Wo kommen wir her - wo gehen wir hin?

Ich schliesse mich der letzten Threadschreiberin an:up:.

Ich teile den Patienten gerne einen Kaffee aus, WENN ich die Zeit habe. Wenn ich sie nicht habe, dann sage ich:
"hören Sie, ich werde sehen, ob ich Ihnen den Kaffee bringen kann, ich habe noch sehr viele andere Dinge zu tun, wenn ich die Zeit habe, dann komme ich zu Ihnen".
Ich habe NIEMANDEN, der das nicht verstanden hat. Dafür hatten alle immer vollstes Verständnis. Wenn ich es dann doch geschafft habe, den Kaffee zu bringen, war die Freude doppelt gross, wenn nicht, dann war das für die Leute auch ok, weil sie gesehen hatten, es wird sich bemüht.
:)
Mit der Pause halte ich es genauso, wenn jemand einfach wegen "Kleinigkeiten" läutet (damit ist alles gemeint,was nicht die Grundbedürfnisse abdeckt), dann sage ich auch:
"ich esse gerade noch mein Brot fertig, danach komme ich baldmöglichst zu Ihnen". Das kann manchmal eine Stunde werden, aber die Leute haben es zu schätzen gewusst.
:)

Ich denke, wenn ich alles möglich mache, dann bin ich selbst schuld. Und ich habe das gute Recht, nein zu sagen in verschiedenen Situationen.


Und zum Gehalt einer Krankenschwester will ich eines sagen: zum Leben reicht das allemal. Luxus wird man nie haben mit dem Gehalt, aber es reicht für eine Wohnung, gutes Essen und Kleider. Ich habe studierte Freunde, die verdienen sogar weniger.

Und NEIN, es reicht nicht, um Haus, Kinder und Auto zu finanzieren. Aber dann muss man sich eben auch überlegen, ob man all das mit ins Grab nehmen kann und wie wichtig einem das ist. Ist vermutlich Ansichtssache, aber ich denke, man kann auch immerm mehr wollen. Das ist vielleicht auch ein Problem der heutigen Gesellschaft. Ich persönlich verdiente als Schülerin 600E (minus Wohnheimmiete), und dann hat frau 400 E für Luxus und Essen und das ist schon ok, wenn man will.

Ich selbst kenne auch Familien, die elf Personen waren, und um die 1200 E für Essen usw. zum leben hatten. Die kamen gut und gesund über die Runden mit guter Ernährung und top- Bildung.:up:
Im Gegenzug kenne ich Familien mit zwei oder drei Kindern, die im Monat das doppelte zur Verfügung haben und damit nicht hinkommen und erzählen, sie verdienten zu wenig... :down:

Wie Einstein bereits sagte: ist alles relativ.

Und ich kenne übrigens Frauen, die mit 50 noch umgelernt haben. Trotz Kindern und Haus. Und auch ich lerne mit 28 noch nebenher, weil ich weiss, dass der Beruf körperlich anstrengend ist, und irgendwann nur ein kleiner Bandscheibenvorfall kommen muss, und weg bin ich. Und dann werd ich einfach ersetzt.
Aber vielleicht ist das auch sehr überraschend und plötzlich erst in meiner Generation so aufgetreten...:fidee:
 
Und ja, ich glaube auch, dass Agnes Karll für etwas anderes gekämpft hatte, als für das, was sich da heute manchmal abspielt. Das ist ja zum Teil eher eine Art Re- Emanzipation.
Sie hatte für die Unabhängigkeit der Frauen als Krankenschwestern und im Beruf gekämpft, und in meinen Augen kann eine Frau, die 200 E zur Verfügung hat unabhängiger sein, als eine, die 10.000 unter ihrem Vater verdient.
Aber genau das war der Geist, der mit der Idee einer Agnes Karll einhergeht, glaube ich.
:boxen:
 
Was willst Pflege darstellen? Fachpflege- oder Servierkraft? Man muss sich entscheiden. Beim Pat. bleibt der Service hängen. Fachkompetenz traut er dem Arzt zu- nicht der Pflegekraft. Die beste Schwester in seinen Augen ist die, die den Kaffee sofort bringt. Aber ist das im Sinne der Professionellen Pflege?

