Wolltet Ihr nicht ins Boot? Sorry, war nicht so ernst gemeint. Aber wenn Ihr keine Angst um die Mitgliederzahl haben müsst, kann eine weitere und vor allem andersartige, also nicht konkurrierende Kraft (Pflegekammer, ist klar) doch kein Problem für die Geschwerkschaft sein.
Es ging nicht um die Gewerkschaft, Du hast den Betriebsrat mit ins Spiel gebracht und dagegen habe ich mich gewehrt. Der BR muss keine Angst um Posten oder Mitglieder haben. Ein Betriebsrat wird auch nie um Mitsprache bei der Kammer kämpfen. Warum nicht, weil er das nicht darf. (Der Betriebsrat als Institution, nicht das einzelne Mitglied).
Das ver.di durchaus berechtigte Befürchtungen hat, dass ihr Mitglieder verloren gehen ist doch klar. Die meisten Austritte bei ver.di werden mit Geldmangel begründet. Wenn ich jetzt noch in einer Organisation Zwangsmitglied werden muss, dann wird es sich sicher der ein oder andere überlegen.
Und was macht Ihr bei den ganzen konfessionellen Trägern? Und gehören die Altenpflegeeinrichtungen nicht dazu? Verhindert Ihr, dass der ganze Bereich Altenpflege aus dem Tarifgefüge abgekoppelt wird, damit hier mit privaten Dumping-Anbietern konkurriert werden kann? Dann zeigt doch mal, was Eure 10% in den Kliniken hier für die Altenpflege ausrichten können. Und das verspreche ich: Als noch nicht-ver.di-Mitglied - Asche über mein Haupt - würde ich neben den drei anderen Verbänden, in denen ich Mitglied bin, sofort auch noch bei ver.di eintreten, wenn Ihr das hinkriegt. Versprochen!
Die konfessionellen Träger werden aus der Tarifgemeinschaft nicht austreten, da sie ja eigene TV haben.
Ich versuche Dir jetzt nochmal den Ablauf von Tarifverhandlungen zu erklären (auch wenn das ein wenig vom Thema weggeht, sorry liebe Mods), denn dann siehst Du, dass Dein Argument dass die 10% in den Kliniken für die Altenpflege nicht viel machen können.
1. die ca. 10% Orgagrad beziehen sich auf den Bereich TVöD / TV-L. In den privaten sieht es durchaus etwas besser aus, da dort die Bedingungen meist noch schlechter sind als im ÖD. Das merken die Leute und begreifen den Sinn einer starken Gewerkschaft. Gut ist es dort aber auch nicht. Bei den Kirchen sieht ist der Orgagrad dagegen noch schlechter.
Das zur Einführung.
2. Wenn die Tarifrunde startet, startet die für die Bereiche der einzelnen Tarifverträge (TVöD, TV-L (jetzt gerade abgeschlossen), AVR, oder bei den Privaten).
3. In sofern können/dürfen z.B. die Mitarbeiter der kommunalen Träger gar nicht für andere, z.B. konfessionelle Träger, was erkämpfen. Das ist schlicht und einfach nicht möglich. Es sei denn, beide Tarifrunden finden zeitgleich statt.
4. Jetzt nochmal zu der schwachen Ausgangslage der Gewerkschaft. Wenn ich in eine Tarifrunde gehe und mir nur bei ca. 10% der Angestellten sicher sein kann, dass sie im Fall der Fälle aus die Straße gehen, bin ich in einer miesen Position. Da haben die Arbeitgeber keine Angst. Das juckt die nicht! Wenn ich mir aber sicher bin, dass (wie z.B. bei der IG Metal) 70 - 80% der Angestellten hinter mir stehen, kann ich Forderungen stellen und bekomme diese auch durch. Denn mit 70 - 80% bekommen die AG schon Angst, weil die mal ganz locker den Betrieb zum erliegen bringen.
In den Kliniken kommt natürlich noch der moralische Druck dazu den die AG ausüben. 'Denken sie doch an die Pat.'. Das zieht bei Pflege ja immer und schon stehen bei einem Haus mit 700 Pflegekräften 30 vor der Tür. Super, da lachen sich die AG kaputt und es kommen solche Abschlüsse wie in den letzten Jahren. Die Leute sind selbst dran Schuld. Wenn ich was erreichen will, muss ich kämpfen. Und wenn ich schon nicht Mitglied der Gewerkschaft werden will, weil Gewerkschaft ja pfui ist, dann solidarisiere ich mich bei Warnsteiks und Streiks wenigstens und gehe trotzdem mit auf die Straße. Bekomme für den Tag halt kein Geld / Lohnausgleich.
