News Arbeitsbelastung: Pfleger streiken an der Charité

Noch nie habe ich gelesen, das am ärztlichen Personal Gehalt eingespart wurde, das Vorstände, ärztliche Klinikleitungen, ärztliche Direktoren oder der Kopf der Verwaltung auf Geld verzichten muss.

Zu dem Thema habe ich vor einiger Zeit 'mal in unserem Haus herumgefragt.
Während man bei tariflich bezahlten Stellen, z.B. PDL oder Oberärzte, recht genau Auskunft erhalten kann [plus Unsicherheit bezüglich Nebenverdiensten] folgt ab einem gewissen Niveau bei anderen Stellen (z.B. Chefärzte) nur das typisch nebulöse "Geh 'mal davon aus, das die Verträge der aktuellen Chefärzte nicht mehr so üppig sind, wie die ihrer Vorgänger!" oder eine Variation davon.
Da greift man in Rauch hinein...
In Deutschland muss man sich offensichtlich schämen hohe Gehälter zu haben...oder schweigt aus Angst vor Denunziation im Rahmen der Steueroptimierung.

Da z.B. die LÄK Berlin Beitragszahlungen für Gehaltsklassen > 1,000.000 € p.a. anbietet, scheint es auch in diesem Bereich zumindest möglich zu sein - sicher nicht die Regel, gerade in kleinen Häusern.

Im ärztlichen Bereich, gerade bei den Assistenten, heisst das übrigens nicht "Gehalt einsparen"...dort nennt man unbezahlte Mehrarbeit bei gleichem Lohn "proaktive Karriereplanung".
 

Steigerung der Managergehälter ist ja generell noch mal ein anderes Thema; auch branchenübergreifend und in den Krankenhäusern ja noch relativ unausgeprägt.
Wenn man im Beispiel jetzt gleichzeitig an der Basis 10% gekürzt hätte, könnte ich Frust verstehen.

Manager- als auch Chefarztgehälter sind "hoch", klar, aber hier wird auch sehr viel gearbeitet und es lastet eine immense Gesamtverantwortung. [Ja, ich weiß, am Bett wird mit Menschen gearbeitet und die Verantwortung ist viel höher]
 
Letzthin arbeitet die "Manageretage" auch mit und am Menschen (z.B. den AN) - also sind entsprechende Gehälter völlig ok, gerade weil Abläufe stimmen müssen, ohne die "am Bett" auch alles schief läuft.

Als ich noch Schichtleitung gemacht habe, bekam ich einen kleinen Einblick in die Rubrik "Gesamtverantwortung" - allerdings ohne Zusatzbezahlung - und das ist definitiv eine andere Art von Stress, auch wenn man per se nicht direkt am Bett steht, dafür aber Ansprechpartner und Mädchen für alles ist.
Und sich in beide Richtungen verantworten muss.
Es geht also weniger um das hohe Gehalt von "Manangern" und leitenden Angestellten - sondern um die im Verhältnis zu Kaufkraft und Inflation dauerhaft zu niedrigen Löhne an der Basis.
 
