuhebeln.
Jetzt, nach Jahrhunderten medizinischem Fortschritt über ethische Grenzen zu spekulieren ist verlorene Liebesmühe.
Ich denke das was als "lebenswertes Leben" angesehen wird muß jeder für sich selbst definieren, ausgehend von seiner persönlichen Empfindung, und ich weiß daß es deshalb schwierig ist irgendeine allgemeingültige Richtlinie zu treffen auch wenn ich der Meinung bin sie wird gebraucht.
LG,Amabilis
 
[...]Wer hat also das Recht, zu entscheiden ob lebenswert oder nicht? Wer entscheidet was richtig oder falsch ist? Wer gibt irgend jemand das Recht, über den anderen zu richten?[...]

Ich bin der Meinung, jedeR kann und darf für sich selbst entscheiden, ob er/sie so weiter leben möchte.

[...]Und wenn ein todkranker Mensch den Wunsch hat sein Leben ohne Qualen zu beenden finde ich das durchaus ein berechtigtes Anliegen und man sollte ihn dabei nicht alleine lassen (das hat meiner Meinung nach auch was mit Unterstützung zu tun).
[...]


Genau! Zumal die geleistete Unterstützung nicht "Zwanghaft" zur Tötung führen muß.

Ich denke das was als "lebenswertes Leben" angesehen wird muß jeder für sich selbst definieren, ausgehend von seiner persönlichen Empfindung, und ich weiß daß es deshalb schwierig ist irgendeine allgemeingültige Richtlinie zu treffen auch wenn ich der Meinung bin sie wird gebraucht.
[...]

Genau dieser Ansatz macht für mich den entscheidenden Unterschied zur sog. "Euthanasie" des 3. Reiches aus! Nicht ein Fremder entscheided, ob mein Leben für mich noch "lebenswert" ist, sondern ich selbst!
Aber auch genau darin liegt die Schwierigkeit. An welchen Kriterien sollen die Eckpunkte einer allgemeinen Richtlinie festgemacht werden?
  • Alter?
  • Erkrankung? (Diabetes, Herzinsuffizienz, Tumorleiden allgemein?)
  • Geschlecht?
  • Lebensarbeitsleistung?
  • Willensäußerung?
Eine allgemeine Richtlinie, ab wann jemand durch aktive Sterbehilfe getötet werden darf, darf es meiner Meinung nach nicht geben.

Genauso wenig darf es aber ein generelles Verbot aktiver Sterbehilfe geben.

Falls eine eindeutige Willensbekundung des/der Betroffenen vorliegt, dann sollte es auch erlaubt sein dem Willen nachzukommen.

In "Zweifelsfällen", oder wo eine solche Willenserklärung nicht vorliegt oder nicht mehr abgegeben werden kann, könnte als Unterstützung zur Entscheidungsfindung eine Ethikkommission herangezogen werden. Die Zusammensetzung dieser Kommission wäre aus meiner Sicht in einer allgemeinen Richtlinie schon zu definieren.

Ob aktive Sterbehilfe vollzogen wird oder nicht, darf meiner Meinung nach nicht pauschal geregelt werden, sondern muß immer eine Einzelfallentscheidung sein. Denn sonst ist dem Mißbrauch Tür und Tor geöffnet. Aber die prinzipielle Möglichkeit zur aktiven Sterbehilfe sollte schon geschaffen werden.
 
