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Und der Begriff "Papiertiger" trifft es durchaus. Die Kammer kann beraten und empfehlen. Ob der Rat und die Empfehlung angenommen werden, darauf hat die Kammer überhaupt keinen Einfluss. Wie die Politik dies sieht, hast ja gerade mitbekommen. Stichwort: Antwort auf die kleine Anfrage der Linken zum Thema Personabemessung.
1. Die Kammer hat bei der Festlegung von Qualifikationen unmittelbares Selbstverwaltungsrecht und muss die Regeln z. B. für Weiterbildungen nicht durch Politiker absegnen lassen, denen Du mit Recht misstraust.
2. Die Kammer hat darüber hinaus durchaus reichlich Einfluss im Sinne von Lobbyarbeit, nur dass das in keinen offiziellen Schriften steht, die Du zitieren könntest.
3. Ein Politiker, der sachverständigen Rat einer Kammer abtut und vorhergesagte Fehler begeht, begibt sich auf sehr dünnes Eis. In der Regel lassen die sich lieber die Arbeit und Verantwortung abnehmen und stellen es im Nachhinein als ihre Entscheidung da. Der informelle Einfluss ist weit größer, als Du behauptest.
Ob eine Pflegeplanung gelebt wird oder nicht- die Schuld ist wohl nicht beim MDK zu suchen.
Der MDK trägt keine Schuld für zu wenig Dokumentation, sondern für zuviel praxisferne und unsinnige Dokumentation. Beispiel: In der Kurzzeitpflege müssen die Pflegekräfte überprüfen, ob ein Gast sich nach 6 Wochen eingewöhnt hat. Die Gäste sind i. d. R. gerade mal 2 Wochen anwesend. Trotzdem beharren die MDK-Prüfer darauf und wollen, dass man dann eben schon früher prüft, weil die Prüfrichtlinien danach fragen und eine Anwort "nicht anwendbar" in der Prüfsoftware nicht vorgesehen ist. Soetwas kommt dabei heraus, wenn die Pflege nicht beteiligt wird.
Und was spricht dagegen, dass angelernte Helfer Grundpflege anbieten? Nix!
Was dagegen spricht:
1. Je weniger qualifizierte Pflegekräfte und je mehr Hilfskräfte eingesetzt werden, desto größer das Risiko von Pflegefehlern und nicht erkannten Risisiken für die Gesundheit der gepflegten Menschen. Am dramatischsten ist das in der ambulanten Pflege, wenn die Pflegebedürftigen tagelang von keiner qualifizierten Pflegekraft gesehen werden. Für die voll qualifizierten Pflegekräfte wird der Beruf dadurch immer unatraktiver, weil ihnen bald nur noch die bürokratische und zugleich unsinnige Schreibarbeit bleibt.
2. Grundpflege würde ich "angelernten" Helfern gar nicht überlassen. "Angelernt" ist nun wirklich zu wenig.
3. Den Hilfskräften werden nach und nach immer mehr Tätigkeiten überlassen, die bis heute noch eine 3-jährige Qualifikation erfordern. Während Pflegekräften immer noch nicht flächendeckend die Verordnungsbefugnis für Wundprodukte überlassen wird, werden Arzthelferinnen zu Arztassistentinnen fortgebildet, die Wundmanagement als eine für den Arzt (nicht zu billige) abrechenbare Leistung erbringen dürfen. Wieder eine Verdienstchance weniger für den Pflegeberuf. Die Ärztelobby hat hier jedenfalls funktioniert.
4. Je größer der Anteil an Hilfskräften gegenüber den voll qualifzierten wird, desto geringer ist die Chance, dass sich der Organisationsgrad der Pflege verbessert.
5. Je größer der Anteil an Hilfskräften gegenüber den voll qualifzierten wird, desto geringer wird der Druck auf die Arbeitgeber, die vollqualifizierten Pflegekräfte mit einer angemessenen Vergütung für sich zu gewinnen, d. h. die Tarifaussichten verschlechtern sich.
Wieder mal ein Beweis, dass so mancher Befürworter nicht mal ansatzweise etwas Ahnung hat von den Möglichkeiten und Grenzen einer Kammer. Man erhofft sich die Lösung der eigenen Probleme von "denen da oben". Fliedners Tradition lässt grüßen. Und wenn ich mir den rheinland-pfälzischen Gründungsausschuss so ansehe, dann scheint dies auch so gewollt zu sein.
Wenn Du schon beleidigend wirst mit "nicht mal ansatzweise etwas Ahnung", dann nimm bitte folgendes zur Kenntnis und verbessere Deine Ahnung: Der Gründungsausschuss ist durch verschiedene gesellschaftliche Gruppen besetzt und hat den klaren Auftrag, eine berufliche Kammer zu gründen, in der dann nur die Berufsangehörigen per Mitgliedschaft und Beitragspflicht stimmberechtigt sind und ihre eigenen Spitzenvertreter wählen. Am Ende werden also nur pflegerische Berufsangehörige in der Pflegekammer entscheidungsberechtigt sein. Die anderen Organisationen werden allenfalls im Beirat sitzen, ohne Entscheidungsbefugnis.
Außerdem, wer sind den heute "die da oben"? Von uns sind da oben doch gar keine Berufskollegen vertreten. Es wird doch Zeit, dass von uns welche "die da oben" werden, denn da oben werden die Entscheidungen getroffen - bis jetzt ohne uns. Und in der Pflegekammer können wir ganz unter uns entschieden, wer unsere "die da oben" sind.
Und ich weiß ja nicht, welche Erfahrung Du mit der Diakonie gemacht hast, dass Du immer wieder von Flieders Tradition sprichst, aber in der Pflegekammer werden kirchliche Interessen keine Rolle spielen. Da kann ich Dich beruhigen.
Wenn Du aber mehr Ahnung haben solltest, als Du anderen zugestehst, kannst Du ja vielleicht sagen, wie der Trend zur Dequalifizierung und der damit verbundene Trend zur Verschlechterung der Verdienstchancen in der Pflege aufgehalten werden soll.