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Das genau ist das, was ich auch als einzige Möglichkeite sehe, das Gesamtsystem zu verbessern.
Was ich NICHT sehe (darüber stieg ich hier ein), ist einfach vom Arbeitgeber mehr Geld zu verlangen, da dies eben nicht vorhanden ist. Vielleicht bei einzelnen, aber nicht bei allen (man beachte auch die ganzen kleinen privaten Träger).
Daher: Von der Politik zu fordern ist genau der richtige Weg!
Tut mir leid, aber das ist in meinen Augen nur ein Teil der Wahrheit.
Ja, es ist richtig, daß sich das gesamte Gesundheitssystem ändern muß; nur von den AG zu fordern bringt nichts, wenn diese sich z. B. nicht das dringend benötigte Pflegepersonal "aus den Rippen schneiden" können. (Schrieb ich ja sinngemäß schon zu Beginn dieses Threads). Also auch eine Frage, wie sind die Gesetze, die die Pflege betreffen, gestaltet; gibt es evtl. starke Vertretungen in Form von Pflegekammern; wieviel Geld wird insgesamt ins Gesundheitssystem investiert (verglichen z. B. zu anderen Bereichen wie Banken, Fluglinien, Autoindustrie etc.). Dies ist letztlich eine gesamtgesellschaftliche Frage, da ja Politik immer nur Ausdruck der Gesellschaft ist (die Politiker wurden ja schließlich mal gewählt - wenn also z. B. die deutsche Gesellschaft Pflege relativ gering schätzt, dann äußert sich das natürlich auch in entsprechenden Reden/Einstellungen/Handlungen der Politik).
Aber - und an dem Punkt sehe ich sehr wohl eine große Mitverantwortung der AG/Träger:
Ihr habt es doch zu großen Teilen in der Hand, WO im Betrieb und FÜR WAS ihr die Gelder investiert.
Es ist doch z. B. bestehende Tatsache, daß von Mitte der 90er bis etwa 2005 ca. 50.000 Stellen des Klinik-Pflegepersonals abgebaut und im gleichen Zeitraum dafür etliche im ärztlichen Dienst neu geschaffen wurden (siehe
http://www.uniklinik-duesseldorf.de...tungen/jav_id494/dateien/verdi_dbfk_flyer.pdf ). Daran hat sich im wesenentlichen nichts mehr geändert.
Oder wenn z. B. lieber das Geld in bauliche Maßnahmen investiert wird, damit man rein äußerlich die anvisierte Klientel (am besten Privatpat.) beeindrucken kann - z. B. protziger Eingangsbereich von Kliniken. Oder es wird in gigantisch aufgeblasene Apparatemedizin gesteckt, so ein irrsinnig teures MRT oder CT macht halt mehr her als wenn ich in eine anständige Mindestpflegepersonalbesetzung investiere (falls jetzt das Argument kommt "Das brauchen wir aber doch" - Nein, brauchen wir nicht unbedingt: Deutschland ist hier Weltmeister - was die Ausgaben betrifft!
Deutschland ist Weltmeister bei MRT-Untersuchungen
Zahl der Computertomographien steigt: Deutschland hält Innenschau
Der größte Anteil von MRTs und CTs liegt in Deutschland
Kernspintomographen - Durchschnittliche Anzahl in ausgewählten Ländern Europas 2014 | Statistik ).
Tja, und wenn die Dinger dann schon mal dastehen, müssen sie auch genutzt werden... ein teurer und relativ ineffizienter Spaß, verglichen mit etlichen anderen Ländern, die sich das nicht leisten und deren Gesundheitssysteme im Vergleich trotzdem nicht schlechter da stehen... siehe https://www.boeckler.de/pdf/p_arbp_154.pdf Tabelle 1 auf S. 15 "Ranking des deutschen Gesundheitssystems im WHO World Health Report" - dort landeten wir auf Platz 22, obwohl wir bei den Ausgaben ganz weit vorne mit dabei sind...
 
"Geh 'mal davon aus, das die Verträge der aktuellen Chefärzte nicht mehr so üppig sind, wie die ihrer Vorgänger!" oder eine Variation davon.
Fakt ist, daß die Chefärzte auch härteren Konditionen als früher unterliegen - hatten sie früher feste und dauerhafte Verträge mit den Kliniken, ist das Ganze heute auch bei denen deutlich unsicherer und an "Erfolg" geknüpft; sprich, sie müssen z. B. zusehen, daß sie ausreichend Pat. akquirieren; daß sie genügend (teure) OPs durchführen etc. - nur so kommt die Kohle. "Versagen" sie, sprich bleiben unter ihrem "Soll", dann fliegen auch sie wohl ganz schnell.
Ex-Chefarzt rechnet ab: "Im Krankenhaus ist der Mensch kein Mensch mehr" - SPIEGEL ONLINE - Wirtschaft
D. h., so rosig sieht´s auch bei denen nicht mehr aus... arm werden sie deshalb allerdings noch lange nicht sein... :wink:
 
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Aber - und an dem Punkt sehe ich sehr wohl eine große Mitverantwortung der AG/Träger:
Ihr habt es doch zu großen Teilen in der Hand, WO im Betrieb und FÜR WAS ihr die Gelder investiert.
Es ist doch z. B. bestehende Tatsache, daß von Mitte der 90er bis etwa 2005 ca. 50.000 Stellen des Klinik-Pflegepersonals abgebaut und im gleichen Zeitraum dafür etliche im ärztlichen Dienst neu geschaffen wurden
Ich könnte jetzt zwar ein wenig darauf eingehen, aber das wirklich detailliert auseinander zu nehmen (also die Gerätemedizin, nicht dein Post), dazu bedarf es mehr, als ich auf die schnelle könnte.

