Sinn und Unsinn von "Flügelhemden"

hartwig

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Dozent, Stationäre Pflege
Moin, moin!

In Verbindung mit den Flügelhemden oder Patientenhemden (oder wie auch immer das heisst) gibt es ja ein interessantes Phänomen: Ich errinnere mich an vollkommen fitte Patienten, die sofort nach Ankunft im Krankenhaus sich mit besagten Hemd ins Bett legten, obwohl es überhaupt keinen Grund dafür gab und sie genauso gut einen Schlafanzug oder ähnliches tragen könnten. Aber für sie gehörte Krankenhaus und entsprechendes Hemd einfach zusammen. Dann gibt es wiederum Pflegekräfte, die Patienten dieses Hemd förmlich aufdrängen, ohne das es dafür einen besonderen Grund gibt.

Ich erlebe mitunter dieses Hemd als eine Art Machtinstrument: Der, insbesondere stark pflegebedürftige Patient, wird instrumentalisiert und auf ein Objekt, an dem man Handlungen vornimmt reduziert. Ein individueller Schlafanzug stört da nur und würde daran erinnern, dass dies nicht nur ein uniformierte Kranker, sondern ein Mensch mit eigener Biographie ist.

Was ist eure Meinung: Wann ist ein solches Hemd tatächlich sinnvoll? Kann ein Patentenhemd ein Weg sein, einen Patienten (wenn auch unbewusst) auf die Rolle des Kranken zu reduzieren und ihn so in eine schwächere Position zu drängen?

Gruss Hartwig

(Habe übrigens vor Jahren mal den Selbsttest gemacht und mit so einem Hemd geschlafen: Sehr unbequem!)
 
Hi!

Ich denke es gibt Situationen und Krankheiten das ist es einfach angebracht das der Patient ein Flügelhemdchen trägt.

- Pat. mit Stuhlintonitenz und starken Diarhoen. Die Angehörigen wären sicherlich nicht erfreut täglich von uns ein "Schmutzbeutelchen" zu bekommenm, mit der Bitte morgen nochmal 4 frische Schlafanzüge mitzubringen.

- frisch operierte Patienten, für Wundebeobachtung und etc ist am Op Tag meiner Meinung sicherlich ein Flügelhemdchen erforderlich

- und die Pflege eines Patienten auf Intensivstation ist im Patietenhemd einfacher.

Sonst denke ich auch, da wenn es nicht notwendig ist, niemand das Hemd anziehen muß. Lieber die eingenen Schlafsachen oder besser normal bequeme Kleidung.

Im Alltag erlebt man ja auch öfters lustige Dinge. Wie das Hemdchen verkehrt herrum angezogen. Und ich "liebe" auch die Patienten die im ofenen Flügelhemdchen ohne Unterhose mit einem Infusionsständer durch das Krankenhaus marschieren um vor der Tür eine zu rauchen.:schraube:
 
Kenne das Problem nicht. Kenne keinen Pat, der das freiwillig anzieht oder danach fragt, kenne keinen MA, der das aufzwingt.
Lediglich in der Situation, dass es extrem enge eigene Wäsche des Pat gibt, die man ihm, aufgrund körperlicher Einschränkungen kaum anziehen kann. Dann der Einfacheit und Praktikabilität halber...
 
Hallo

Ich würde Patienten nach Möglichkeit immer eigene Kleidung anziehen lassen. Und bisher hab ich auch keine Kollegen erlebt, die es anders sehen.
Auf Intensivstation ist das ganze wie gesagt etwas schwieriger. Wobei ich finde, dass es für die Pflegekräfte manchmal schon ZU selbstverständlich ist den Patienten die OP-Hemden anzuziehen - mich eingeschlossen.
 
Ich habe das vom TE erwähnte Verhalten eher bei der älteren Generation beobachtet und irgendwie ist es in der Tat ein Rollenwechsel, den ein Patient dann erlebt. Mit einem Flügelhemd klemmt man sich nämlich sofort ins Bett, denn es ist zu allem Übel auch noch hinten offen. Die Perspektive ändert sich und oft auch der Ich-Zustand, in dem ein Mensch dann agiert und kommuniziert.

Die Gründe für Flügelhemden, die genannt wurden, sind nachvollziehbar und mir fallen nicht wirklich viel mehr ein.

