Professionelle Pflege - Zukunft oder fehlgeschlagener Versuch

Hallo Elisabeth, hallo Interessierte!
Wollen wir uns denn wirklich auf "waschen, füttern (was für ein Begriff!!!), trocken legen" reduzieren lassen bzw. noch schlimmer, reduzieren wir selbst unsere Arbeit darauf??? Gibt es denn in der pflegerischen Arbeit selbst nicht mehr, das es wert ist, als professionell behandelt zu werden? Ich erlebe es häufig (bin PDL eines Pflegeheimes für Intensivpflege), dass neue Mitarbeiter meinen, ihnen würde die "Action!" des Krankenhauses fehlen. Wenn ich das dann hinterfrage, besteht der Anspruch häufig in medizinischen Tätigkeiten (Blutentnahmen, Assistenz bei Eingriffen, etc., meist in der Übernahme ärztlicher Tätigkeiten). Dann frag ich mich doch, was ist in der "Prägungsphase" schief gelaufen??? Offensichtlich ist doch bei den Meisten die Sozialisierung in den "Heil-Hilfs-Beruf" erfolgreich gelaufen. Professionalisierung ist ein Prozess, den nur wir selbst initiieren und durchlaufen können, wenn wir das nicht selber tun, passiert das nie. Solange Pflegende im 21. Jahrhundert noch ehrfürchtig ihre Arbeit fallen lassen, weil der Chefarzt zur Visite kommt, sind wir "Assistenten und Erfüllungsgehilfen" des Arztes. Um mit Ärzten und anderen medizinischen Berufen auf Augenhöhe kommunizieren zu können, müssen wir hochklettern, die anderen werden sich nicht hinknien! Ich vermisse in den meisten Diskussionen zum Thema "Professionalisierung" den Begriff "Pflegeprozess", dessen Umsetzung in meinen Augen den Unterschied ausmacht. Natürlich kann auch ein Laie pflegen (viele tun das besser als die Profis, weil individueller), aber prozesshaftes Denken und Handeln ist das deswegen noch nicht. Im Moment wissen die meisten Pflegekräfte kaum, was Pflegeprozess ist, geschweige denn, wie man ihn umsetzt. Das ist aber einer der Kardinalfehler unserer Pflegeausbildung. Ich musste fast 40 Jahre alt werden und Pflegemanagement studieren, um effektiv pflegewissenschaftliche Studien lesen und umsetzen zu können. Das könnte ja daran liegen, dass meine Ausbildung schon 20 Jahre her ist, aber meine "frisch examinierten" Pflegekräfte können es auch nicht (praktisch ausprobiert!) und das finde ich sehr bedenklich. So lange Pflege eine "normale" Berufsausbildung ist, die nicht auf akademischer Ebene stattfindet, wird man uns auf der akademischen Ebene nicht als gleichwertig betrachten, damit geht verd... viel Potenzial verloren. Schauen wir uns doch mal in Europa um: den neuen Beitrittsländern wurde als eines von ...zig Kriterien abverlangt, Pflege schon als grundhafte Ausbildung auf akademischem Niveau zu organisieren (Bachelor/Master) - und, was ist passiert? Länder wie Polen, Tschechien, ja sogar (unabhängig von der EU) Entwicklungsländer in Afrika und Fernost bilden Pflegekräfte auf akademischem Niveau aus, da sehen wir ganz schön müde aus!!! Pflege ist in Deutschland als berufspolitische Macht nicht aktiv genug, die vielen Berufsverbände erinnern an Kleinstaaterei und kommen nicht unter ein Dach. Wenn dann noch Veranstaltungen stattfinden, in denen es Podiumsdiskussionen über die Frage gibt, wie man die Krankenschwester ansprechen sollte (haben wir nichts Wichtigeres zu reden?) oder Modenschauen mit Berufsbekleidung, dann fällt mir dazu nicht gleich was ein. Jetzt hab ich selber auch so einen langen Beitrag geschrieben, aber das ist auch mir ein Reizthema, welches mich seit dem Grundstudium verfolgt. Pflege ist der Berufszweig der Zukunft (siehe demografische Entwicklung), wenn wir nicht bald was für uns selber tun, graben wir uns selbst das Wasser ab. In diesem Sinne Grüße an alle motivierten Mitstreiter auf dem Weg in die Professionalisierung!


Hallo,

ich lese immer wieder mit Erstaunen die Beiträge in dieser Gemeinde. Insbesondere zur Berufseinstellung und Berufspolitik. Wenn es die Pflegefachkräfte nicht schaffen, endlich einmal gemeinsam zu handeln und der Politik in Vertretung durch Frau Schmidt und Frau von der Leyen aufzuzeigen was Pflege wirklich in der täglichen Arbeit bewirken kann und wenn jeder einzelne Mitarbeiter außer Meckern und Jammern keine Eigen- Initiative zur Änderung zeigt, wird sich nichts ändern. Das wußte schon Agnes Karll vor 100 Jahren. Es gibt so viele Möglichkeiten sich aktiv zu beteiligen oder aber die Aktiven einfach nur zu unterstützen, aber ich sehe kaum jemand.
Wer sich weiter informieren will suche unter Pflegekammer im WEB. Dort finder er zahlreiche Möglchkeiten der Betätigung.

