Umgang mit Verstorbenen

  • Ersteller Ersteller Lucas
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Die Seele ist etwas religiöses. Wenn Ihr an die Unsterblichkeit der Seele glaubt, solltet Ihr aufhören, Fenster zu kippen, Wasser auszuschütten und Spiegel zu verhängen.
Oder nennt mir eine Religion, die lehrt, daß die Seele so etwas braucht. Ich glaube, es gibt keine.
Und von heidnischen Bräuchen oder Sektenritualen sollte man die professionellen Finger lassen, bevor es mal Ärger gibt.

Vielleicht, können wir uns darauf einigen, dass die Seele ( wenn überhaupt ) etwas spirituelles ist? Ich bin weder getauft, noch glaube ich an Gott.
Und wenn jemand verstirbt, der so wie ich Atheist ist, dann werden gewiss nicht die Hände gefaltet, aber was dann zu tun ist, spreche ich vorher mit den Angehörigen ab.
Angesichts der verschiedenen Glaubensrichtungen, oder Atheisten, sollte man da doch etwas mehr Weitsicht walten lassen.
Ich möchte nicht, dass man mir z.B. die Hände faltet oder ähnliches.

t-rex
 
Früher wurden im Haus eines Verstorbenen die Spiegel verhängt und die Uhren angehalten. (Das Symbol mit der Uhr leuchtet mir ein, für die Spiegelgeschichte habe ich keine Erklärung.) Ich stufe das Seele-aus-dem-Fenster-Lassen in die gleiche Kategorie: Ein Ritual, das keinen anderen Sinn erfüllt als den Angehörigen eine gewisse Sicherheit und Ordnung zu ermöglichen.

Luther hat sinngemäß gesagt, dass die kirchlichen Sakramente weniger eine Bedeutung für Gott haben - der unabhängig von uns seine eigenen Entscheidungen trifft - sondern mehr für die Menschen. Was ist also gegen Rituale, die die Hinterbliebenen trösten, ohne die Würde des Toten zu verletzen, zu sagen?
 
Hallo,

du kannst das geöffnete Fenster auch als Frischluftzufuhr sehen. Ich denke es entstand dadurch, dass früher die Menschen auch zuhause gestorben sind. Wie jeder von uns weiss, herrscht in der Pathologie ein anderer Geruch, damit unbeschadet frische Luft hereinkommen konnte, hat man vielleicht den Gedanken mit der Seele aus dem Fenster fliegen lassen gehabt.
Keine Ahnung, ich weiss es nicht.

Das Abhängen der Spiegel kommt aus der jüdischen Religion wenn ich es richtig in Erinnerung habe.

Schönes Wochenende
Narde
 
Früher glaubte man wohl, dass der Spiegel eine Grenze zwischen dem Diesseits und dem Jenseits darstellte. Ein nicht verhangener Spiegel würde die Wiederkehr des Toten mit sich bringen.

Oder:

Beim Eintritt des Todes
Es gibt viele kleine Bräuche, die gemeinhin beim Eintritt des Todes üblich sind, zum Beispiel alle Spiegel im Trauerhaus zu verhängen und alle stehende Wasser auszuschütten. Diese Verhaltensweisen beruhen auf abergläubischen Vorstellungen. Beim erstgenannten Brauch will man verhindern, dass die weichende Seele durch die Spiegel in eine Falle gelockt wird oder dass sich der Leichnam darin spiegelt und ein zweiter Tod im Haus verkündet würde. In dem anderen genannten Fall will man vermeiden, dass das Wasser durch einen hindurchziehenden Geist verseucht wird. Darüber hinaus gibt es auch moderne Erklärungen: der Spiegel sei ein Gegenstand der Eitelkeit. Daher sei es unangemessen, in ihn zu schauen, wenn man gerade einen Menschen verloren habe. Diese Bräuche gelten im progressiven Judentum als nicht verpflichtend, doch es wird anerkannt, dass manche Menschen das Bedürfnis haben, zum Zeitpunkt des Todes "irgend etwas zu tun", um das Vakuum zu füllen und die Hilflosigkeit, die sich empfinden, ausdrücken zu können.
http://www.liberale-juden.de/cms/index.php?id=66

Elisabeth
 
"es wird anerkannt, dass manche Menschen das Bedürfnis haben, zum Zeitpunkt des Todes "irgend etwas zu tun", um das Vakuum zu füllen und die Hilflosigkeit, die sich empfinden, ausdrücken zu können."