Da kann ich Amabilis leider nur Recht geben. Einer meiner Patienten, Alter 94 Jahre, mit Wünschen und Vorstellungen und völlig klaren Ansichten, wurde am Mittwoch 10.10. 2006 wegen Verdacht auf einen arteriellen Verschluss des li. Fußes, aus seiner häuslichen Umgebung in ein Krankenhaus verlegt. Der Abtransport war gegen 15:30 Uhr. Gegen 16:30 erreichte er dann das 2. Krankenhaus, da dem ersten zu spät eingefallen war, keine spezielle Venenchirurgie zu haben. Im 2. Krankenhaus angekommen, stellte man gegen 20 Uhr fest, dass man dort, wegen fehlender Intensiveinheit, diesen Patienten nicht operieren kann und einem 94jährigen eine Narkose verpassen- UNMÖGLICH ! Das dachte der Sohn meines Patienten dann auch, nachdem er bereits im 3. Krankenhaus angekommen war um seinen Vater zu finden:wut:.... und keiner wirklich bereit war ihm weiter zu helfen- ein Telefonanruf hätte ja genügt!!! Im 4. Krankenhaus erfuhr er dann, dass sein Vater auf dem Weg nach Köln sei, da man dort das richtige Krankenhaus gefunden hätte...:knockin: man teilte dem Sohn dann ebenfalls mit, dass der Verschluss leider nun schon bis Mitte Oberschenkel gewandert sei. Nun ja, als der Sohn dann endlich in Köln ankam, hatte der Vater gegen 22 Uhr bereits eine Amputation des linken Beins hinter sich und lag auf Intensiv ..... Es folgten 2 weitere OP´s unter Vollnarkose und es wäre eine 4. nötig gewesen, wäre da nicht der Retter, ein äußert kompetenter Arzt eingesprungen... völlig selbstlos und meiner Meinung nach auch gewissenlos, wurde der Patient zwar einerseits, auf Anordnung des Retters, nicht operiert :klatschspring: , aber da sein Zustand so kritisch war, dafür nochmal flott an die Herz/Lungen- Maschine angeschlossen:-? , schnell noch 15 Ampullen Kreislaufstbilisierende Mittel i.v. in den Körper gejagt und damit er nicht zu sehr leiden muss auch noch das ein oder andere Schmerzmittel.
Lange Rede kurzer Sinn, sein Todeskampf dauerte insgesammt 8 Stunden, dank der verschiedenen Hilfsmittelchen und der Ärzte die sich strikt weigerten diese Folter eines alten Menschens zu unterlassen:sbaseballs: . Ich habe ihn Freitags besucht ( 2 Tage nach Einlieferung), da erkannte er mich noch, freute sich:) ... was ich an seinem Todestag vorfand ( ich brach meinen Frühdienst ab,verteilte meine anderen Patienten, um bei ihm zu sein ...das hatte ich ihm versprochen- ganz zu Anfang der Betreuung) , kann ich bis jetzt nicht in Worte fassen... Ein graues Wesen mit zerstochenen Armen und Schläuchen in jeder Körperöffnung, sogar den Blasenkatheter hatte er noch, wo ich doch extra Bescheid gegeben hatte, man möchte den bitte sobald wie möglich ziehen, er hätte das immer strikt abgelehnt- aber nichts passierte, darüber wurde sich, vermutlich aus Angst vor zuviel Arbeit, selbstherrlich hinweggesetzt ( was weiss diese dumme Schwester aus der ambulanten Pflege schon...).
Jeder Würde beraubt, ein Versuchsobjekt der behandelnden Ärzte, eine Geldquelle- mehr nicht...Nichts war auch nur ansatzweise übrig, von dem Menschen, der mir nach der langen Zeit der Pflege in seiner Wohnung so ans Herz gewachsen war, weil er einfach aller Krankheit zum Trotz, nie aufgegeben hat, sich nie hat Vorschriften machen lassen- ja, einfach hilfebedürftig war, aber sich nicht hat entmündigen lassen....ich hätte nicht soviel fressen können, wie ich hätte ****en können, ich war so wütend, aber auch so machtlos...... und dann..... nach stundenlangem Warten, endlich .... hörte sein Herz auf zu schlagen und endlich wusste ich, dass er nun zur Ruhe kommen kann.... aber das absolute highlight... die Krankenschwester hatte auf dem Monitor im "Schwesternterminal" ebenfalls bemerkt, dass seine Folter beendet war... die Tür "flog" auf... ihre Worte : "So, dass wars, unser Beileid...Maschine muss ich auch ausstellen, "klack" den Monitor mach ich auch aus.... gehen sie sofort? oder brauchen sie noch einen Moment?" ..bei dem ganzen machte der Ton die Musik, aber scheinbar stand das nächste Simens-Nixdorf-AIP´ler Versuchskanninchen schon bereit... :angryfire:...
P.s.: Man sollte das Grundgesetz ändern.. Die Würde des Menschen ist ignorierbar... oder die Würde des Menschen ist unantastbar, es sei denn man ist PRIVAT- Patient.....:x
 
Ich bin der Meinung, jedeR kann und darf für sich selbst entscheiden, ob er/sie so weiter leben möchte.