Du siehst also, wo der Hase im Pfeffer liegt. Erst eintreten, dann kämpfen, dann gute Abschlüsse erzielen. Nicht umgekehrt.
Nicht, erst soll die Gewerkschaft was machen und dann trete ich vieleicht ein. So rum wird dass nichts.
Aber es gehört nunmal nicht zum Naturell vieler Pflegekräfte, dass sie für ihre Belange eintreten und schon gar nicht dafür kämpfen.
Da kommt die Pflegekammer doch genau richtig. Da kommen jetzt Leute die einem versprechen, dass alles besser wird und dass Pflege dafür nicht mal was machen muss. Dass machen dann die anderen, die Funktionäre. Na super, genau darauf springt Pflege an. Alles perfekt. Das böse Erwachen kommt erst dann, wenn es zu spät ist.
Zu dieser Auffassung komme ich, weil die Argumente, die ver.di mit Nachdruck verbreitet, aus meiner Sicht vordergründig und nicht stichhaltig sind, d. h. nach meiner Wahrnehmung zum Ziel haben, Pflegende davon abzubringen, in die Vorteile der Selbstverwaltung etwas zu investieren. Wenn diese Unterstellung falsch ist, verstehe ich nicht, warum sich ver.di so massiv in die Berufspolitik einmischt.
ver.di ist nicht gegen die Selbstverwaltung der Pflege! ver.di mischt sich in Berufspolitik nur zu einem bestimmten Grad ein, dass ist auch wichtig und richtig. Sie würde aber nie soweit eingreifen, dass sie mit Berufsverbänden kollidieren. Das ist wie gesagt auch nicht ihre Aufgabe.
Ver.di wehrt sich nur, im Interesse ihrer "pflegenden" Mitglieder, gegen die Zwangsverkammerung. Ein Vorgang der, nicht nur meiner Meinung nach, rechtswidrig ist. Ich hatte es in diesem Thread, meine ich, bereits erwähnt, kommt die Kammer wird mit Sicherheit gegen die Zwangsmitgliedschaft geklagt. In sofern sollte sich die Politik im Vorfeld überlegen ob sie sich auf so dünnes Eis begibt. Denn solche Klagen dauern Jahre und werden mit Sicherheit bis zum EuGH durchgezogen.
Aber Vorsicht mit dem "nicht so interessant". Die Gesellschaft ändert sich. Das Bewusstsein für einen monetären Neofeudalismis mit präkären Arbeitsverhältnissen, mit Spardiktaten und Bankenstützung, wo in Spanien schon gehungert wird, und das im Internetzeitalter, verschieben die gesellschaftlichen Kräfte deutlich. Und die Pflegenden spüren es unmittelbar, dass sie ausgenommen werden sollen, damit besser bezahlte Kollegen noch besser bezahlt werden.
Ja das Bewusstsein der Menschen ändert sich. Das merken wir vor Ort, sowohl als Betriebsrat als auch als ver.di-VL. Die Leute kommen öfters, die Leute hinterfragen Anweisungen der PDL, lassen sich nicht mehr alles gefallen. Da sind wir auf dem richtigen Weg. ver.di hatte 2012 erstmals seit ver.di-Gründung einen Mitgliederzuwachs. Diesen Zuwachs hat zum Großteil der Fachbereich 03 "erarbeitet".
Trotzdem bin ich der Meinung, dass eine Spartengewerkschaft zu früh kommen würde und zum erneuten scheitern verurteilt wäre. Ersten weil das Bewusstsein und die Bereitschaft zum kämpfen bei Pflege noch nicht so ausgeprägt ist wie es nötig wäre und zweiten bei Tarifrunden immer noch die Gemeinschaft auf den verschiedenen Fachbereichen dafür sorgt, dass Steiks so wirkungsvoll sind, dass halbwegs was bei rumkommt.
Die Arbeitgeber versuchen doch nicht aus Jux und Dollerei den Fachbereich 03 aus dem TVöD/TV-L-Gefüge rauszubekommen. Was ver.di übrigens bislang immer noch verhindern konnte.
Es geht doch darum, das Pflege dabei ist, wenn die Großverdiener in diesem Land unter dem Deckmantel Qualitätssicherung dafür sorgen, dass Milliarden zweckentfremdet werden, statt das Verteilungssystem insgesamt zu hinterfragen. Warum gibt es z. B. keine Patientenquittung im niedergelassenen Bereich, aber ambulante Pflegedienste müssen haarklein aushandeln, ob ein Pflegebedürftiger gekemmt wird oder sogar die Haare gewaschen bekommt. Hier hat ein Berufsverband und auch eine noch so mitgliederstarke Gewerkschaft nicht einen Hauch von Einfluss.
