* Medikamentöse "Standard"-Anordnungen (einen schriftlichen Standard gibt es allerdings nicht, Standard wird als Ersatzwort für "üblich" verwendet) präop. (Antibiose-Singleshot) sowie postop. müssen von der
Schwester in die Fieberkurve eingetragen werden und erst nach mehrmaligem Bitten wird diese auch vom diensthabenden Arzt unterschrieben.
Die Schwester muss sehen, ob der Pat. eine Medallergie hat und dann den Arzt darauf aufmerksam machen und fragen, was sie eintragen darf.
Rennt man nicht genug hinterher, wird nichts abgezeichnet und du als Schwester ordnest also die Analgese und Antibiose an, diese bleibt bei geschätzten 50 % aller Patienten bis zu seiner Entlassung un-abgezeichnet von einem Arzt.
* Äussert ein Pat. bei der Visite, er möchte gerne eine Schlafmedikation, wird er an die "Nachtschwester" verwiesen, die gibt Ihnen schon was.
Es wird nichts verordnet oder eingeschrieben. Wendet sich die Nachtschwester dann telefonisch an den diensth. Arzt, welches Präparat sie geben solle, heisst es immer "was fragen sie so, suchen sie eine übliche aus." Zack. Aufgelegt. Mit viel Glück wird diese Tablette auch unterschrieben.
* Jeden Tag müssen die Schwestern intervenieren und en Ärzten nachlaufen, ob
a) die Analgetika so weitergehen
B) die Antibiotika so weitergehen sollen, etc.
Jeder Infusion muss nachgelaufen werden, von sich aus wird von den Ärzten nichts eingetragen.
Nun machen das die Schwestern, die schon lang dort sind, automatisch und es wird auch von Neuen verlangt, diese an sich ärztlichen Tätigkeiten zu übernehmen, denn sonst sei man "unkollegial".
Fazit: * bei einem Zwischenfall bin ich alleine verantwortlich, kein Arzt.
* ich habe keine Zeit, den Grossteil meines Arbeitstages die Kurven durchzuforsten, nach fehlenden Unterschriften zu suchen, die Entzündungsparameter zu kontrollieren und den Arzt jedes Mal anzurufen und zu fragen, wie es denn nun weiterginge.
Ich sehe mich nicht als ärztliches Kindermädchen, dass den Arzt den ganzen Tag an seine Arbeit erinnern muss.
Meine eigentliche Tätigkeit bleibt dadurch auf der Strecke, ich komme kaum zum Patienten ins Zimmer, noch habe ich genügend Zeit, meine Pflegedokumentation ordentlich zu machen.
Stehe ich nicht sofort, sobald ein Arzt das Dienstzimmer betritt, bereit für Visite und dergleichen, werde ich angeschnauzt und das mehr als rüpelhaft.
Rücksicht auf unsere Berufsgruppe - NUll.
Wohl auch deswegen, weil die meisten der restlichen Schwestern sich behandeln lassen wie der letzte Dreck und es als "normal" sehen, sofort zu springen bzw. die Handlanger des Arztes zu sein. Viele denken sogar, dem Arzt unterstellt zu sein, als ich mal drauf aufmerksam machte, dass Ärzte NICHT unsere Vorgesetzten sind, sondern unsere STL und in weiterer Folge die PDL, warf man mir vor, ich lüge.
Im GuKG steht eine klare Definition vom eigenverantwortlichen und mitverantwortlichen Tätigkeitsbereich. Dem entnehme ich, dass ich wohl durchführungsverantwortlich bin, aber mitnichten anordnungsverantwortlich bei Medikamenten.
Also eingerostete Uralt-Hierarchien sowie fehlende Wertschätzung im Umgangston vergällen mir diese Station.
Ich bin der festen Meinung, dass alle Schwierigkeiten mit gutem Willen und gegenseitigem Respekt aus der Welt geräumt werden können.
Weiters bin ich stolz daruf, eine Krankenschwester zu sein, ich benötige keine ärztlichen Tätigkeiten, um mein Ego aufzuwerten
Ich finde es auch so sehr beachtlich, was unser Berufsstand leistet. Mich stört das mangelnde Selbstbewusstsein unserer Berufsgruppe manchmal sehr. Dieser Mangel an Selbstwert öffnet jeglichen Grenzüberschreitungen, ständig versuchten Delegationen und mangelnder Wertschätzung seitens anderer Berufsgruppen Tür und Tor.
Schade und vermeidbar. Wir alle, ob Raumpflegerin oder Primar, haben ein gemeinsames Ziel: den Patienten bestmöglich zu betreuen. Unter Erwachsenen sollte es möglich sein, fair die einzelnen Kompetenzbereiche zu trennen und trotzdem eine gute Zusammenarbeit zu haben.
Ich möchte das so, ich wünsche es mir, halte es auch für möglich und eines Tages finde ich meinen Platz. Ich glaube daran.