Nun Gego, mit deiner Meinung bist du gewiß nicht mehr allein.

Ich gebe nur etwas zu bedenken: Wenn mir jemand Schaden zufügt, sagt das Gesetz, daß ich nicht zur Selbsthilfe greifen darf. Es wird mit Selbstjustiz bezeichnet und ist unter Strafe gestellt. Warum wohl? Geht es doch um die eigene Sicherheit!

Nun kann man der Auffassung sein, das hier wäre etwas anderes. Ich denke, es ist nichts anderes! Nenne mir einen Menschen, der selbst entschieden hat, daß er lebt. Dann mag es sein, daß er selbst entscheiden kann, daß er stirbt.

Allerdings hat auch kein anderer Mensch das Recht, zu bestimmen, ob ein Mensch verpflichtet ist, weiterzuleben. Genau das maßen sich gerade Menschen aus medizinischen Berufen an. Daß dies zu Problemen führt, ist doch wohl vorprogrammiert. Bei einem Weltbild allerdings, in dem der Mensch an der "Spitze der Entwicklung" steht, ist diese Verhaltensweise sehr wohl nachvollziehbar. Wer den Menschen zum Maßstab macht, muß sich nicht wundern, wenn jeder Mensch dieses Recht für sich in Anspruch nimmt.

Sag, stört es dich, daß Kinder mißhandelt und umgebracht werden? Sollte es folgerichtig aber nicht. Der Mörder hat lediglich sein selbsternanntes Recht in Anspruch genommen, für das du hier einstehst! Ich hoffe, du erkennst, wo diese Denkweise ihre Fortsetzung nimmt.

Ich bin mir aber vollkommen dessen bewußt, daß am Ende die Tötungsbefürworter das Feld gewinnen werden. Die Systematik ist schließlich immer die gleiche: Zuerst wird darüber diskutiert, ob oder ob nicht. Dann wird über die Massenmedien spielerisch die Vorgehensweise durchgespielt. Dies wird so lange gesteigert, bis die Öffentlichkeit desensibilisert ist. Dann wird ein Gesetz gemacht. Daß jene, die verantwortungslos sind, sich am Ende nicht an die Gesetze halten, ist ja hinreichend bekannt. Darum wird es dann immer mehr Fälle geben, in denen gesetzliche Begrenzungen überschritten werden ohne Konsequenzen.

Sehen wir uns die Entwicklung im Zusammenhang mit der systematischen Überwachung der Menschen an, haben wir ein Musterbeispiel über den Werdegang. Es wird mich jedenfalls nicht verwundern, wenn es bald nicht nur heißt: Du darfst töten. Der nächste Schritt ist vorprogrammiert: Du sollst töten!

Ein kritischer

Johannes
 
Nun Gego, mit deiner Meinung bist du gewiß nicht mehr allein.

Ich gebe nur etwas zu bedenken: Wenn mir jemand Schaden zufügt, sagt das Gesetz, daß ich nicht zur Selbsthilfe greifen darf. Es wird mit Selbstjustiz bezeichnet und ist unter Strafe gestellt. Warum wohl? Geht es doch um die eigene Sicherheit!

Da bin ich wohl etwas mißverstanden worden! Es geht mir primär darum, daß ich für mich selbst entscheiden kann (und darf) ob ich weiterleben will oder nicht. (Bzw. die PatientInnen jeweils für sich selbst!)

Dein gewähltes Beispiel führt aus meiner Sicht ein wenig vom Thema weg. Übrigens erlaubt das Gesetz sehr wohl eine Selbsthilfe bei unmittelbarer Gefahr für Leib und Leben (Notwehr). Worauf Du evtl. anspielst ist der sog. "Notwehrexzeß", also wenn ich mehr unternehme, als für die Abwehr des unmittelbaren Angriffs notwendig ist.