Eine Kollegin erzählte, wie sie ein Praktkum i-wo im arabischen Teil erlebt hat. Da wollte sie auch, wie sonst üblich beim Essen austeilen helfen. Ihr wurde beschieden: nix da. Dafür gibt es entsprechendes Servicepersonal. Ente wegräumen. Nix da. Pflegehilfspersonal. ... War eine ganz schöne Umgewöhnung.
Mit dem Wissen hat es mich nicht verwundert, wie uns unsere arabischen "Gastpat." behandelt haben. Wir waren in deren Augen das Putzpersonal. Die Öse war die einzigste echte Pflegefachkraft und wurde entsprechend mit Achtung behandelt.

Welche Außenpräsentation bringt welche Anerkennung? Und warum ist es so wichtig als unersetzbare eierlegende Wollmilchsau wahrgenommen zu werde?

Elisabeth
 
Oh, mit 28 wäre das bei den Leuten, von denen ich sprach, auch noch möglich gewesen.

Eine Frau mit Mitte 50 hat mit hoher Wahrscheinlichkeit, keine schulpflichtigen Kinder im Haus, die Betreuung brauchen und ich nehme an, sie hatten bei der zweiten Ausbildung Unterstützung, vom Mann, vom Amt, von wem auch immer. Sicherlich standen sie nicht alleine da und mussten von den 300 Euro Ausbildungsvergütung ihren Lebensunterhalt finanzieren.

Wie auch immer, Frau von der Leyen hat 7 Kinder und einen Fulltimejob, Frau Furtwängler ist Ärztin, hat Kinder (?) und einen Fulltimejob - und normale Frauen, in schlechtbezahlten Frauenberufen können sich nur nicht anständig organisieren. :mrgreen:

In Deinem Alter habe ich die Welt auch noch anders gesehen und sehr viel besser verdient, als jetzt. Im Gegensatz dazu weniger Unkosten gehabt, weniger Nebenkosten und Energiekosten und keine Kinder.
Ich hätte gerne das Gehalt von vor ein paar Jahren wieder, dann wäre ich schon zufrieden.

Du kennst Akademiker, die weniger verdienen, als wir? Ich kenne ungelernte Arbeiter die einen Tausender im Monat mehr haben, für 40 Stunden ohne Überstunden.

Aber natürlich spreche ich in erster Linie für mich und für meine Kolleginnen, die Alleinerziehend sind oder anderweitig eine Familie ernähren müssen. Unsere Singles oder "Hobbykrankenschwestern" mit gutsituierten Ehemännern, sehen das auch nicht so existentiell.
Die ganz jungen Singles, die unter dreißig, sehen dass sie Land gewinnen. Haben sie Abitur, warten sie auf einen Studienplatz. Haben sie keines versuchen sie anderweitig rauszukommen. Seine Zukunft sieht keiner der jungen Kollegen in der Pflege.

Gruselig finde ich das - ich war mal mit Freude im Beruf, habe mich nach Urlauben auf die Arbeit gefreut.

Heute habe ich nach Urlauben Bauchschmerzen, bei dem Gedanken, dass ich "morgen" wieder hin muß. Mit Mitte 20 konnte ich mir keinen schöneren Beruf vorstellen. Und wie mein Bruder immer so nett sagte, ich habe, für eine Frau ziemlich gut verdient.
Das würde heute niemand mehr behaupten.
(Obwohl - für eine Frau ist es wahrscheinlich immer noch ok - bei Edeka bei uns bekommen die Frauen 6 € in der Stunde)
 
. Mit Mitte 20 konnte ich mir keinen schöneren Beruf vorstellen. Und wie mein Bruder immer so nett sagte, ich habe, für eine Frau ziemlich gut verdient.

Verglichen mit sehr vielen anderen Berufen, die Du nach der Mittleren Reife innerhalb von drei Jahren erlernen kannst, verdienen wir (in den großen Tarifverträgen inklusive der Schichtzulagen) ausgesprochen gut. Und für Verkäufer, Erzieher, MFAS, Speditionskaufleute, Friseure ist das Benzin an der Tankstelle auch nicht billiger. Paar Alleinerziehende wird's da auch geben.
 
Ja, es geht immer noch schlechter. Das ist richtig. Und was mir an der Liste besonders auffällt ist, dass es, bis auf den Speditionskaufmann, alles klassische Frauenberufe sind.
 