Ich sage jetzt mal kätzerisch, dass auch die Funktionäre der Pflegekammer nicht zu den Geringverdienern gehören werden. Dewegen habe ich da manchmal auch Zweifel, ob die die Verbundenheit zur Pflege am Bett überhaupt noch haben und sich für diese einsetzen werden.
Natürlich liegt da einiges im Argen und ja, da hat auch eine Gewerkschaft keinen Einfluss drauf, kann sie auch nicht, da es nicht zu ihren definierten Aufgaben gehört. Nur wird sich da auch mit Gründung einer Pflegekammer nichts ändern. Eine Pflegekammer wird, LEIDER, nie den Einfluss haben wie die Ärztekammer. Erstens weil die Doks ein ganz andere Lobby haben und zweitens ist die Ärztekammer historisch gewachsen und wurde nicht einfach so aus dem Boden gestampft.
Auch eine Pflegekammer wird es hier nicht leicht haben, aber sie wird mit am Tisch sitzen, wenn das Gesundheitssystem organisiert und reformiert wird. Und da ist es geradezu elegant, dass die Pflegekammer aufgrund der Pflichtmitgliedschaft gesetzlich legitimiert ist, ihre Berufsgruppe zu vertreten und legitimiert ist, hoheitliche Aufgaben, wie die Berufsaufsicht, selbst in der Hand zu haben. Hier geht es doch nicht um Pöstchen und Posten. Wir wollen an dem ganz großen Rad mit drehen, damit am Ende des Tages noch genug da ist, was die Gewerkschaften dann über die Löhne unseren Mitgliedern wieder einhandeln können.
Das klingt alles schön und gut. Nur leider wird das nicht funktionieren. Wie oben bereits geschrieben.
Wenn die Pflege eigene Vorbehaltsaufgaben haben will, müssen andere Berufsgruppen welche abgeben. Das sind in der Regel die Ärzte. Ich kann mir die Freude der Ärztekammer vorstellen, wenn man denen was wegnehmen will. Und wie da dann die Lobby arbeitet kann sich sicher jeder vorstellen.
Ich betone ganz klar, ich würde mich freuen, wenn das gelingen würde, nur habe ich meine Zweifel, dass dies durch eine Kammer klappt.
Man sollte sich da einfach mal die rechtlichen Strukturen betrachten. Kammerrecht ist immer Landesrecht (also auf Bundeslandebene), die ganze Gesetzlichkeit der Krankenpflege ist Bundesrecht. Wie will eine Kammer denn da direkt Einfluss nehmen? Bundespflegekammer analog zur Bundesärztekammer? Das wird nicht klappen, da auch die Bundesärztekammer keine Kammer im Sinne des Gesetzes ist, sondern als Verein gilt. Es gibt eine Kammern auf Bundeebene. Die Bundeärztkammer ist nur das Sprachrohr der einzelnen Länderkammern. Die hat nur soviel gehört, weil sie erstens historisch gewachsen ist und zweitens die Ärzte eben eine gewisse Lobby haben.
Das müssen wir alle begreifen: Die kleinmütigen Zeiten sind vorbei. Wir haben akademisch qualifizierte Pflegekräfte in allen Bereichen und auf allen Führungsetagen. Wir haben die Pflegewissenschaft aufgebaut. Wir stehen vor riesen gesellschaftlichen Aufgaben, für die sich fachfremden Politiker überfordert fühlen (sollten!). Wir müssen uns nicht mehr darüber unterhalten, ob wir armen Pflegewichte stark genug organisiert sind. Wir müssen es einfach tun. Und jeder, der dieses Tun bremst oder behindert, möge sich nicht wundern, dass er contra bekommt. Diejenigen, die sich engagieren, wollen sich einfach nicht mehr bremsen lassen und das finde ich einfach gut!
Da geht ich mit. Nur verstehe ich nicht, dass Contra von Seiten der DPO immer in unqualifizierte Angriffe gegen ver.di oder andere Kammergegner mündet. Es stehen ja nicht nur Gewerkschafter der Kammer kritisch gegenüber. Man kann und sollte darüber diskutieren, auch kontrovers. Das ist wichtig und richtig, aber pauschale Abputzer gegen die Gegner sorgen nicht dafür, dass ich jemanden zum Meinungswechsel bewegen kann. Im Gegenteil, da mache ich mich lächerlich und bringe Zweifler gegen mich auf. (Ich persönlich finde das aber nicht so schlecht. Meine Meinung zur Kammer ist ja bekannt.)
