Wenn Leute wie du ... Achso, ... gehört jetzt plötzlich auch ...
... du siehst Pflege offenbar als Gegenspieler zur Politik...
... Dafür fehlt uns einfach die politische Lobby ...
... ein Feigenblatt ...
"Aber hey, wir haben die Kammern eingerichtet, ist doch schonmal was, geduldet euch mal"
Hey, Fleschor_Max, wer wird denn gleich in die Luft gehen?
Warum hören manche Kammergegner einfach nicht, dass man in der Kammer nicht die einzige Lösung, nicht das Allheilmittel, aber eine weitere und wichtige Möglichkeit der Einflussnahme sieht? Darf man das so nicht hören oder denken? Gibt es da einen ideologischen Imperativ?
"Die Politik" ist nicht für die Pflege. Einige in der Politik sind für Pflege, aber die Mehrheit hat andere Schwerpunkte. Wenn wir auf "die Politik" warten, bis sie mehrheitlich aus Pflegevertretern besteht und endlich unsere Interessen durchsetzt, ist das nun mal Traumtänzerei. Das heißt ja nicht, dass wir uns nicht politisch engagieren sollten. Im Gegenteil, je mehr Vertreter wir da unterbringen, umso leichter wird es für uns. Da sind wir uns hoffentlich einig. Aber es ist illusorisch, dass wir in der Politik so stark vertreten sein werden, dass wir einfach einen Hebel umlegen könnten. Dann müssten wir ja immer gerade in der Partei in großer Zahl vertreten sein, die gerade regiert. Lass uns auf dem Teppich bleiben und nicht in die Luft gehen. Auch der parteipolitische Weg bringt uns nicht die schnelle Lösung: "Aber hey, ... , geduldet euch mal."
Du sagst, "da fehlt uns einfach die politische Lobby", aber genau das bringt uns doch eine Pflegekammer. Andere gesellschaftliche und finanzkräftige Lobbyisten (die durch unsere Wertschöpfungsleistung finanzstark werden) müssen ihre Gesetzesvorschläge den Politikern unterm Tisch auf den Schoß legen. Eine Heilberufekammer darf und soll das ganz legal und offen auf dem Tisch tun und kann damit ganz selbstverständlich an die Öffentlich gehen. Dabei hat die Bewertung einer Heilberufekammer den Status von "dem aktuellen Stand der Technik entsprechend", was es den Politikern ungleich schwerer macht, sich darüber hinwegzusetzen.
Und was die Ausbildungsqualität angeht, hat eine Heilberufekammer sehr wohl die Aufgabe, sich um die Ausbildungsqualität zu kümmern. Sie hat definitiv die Aufgabe, die Ausbildungsstätten zu beaufsichtigen und Prüfungen abzunehmen. Die Vorgaben des Bundesgesetzes zur Ausbildung müssen selbstverständlich eingehalten werden, aber die Einhaltung durchzusetzen, wird Aufgabe der Pflegekammer. Eine Pflegekammer übernimmt damit behördliche Aufgaben, die sonst das Gesundheitsamt im Landkreis z. B. hat. Das Gute daran ist unter anderem, dass nicht mehr Amtsärzte die Urkunden ausstellen, sondern Pflegekräfte als Vertreter der Pflegekammer. Auch dass verschafft der Pflege gegenüber den Betreibern von Pflegeschulen Respekt! Die Amtsärzte in den Landkreisen unterstehen politisch geführten Behörden und sind nah an den Landräten angesiedelt. Die Landräte sind in den kommunalen Krankenhäusern und auch in vielen kirchlichen Häusern in den Aufsichtsräten vertreten. Die Krankenhäuser sind Träger der Ausbildungsstätten. Wie geht ein Landrat damit um, frage ich Dich, wenn die Pflege feststellt, dass die personelle Besetzung für die Ausbildung nicht einmal die geltenden Standards erfüllt, weil das Krankenhaus die finanziellen Mittel lieber in die Expansion steckt? Allenfalls die Krankenkassen prüfen halbherzig, ob die Stellen, die sie bezahlen sollen, auch wirklich namentlich im Stellenplan besetzt sind. Sie würden aber in Kauf nehmen, eine geringere Besetzung bezahlen zu müssen. Der Landrat wird zusehen, dass das Krankenhaus in seinem Einflussbereich möglichst gut da steht, egal ob die pflegerische Ausbildung am Limit der Lehrkräfte und der Praxisanleiter durchgezogen werden muss und die Auszubildenden schlechte Chancen haben, auf ihre eigenverantwortliche Arbeit angemssen vorbereitet zu werden. Der Amtsarzt wird das Klagen der Pflegepädagogen wohlwollend zur Kenntnis nehmen, aber seinem Landrat gegenüber die Füße still halten. Warum sollte ein Amtsarzt ein Interesse daran haben, sich politisch für die Pflege ins Zeug zu legen? Weil er die der ärztlichen Anordnung unterworfende Pflege so sehr respektiert?
