Patient reanimiert - wie geht ihr damit hinterher um?

Moin.

Na du Herzchen ;-). Ich hatte meine erste Rea auf einem Berliner S-Bahnhof als 15-jähriger. Der patient hats geschafft und dann den transport verweigert und ist wieder in die nächste Kneipe... Danke Patient.

Aber das was dir passiert ist war, wenn auch nicht schön, eigentlich normal. Du hast die Situation richtig erkannt und entsprechend gehandelt. Das es gerade bei den ersten Reanimationen zu einer Chaosphase ( auch bei jedem ganz persönlich ) kommt ist normal. das leht sich mit der Zeit. Und eines hilft hier besonders, und das haben wir im Rettungsdienst wesentlich mehr: Algorythmen. Diese müssen natürlich immer wieder trainiert werden. Und ruhig bleiben, der Patient ist schon tot, es kann nur besser werden.

Wie bin ich mit den Rea-erlebnissen umgegangen ? Ich denke die wenigsten habe ich vergessen. Wenn ich mich zurück erinnere gibt es Reas die waren ok, es gibt welche wo ich heute noch mit einem traurigen Gefühl zurück denke. Das muss aber auch keine Rea sein, als ich einmal einen jungen Familienvater mit V.a. Hirnblutung in Krankenhaus fahren musste und mich die Frau und die Kinder ganz ängstlich und sorgenvoll anschauten als ich ihren Vater durch den Flur schob, wohlwissend, daß sie Ihren Vater in dem augenblick warscheinlich das letzte mal lebend sehen würden ... . Das macht was mit mir, noch heute.

Und ich bin froh darüber !

Ich bin froh, daß ich nicht eine Pflege-und-Rettungs-Maschiene geworden bin wie viele meiner älteren Kollegen.

Wenn es mir damit nicht gut geht, wie die Rettung (auch auf Station)gelaufen ist, dann versuche ich das im Team an zu sprechen. Geht es mir seelisch nicht gut, dann lasse ich mir auch durchaus einen Notfallseelsorger kommen ( gerade bei meiner ersten Rea die auf Station so richtig schief gelaufen ist, über 5 Minuten alleine reanimiert !!! ) und rede mit ihm als außenstehenden drüber. Gerade wenn man wie ich zum perfektionismuss neigt, braucht man ab und zu mal jemanden, dei einem in Erinnerung ruft, daß AUCH ICH Fehler machen darf. Wenn es ein Patient nicht schafft, dann war er verlohren. Er war verlohren bevor ich überhaupt dazu gekommen bin. Da kann ich nichts für.

Aber mal anders rum: Ich finde einen Patienten, drücke den Notruf, Kollegen kommen, wir reanimieren und WIR SCHAFFEN ES ! Der Patient lebt und es bleibt auch dabei. Ich erlebe den Tag wo er das Krankenhaus auf eigenen Beinen verlässt. Noch besser: ich teffe ihn in der Stadt wieder...

Wisst ihr wie es mir dann geht ?

So:
:cheerlead:

( Ja,ich weis, das ist ein Mädel ;-) )

Dann weis ich warum ich immer trainiere, dann weis ich warum mich auch mal bei den Kollegen unbeliebt mache wenn ich sage " Ich bin an den tag zu ner Notfallmedizin-Fobi." oder den Schüler mit so überflüssigen Sachen binde wie Notfallkoffer kontrollieren ( und dafür denn mal jemand Examiniertes zur Klingel muss ). Dann weis ich warum ich mit meinen Kollegen mal ne halbe Übergabe wegen einer Reflektion von besonderen Ereignissen verquatsche. Und viele Kollegen wissen es in solchen Momenten dann auch.

Supervision und kollegiale Beratung sind wichtige Mittel der Teamarbeit und in fast allen QM-Konzepten vorgesehen. Setzt euch durch, fordert es ein, gebt auch mal ne Stunde eurer Freizeit (pro Woche?) für sowas. Es verändert sich soviel, bei einem selber und im Team. Die Arbeit wird viel angenehmer und man nimmt nicht mehr so viel mit nach Hause.

Wenn es euch nach einer Stresssituation nicht gut geht (Notfall, Feuer, Suizid auf Station), holt euch Hilfe. Sprecht im Team drüber, geht zum Seelsorger und wenn es nicht hilft dann auch zum Psychologen. Posttraumatische Belastungsstörung ist anerkannt als Krankheit, und auch wir von Pflege, Rettung, Ärzten und wer weis nicht alles darf auch mal krank werden. Krank werden gehört zum Leben dazu. Erst recht wenn man so in einen Grenzbereich geführt wird.

So herzchen, ich hoffe ich konnte dir und auch anderen hier helfen und Einblick in meine Verhaltensweisen geben (welche sich bei mir sehr gut bewährt haben ;-) ) .