Nun kann man der Auffassung sein, das hier wäre etwas anderes. Ich denke, es ist nichts anderes! Nenne mir einen Menschen, der selbst entschieden hat, daß er lebt. Dann mag es sein, daß er selbst entscheiden kann, daß er stirbt.

Da sind wir bei einem grundsätzlichen (philosophischen) Problem angelangt, zu der auch die (moderne) Philosophie und Wissenschaft keine abschließende Lösung bietet. - Hat der Mensch einen freien Willen?

Meine Ansicht dazu: Ja! Daher steht auch jedem Menschen (aus meiner Sicht) die freie Entscheidung zu, ob er weiter leben will oder nicht.

Allerdings hat auch kein anderer Mensch das Recht, zu bestimmen, ob ein Mensch verpflichtet ist, weiterzuleben.

Ich finde, da besteht ein gewisser Widerspruch zu Deiner ersten Aussage [Nenne mir einen Menschen...], denn wenn ich die erste Aussage so durchlese, beeinhaltet sie genau die Aussage, weil der Mensch nicht selbst entschieden hat zu leben, darf er auch nicht entscheiden, daß er stirbt (= sich selbst tötet). Das bedeutet doch auch, daß er folglich kein Entscheidungsrecht über sein Leben oder Sterben hat und letztlich auch keine Entscheidung darüber treffen kann, ob er verpflichtet ist weiterzuleben.

Genau das maßen sich gerade Menschen aus medizinischen Berufen an. Daß dies zu Problemen führt, ist doch wohl vorprogrammiert. Bei einem Weltbild allerdings, in dem der Mensch an der "Spitze der Entwicklung" steht, ist diese Verhaltensweise sehr wohl nachvollziehbar. Wer den Menschen zum Maßstab macht, muß sich nicht wundern, wenn jeder Mensch dieses Recht für sich in Anspruch nimmt.

Ich für mich sehe "den Menschen" nicht als an der Spitze der Entwicklung stehend an. Für mich besteht eher ein neben- und miteinander der verschiedenen Lebensformen. Nur in der gewissen Egozentrik (vieler) Menschen geraten die anderen Lebensformen aus dem Blickfeld.

Was ist daran so falsch den Menschen als Maßstab für den Menschen zu nehmen? Welcher Maßstab wäre passender? Ich wüßte keinen.


Sag, stört es dich, daß Kinder mißhandelt und umgebracht werden? Sollte es folgerichtig aber nicht. Der Mörder hat lediglich sein selbsternanntes Recht in Anspruch genommen, für das du hier einstehst! Ich hoffe, du erkennst, wo diese Denkweise ihre Fortsetzung nimmt.

Das führt meiner Meinung nach vom Thema weg und trägt auch nicht zur Lösung (falls es denn eine gibt) bei. - Klar "stört" es mich! (Stören ist da ein bißchen untertrieben!) Nur liegt in der Argumentation aus meiner Sicht ein Fehler vor: Mir geht es darum, daß jeder Mensch für sich selbst entscheiden kann/darf, ob er weiterleben möchte oder nicht. In Deinem angeführten Beispiel trifft diese "Entscheidung" gerade aber ein anderer Mensch. Nochdazu möchte ich jetzt mal die Motivation eines Mörders (Mord = Tötungsdelikt z. B. aus Habgier, niedrigen Beweggründen usw. lt. StGB) doch etwas unterscheiden von den Beweggründen med. Personals (Ärzteschaft) (hier wohl eher das ersparen wollen von unnötigem Leid).


Ich bin mir aber vollkommen dessen bewußt, daß am Ende die Tötungsbefürworter das Feld gewinnen werden. Die Systematik ist schließlich immer die gleiche: Zuerst wird darüber diskutiert, ob oder ob nicht. Dann wird über die Massenmedien spielerisch die Vorgehensweise durchgespielt. Dies wird so lange gesteigert, bis die Öffentlichkeit desensibilisert ist. Dann wird ein Gesetz gemacht. Daß jene, die verantwortungslos sind, sich am Ende nicht an die Gesetze halten, ist ja hinreichend bekannt. Darum wird es dann immer mehr Fälle geben, in denen gesetzliche Begrenzungen überschritten werden ohne Konsequenzen.