Warum machen die Arbeitgeberverbände so viel Stimmung gegen die Pflegekammern? Weil sie ihre abhängig bechäftigten Pflegekräfte vor neuen Belastungen und Bürokratie schützen wollen, wie sie mantramäßig wiederholen? Das können nur Traumtänzer glauben. Seit wann hegen die derartige Mutter- oder Vatergefühle für uns (auf die ich absolut verzichten kann, weil ich Respekt will!)? Sie wollen die Verfügungsmasse Pflege gefügig halten und haben definitiv Angst, dass die Pflege mit ihrer großen Zahl an Berufsangehörigen durch eine Pflichtmitgliedschaft in der Pflegekammer und den Befugnissen einer Pflegekammer zu einem ihrer unbequemsten Mitspieler wird.
Aber Du hast schon Recht, dass es nicht mal eben schnell gehen wird, sondern uns einige Geduld abverlangt. Aber auch die jetzige Wahl zeigt uns, dass es Traumtänzerei wäre, davon auszugehen, allein über parteipolitische Wege zum Ziel zu kommen. Ohne Druck aus allen Rohren werden die anderen, die bisher den Kuchen weitgehend unter sich aufteilen, im Vorteil bleiben. Denn es springt doch jedem ins Gesicht, dass andere Interessenvertreter - bleiben wir einfach bei den Kammerberufen, Ärzte, Zahnärzte, Apotheker und nehmen noch die Pharmalobby hinzu - sich ganz erfolgreich deutliche Einkommenszuwächse über die Politik eingeheimst haben, während in der Pflege über Mindeslöhne diskutiert wird.
Was mich angeht, bereiten mir die unfundierten und unreflektiert nachgeplapperten Parolen a la "Papiertiger" und "Placebo" körperliche Schmerzen. Diese Parolen sind Symbole für den mangelnden Respekt gegenüber der Pflege, weil sie zeigen, für wie einfach gestrickt und beeinflussbar die uns halten, die uns damit täuschen wollen. Sie verlassen sich darauf, dass wir die Komplexität der Kräftespiele nicht verstehen und ihnen deshalb auf den einfach gestrickten Leim gehen. Sie werden damit bei einigen Pflegenden wohl auch Erfolg haben. Die Befragungen zeigen aber zum Glück, dass je informierter die Pflegenden sind, desto größer ihre Zustimmung zur Pflegekammer ist.
Nur mal ein paar Fakten aus der repräsentativen Befragung im Auftrag des Sozialministeriums in Niedersachsen:
Es wäre wohl respektlos, die repräsentativ Befragten nicht ernst zu nehmen. Sie sind nicht alle verblendet. Im Gegenteil, je besser sie informiert sind, desto klarer fällt die Zustimmung aus.
Bleiben wir also auf dem Teppich und machen uns klar, dass nichts in dieser Welt uns mal eben die schnelle Lösung bringt, sondern dass es darauf ankommt, einfach alle Register zu ziehen und sich nicht von holen Parolen verblenden zu lassen.