Ich gehe sogar soweit, auf einer Station, die nicht chirurgisch oder intensiv ist, für eigene Bettwäsche zu plädieren - insbesondere im Kinderbereich..

der Alltag und die Möglichkeiten sind manchmal leider zu kompliziert, um das umzusetzen (das Thema eigene Pflegemittel hatten wir hier schonmal - es gibt eben nicht für jeden Patienten einen Schrank - in vielen Häusern bis heute so)
 
Bei mir auf Intensiv haben die Patienten ein Flügelhemd an, wobei ich gerade Langliegern auch gern mal nen Schlafanzug anziehen würde, aber die meisten Angehörigen bringen nichts mit :(
Mit Thoraxdrainagen ist es aber auch teilweise schwer ein T-Shirt anzuziehen, da ist das Hemdchen dann auch irgendwie sinnvoll.
Auf Normalstation ist es meistens Quatsch, son Teil anzuziehen. Hab ich in der Ausbildung aber auch gaaaanz selten gesehen, die meisten Leute haben nen Schlaf- oder Jogginganzug an.
 
Hallo

Bei der Mobilisation von Intensivpatienten nehme ich statt OP-Hemden auch einfach mal blaue Intensivkleidung, zumindest die Hose. Ist einfach ein schöneres Gefühl, wenn man auch untenrum was anhat, wenn man im Stuhl sitzt, denke ich.
 
Bei manchen bewegungseingeschränkten Patienten ist das An- und Auskleiden mit dem hinten offenen Hemd leichter. Wir haben da schon - mit Einverständnis von Patient und / oder Angehörigen natürlich - Privatsachen hinten aufgeschnitten und nur einen Steg an den Schultern stehen lassen. Dann hast Du den Vorteil des Flügelhemdes, siehst aber nicht so krank aus.
 
Also ich finde diese Hemden auch schrecklich. Kenne keinen, der diese freiwillig anzieht...
Ich war selbst dieses Jahr in der schönen Lage son Ding anziehen zu müssen, wegen einer Sprunggelenks-OP. Finde es ist ein wahnsinnig demütigendes Gefühl, vorallem wenn man damit durch die "Gegend", also durchs Zimmer laufen muss, am besten wenn andere Patienten noch Besuch da haben.

Also mein Fazit: Ich finde, man sollte sie wirklich nur benuten, wenn es gar nicht anders geht! Alles andere finde ich schrecklich!
 
Einige Patientinnen, die (spontan oder Sectio) entbunden haben und danach bluten, sind nach meiner Erfahrung froh, wenn sie das Patientenhemd noch ne Weile anlassen dürfen. Und Patienten mit Kontakturen in den Armen bekommen bei uns auch Flügelhemden. So eine Qual mit ihren oft engen Hemden von zu Hause tu ich ihnen nicht an!
Andererseits "fitten" Leuten nach OP biete ich bereits bei der Erstmob. ihre eigene Kleidung an.
Bei uns im KH sind sie also noch Gang und Gäbe.
 
Bei uns gibt es die Flügelhemden am OP Tag und bei der erstmob nach OP werden sie dem Patienten gleich wieder abgneommen und er bekommt eigene Kleidung an.
Bei bettlägrigen Patienten die öfters einer Intimpflege u.a. bedürfen, sind Flügelhemden sehr praktisch, mehr aber auch nicht.

Gruß SchliKo
 
Also ich kann nur für die Urologie sprechen. Die Herren lieben ihre Flügelhemden. Man muss sie ihnen regelrecht weg nehmen und dochmal bitten sich auch gerne nen Schlafanzug oder so anzuziehen. Keine Ahnung wieso das so ist.

Ansonsten nehmen wir sie auch für den OP-Tag und bei Bedarf...
 
also bei uns Herzkatheterlabor sind die "Engelhemdchen" von großen Vorteil, allein wenn man mal eben defibrillieren muß...

...die Leisten müssen sowieso frei gelegt werden und Oberkörper im Notfall auch!

Bei uns sehr sinnvoll und vorteilhaft!!!:lol:

Liebe Grüße
Angiemaus0511
 
Flügelhemden ja, wenn es Sinn macht (hier sind ja schon genug Beispiele genannt worden)! Den "Klopfer" habe ich mal auf einer Station während meiner Ausbildung erlebt: einige Schwestern zogen sich über ihren Kasack noch zusätzlich ein Flügelhemd (die mit langem Arm). Der Grund? Ihnen war kalt...:schraube: Wie sieht das denn aus?!:sflouts: Ausserdem ist das Patientenkleidung!

Naja, ist schon einige Jahre her,...
 