MfG
H.G.Niehus
Förderverein Pflegekammer in NRW
 
Hallo
Schön mal wieder etwas von Ihnen zu lesen.

Durch Zufall bin ich kürzlich hier im Forum über einen Beitrag bezüglich der Wertigkeit pflegerischer Tätigkeiten im Vergleich zu ärztlichen Tätigkeiten. Das Primärposting stammte von 2005... und bis 2009 haben sich die Verhältnisse weiter in Richtung ärztliche Handlungen verschoben.

Die Zwit wird knapper für die Pflege- Professionelle Pflege ist für viele ein Fremdwort. Wir sind in einer Aera angekommen, wo man mehr denn je Personal schätzt das funktioniert und das bitte ohne Probleme. Professionelle Pflege wird verstanden als korrektes Ausfüllen von Checklisten und Drehbuchstandards. Kompetenz ist bei diesen Tätigkeiten hinderlich- sie würde zuviel Fragen aufwerfen für deren Bearbeitung zeit gebraucht würde. Ob wir das gut finden oder nicht: Denken bedarf eine Zeit des Innehaltens, des Abwägens, des genauen Hinsehens und des Auswertens um zu einen Ergebnis zu kommen. Diese Zeit haben 90% der Pflegekräfte nicht mehr.

Wer nun schuld ist an der Misere? jeder hat hier seinen beitrag geleistet angefangen in den Chefetagen der Pflegedirektionen (nicht jeder gute Schrauber muss auch gleich ein guter manager sein) bis hin zum Berufsanfänger der den Pflegeprozess als unnötiges Spiel ansieht.

Ich habe irgendwo in einem anderen Forum gelesen: umsomehr Infos, umsomehr Pessimismus. ich für meinen Teil würde sagen, bei mir ist es schon kein Pessimismus mehr sondern mittlerweile Resignation.

Einen Fehler der Berufspolitik finde ich z.B. dass man immer noch davon ausgeht, dass Pflege in jeglicher Form nur von Fachkräften erbracht werden kann. 50% der ambulant Pflöegebedürftigen werden ausschließlich von ihren Angehörigen versorgt. Diese engagierten Angehörigen zeigen uns jeden tag, dass der Monopolanspruch der Pflege ein falscher Ansatz ist. Was diese Angehörigen aber sicher gerne annehmen würden: fachkompetente Beratung... nur dafür findet sich kaum Interesse in der Pflege von den ambulanten Angeboten mal abgesehen.

Professionelle Pflege zeichnet sich meiner meinung nach nicht durch eine rein handwerkliche Ausrichtung der Pflegeausbildung mit einer Pseudofachkompetenz per Checkliste/ Drehbuchstandard... Pflege muss endlich im 21. Jahrhundert ankommen und ob A.Karll da noch das richtige Vorbild ist, muss hinterfragt werden dürfen.

Wir brauchen realistsiche Ziele, die vereinbar sind mit den Entwicklungen in den nachstzen Jahren sonst gehen uns noch mehr Pflegekräfte kaputt bei dem verzweifeleten Versuch Idealen hinterher zu rennen, die niemals umsetzbar sind.

Tipp: Hier im Forum gibt es unzählige Beispiele für die Situation vor Ort und die Frustration die sich daraus ergibt. Es lohnt sich zu lesen.

Elisabeth
 
Hallo Frau Dinse,
ich kann Ihre Resignation verstehen, das bringt uns aber nicht weiter. Im Gegenteil, wir überlassen anderen unsere eigene berufliche Zukunft zu gestalten. Das kanns auf keinen Fall sein. Es wird sicherlich einen Verschiebebahnhof der Aufgaben in der Pflege geben. Das ist aber ein altes Thema und wird schon beim KDA in Schriften aus dem Jahre 1994 diskutiert
Worum es geht ist doch, festzulegen, wer, was macht und nicht nach Geldbeutel der Kasse und der Pflegeversicherung, sondern nach sachlicher Notwendigkeit. Es muss eben festgelegt werden wer, wofür zuständig ist. Es kann auf keinen Fall auf Zuruf sein, sondern muss explizit ein entsprechendes Berufsbild geschaffen werden. Das ist schon lange klar, wird aber von unsere Berufsgruppe offenbar nicht kapiert. Wenn wir etwas zum Besseren verändern wollen, müssen wir das schon selber tun. Also ran an den Speck.

Grüße H.G.Niehus
 
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