Dass einzelne Mitarbeiter für sich in Anspruch nehmen, sie bräuchten keine Fortbildungen, finde ich nicht gerade professionell und ehrlich gesagt auch vermessen. Ob sich jemand durch Selbststudium, intern oder extern fortbildet, wäre mir nicht wichtig. Aber sich nur auf Erfahrung zu berufen, ist eindeutig zu wenig. Es ist sehr schwer, Leuten etwas zu neuen Erkenntnissen und Methoden beizubringen, wenn sie glauben, alles Nötige schon zu wissen - wie sollen sie erkennen, was ihnen an Wissen fehlt?
Dass es ein Problem mit dem Angebot gibt, ist sicher richtig. Aber es ist ja auch Auftrag einer Pflegekammer, sich um das Angebot zu kümmern.
An dieser Stelle vertraue ich einer pflege-beruflichen Selbstverwaltung weit mehr, als einem Arbeitgeber, der primär Wertschöpfung im Sinn hat (unterm Strich haben muss), also alles, was sich nicht in Profit ummünzen lässt, lieber vermeidet.
Um auf das Thread-Thema zurückzukommen:
Ich sehe im AG-Verband bpa jedenfalls keinen Vertreter pflegerischer Interessen! Wenn er Angst gegen Fortbildungspflichten schürt, dann sicher nicht, weil er seine Mitarbeiter schützen will, sondern weil er seine eigenen Finanzen im Sinn hat. Und was noch viel gravierender ist, weil er es schwerer hätte, seine Mitarbeiter dahin zu bugsieren, wo er sie hin haben will, wenn sie sich durch eine berufliche Selbstverwaltung weiter emanzipieren würden und politisch an Einfluss gewinnen würden.
Am meisten dürfte er sich davor fürchten, dass eine pflegerische Selbstverwaltung definiert, welche Tätigkeiten qualifizierten Pflegekräften vorbehalten sind, so dass er sie nicht durch kostengünstige Hilfskräfte ersetzen darf.
Bedrohlicher für uns, als die Fortbildungspflicht, ist der Trend hin zur Dequalifizierung. Die Arbeitgeberverbände treibt nämlich ein ganz anderes Problem um. Die große Zahl erforderlicher Pflegekräfte und das Problem ihrer Lohnforderungen, die ja an die Qualifikation geknüpft wird. Je geringer die Pflegekräfte qualifiziert sind, desto weniger Lohnkosten entstehen ihm.
Die Klinikverbund Südwest GmbH z. B. will eine direkte Ausbildung für Intensivpflege einführen (ab 2014!), also ohne vorherige pflegerische Berufsausbildung und ohne Berufserfahrung, einfach so direkt nach dem Realschulabschluss (
siehe Klinikverbund-Südwest). Man kann sich ausrechnen, wie Politiker darauf reagieren, wenn sie das Gesundheitssystem dadurch "entlasten" könnten und den Fachkräftemangel entschärfen könnten.
Wenn wir dem bpa auf den Leim gehen und es den Arbeitgebern und Politikern überlassen (bis dahin werden wir wohl kaum mehr Politiker mit Pflegeberuf haben), unsere Qualifikation zu definieren und es nicht in eine pflegerische Selbstverwaltung übernehmen können, wo Weiterbildungen in Kammerberufen angesiedelt sind, dann Prost Mahlzeit!