Hallo Elisabeth!
Krankenpflege, Pflege überhaupt, findet nicht außerhalb eines gesellschaftlichen Kontext statt. Ethische Normen und moralische Vorstellungen werden durch diese geprägt. Bösartig könnte man sagen: jedes Volk bekommt die Versorgung die es will.
Das kann man so sehen. Deshalb sprach ich ja davon, des es einen sozialen Umbruch geben muß. Ein Prozess, in dem wir eigentlich schon drinstecken. Wir sollten das allerdings zu spüren bekommen. Wir sind dabei auch auf politische Führung angewiesen, genauso wie wir in der Verantwortung sind, diejenigen zu wählen, von denen wir am ehesten Erfolge aus den Bemühungen zur Durchsetzung einen Umbruches erwarten können. Das impliziert politisches und berufpolitisches Interesse.
Ich sehe mich mittlerweile als Dienstleister- nicht als Geschöpf das aus Nächstenliebe handelt weil es sonst kein anderer tut.
Nächstenliebe hat seine Grenzen, nämlich dort, wo man selbst überfordert wird. Man wird krank oder rettet sich in die Flucht, was keine adäquate Lösung darstellt. Ich denke, man sollte Pflege mit Hingabe tun bzw. tun
können und dürfen. Das meint nicht, das man sich und seine eigenen Bedürfnisse aufgibt. Jeder des Pflegepersonals hat ein Recht auf die Befriedigung eigener Bedürfnisse, was wiederum nicht heißt, dem Personal in allen seinen Wünschen zu Willen zu sein und sie verhätscheln. Wenn das am Arbeistplatz gelingt, entsteht Selbstliebe (natürlich nicht nur da), die wir brauchen, um Schuldgefühle durch insuffiziente Pflege zu eleminieren.
Diese Selbstliebe entsteht nur in einer Umgebung, die mir das Feedback gibt, gebraucht, anerkannt, geliebt und wertgeschätzt zu werden. Diese Rückmeldung muss von uns, dem Pflegepersonal eingefordert werden. Die Zuneigung der Patienten und Angehörigen ist wertvoll, wichtig und essentiell,
aber eben nicht ausreichend! Besonders dort wo Kommunikationsstörungen im Pflegeprozess auftreten, ist man auf die Unterstützung der Kollegen, Vorgesetzten und Ärzte besonders angewiesen. Was nützt mir das, wenn der Arbeitgeber, möglicherweise auch Kollegen oder Vorgesetzte andere Vorstellungen haben, aus welchen Gründen auch immer, und gegen die rechtmäßigen elementaren Grundbedürfnisse zur Verwirklichung von befriedigender Pflege verstoßen? Da wird einem das Leben nur schwer gemacht. Was das für Folgen hat, brauche ich wohl nicht näher zu erläutern.
Hingabe ist meines Erachtens jedoch die Essenz des Dienens. Sie kann nur mit Liebe, die in entsprechender Umgebung gedeiht, verwirklicht werden. Dienern, Resignation und innere Emigration dagegen ist Selbstaufgabe und hat nichts mit Liebe und auch nichts mit Eigenliebe zu tun!
Was wäre also gegen eine Dienstleistung mit Hingabe einzuwenden? Tut man das nicht auch, abgesehen vom finanziellen Verdienst, wegen eines guten Gewissens, wegen einer humanistischen Gesinnung und somit auch aus der Erwartung eigener guter Lebensqualität heraus? Ist das nicht auch eigener Lebenssinn?
Meine Gesundheit und die meiner Familie geht mir mittlerweile vor.
Das schließt die von mir beschriebene Haltung keineswegs aus. Beides hängt elementar zusammen, bedingt sich sogar, meine ich!
Herzliche Grüße
vom
Unitarier