Schülerin hat Probleme bei Patienten-Kommunikation

aquarius2

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15.09.2006
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München
Beruf
Fachkrankenschwester für Anästhesie und Intensiv
Akt. Einsatzbereich
IMC
Ich habe Probleme mit einer Schülerin, die sich schon ziemlich auffällig verhält. Sie scheint Probleme zu haben, mit anderen Menschen zu kommunizieren, wenn das auf sprachlicher Ebene nicht geht, zum Beispiel bei Aphasie oder bei Patienten die zum Beispiel kein Deutsch sprechen. Sie steht da vor dem Bett und rennt sofort zu mir oder anderen Kollegen. Dabei wäre es oft gar nicht nötig, wenn man ein bißchen guten Willen zeigt kann man auch mit diesen Menschen kommunizieren.

Gibt man ihr eine Hilfestellung, dann heißt es nicht, dass sie genau mit diesem Problem noch mal kommt. Wir haben mit ihr geredet und ihr gesagt in einem halben Jahr ist sie dann examiniert und wenn sie dann mit einer Schülerin alleine ist muß sie auch wissen was zu tun ist. Sie reagierte in keinster Weise auf meine Worte. Sie wirkte auf mich ziemlich unbeteiligt. Sie ist nicht unfreundlich oder pampig zu den Patienten oder den Kollegen, nur es scheint ihr überhaupt nicht klar zu sein was ihr Problem ist und wie das auf die Patienten wirkt wenn sie neben ihnen steht und sagt "Ich weiß nicht, was sie mir sagen wollen." oder immer wieder fragt "Und warum läuten sie?" Das tut sie solange, bis entweder die Angehörigen rausstürmen und sich bei uns beschweren, oder ihr jemand zur Hilfe kommt und sagt, was der Patient vielleicht sagen will.

Es gab mal eine gezielte Anleitung zum Thema wie kommuniziere ich mit Patienten die nicht sprechen können oder die kein Deutsch verstehen. Sie stand da wie der Ochs vorm Berg. Aber irgendwie hat sie keinen Leidensdruck und zeigt wenig Initiative, an diesem Kommunikationsproblem zu arbeiten. Auch wenn man ihr sagt, dass es auch gefährlich sein kann, wenn sie einfach nicht reagiert. Im Notfall steht sie auch nur rum, aber im Moment soll sie ja auch nicht alleine reanimieren. Nur habe ich so meine Zweifel, ob es eine gute Idee ist so einen Beruf auszuüben, wenn man nicht in der Lage ist mit Leuten zu kommunizieren.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Wie hat sie das denn auf den anderen Stationen gelöst - insbesondere während des psychiatrischen Einsatzes?

Offensichtlich ist sie mit der Kommunikation ja insgesamt maßlos überfordert, da frage ich mich schon, wie sie nun im 3. Kurs sein kann...
 
Die Frage ist, ob das wirklich ihr persönliches Problem ist, oder die Kommunikation in der Ausbildung nur wenig thematisiert war. Ich habe mit den Schülern im 3. Lehrjahr teilweise wieder die Aufnahmegespräche geübt, da diese nie betreut wurden. Welche Abgründe sich da geöffnet haben...

Zitat:
"Warum muss man das üben, da ist alles vorgegeben, man muss nur ankreuzen..."
 
Tja, theoretisch ist sie wohl sehr gut nur am Patientenbett sieht es leider anders aus. Auch wenn Patienten sprechen können und das sogar deutsch kommt es immer wieder zu Situationen. Kommunikation wird da einfach überbewertet scheint sie zu denken. Andere Schüler sind da echt pfiffiger. Die kommen auch von alleine drauf mal unter die Bettdecke zu gucken, wenn es nach Sch.... riecht oder der Patient auf die Wasserflasche zeigt, aber auch für solche Sinale ist sie nicht empfänglich.
 
Ich weiß, Ferndiagnosen sind doof... Wie ist sie im Personalumgang? Auch so unempfänglich? Oder funktioniert es nur auf Sachebene und ohne paraverbale/non-verbale Anteile?
 