Ohne Witz, das sind studierte Soz- Päd, die Anstellungen unter noch schlechteren Bedingungen bekommen, als ich sie dazumal in DE angeboten bekommen hab. Da stellen sich einem die Nackenhaare auf. Auch die Lehrer verdienen z.T. gar nicht sooo viel mehr bei 100%. Da geht`s um 200 Euro oder so, weil die ja heute auch nicht mehr alle Verbeamtet werden. Klar, sind 200 E mehr, aber ist auch nichts, wovon man seine Kinder jetzt superviel besser durchbringen kann dafür, dass man 4 Jahre lang investiert hat...

Und ja, das ist dann eben eine blöde Situation, ich denk mal, als Alleinerziehende haste da eben immer den kürzeren gezogen und ich kenne Frauen, die verheiratet sind und bei denen ist die Organisation (MIT Partner) schon ein Riesenproblem. Aber ich denke eben auch irgendwie, dass man vermutlich immer Kompromisse macht. Ich denke, gerade mit Kindern sind die eben mehr als sonstwie. Haben nicht nur Vorteile, die kleinen Quälgeister :mrgreen:...

Aber eben, ich denke, das ist eben schon ein bisschen so, ich weiss, dass wenn ich mal Kinder will, dann isses vorbei mit der Freiheit, Freizeit, dem Luxus, den ich jetzt habe. Ich denke, das geht den meisten Menschen mit Kindern (denen, die ich kenne) so, dass sie recht Einschnitte erfahren. Da kenne ich auch Singlekrankenschwestern mit Kind, die einfach den Job machen, um zu überleben. Aber ich denke, da verschieben sich die Prioritäten doch dann automatisch. Das ist zumindest bei allen so, die ich kenne, die machen ihren Job danach auch nicht mehr so gerne. Aber dafür haben sie eben Kinder.

Und ich mach das auch ganz schlau: ich spare die Kohle und setze mich dann mit 50 mit ner Jacht auf den Bahamas ab oder sowas :hippy:. Yo!
 
Coole Idee. Wenn ich nach der Kinderarmut wieder was übrig habe, mache ich das auch. :freakjoint:
 
*lol* Ja, das sind alles Frauenberufe. Aber ich kenne nen Kerl, der geht fast jährlich zum Chef und sagt dem: Du, hör mal, ich hätte gerne mehr Kohle
:eek1:

Als Frau denk ich: das ist ja verrückt :knockin:, ABER: Es funktioniert. Da gibt`s dann mal 100-200 E mehr monatlich.

Ist echt genial, und das ist auch in nem Arbeiterberuf. Und frag Dich mal, warum Männer in der Pflege eher mal mehr verdienen?!;-) Die haben`s drauf und investieren sehr viel in den Job. Die machen`s smarter:up:
 
:mrgreen: Mach mal, ich lad Dich ein :daumen:
 
Ja, es geht immer noch schlechter. Das ist richtig. Und was mir an der Liste besonders auffällt ist, dass es, bis auf den Speditionskaufmann, alles klassische Frauenberufe sind.

Das waren Beispiele aus meinem Bekanntenkreis. Laut dieser Liste http://asset1.stern.de/media/pdf/gehaltsliste_01.pdf gibt's etliche Handwerksberufe (in denen die Männer in der Übermacht sind), die schlechter als Pflegekräfte verdienen. Abgesehen davon verdienen in den Tarifverträgen, nach denen die Pflege entlohnt wird, Männer und Frauen dasselbe, wenn sie in der derselben EG und Stufe sind.
 
Wir gehen also im übertragenen Sinne nirgendwo hin. Sobald das Geld stimmt ist alles weitere auch ertragbar. Eine monitäre Anerkennung versüßt einem auch das Dasein als Mädchen/Junge für alles?

Elisabeth
 
Anerkennung äussert sich in erster Linie über das Gehalt.
Für ein bewunderndes:" Deinen Job könnte ich nicht machen - gut das es Menschen wie Dich gibt." kann man sich nichts kaufen.

Mit einem anständigen Gehalt könnte man anfangen, dann Abspecken der Service- und Putztätigkeiten, das würde auch helfen, bei der Anerkennung.
So sind wir Pipikellner, Reinigungskräfte und Dienstboten. Warum sollte die Gesellschaft das honorieren?
Die Politik tut ihr übriges, indem sie immer wieder Arbeitssuchende in die Pflege stecken will. (genau so, wie in die Kindergärten)
Dann kann das doch eigentlich jeder, oder?
Das muss ja nicht gut bezahlt werden, wenn es jeder kann und Frauen wollen das doch auch so. Es liegt ja in ihrer Natur zu sorgen und zu pflegen. Sie tun es doch sowieso, warum brauchen sie dann auch noch Geld?