Ich finde aber gerade, daß diese Thematik nicht "verschwiegen" werden soll und darf sondern sich die Öffentlichkeit damit auseinandersetzen soll.
Und ob Grenzüberschreitungen Konsequenzen nach sich ziehen oder nicht, liegt meiner Meinung nach nicht zuletzt an uns selbst ob wir diese Grenzüberschreitungen zu lassen.


Sehen wir uns die Entwicklung im Zusammenhang mit der systematischen Überwachung der Menschen an, haben wir ein Musterbeispiel über den Werdegang. Es wird mich jedenfalls nicht verwundern, wenn es bald nicht nur heißt: Du darfst töten. Der nächste Schritt ist vorprogrammiert: Du sollst töten!

Auch diese Verknüpfung zweier (aus meiner Sicht doch recht unterschiedlicher) Problemfelder kann ich nicht so ganz nachvollziehen. Die Problematik, was den "Überwachungsstaat" angeht, sehe ich schon, nur kann ich da jetzt nicht so den Zusammenhang zur ethischen Vertretbarkeit von aktiver Sterbehilfe sehen.

Für mich geht es auch primär nicht um die Frage "Du darfst töten" (ohne Bedingungen) sondern um die Frage "Du darfst Dich selbst töten". Das macht für mich einen ganz wesentlichen Unterschied aus.

Für mich beginnt die Problematik da, wo eine Person nichtmehr in der Lage ist die Selbsttötung auch selbst vorzunehmen. Da ist noch ein weites Feld zur Diskussion!
 
Nenne mir einen Menschen, der selbst entschieden hat, daß er lebt. Dann mag es sein, daß er selbst entscheiden kann, daß er stirbt.
Jeder Mensch kann sehr wohl über seinen Tod entscheiden und es gibt doch einige die per Suizid bewußt ihrem Leben ein Ende setzen.
Diese Möglichkeit hat man eventuell nicht mehr, wenn man aufgrund von Krankheit schlicht körperlich dazu nicht mehr in der Lage ist, aber die geistig noch sehr wohl entscheiden kann.

Sag, stört es dich, daß Kinder mißhandelt und umgebracht werden? Sollte es folgerichtig aber nicht. Der Mörder hat lediglich sein selbsternanntes Recht in Anspruch genommen, für das du hier einstehst! Ich hoffe, du erkennst, wo diese Denkweise ihre Fortsetzung nimmt.
Deine Unterstellung funktioniert nur, wenn du jedem Menschen das Recht absprichst, sich selbst zu richten, also seinen Tod bewußt zu wählen.
Ich hoffe du erkennst jetzt, wie merkwürdig und auch unpassend deine Schlußfolgerung hier an dieser Stelle ist.
Deine Meinung zur Sterbehilfe in allen Ehren, aber deine plakativen Effekthaschereien tangieren das Thema leider nur ganz am Rande.
Wir wäre es, bei einer etwas sachlicheren Diskussionsebene zu bleiben?

Du darfst töten. Der nächste Schritt ist vorprogrammiert: Du sollst töten!
Wie man von einem zum anderen kommen kann, weiß ich nicht.
Ich glaube nicht, dass in Holland oder der Schweiz reihenweise Menschen umgebracht werden.

Ich für meinen Teil glaube auch nicht, dass ein anderer Mensch über mein Leben zu entscheiden hat. Weder um es zu verlängern, noch um es zu beenden. Dies ist und bleibt meine Entscheidung.
Es geht in der Sterbehilfe-Debatte nicht darum, wahllos Menschen umzubringen, aus Mitleid oder medizinischen Gründen.
Sondern es geht darum den Menschen zu respektieren, der seinen freien Willen äußert sterben zu wollen.

In wie weit vielleicht medizinische Behandlung notwendig ist, bei Menschen, die ihren Willen nicht mehr äußern können, darüber möchte ich auch nicht entscheiden wollen. Gebe aber zu bedenken, dass ich oft ein sehr schlechtes Gefühl habe, wenn einem alten, dementen, immobilen Menschen eine PEG gelegt wird, um das Leben in diesem Zustand noch einmal ein paar Jahre andauern zu lassen.

