Hallo zusammen,
Ein Jahr und ca 8 Monate nach meinem ersten Beitrag (wenn ich mich nicht verrechnet habe), habe ich mir noch einmal diesen Beitrag angeschaut und durchgelesen.
In den vergangenen Monaten habe ich sehr sehr viel gelernt. -
Über Beziehungen. Allgemein Beziehungen, Beziehungen zwischen Arbeitskollegen, zwischen Pflegenden und Patienten, zwischen Therapeuten und Patienten.
Sicher sind meine Erfahrungen als sehr subjektiv einzustufen! Aber dennoch gebe ich zu bedenken, dass ich sicher auch kein Einzellfall bin...!
Ich bin noch immer mit meiner Freundin von der ich seiner Zeit schrieb zusammen!
Wir fühlen uns beide wohl und planen gerade eine Hochzeit, die (wenn ich realistisch bleibe) wohl in einem Jahr stattfinden wird...
Ich arbeite noch immer in der psychiatrieschen Klinik, in der ich jetzt schon insgesamt seit fast 8 Jahren arbeite.
Da dieser Beitrag darauf abzielte, für mich klar zu bekommen, ob ich Recht oder Unrecht tue, hier ein paar Gedanken und Eindrücke von mir:
Nach recht kurzer Zeit machte ich meine Beziehung bei meinen direkten Arbeitskollegen offen. Da sie mich, meine Einstellungen und mein Leben kennen, wussten sie recht gut einzuschätzen, dass ich nicht aus unmoralischen Beweggründen gehandelt hatte.
Meine Partnerin und ich haben seither viele schöne Parties und andere Sachen mit meinen Kollegen und Freunden zusammen verbracht.
Als es sich ergab, dass ich auf einer öffentlichen Veranstaltung mit meiner Partnerin zusammen auch einigen Oberärzten, der Chefärztin und anderem (leitenden) Personal begegnete, stellte sich tatsächlich heraus, dass ich mir viel zu viele Sorgen gemacht hatte!
Ausser dem Leiter der Ergotherapie hat niemand den geringsten Anstoss an meiner Beziehung gefunden.
In einem Gespräch unter 4 Augen mit meiner PDL, hat er mir gesagt, er sei in der beruflichen Pflicht, "sowas im Auge" zu behalten, doch sehe er keinen Grund für Panik und auch keinen Grund, das überhaupt zum Gespräch zu machen! Denn auch er kenne mich...
Der sozialarbeiter meiner Station, mit dem ich bisher ein sehr gutes Verhältnis hatte, sagte mir recht zu Anfang meiner Beziehung (nach der ersten Party), er käme nicht so gut damit zurecht, dass ich mit einer ehemaligen Patientin zusammen sei. Daher wolle er in Zukunft Parties mit uns beiden zusammen eher meiden. - Das finde ich sehr schade. Nur gut, dass wir uns trotzdem noch immer gut verstehen und dass er trotzdem auf einigen Events mit uns dabei war.
So viel zu den direkten Konsequenzen für mich Arbeit betreffend.
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Zu dem, was ich sonst noch lernen und erfahren musste:
Ich war geschockt (!!!!!!!!), wie mit psychisch Kranken Menschen (spez. F20.0) zum großen Teil umgegangen wird!!!!!!!!
Ärtze, die nicht zuhören, sondern ihre "Experimente" machen. (Und ich gehe an dieser Stelle nicht einmal von bösem Willen aus! Sondern davon, dass sie nur das Beste wollen.)
Pflege, die bei Diagnosestellung - und sei es nur in einer staubigen Akte - sofort die richtigen Schubladen ziehen, die entsprechenden Patienten hinein zu stecken.
Patienten, die - sobald denn klar ist, dass es sich um Patienten handelt - als Menschen zweiter Klasse behandelt werden. (Und auch da unterstelle ich erstmal keinen bösen Willen)
Bürokratie und Fallen des Lebens wohin man schaut!
Ich habe gelernt, dass der Satz viel zu oft stimmt:
"Gut gemeint" ist das gegenteil von "Gut"!
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Ich brauche kein Buch: Selbsthilfe für Pflegende, das mir sagt, was gut und schlecht, richtig und falsch, moralisch und unmoralisch ist, im Umgang mit Menschen, die einfach nur Leben wollen. Und jeder von ihnen will anders Leben...
Die Menschen auf dieser Welt sind einfach viel zu individuell, um über alle moralische Verhaltensgrundsätze zu verhängen!
So viel an dieser Stelle.
Ich möchte mich noch einmal bedanken. Für den Zuspruch und die vielen Antworten...
Matheus
P.S.: bevor ich noch falsch verstanden werde, bin auch ich verfechter von Distanz zu Patienten!! Es darf niemals sein, dass Informationen oder Abhängigkeitsverhältnisse auch nur im Ansatz ausgenutzt werden!!
Nur bitte individuell damit umgehen...!