Genau das meinte ich.

Das mit dem stehenden Wasser kannte ich allerdings nicht.
 
Wenn du dann mit so einer Op fertig bist und den Pat. "entsorgt" hast gehst du zu deiner naechsten Op und machst da weiter. Und um ehrlich zu sein, es ist eine Op wie jede andere auch und ist danach vergessen....ich hab es mir schon vor langer Zeit abgewoehnt mir darum Gedanken zu machen ob "eine Seele" den Koerper verlaesst.

usnurse

Okay, in einem unfallchirurgischen Op der Maximalversorgung muss man einfach oft auch kühl und rational handeln, mit Gefühlsduselei ist den Leuten nicht geholfen. Aber ich weiß, dass es für das Team jedes Mal eine Niederlage ist, wenn ein Pat. stirbt und beim Umbetten und Ausschleusen wallen trotzdem Gefühle hoch.
Bei uns sterben gelegentlich auch Pat. im Op, obwohl wir das nach Möglichkeit verhindern wollen. Etwa durch starke Blutungen bei großen Tumor-Eingriffen, sogar bei der Anlage von Dialyse-Kath. starben schon Pat., und natürlich bei akuten BAAs. Es ist total be******en, weil du dich umsonst abgerackert hast und den Menschen natürlich einen schöneren Tod wünschst als auf einem kalten Op-Tisch.
Für viel Gefühlsduselei ist da zwar kein Platz, aber respektvolles Schweigen und ein angemessener Umgang mit dem Körper ist doch selbstverständlich!
Ich sage einfach: "Gute Reise!"
 
Das mit der Uhr und dem Fenster war mir sehr wohl geläufig aber das mit dem Wasser habe ich auch zum ersten Mal gehört.
 
Zum Thema nochmal, wir legen auch eine Blume auf den verstorbenen :-)

Bin im übrigen heute schon wieder ausgelacht worden, weil ich das Fenster öffnete :-(

Mennnoooooo..
Aber ich finde das passend, und ich mach das weiter so!

Das ist völlig ok.
Ich mache das seid 27 Jahren so und mittlerweile lacht keiner mehr,
sondern alle suchen nach schönen Blumen,
wenn doch mal ein Patient in meinem Dienst vertirbt.
Das ist meine Art, Lebwohl zu sagen und meine Art,
mit dem Tod umzugehen.
Jeder Mensch braucht sein Ritual, damit er Mensch bleibt.
 
Hallo zusammen,

ich bin heute, eigentlich durch Zufall, auf dieses Forum gestoßen. Und dann gleich dieses Thema - mein Steckenpferd.
Nicht das ihr denkt ich sei Pfarrer oder so etwas, aber gerade der Umgang mit Verstorbenen wird in KH und in vielen stationären Einrichtungen eher kläglich behandelt.
Dabei gäbe es Möglichkeiten mit geringen Mitteln wieder ein wenig Sterbekultur einzuführen.

Ich finde es auf jeden Fall toll, wenn der eine oder andere hier Dinge tut, die er/sie selbst für wichtig und richtig hält - unabhängig davon was andere sagen oder denken.

Ich bin selbst Dozent für Pflegepraxis etc. und plädiere überall für genau diese "Kleinigkeiten" die soetwas wie den "Patientenstatus über den Tod hinaus" bedeuten. Dazu gehärt ein würdevoller Umgang mit Verstorbenen, Wiedereinführung von Riten und Ritualen. Auch, oder gerade, in einer derart schnelllebigen Zeit wie heute.