And dieser Stelle ist es, glaube ich, wichtig noch einmal das Anfangsposting zu zitieren:
aja schrieb:
Und ich überlegte,ob ich ihr nicht helfen könne.Die Dosen kurzzeitig so erhöhen,daß sie es nur endlich schafft.
Das ist keine Tötung auf Verlangen. Das ist Mord.
Solche Gedanken gegenüber einem Patienten gehören in professionelle Hände. In eine Therapie. Das geht über das normale Maß an Hilflosigkeit und Aushalten hinaus und macht mir Angst.
 
[...]
Es geht in der Sterbehilfe-Debatte nicht darum, wahllos Menschen umzubringen, aus Mitleid oder medizinischen Gründen.
Sondern es geht darum den Menschen zu respektieren, der seinen freien Willen äußert sterben zu wollen.[...]

Das kann ich nur unterstützen!

Für mich stellen sich in dem Zusammenhang mit aktiver Sterbehilfe drei grundsätzliche Fragen:

  • Hat der Mensch einen freien Willen?
  • Darf der Mensch über sein eigenes Leben und seinen eigenen Tod entscheiden?
  • Darf der Mensch einen anderen bei der Durchsetzung seines Willens (Selbsttötung) unterstützen, wenn er selbst nichtmehr zur Ausführung in der Lage ist?
 
Na, dann lest euch mal ein wenig ein unter sterbehilfe-debatte.de oder googlet mal mit dem Stichwort Euthanasie.

Nach der Anmaßung, in das Leben einzugreifen kommt noch viel mehr, als Hitler und seine Schergen je erreicht haben. Wie ich bereits lange vermutet hatte - jetzt scheint es sogar schon Beweise zu geben, daß die Menschen die Grenzen überschritten haben! Aber da müßt ihr euch schon selbst reinlesen, wenn ihr den Mut dazu habt.

Gruß

michiko
 
Es geht doch nicht darum leichtfertig und massenhaft kranke oder alte Menschen zu töten!

Ich verstehe Sterbehilfe so: Wenn alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ausgeschöpft sind (ausreichende Analgesie, psychosoziale Unterstützung, Hospitz/Palliativmedizin usw.), dann darf den PatientInnen nicht ihre letzte Möglichkeit ihr Leiden zu beenden genommen werden.

Ich widerhole nochmal meine für mich grundlegenden 3 Fragen:

  • Hat der Mensch einen freien Willen?
  • Darf der Mensch über sein eigenes Leben und seinen eigenen Tod entscheiden?
  • Darf der Mensch einen anderen bei der Durchsetzung seines Willens (Selbsttötung) unterstützen, wenn er selbst nichtmehr zur Ausführung in der Lage ist?
 
Tachchen!

Nun, das ist sicher tragisch, teilweise auch unverständlich. Vor allem die Vielzahl der Verlegungen ist untragbar.
Jedoch würde ich Abstand nehmen von "Versuchsobjekt", "Geldquelle" und "Siemens- Nixdorf AIP'lern", ich denke derartige Unterstellungen sind nicht tragbar.
Die aktive Sterbehilfe (sei es durch unterlassen der Hilfe oder einer tatsächlichen Beschleunigung des Sterbens) betrachte ich sehr kritisch.
Einerseits ist es nicht leicht den Leidensweg eines Menschen zu begleiten, der klar äußert, das er/sie nicht mehr will und auch eigentlich die evtl. notwendigen medizinischen Maßnahmen ablehnt und man sich mit dem Patienten selbst wünscht, es hier enden zu lassen.
Andererseits sollte man abwägen ob man es mit seinem Gewissen und seinem Leben vereinbaren kann jemanden sterben zu lassen oder sogar aktiv daran beteiligt zu sein.
Ich jedenfalls bin mir noch nicht schlüssig ob ich für die Sterbehilfe bin oder dagegen, da ein Standpunkt "Sterbehilfe ja, nur möglichst nicht mit mir" für mein Verständnis nicht geeignet ist, kann ich zu diesem
Thema keine Partei ergreifen.