Ja, das hab ich während meiner Ausbildung auch auf 1 Station erlebt :rofl:
In einem anderen Haus gab es auf den Stationen einen (kleinen) Satz OP-Kittel, also die aus Stoff.
Mir ist zwar schon auch ma kalt, aber diese langen weiten Ärmel stören doch tierisch beim arbeiten uns sind mir ständig im Weg!

Gruß
Die Anästhesieschwester
 
Vor allem, was macht das für einen optisch komischen Eindruck auf Patient und Besucher?!8O Dann lieber in der Pause mal eigene Strickjacke über.

Gruß:knabber:
 
Beide Versionen, die mit OP Kittel und Patientenhemd waren in unserem Krankenhaus auch eine Weile lang sehr beliebt.

Mittlerweile wurde das von der Verwaltung verboten, bei den OP-Kitteln weil sich viele Patienten beschwert haben, da sie meinen dass die OP-Pfleger im Kittel zum Rauchen/über die Station rennen und den selben auch noch im OP anhaben. Fanden die wohl nicht so prickelnd.

Flügelhemden einfach weils nicht fürs Pflegepersonal gedacht ist und kostenmäßig wohl auf die Reinigung geschlagen ist, da auch einmal 10-15 Säcke Kleidung mehr zum waschen da waren... (Was ein Verschleiss O.o )

Mit den Flügelhemden handhabe ich es meistens so, dass ich Bettlägrigen und Inkontinenen Pat. erstmal ein Flügelhemd anziehe und dann mit Angehörigen abkläre wie sie es zuhause machen oder wie's im Pflegeheim gemacht wird.
So wird dann weiter verfahren, bis es wirklich einen Grund gibt ein Flügelhemd anzuziehen, sei es Drainagen oder sonstige Dinge die nicht verlegt werden dürfen.
Oder eben der Hygienische Aspekt, bei Diarrhö oder stark nässenden Wunden.
 
Ich benutze die Op -Hemden möglichst nur zur Op und ziehe sobald der Patient wach ist um. Einige bestehen darauf, es bis zum nächsten Tag anzubehalten, was evtl. an der Kleidungsmenge liegt, die mitgebracht wurde, oder weil der Patient befürchtet nicht ausreichend Gelegenheit zum Waschen seiner Wäsche zu haben.
Leider ist das Op Hemd manchmal nötig, wenn die Patienten ( auch mit Termin) ohne Schlafanzug oder Nachthemd kommen. Leider haben wir dann keine andere Möglichkeit.
Früher hatte fast jeder Mensch einen Haufen Nachtwäsche im Vorrat. Heute scheint das bei vielen nicht mehr der Fall zu sein.
Mir wurden beim Umkleiden auch schon Schlafanzüge gereicht, die mindestens 3 Nummern zu klein für den Körper waren.
Jo, dann schaut man eben nur etwas dümmlich und muß auf die Flügelhemden zurückgreifen.
Ich bin der Ansicht, der Patient fühlt sich in der eigenen Kleidung gesünder und wohler. Das gilt aber nur, wenn die Kleidung paßt. Mancher Schlafanzug hat leider mehr Löcher und Öffnungen als das Flügelhemdchen.
Das passiert größtenteils bei Altenheimbewohnern, daß man keine Wäsche oder nicht ausreichend Wäsche zum Patienten erhält.
Ich habe in einem Abnehmforum schon mal den Vorschlag gemacht, die zu klein gewordenen Kleidungsstücke bei einem Altenheim anzubieten.
Aber es gibt auch hier Gründe, weshalb manches Heim diese nicht annehmen kann.
Liebe Grüße Fearn
 
Huhu
also bei uns gibts auch Flügelhemden, aber nur in Ausnahmesituationen. Ich finde auch, wann immer es geht, sollte man einem Patient das anziehen seiner eigenen Kleidung ermöglichen. Wir ziehen die Hemden lediglich dann jemand an, wenn er stark Inkontinent ist und sich trotz Inkontinenzmaterial sehr oft einnässt oder einstuhlt. Denn die Angehörigen können auch nicht jeden Tag einen Sack dreckiger Wäsche mitnehmen und einen frischen bringen. Zudem ist es dann wirklich einfacher, den Patient wieder sauber zu machen. Man verschmiert durchs ausziehen nicht noch mehr.
In manchen Häusern werden die Hemden ja quasi jedem einfach mal ausgteilt. Sowas find ich schwachsinn. Ich bin selber schon einige male in den Genuss so eines Hemden gekommen. Man fühlt sich dadurch einfach krank. Ausserdem find ich sie sehr unbequem.
 

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