Viele Leute sind total erstaunt, wenn sie merken, welches Wissen sich dahinter verbirgt. Wenn sie mein Fachbuchregal sehen. Hast Du die gelesen??? Ja klar, die meissten davon schon.
Wie lange hast Du gelernt? Mit Fachweiterbildung? Ach.... so lange? Das ist ja fast so lange, wie ein Medizinstudium.
Und Du studierst? Ja? Krankenschwestern können studieren?
Ach - warum? Bekommen sie dann mehr Geld? Nein? Warum studieren sie dann?


Warum sind Lehrer und Feuerwehrleute verbeamtet und Rettungssanitäter, Krankenschwestern und Erzieherinnen nicht?

Geld wäre ein guter Anfang. Dann könnte man besser argumentieren, warum fachfremde Arbeiten zu teuer kommen. So ist es immer noch billiger, als Servicekräfte einzustellen, die die Nebentätigkeiten übernehmen.

Im Haus einer Verwandten, wollten sie die Bettenzentrale schliessen, in der Hoffnung, das könnten die Schwestern auf Station doch noch schnell mitmachen, so wie früher. Da ging das ja auch.
 
Ich habe mal früher gelernt: gechützt ist nur die Berufsbezeichnung - nicht die Ausübung.
Heisst also mehr als wirklich: pflegen kann jeder
Und solange ich mir von den Besuchern/Angehörigen sagen lassen muss (weil "die da oben" nicht das PP unterstützen, sondern den Angehörigen/Kunden das Wort reden) was ich zu tun habe, wird sich dies auch nicht ändern.
Da kann ich noch so laut/heftig/konsequent/ was auch immer unsere Profession zu erklären versuchen.
Ankommen tut nur: die hat keine Lust unserer Omma schon wieder den ***** abzuwischen, hauptsache Kaffee trinken

Leute, ihr könnt doch nicht automatisch das gehobene Volksdeutsch in ein "Pieps"wort ändern :eek1:
 
Leute ich sag Euch: Mehr Geld macht diesen Job nicht unbedingt attraktiver. .
 
Warum soll ich jemandem, der sich als Erfüllungsgehilfe und Servicekraft präsentiert, mehr bezahlen?

Mehr Lohn wird übrigens nicht die erwartete bessere gesellschaftliche Anerkennung bringen. Das mag so manchen enttäuschen. Aber es dürfte ihm egal sein.

Anerkennung bekommst, wenn du selbstbewusst auftrittst und z.B. so ganz ohne "die da oben" einem Angehörigen/Kunden erklären kannst, welche Leistungen du erbringen kannst und welche nicht. Ich kann versichern, dass funzt- sofern du auch als Fachpersonal zu erkennen bist. Und hier meine ich jetzt nicht das Namensschild.

Elisabeth
 
Nein, das ist eine Illusion. Dann fragt man sich nur, warum derjenige "nur" Krankenpfleger/in geworden ist und nicht was "Richtiges".
 
@pericardinchen: meine Rede, meine Rede!
Oder ist etwa der Job am Fließband beim Daimler wirklich attraktiver?
 
Wenn ich 6000 netto dafür bekomme, stell ich mich auch 8 Stunden ans Fließband ...
 
Wenn ich 6000 netto dafür bekomme, stell ich mich auch 8 Stunden ans Fließband ...

Pflege ist heute auch ein Fließbandjob und diesen bis zur Rente auszuführen lässt Einiges hinten runter fallen z.B. die eigene Gesundheit.
Ich empfinde die Bedingungen derzeit genauso wie die Arbeit am Fließband.

Das Geld macht alleine nicht glücklich - auch nicht als Freelancer. Davon kann ich ein Liedchen singen und die großen Zahlen sind mir durchaus bekannt, aber ist oft die Sache nicht wert. Dies funktioniert nur, wenn man sich gnadenlos abgrenzt von den Teams beim Auftraggeber und wenn man nicht zu lange bei ein und demselben Auftraggeber tätig ist. Alles Andere ist Illusion!
 

Ähnliche Themen