Man sollte immer Berücksichtigen als Arzt, Pflegender oder im Rettungsdienst- tätiger, trägt man eine immenz hohe Verantwortung für sich und andere und wie man mit dieser um geht sollte doch jedem, im rechtlichen Rahmen, selbst überlassen sein. Vielleicht stellt sich am Ende heraus, dass die Entscheidung für den Patienten nicht die Beste war.....aber wie viele wissen sowas vorher? ... Ich kenne keinen.
 
Na, dann lest euch mal ein wenig ein unter sterbehilfe-debatte.de oder googlet mal mit dem Stichwort Euthanasie.

Ich persönlich finde es sehr schade, dass du keine Stellung zu den Antworten auf deine Postings beziehst, sondern lieber auf andere Meinungen verweist.
Das macht eine sachliche Diskussion sehr schwierig...

Nach der Anmaßung, in das Leben einzugreifen kommt noch viel mehr, als Hitler und seine Schergen je erreicht haben. Wie ich bereits lange vermutet hatte - jetzt scheint es sogar schon Beweise zu geben, daß die Menschen die Grenzen überschritten haben! Aber da müßt ihr euch schon selbst reinlesen, wenn ihr den Mut dazu habt.

Mittlerweile zum dritten Mal: Es gibt in Deutschland keine aktive Sterbehilfe, zumindest derzeit nicht. Und es geht nicht darum Menschen zu töten, sondern um die Frage, ob jeder Mensch das Recht hat, über das Ende seines Lebens selbst zu entscheiden.
Dies war und ist der Ausgangspunkt.
Hier verweise ich nocheinmal auf die Denkansätze, die Gego in den Raum gestellt hat, zu denen du dich leider nicht geäußert hast.

Für mich persönlich ist es einfach wichtig stehen zu lassen, dass jeder Mensch einen freien Willen hat und über das Ende seines Lebens selbst bestimmen sollte.
Ich mag keine religiöse Debatte führen darüber, ob er tatsächlich das Recht dazu hat. Das sollte jeder selbst entscheiden dürfen.

michiko, was du sicherlich meinst, ist die Frage nach der Wertigkeit des Lebens und ob wir, wenn aufgrund von körperlichen, bzw. geistigen Gebrechen keine Willensäußerung vorliegen kann, dennoch Sterbehilfe leisten sollten.
Dies jedoch ist ein eigenständiges Thema in der Sterbehilfe, und hat nichts mit den Menschen zu tun, die ihren Willen noch äußern können.

In der Sterbehilfe gibt es verschieden Themenkreise, die man auch ruhig einzeln betrachten und nicht allgemeingültig aburteilen sollte.
 
[...]
Die aktive Sterbehilfe (sei es durch unterlassen der Hilfe oder einer tatsächlichen Beschleunigung des Sterbens)[...]

Da vermischst Du zwei unterschiedliche Sachverhalte:
  • aktive Sterbehilfe = aktive Maßnahmen die das Leben verkürzen oder beenden (sagt ja schon die Bezeichnung)
  • passive Sterbehilfe = Unterlassung von evtl. lebensverlängernden Maßnahmen
[...]Einerseits ist es nicht leicht den Leidensweg eines Menschen zu begleiten, der klar äußert, das er/sie nicht mehr will und auch eigentlich die evtl. notwendigen medizinischen Maßnahmen ablehnt und man sich mit dem Patienten selbst wünscht, es hier enden zu lassen.[...]

Das sind meiner Ansicht nach zwei grundlegend verschiedene Aspekte:
  • der Wille und das Erleben der PatientIn
  • das Erleben der Pflegekraft
Nur der Wille der PatientIn darf den Ausschlag geben, nicht das Erleben der Pflegekraft!


[...]Andererseits sollte man abwägen ob man es mit seinem Gewissen und seinem Leben vereinbaren kann jemanden sterben zu lassen oder sogar aktiv daran beteiligt zu sein.[...]

Für mich ist die Frage, wie weit kann ich gehen um einer anderen Person ihren Willen/Wunsch zu verwirklichen.
 