Gruß

Gregor:streit:
 
Hallo,
wollte mal nichts über Rituale schreiben, sondern über den Umgang mit Verstorbenen!
Anfangs wurde in diesem Thread über "gefühlloses" Personal geschrieben.
Heute hatte ich auf meiner Station ein ganz besonderes Erlebnis. War von einigen Kollegen positiv überrascht.
Eine 46jährige Pat. lag bereits wochenlang nach einem Kopfeingriff auf unserer Station. Als Schwerstpflegefall, mit Hemiparese, Aphasie usw von der Intensiv übernommen.
Man konnte täglich verfolgen, wie es ihr immer besser ging. Letztendlich konnte sie bereits einige Schritte mit Hilfe bewältigen.
Seit gestern ging es ihr schlecht. Miserable Vitalzeichen, alles mögliche an Diagnosen konnte ausgeschlossen werden.
Nach 1 stündiger Reanimation verstarb die Pat. Hinterließ einen sehr netten, fassungslosen Ehemann und relativ junge Kinder.
Und, meine Kolleginnen weinten. Auch die Hartgesottenen. Das hatte ich noch nie so erlebt.
Als eine Spätdienstkollegin während der heutigen Übergabe davon erfuhr, brach auch sie in Tränen aus.
Von einigen Kolleginnen hätte ich das niemals angenommen, so kann man sich täuschen.
Was ich damit sagen wollte?
Man muss in unserem Beruf nicht abstumpfen. Alleine die kleinen Rituale, die jeder für sich pflegt beim Umgang mit Verstorbenen zeigen von großer Menschlichkeit.
Viele Grüße
Sanne
 
Wie ich zwischen deinen Zeilen herauslesen, findest du es a positiv zu weinen und b, wer nicht weint, ist abgestumpft...

Das kannst du ja für dich gerne so sagen, aber du solltest das nicht verallgemeinern.
 
als ich mit meinem Praktikum angefangen habe in der Inneren Medizin, hatten wir es mit vielen älteren sehr kranken menschen zutun die kurz vorm sterben waren :(

ich kann mich an einen Fall erinnern wo eine sehr liebe ältere Dame nach 3mon. Krankenhaus aufenthalt verstarb. Sie machte ein riesen Ritual aus und hat von anfang an mir anvertraut: " wenn ich gleiuch sterbe, mach alle fenster auf, falte meine hände, bloß die augen schließen und überdeck meinen mit diesem weißen Laken" daran habe ich mich erinnert als ihr das mit dem fenster und der sEELE meintet!

Ich war nur nicht da als sie am nächjsten morgen verstarb.. habe das aber so weitergegeben an den Betreuenden Arzt... und er meinte: "Pappalaapapp! diese alten Menschen machen sich noch wichtig vor dem Tod, machen sie einfach die augen zu, denn das ist das was ich gehört habe.. der rest ist schwachsinnig" ich war so geschockt!!!!!!!:cry: ich bin auch frioh das ich 1. nicht mehr in diesem krankenhaus tätig bin und 2. bin ich stolz auf mich ihre letzten wünsche erfüllt zu haben.:nurse::)

Ich denke nicht das wenn ärzte und schwestern nicht weinen, dass sie abgestumpft sind. Sie sind sich einfach im klaren, dass der Tod etwas natürliches ist und jedem passiert, auch uns.
als ich das einer schwester erzählt habe meinte sie: " das lernt man im Medzizin studium es nicht an sich ranzulassen"

stimmt das?



Grüße, shadi
 
Hallo,

du musst immer sehen die Persönlichkeit macht viel aus.
Du lernst im Medizinstudium natürlich naturwissenschaftlich wie der Körper funktioniert und was man machen kann damit er wieder funktioniert.
Hat man alles versucht und funktioniert es nicht, verliert man das Interesse daran.
Die psychosoziale Betreuung liegt in unserer Veranwortung.
Pflege auf Station und besonders auf Intensiv zwischen Hightech und Higtouch durchführen ist ein Balanceakt.

LG Martin
 
:eek1: erstaunlich...

Ich fange meine Ausbildung erst im kommenden Oktober an, aber ich habe jetz ein Jahr lang neben der Schule als Pflegehelfer in einem Seniorenheim gearbeitet. in dieser Zeit sind einige Bewohner verstorben und ich hatte das Glück oder aber auch das Pech zu diesen zeitpunkten nicht im Dienst gewesen zu sein. Ich habe immer mitbekommen, dass meine Arbeitskollegen getrauert haben und das es bei allen Bedauern um den Verlust gab.