Ich berufe mich mal darauf, dass ich mich Mitte der 90er mit Geometrie (glaube ich) beschäftigt habe und 2005 noch in der Ausbildung gesteckt habe ;) Was da wie entschieden wurde, dazu fehlt mir die Erfahrung.
 
Ändert aber nichts daran, dass mit jedem Wechsel in der Chefetage höhere Gehälter gezahlt werden.
Aber wenn man mit der Differenz 100 Krankenschwestern in Vollzeit im Jahr bezahlen könnte, dann stimmt da was nicht. Vor allem dann nicht, wenn der Krankenschwester gesagt wird, sie müsse bescheiden bleiben, weil sonst das Krankenhaus pleite gehen würde.
 
Ändert aber nichts daran, dass mit jedem Wechsel in der Chefetage höhere Gehälter gezahlt werden.
Wobei man aber sagen muß, daß auf der Ebene PDLs/Pflegedirektion die Gehälter immer noch überschaubar sind! :wink1:
Interessant wird´s dann z. B. bei ärztlichen Direktoren oder kaufmännische Leitung...
Ich berufe mich mal darauf, dass ich mich Mitte der 90er mit Geometrie (glaube ich) beschäftigt habe und 2005 noch in der Ausbildung gesteckt habe ;) Was da wie entschieden wurde, dazu fehlt mir die Erfahrung.
War jetzt auch nicht auf Dich persönlich bezogen :wink: - ich wollte nur sagen, daß die Klinikleitungen schon auch Einfluß haben.
 
Wobei man aber sagen muß, daß auf der Ebene PDLs/Pflegedirektion die Gehälter immer noch überschaubar sind! :wink1:
Interessant wird´s dann z. B. bei ärztlichen Direktoren oder kaufmännische Leitung...

Vergesst bitte nicht das diese aber auch wirklich weitaus mehr Verantwortung tragen als wir. Kommt bitte nicht mit dem Totschlagargument "wir tragen auch Verantwortung". Wir können diese abwälzen wenn wir sie nicht mehr tragen können oder wollen. Unsere Vorgesetzten ganz oben können das nicht mehr. Nach ihnen kommt keiner mehr. Die stehen mit den Probleme wirklich alleine da. Dem sind wir nicht ausgesetzt und wenn ist das Hausgemacht.

Haben wir ein Problem geben wir es dann die Stationsleitung/ PDL und die an den Geschäftsführer. Nach dem Geschäftsführer ist Schluss... Genauso die Ärztehierachie. Hier besteht nicht nur eine Verantwortung den Patienten gegenüber sondern auch den Mitarbeitern, Kommunen und Bevölkerung.

Ob diese Verantwortung welchen Lohn rechtfertigt, darüber kann man ewig streiten. Auch ob und wie hoch die Differenz zur Pflege etc. seien soll sind 2 Paar Schuhe oder die Boni die gezahlt werden obwohl die Leistung schlecht war.
 
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Aber wenn man mit der Differenz 100 Krankenschwestern in Vollzeit im Jahr bezahlen könnte, dann stimmt da was nicht

Ich würde mit zusätzlichem Geld erst einmal den riesigen "Teilzeitberg" der Pflege abtragen, der aus den unterschiedlichsten Gründen entstanden ist. M.E. meist aus der Motivation, eh' nur ZweiterverdienerIn zu sein.
Leichter, vorhandenes Personal finanziell zu motivieren und zu binden, als neue Kräfte "aus dem Nichts" zu erschaffen.

Vor allem dann nicht, wenn der Krankenschwester gesagt wird, sie müsse bescheiden bleiben, weil sonst das Krankenhaus pleite gehen würde.