Wenn die DPO aber auf einer sachlichen Ebene diskutieren würde und kritische Argumente widerlegen kann oder aber so viel Größe hat, gewisse Befürchtungen (steigene Mitgliedsbeiträge) nicht einfach vom Tisch zu fegen, sondern damit offen umgehen würde, hätten sie sicher einen besseren Stand. Bei aller Lobbyarbeit und die ist wirklich gut, treten sie da regelmäßig ins Fettnäpfchen.
Wir können hier doch auch auf einem vernünftigen Niveau reden. Warum, weil hier Leute reden, die in der Kammer weder Verantwortung noch Posten haben wollen. Hier sind Befürworter und Gegner die an der Basis schaffen und ihre Argumente austauschen.
Aber Aggressivität der möglichen künftigen Postenträger in Diskussionen zur Pflegekammer erschüttert mich immer wieder und lässt mich an den guten Ansätzen und der guten Ideologie zweifeln. Leider.
Sorry, dass ich aggressiv wirke, ne bin! Ich ärgere mich enorm, dass wir seitens der Gewerkschaften nicht unterstützt werden. Die Unterstützung müsste lauten (aus Gerwerschaftsmund): Ihr sorgt für die Berufspoltik auf höchster staatlicher Instanz und wir sorgen für die Tariefe möglichst flächendeckend. Dabei muss ganz klar Arbeitsteilung herrschen und keine Vermischung. Sonst kommen faule Kompromisse dabei heraus. Sonst werden Qualitätsstandards gegen Gehalt aufgewogen, d. h. dann dürften wir wirklich dafür bezahlen, dass wir schlechte Qualität einfach nicht ertragen.
Wieso sollten die Gewerkschaften was unterstützen, zu deren Einführung und Ursprungsarbeitskreisen sie, und das unterstelle ich jetzt mal, bewusst nicht eingeladen wurden. Weiterhin werden sie von den "Vorreitern" immer und immer wieder angegriffen. Nur weil sie nicht Ja und Amen sagt?
Ansonsten stimme ich Dir in den anderen Punkten zu.
Dass es einen Dialog geben sollte, da stimme ich ausdrücklich zu. Aber ich möchte nochmals auf die Gefahren bei der Vermischung hinweisen (s. o.). Außerdem bitte ich zu verstehen, dass ver.di, auch wenn es einen FB Pflege darin gibt, eine fundamental andere Aufgabe hat, als eine Kammer sie hätte. Es geht nicht um Politik im Umfeld Pflege im Allgemeinen, sondern ausdrücklich um die gesetzliche Anerkennung als Profession mit allen Rechten und Pflichten eines verkammerten Heilberufes, der nicht mehr fremdbestimmt wird in seiner professionellen Ausübung seines Berufes. Eine mehreren Berufsgruppen verpflichtete Gewerkschaft kann diese Interessen nicht vertreten, weil dies Fremdbestimmung implizieren würde, einerseits, weil weitere Berufsgruppen dann mitbestimmen würden (FB Pflege hin oder her) und zweitens, weil über Terifkompromisse die Fremdbestimmung wieder über die Hintertür hereinkäme. Wie gesagt, es geht um originäre inhaltlich berufliche Angelegenheiten, nicht um Arbeitsbedingungen, die in Tarifen ausgehandelt werden. Wir können uns gegenseitig unterstützen, aber beide Seiten müssen völlig autonom voneinander arbeiten, sonst schwächen wir uns gegenseitig.
Siehst Du, da kommen wir doch wieder zusammen. Nur muss ich doch nicht zwangsläufig für eine Kammer sein nur weil ich die Situation der Pflege verbessern will. Ich verweise da gern nochmal auf die diversen Berufsverbände die auch nicht erreichen konnten/wollten. Ich bezweifle halt stark, dass eine Organisation die ihre Mitglieder nur hat, weil sie dazu gezwungen werden, einen deutlich höheren Erfolgsgrad haben wird.
Bitte diese Ausführlich als Interesse am konstrutiven Dialog verstehen, auch wenn ich gerne herausforderd argumentiere. Wir stehen wahrscheinlich eh auf der gleichen Seite, habe nur noch nicht zueinander gefunden. Gute Nacht.
Ich verstehe das auch so. Ich denke, wir beide sind vom Diskussionsstil relativ gleich. Ich argumentiere ja auch gern herausfordernd und geraderaus. Ich bitte meine Postings auch so zu verstehen.
Ich hatte es ja bereits geschrieben. Ich bin für eine konstruktive und auch kontroverse Diskussion. Das fehlt mir bisweilen wenn es um die Kammer geht, da dies mit vielen Kammerbefürwortern leider nicht möglich ist.