Aber wenn ich das so höre, wie manches Pflegepersonal mit verstorbenen Menschen umgeht, frage ich mich doch wo die Leidenschaft für den beruf abgeblieben ist. Ich meine ich bin es doch einem Menschen schuldig, dass er nach seinem Tot anständig behandelt wird, auch wenn ich nicht gerade gut mit Toten umgehen kann oder damit nicht so gut klar komme. Wo ist denn die Liebe unter den Menschen hin, wenn selbst schon im Umgang mit Toten auf Ehrfurcht und Respekt verzichtet wird.

Aus welchem Grund auch immer jemand solch ein Verhalten an den Tag legt, es ist unentschuldbar und Taktlos. Der Beruf des GukP ist auch dazu da sterbenden und Toten den letzten Respekt zu erweisen.

Ich finde jeder Mensch der abgestunpft ist oder auf dem besten Weg dorthin ist, ist zu bedauern, denn dadurch verlieren sie einen Teil ihrer eigenen Menschlichkeit und ja auch ihrer Seele.

Ich wünsche mir, dass ich es so lange wie möglich vermeiden kann abzustumpfen. Ich bin mir völlig im klaren darüber, dass jeder der in diesem Bereich tätig ist auf irgendeine Art und Weise abstumpft.
 
*Schockiert*
schlimm das jemand sowas sagt aber das hört man leider sehr oft, man sollte die würde eines verstorbenen genauso respektieren wie die eines lebendens.
ich würde sie aufjedenfall nochma darauf ansprechen und ihr sagen das das nicht richtig von ihr war. erkläre ihr es doch einfach an dem beispielt was wäre wenn das angehörige von dir wären würde sie dann auch so mit denen um gehen ? all das muss man immer dabei berücksichtigen.
LG
 
:eek1:
Aber wenn ich das so höre, wie manches Pflegepersonal mit verstorbenen Menschen umgeht, frage ich mich doch wo die Leidenschaft für den beruf abgeblieben ist. Ich meine ich bin es doch einem Menschen schuldig, dass er nach seinem Tot anständig behandelt wird, auch wenn ich nicht gerade gut mit Toten umgehen kann oder damit nicht so gut klar komme. Wo ist denn die Liebe unter den Menschen hin, wenn selbst schon im Umgang mit Toten auf Ehrfurcht und Respekt verzichtet wird.

Ich weiß zwar nicht, was Du in diesem Zusammenhang mit Ehrfurcht meinst, aber Respekt und Empathie gebührt jedem Menschen- ob lebendig, sterbend oder tot. Dass vielen von uns diese Haltung nicht mehr möglich ist, liegt vor allem daran, dass wir selbst uns mit so wenig Wertschätzung behandeln. Grenzen, Moral und Ethik werden im Arbeitsalltag nur allzu häufig ignoriert, um den Anforderungen des AG gerecht zu werden.
Ich habe in vielen Situationen, in denen es galt inne zu halten, sich dem Sterbenden zu widmen, den Toten würdig herzurichten, versagt, wofür ich mich schäme, was mir aber auch zeigt, wieviel in mir selbst inzwischen gestorben ist.
 
Ich weiß zwar nicht, was Du in diesem Zusammenhang mit Ehrfurcht meinst, aber Respekt und Empathie gebührt jedem Menschen- ob lebendig, sterbend oder tot. Dass vielen von uns diese Haltung nicht mehr möglich ist, liegt vor allem daran, dass wir selbst uns mit so wenig Wertschätzung behandeln. Grenzen, Moral und Ethik werden im Arbeitsalltag nur allzu häufig ignoriert, um den Anforderungen des AG gerecht zu werden.
Ich habe in vielen Situationen, in denen es galt inne zu halten, sich dem Sterbenden zu widmen, den Toten würdig herzurichten, versagt, wofür ich mich schäme, was mir aber auch zeigt, wieviel in mir selbst inzwischen gestorben ist.



Welch`ehrliches Bekenntnis....ich würde mir wünsche,daß ALLE Kollegen zu solch`einer Selbstrelexion fähig wären (ich schliesse mich da nicht aus)...Ich bemühe mich immer,sensible zu sein für die Bedürfnisse Szrebender und hinterher fällt mir garantiert immer etwas ein,was ich hätte besser machen können8O...trotzdem behaupte ich,nicht so abgestumpft zu sein und einen Verstorbenen als "Entsorgungsproblem"zu sehen:angry:Solch`eine Aussage ist meiner Meinung nach ein triftiger Grund für eine Abmahung...
 

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