Umgang mit Verstorbenen

aquarius2

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15.09.2006
Beiträge
1.267
Ort
München
Beruf
Fachkrankenschwester für Anästhesie und Intensiv
Akt. Einsatzbereich
IMC
Eine meine Kolleginnen scheint ein Problem mit Verstorbenen zu haben, mehrmals hat sie Verstorbene nur sehr lustlos versorgt. Einmal hat sie einen Verstorbenen einfach nur in den Verabschiedungsraum geschoben, ohne die Zu und Ableitungen zu entfernen (er sollte nicht obduziert werden) ein zweites mal hat sie einen Patienten in den Verabschiedungsraum geschoben, das Fenster aufgelassen und vergessen, ihn nachdem die Angehörigen da waren in die Leichenhalle zu schieben.
Ich hatte am gleichen Tag Dienst war aber mit einem Notfallpatienten länger weg von Station. Nachdem ich wieder da war, übergab ich meine Patienten und fuhr heim, auf dem Heimweg ging mir der Verstorbene nicht aus dem Kopf und ich rief an und bat meine Kollegin doch nachzusehen, ob der Patient noch im Verabschiedungsraum liegt. Da lag der Patient 12 Stunden nach seinem ableben immer noch und da das Fenster offen war war der Raum voller Fliegen. Echt meine armen Kollegen die den runtergefahren haben...
Am nächsten Tag sprach ich sie drauf an und sie war nur mittelmäßig betroffen. Meine Chefin war sehr wütend und es gab ein Gespäch. Sicher auch ich oder die anderen Kollegen hätten was sagen können, aber diese Kollegin war Schichtleitung! Ich kann gar nicht verstehen, wie man sowas vergessen kann, ich bin immer noch total fassungslos. Meine Kollegen vom Spätdienst waren im Übrigen auch nicht auf mich sauer, nein, sie waren dankbar, dass ich sie angerufen habe.
Trotzdem fühle ich mich gar nicht gut, wenn ich an diesen Tag denke.
 
Hmm ... und nu?

Du hast ne Kollegin die zwei mal etwas vergessen hat. Beide Male im Zusammenhang mit Verstorbenen.
Es gab ein Gespräch.


...

und nu?

Wenn dir ihre Einstellung so sehr am Herzen liegt, musst du sie persönlich mal ansprechen. Wenn ihr euch gut versteht...
 
Das habe ich versucht... Sie hat nicht viel gesagt, außer die anderen aus der Schicht anzugreifen ist wenig gesagt worden.
Es gab ein Gespräch und sie wurde in eine Funktionsabteilung versetzt und seitdem ist sie nicht mehr dagewesen.
Ich möchte mur verstehen, wie sowas passieren kann, sie hat ja nicht irgendwas vergessen, es geht um Menschen.
 
Du hast es sicher schon bei meinem 1. post gemerkt: Ich kann es nicht recht nachvollziehen.

Jedes Mal wenn wir was vergessen geht es um Patienten.
Hast du noch nie vergessen einem Patienten seine 12 Uhr Medikation zu bringen oder jemanden aus dem EKG abzuholen und musstest erst erinnert werden? Nur als zwei Beispiele von Tausenden...
 
Hast du noch nie vergessen einem Patienten seine 12 Uhr Medikation zu bringen oder jemanden aus dem EKG abzuholen und musstest erst erinnert werden?
Hm klar vergißt man sowas, aber einen Toten zu vergessen... Den einfach zu vergessen und heimgehen.
Für Dich mag das nichts besonderes sein, aber ich finde das schom merkwürdig
 
Was ist schlimmer?

Einen Patienten (z.B. nachts) in der Röntgenabteilung zu vergessen oder einen Toten?
Dem Toten kann ja nichts mehr passieren.
 
@Aquarius- ich lese, dass du Studentin Psychologie bist. Hast du mal Stress und Copingverhalten in deine Gedanken mit einbezogen?

Bewußtwerden eigener Ängste vor dem Leblosen, vor dem eigenen Tod!

Abwehrformen und Verarbeitung/ Integration

„Wilder“ therapeutischer Aktionismus...(Position der Omnipotenz)... man wendet sich den "Lebenden" zu
Verleugnung, Verdrängung der Realität ... (Position der Bekämpfung des Bösen)... "aus den Augen, aus dem Sinn"
Abspaltung und Abweisung des anderen (Schuldzuweisung und Selbstvorwürfe, Projektion und Hilflosigkeit) ... als sie auf ihr Fehlverhalten hingewiesen wird, blockt sie ab

Reife Verarbeitung und Bewältigung
Trauerarbeit
Akzeptieren der Realität
Integration der Gefühle
... musst du Erlernen bzw. neu lernen. Dafür musst aber erst mal akzeptieren, dass da ein Problem besteht und du Hilfe brauchst. Dies ist in der Pflege eher unüblich. Von daher der kurze Weg: Versetzung.
Ergo: Ich denke, dass in dem Gespräch auch Probleme angesprochen wurden, die die Vermutung nahe legen, dass es da ein gravierendes Problem gibt. Ob das schon immer bestanden hat oder sich erst mit der Zeit entwickelt hat dürfte dabei uninteressant sein. Die Versetzung in eine Funktionsabteilung erscheint mir sinnvoll. Und das die Kollegin keinen Kontakt mehr sucht, halte ich für nachvollziehbar.

Elisabeth

PS Zitate in Anlehnung an die Aussagen von Zieger und Comparetti im Umgang mit Komapatienten. Kursiv = meine Ergänzungen.
 

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