Es wird in dieser Diskussion gerne der freie Wille als Argument zitiert.

Die bedingte Willensfreiheit sieht den Willen als frei, wenn die Person ihren Willen nach ihren persönlichen Motiven und Neigungen gebildet hat, tun kann was sie will (Handlungsfreiheit) und auch anders hätte handeln können, wenn sie es denn nur gewollt hätte. Welcher unserer konkurrierenden Wünsche sich als Willen herausbildet hängt von äußeren Faktoren (Genetik, Sozialisation, Umwelteinflüssen) in Verbindung mit unserer Persönlichkeit (anders ausgedrückt, dem Zustand unseres Gehirns) ab. In der selben Entscheidungssituation ist es der selben Person also nicht möglich unterschiedliche Entscheidungen zu treffen. Andersherum ausgedrückt: In einer konkreten Situation gibt es für eine Person nur eine Möglichkeit sich zu entscheiden. Dennoch wird hier von Freiheit gesprochen, weil die getroffene Wahl, den Neigungen und Motiven der Person entspricht, und somit ihren eigenen Willen repräsentiert. Keine wissenschaftliche Position spricht dem Menschen Freiheit in diesem Sinne ab, es ist nur fraglich ob der Begriff Freiheit hier angebracht ist, wo es zu dem tatsächlichen Wollen keine Alternative gibt. Freier Wille - Wikipedia

So einfach ist es denn doch nicht mit dem eigenen freien Willen. Dieser ist ein Konstrukt und es bleibt die Frage: Entscheidet der Mensch tatsächlich zwischen zwei Alternativen und wählt den Freitod? Oder fühlt er sich genötigt in dieser Situation durch äußere Einflüsse geprägt den einzigen Weg zu wählen, den er wahrnimmt da ihm Alternativen nicht bekannt sind?

Elisabeth
 
Ich zitier mich mal selbst (aus dem Thread "Aktive Sterbehilfe - moralisch vertretbar?"):

[...]
Da sind wir bei einem grundsätzlichen (philosophischen) Problem angelangt, zu der auch die (moderne) Philosophie und Wissenschaft keine abschließende Lösung bietet. - Hat der Mensch einen freien Willen?

Meine Ansicht dazu: Ja! Daher steht auch jedem Menschen (aus meiner Sicht) die freie Entscheidung zu, ob er weiter leben will oder nicht.[...]

/offtopic on

Eine Frage an die Admins/Mods: Könnten die Beiträge hier evtl. an den Thread http://www.krankenschwester.de/foru...-aktive-sterbehilfe-moralisch-vertretbar.html angefügt werden?

/offtopic off
 
Hallo Gego,

da hatten wir wohl den gleichen Gedanken, ich hab die beiden Threads hier zusammengeführt!
 
So einfach ist es denn doch nicht mit dem eigenen freien Willen. Dieser ist ein Konstrukt und es bleibt die Frage: Entscheidet der Mensch tatsächlich zwischen zwei Alternativen und wählt den Freitod? Oder fühlt er sich genötigt in dieser Situation durch äußere Einflüsse geprägt den einzigen Weg zu wählen, den er wahrnimmt da ihm Alternativen nicht bekannt sind?
Elisabeth

Ich glaube, hier eine Determinismus-Debatte zu führen, wäre off-topic, zumal ich dann zu viel altes Wissen hervor kramen müßte und die Diskussion doch ins bodenlose ausufern würde... :trinken:

Nur eines, dein zitierter bedingter freier Wille ist nur eine Theorie.
Ich gehe dennoch davon aus, als Mensch einen freien Willen zu haben und spreche dies durchaus auch anderen Individuen zu.

Aber um den praktischen Bezug nicht aus den Augen zu verlieren: Es wäre tragisch wenn sich jemand für die aktive Sterbehilfe entscheiden würde, nur weil ihm der Mangel an Wissen einen anderen Weg verwehrt.
Eine Sache der Aufklärung.
Ich denke auch nicht, dass man Sterbehilfe als Parade-Lösung propagandieren sollte, dennoch sollte sie unter die Wahlmöglichkeiten des Patienten fallen können und dürfen.
 
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