Hm, sie steht oft ziemlich unbeteiligt rum und wird nur aktiv, wenn man ihr ganz genau sagt, was sie machen soll, dann sagt sie, sie ist sauer, weil sie immer noch nicht bei beatmeten Patienten war. Da kommt sie auch bei mir nicht hin, denn dazu fehlt es ihr leider an allen Enden.
 
Hat sie eventuell Autismus?
 
Mir fiel bei der Beschreibung ff. ein...
Bewußtwerden eigener Ängste im Umgang mit Komapatienten
  • vor dem unbekannten, fremden Anderen
  • vor seinen unverstandenen Äußerungen
  • vor der eigenen Hilflosigkeit und Ohnmacht
  • vor Schmerzen und Verletzungen
  • vor Verstümmelung und Behinderung
  • vor dem Leblosen
  • vor dem eigen Tod!
Abwehrformen und Verarbeitung/Integration
  • "Wilder" therapeutischer Aktionisimus (Position der Omnipotenz)
  • Verleugnung, Verdrängung der Realität (Position der Bekämpfung des Bösen)
  • Abspaltung und Abweisung des Anderen (Schuldzuweisungen, Selbstvorwürfe, Projektion der Hilflosigkeit)

Reife Verarbeitung und Bewältigung
  • Trauerarbeit
  • Akzeptieren der Realität
  • Integration der Gefühle

Nach Zieger und Comparetti

Und damit kommen mir so Fragen in den Sinn... Gab es eine Situation in der Ausbildung, die dazu geführt hat, dass man sich zu schützen versucht vor den Gefühlen von Patienten und Angehörigen indem man ihnen mit "Standards" begegnet?

Es wird sie sicher geben, die Azubis, die eigentlich ungeeignet sind für den Beruf. Aber irgendwie kann/will ich mir nicht vorstellen, dass das in drei Jahren niemandem aufgefallen ist.

Elisabeth
 
Hat sie eventuell Autismus?
Vielleicht hat sie das Asperger-Syndrom, vielleicht eine dissoziale o. schizoide PS, oder, oder, oder ... Wie Du schon selbst sagst, machen "Ferndiagnosen" keinen Sinn, erst Recht nicht, wenn wir die betroffene Person nicht kennen. Wir bekommen ansatzweise mitgeteilt, wie sie sich im Beruf verhält und welche Probleme dadurch auftreten, mehr nicht.

Ben
 
Ich habe mich mal länger mit ihr unterhalten, war etwas mühsam, aber auch sehr aufschlußreich, also sie ist ein Einzelkind, ist mit ihrer Mutter zusammen gewesen die meiste Zeit, viel in der Welt rumgereist, war immer in teuren Privatschulen und nie länger als zwei Jahre an einem Ort.

Nach dem Abitur hat sie zwei Jahre ihre Mutter gepflegt und dann die Krankenpflegeausbildung gemacht. Nach dem Examen will sie aber auch nicht weitermachen, sondern studieren.

Sie ist schon speziell, war noch nie mit ihren Mitschülern unterwegs, hat keine Freunde hier in München und in ihrer Freizeit liest sie Nietzsche oder geht in die Oper, spielt Klavier und lebt irgendwie in einer anderen Welt.

Einen Biergarten hat sie ebensowenig besucht wie ein Kino, eine Disco oder einen Club hat sie auch nie besucht, mit Fußball oder anderen Sportarten außer Reiten nix am Hut und irgendwie auch kein Bedürfnis nach Freunden oder so.

Nun bin ich um einiges schlauer.

Wie gesagt, psychisch auffällig ist sie nicht war sie nicht und wird sie wahrscheinlich nie sein, sie ist sich selbst genug. Sie kann sich für Dinge begeistern, für ein Klavierkonzert von Rachmanninoff für das ihr ein Patient seine Abokarte gab, für Museen für Bücher, aber eben nicht für Menschen.
 
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Reaktionen: Sailor Moon
Eigentlich ein schönes Beispiel für die ganz normale Varianz der menschlichen Spezies. Sie liegt halt nur nicht in der Mitte der Gruppe.

Elisabeth
 

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