Das Argument ist schwach, hat aber tatsächlich einen Kern:
Die Pflege ist immer noch in den DRG "eingepreist" und das PKMS-Konstrukt ändert auch nichts daran, dass pflegerische Leistungen nur gaaaaanz am Rande ein wenig erlösrelevant sind - im Gegensatz zu Apparaten und Prozeduren, die von Ärzten angeordnet werden.
Daher ist es simpel, Pflege als reinen Kostenfaktor zu klassifizieren und zur "Bescheidenheit" zu mahnen.
Das muss sich ändern - politisch!
 
Vergesst bitte nicht das diese aber auch wirklich weitaus mehr Verantwortung tragen als wir. Kommt bitte nicht mit dem Totschlagargument "wir tragen auch Verantwortung". Wir können diese abwälzen wenn wir sie nicht mehr tragen können oder wollen. Unsere Vorgesetzten ganz oben können das nicht mehr. Nach ihnen kommt keiner mehr. Die stehen mit den Probleme wirklich alleine da. Dem sind wir nicht ausgesetzt und wenn ist das Hausgemacht.

Haben wir ein Problem geben wir es dann die Stationsleitung/ PDL und die an den Geschäftsführer. Nach dem Geschäftsführer ist Schluss... Genauso die Ärztehierachie. Hier besteht nicht nur eine Verantwortung den Patienten gegenüber sondern auch den Mitarbeitern, Kommunen und Bevölkerung.
Sorry. Aber das ist so, zumindest in dieser Pauschalität, absoluter Nonsens.
Dem ärztlichen Direktor billige ich tatsächlich noch deutlich höhere Verantwortung als mir (als einfachem Klinikmitarbeiter) zu; zum einen schlicht als Arzt (stehen ja vielfach noch selber am OP-Tisch oder vorm Pat.), zum anderen müssen sie für Mist, den ihre Assistenzärzte oder Oberärzte gebaut haben, den Kopf hinhalten.
Auch die Pflegedirektion trägt (zumindest theoretisch) größere Verantwortung als einfache MA der Pflege. Theoretisch schreibe ich deshalb, weil es ja theoretisch so ist, daß ich durch eine schriftliche Überlastungsanzeige die Verantwortung meiner Schicht abgeben könnte. Praktisch nützt mir das nix, wenn die PDL rumblökt, daß die ganzen Überlastungsanzeigen ja wohl formell falsch wären und daher ungültig (diese Behauptung ist übrigens rechtlich unzulässig, wie ich von einem Juristen her weiß!) und sie in "Ablage P" entsorgt. So sah dann nämlich die Praxis der "Verantwortung" an meiner ehem. Klinik aus.
Und wer überhaupt nicht mehr Verantwortung als der einfache Klinikmitarbeiter trägt, das ist der kaufmännische Leiter. Für wen denn bitte?? Und wenn der Mist baut, dann ist es so wie immer bei Unternehmen:
Insolvenz anmelden, Verantwortung an die Gesellschaft abgeben.
Ist doch oft so, die Manager fahren (nicht nur im Gesundheitswesen) den Karren an die Wand und werden dafür noch mit einer fetten Abfindung weggelobt.
 
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Ninja sprach von Verantwortung, nicht von persönlichen Konsequenzen.
 
Auch ich spreche (generell) von Verantwortung.
Die kann (je nachdem, was vorgefallen ist) auch persönliche Konsequenzen beinhalten.
 
Es gibt für die Stationsärzte / Chefärzte die Fall Pauschalen. Das steht auch manchmal so in ihren Arbeitsverträgen drin, wie viele OP´s sie im Monat durchziehen müssen (WDR Reportage). Auch wenn die OP unnötig ist, muss sie erfolgen, damit Geld verdient werden kann.

Zum Thema: "Alleinige Verantwortung für Chefärzte", dass stimmt nur zum Teil. Die informieren sich auch bei anderen Kollegen, wenn sie nicht weiter wissen. Sie kontaktieren andere Kliniken, wenn sie vor schwer zu lösenden Problemen stehen.
Warum gibt es wohl an der Marburger Uni - Klinik, ein Ärzte Pool, aus verschiedenen Fachrichtungen? Richtig, die setzen sich zusammen und beratschlagen sich (nach der Art von Dr. House) und können somit Patienten helfen, mit schwer zu erkennenden Krankheiten.
 

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