Lieber Tomb!
Sicher ist das mein Ernst!
Zum Ersten muß man fragen, ob es intelligent ist, wenn sich Kranken- und Altenpfleger gegenseitig absolute Unfähigkeit vorwerfen? Uns kann es einfach noch nicht schlecht genug gehen, wenn wir für einen solch unnützen Kleinkrieg Nerven haben.
Während meiner Hospitationen in diversen Altenheimen und umgedreht auch der Altenpfleger in der Klinik wurden in derartig schlimmer Weise Vorurteile ausgetauscht, daß es kaum noch erträglich war.
Zum Zweiten ist es durchaus eine ernste Frage, ob sich die Pflege in den letzten Jahren wirklich in ihrer Qualität verbessert hat. Ich habe bislang nur all zu oft wenig erfreuliches mit Standartpflegeplänen (teilweise älter als der Chefarzt der Station, der schon seit 3 Jahrzehnten im Ruhestand ist - einzig das Datum der letzten "Bearbeitung" war geändert) erlebt, Bereichspflegen auf gelinde gesagt "versifften" "Ausbildungs"-stationen, auf denen trotz Deku-Beauftragten der Dekubitus zu den häufigsten Pflegefehlern gehört, von der Reinlichkeit der Bettwäsche und Nachschränke ganz zu schweigen, Hygienefachkräfte, die meinen aus "diplomatischen" Gründen besser nichts zu den Zuständen sagen zu müssen, man könne sich ja unbeliebt machen und hätte sowieso keine Sanktionsmöglichkeiten usw.
Ich gehe oft in sehr verschiedenen Einrichtungen ein und aus, glaub mir, das ist leider zu selten die Ausnahme.
Als ich anfing zu lernen, habe ich noch eine Oberin vom alten Schlag kennenlernen dürfen, sie war hart, aber auch sehr fair. Da hat sich keine Schwester erlaubt, mit langen, zum Teil lackierten Fingernägeln, offenen langen Haaren (leider ab und an auch ungewaschen) und mit Schmuck behängt - schlimmer als ein amerikanischer Weihnachtsbaum - auf eine Station getraut. Allein aus hygenischen Gründen war das völlig korrekt!
Erst vor kurzem habe ich wieder so ein Traummodell von Krankenschwester erleben dürfen, die Ihre geballte Weiblichkeit mit sehr tiefem Ausschnitt zu unterstreichen wußte, die meinte, sie könne Patientinnen nach Mammaamputation doch fachlich so kompetent versorgen... - Sind solche Mitarbeiter noch zu retten!
Hat Frau Oberin Dreck gesehen und sie merkte, daß wir im Streß waren, hat sie sich den Eimer geschnappt und selber mitgewischt! Die PDL, die heute noch freiwillig den Putzlumpen in die Hand nimmt, die will ich sehen!
Sie kannte jeden Mitarbeiter und zum Großteil auch die Patienten mit Namen und ich habe nie erlebt, daß sie auch nur den Geburtstag eines Patienten oder einer Küchenhilfe oder Putzfrau vergessen hätten - und das im Zeitalter ohne PC. (Menschenliebe beginnt mit einer kleinen Geste)
Übrigens, in England hat man schon gemerkt, daß es ohne Oberin nicht geht, dort gibt es die Matrone wieder.
Zum Dritten - ich glaube, was Qualitätsmanagement anbelangt, wirst Du mir doch nicht ernstlich widersprechen wollen, daß es der Arbeit nicht gerade förderlich ist, wenn Dir jemand jeden -entschuldige- Pfurz vorschreiben möchte, obwohl der Qualitätsmanagement-Manager noch nicht mal vom Fach bzw. mit der notwendigen Berufserfahrung ausgestattet ist.
Und daß die Ganzheitlichkeit der Pflegeausbildung sich nicht im runterrattern von ATL's erschöpfen kann, dürfte auch klar sein. Was nützt es Dir zu wissen, daß es diverse Probleme gibt, Du aber weder die Zeit, noch die Kraft oder Lust hast, sie zu lösen, wenn schon die, die gelöst werden könnten nicht gelöst werden.
Als ich vor zwei Jahren einen Exkurs in die ambulante Pflege machte, besuchte ich öfter eine Patientin, der hatten die Kinder das Vermögen als Schenkung abgenommen (unter anderem mehrere Häuser) und sie in einem feuchten, "lebenden" Dreckloch zurückgelassen. Jede Pflegekraft ekelte sich, in die von Kleintieren verseuchte Wohnung zu gehen und dokumentierte das auch fleißig in der Patientenakte, aber meinst Du irgendeiner hätte sich gefunden, der eine Anzeige gegen die Familie erstattet?!
Und jetzt kannst Du mich noch einmal fragen, ob ich den Artikel ernst meine.