Lutz

Pfleger, Retter, Feuerwehrmann, Krieseninterventionist und MENSCH.
 
hallo,

ich hoffe du kannst inzwischen mit solchen situationen umgehen



jeder fährt da seine eigene strategie
unser team spricht drüber,nicht im rahmen einer supervision sondern weil wir im laufe der zeit gelernt haben dadurch den streß abzubauen
einige werden zynisch,andere sind unsicher ob sie alles richtig gemacht haben,andere sind betont gleichgültig,wieder andere hektisch ,verbal aggressiv
das "durchkauen"der rea danach hilft alle beteiligten wieder auf den teppich zu bringen
was wichtig für mich ist ,das feedback wo sind verbesserungen möglich
wurde auf alles geachtet?
wurde man dem patienten gerecht?
 
Hmm ich erinner mich noch an alles genau bei meiner ersten Reanimation, sogar den Namen. das werd ich nie vergessen. die ängstlichen angehörigen, ihre blicke....

mittlerweile hab ich aber schon sehr oft reanimiert und bleibe sehr ruhig in solchen situationen, natürlich gehts mir besser wenn die Reanimation erfolgreich war

aber wir gehen schnell zur tagesordnung über, aus spaß haben wir erst am wochenende nach der reanimation uns gegenseitigden Puls gemessen, bei den meisten lag er um die 100, bei mir war er nur 64

lustigerweise geht mir bei anderen Situationen der ***** viel schneller auf Grundeis, aber bei Reas bin ich ruhig. Krampfanfälle find ich zum Beispiel viel schlimmer
 
Ich bin jetzt in 6 Wochen fertig mit meiner Ausbildung und war bisher nur bei einer Reanimation auf Intensiv dabei.
War gerade 2 tage auf der ITS und die Schwester hat mich gerade zu genötig, dass ich auch mal "drücke". Das Team und die Ärzte waren sehr sehr und professionell, aber durch die halbherzige Reanimation des Rettungsdienstes hat der Patient es leider nicht geschafft.

Ich war danach erstmal fertig, mein Verdrängungsmechanismus hat nicht angeschlagen und ich musste erstmal vor die Tür und hab total geheult. Die Schwester kam hinterher und hat dann mit mir alles beredet, tat echt gut.

Ich wusste nicht mal warum, Tod ist für mich was natürliches und das der Patient es nicht schaffen würde war schon vorher klar und trotzdem ist es mir so an die Nieren gegangen und es wird sicher auch nicht das letzte Mal in meinem Leben sein.
 
reanimationen sind immer stressig,ich denke es kommt auf jede person selbst darauf an wie man damit umgeht.ich persönlich arbeite auf einer weaning/pulologischen intensiv...da sind solche reanimationen an der tagesordnung(leider)...unsere ärzte bemühen sich supervisionen zu machen...sprech es doch mal in einer leitungs/teambesprechung an...vielleicht finden einige kollegen so eine supervision gut(..)
 
Ich versuche immer nach einer Rea alle daran beteiligten Personen an einen Tisch zu bekommen um drüber zu reden. Schon mal um auffallende Fehler oder Probleme zu besprechen, um es das nächste mal besser zu machen. (auf unsrer allg. Inneren kommen CPR´s zum Glück nicht all zu häufig vor)

Auch ein Lob was gut gelaufen ist, kann sehr hilfreich sein. Denn nach so einer Extremsituation sieht man ja häufig erst mal nur was alles hätte besser sein können.

Ich persönlich habe nach Dienstende noch nicht alles vergessen. Da hilft mir die Ablenkung. Vielleicht ruf ich noch eine nette Kollegin an, die nicht dabei war, sprech kurz drüber, und mach dann was anderes.
 
Guten Tag!:wavey:

Die Reanimation stellt für Erst-Helfer und Angehörige eine absolute Ausnahmesituation dar. Als Rettungsassistent hingegen gehe ich weitaus nüchterner und emotionsloser an die Rea an sich ran. Die meisten der Patienten die wir im Rettungsdienst reanimieren haben schon im Vorfeld verloren. Sei es durch lange Anfahrtswege gepaart mit dem absoluten Unwollen der Deutschen erste Hilfe zu leisten oder halt durch eine infauste Prognose. Ich wage es auch kaum mehr eine Reanimation mit ROSC als "erfolgreich" zu bezeichnen, da dies für mich bedeuten würde, dass der Patient:

  1. Das Krankenhaus lebend verlässt
  2. Nach Verlassen des KH keine nennenswerten Defizite in Bezug auf seine Lebensqualität aufweist.
Natürlich gibt es auch Szenarien, die einen berühren. Es wäre schade, wenn einem die Fähigkeit mitzufühlen mit der Zeit abhanden kommen würde, denn ich denke, dass Empathie eine wichtige Grundeigenschaft für das Arbeiten in der Pflege und im RD ist. Vor gut 2 Monaten haben wir einen 40-jährigen Mann im Hause seiner Eltern frustran reanimiert. Danach haben wir uns zu den Eltern gesetzt und uns mit ihnen unterhalten und uns ihren Frust im Bezug auf den Lebenswandel ihres Sohnen angehört. Weiterhin erzählten sie, dass sie nun ihren 2. Sohn verloren hätten. Das sind natürlich harte Schicksalsschläge. Darüber redet man nach dem Einsatz kurz mit seinem Teampartner und gut ist es. Wenn das nicht ausreichen sollte, würde ich mir jederzeit Hilfe in Form eines Notfallseelsorgers holen. Es ist wichtig, dass man, wenn man es benötigt, den Dialog sucht. Diese Schicksale, denen wir täglich ausgesetzt sind, sollten uns aber nicht davon abhalten unseren Job vernünftig zu machen! Wenn dann ein Folgeeinsatz kommt, muss ich trotzdem 100% bei der Sache sein.
 
Huhu,
also bei uns ist es in der Regel so, dass wir kurz nach der Reanimation versuchen noch einmal mit unseren Ärzten kurz das Gespräch zu suchen und Fehler zu Analysieren und Dinge die gut gelaufen sind zu Besprechen.Meistens setzen wir uns auch zu dem Zweck kurz zusammen vorn Monitor um zu schaun wies zu der Situation kam. Natürlich erst nachdem der ReaWagen aufgefüllt, das Zimmer hingerichtet und die andren Patienten versorgt sind.

MfG Flop
 
@Cappo und an alle anderen :wavey:

Huhu, ich mache gerade einen Erste Hilfe Kurs und wir hatten gestern das Thema:

''HLW, Reanimation und sachgerechter Umgang mit AED''

Anfangs war ich total skeptisch und unsicher...
Mir gingen ziemlich viele Fragen durch den Kopf.

Vor allem dieser AED hat zu uns gesprochen... bin das erste Mal tierisch erschrocken ^^. :knockin: (jaja ... lacht ruhig!)
Mein Blick hat zumindestens Bände gesprochen. Aber gut, dass es solche Geräte gibt.

Im Nachhinein bin ich froh - unserer Leher hat uns das so gut erklärt.
Das hat mir die Angst genommen. Also ich werde mir trauen ein solches Gerät zu verwenden. (Aber mit der Hoffnung es NIE anwenden zu müssen)

lg lolobea
 
hallo
wir hatten gestern einen patienten reanimieren muessen. Nun alles gut, pt. auf intensiv und alles unter kontrolle.
aber ich finde das immer sehr stressig und brauche etwas um mich von dem ereignis zu erholen. war gestern nach schicht total aufgedreht.wie geht ihr mit dem schock um hinterher? habt ihr teambesprechungen oder supervision oder so???wuerde gerne euren rat hoeren8)
flogging


Ob man das so pauschal sagen kann wies ich nicht. Nur jeder weiß das man für eine Supervision Zeit und das Personal braucht.
Ich erinnere mich an eine Zeit da hatte ich auf ITS und RST innerhalb vo 10 Wochen 7 REA's. Wann hätten da Supervisionen laufen sollen, wenn sich die beteiligten selber erst 5 Tage später wieder in der gleichen Konstillation wiedersehen. Denke einfach, dass es in kleinen Krankenhäusern möglich ist. Aber bei 1500 Betten Kliniken wird das nicht Thematisiert, das heißt nicht, das man mit Kollegen, den man sich anvertraut drüber spricht.
 
Hi
Ich habe bis jetzt 2 Reanimationen mitbekommen und muss sagen, dass ich danach jedesmal für den restlichen Tag sehr durch den Wind war. Es ist nicht nur körperlich wahnsinnig anstrengend, sondern vor allem psychisch. Beide male hatte ich das Glück, auf einer Station zu sein, auf der über solche Erlebnisse geredet wird und nicht einfach zum Tagesablauf übergegangen wurde. Klar, die anderen Patienten mussten versorgt werden, man hat aber die Leute die direkt an der Rea beteiligt waren (am Pat. dran) aus dem Stationsdienst rausgenommen, zusammen geredet auch mit Ärzten, den Fall aufgerollt, sich klar gemacht das man keine Fehler gemacht hat die dazu geführt haben usw. Danach kollektives Zigarettenrauchen (an dem selbst die Nichtraucher teilgenommen haben) :verwirrt: Damit konnte ich es immer recht gut verarbeiten. Klar, ein paar Tage geht einem das schon noch nach, aber anderseits denke ich mir: Was wäre ich für ein Mensch, wenn mich so etwas kalt lassen würde? Bin ich dann richtig im Beruf?
 
Für mich war die Reanimation während meines Krankenhauspraktikums (siehe in einem anderen Thread) das Tüpfelchen auf dem I weshalb ich die Ausbildung abgebrochen habe. Mit zeitlicher Verzögerung.

Da hat selbst die Supervision und das Kriseninterventions-Team nur bedingt helfen können. Ich war am Ende.

Ich werde mich vorbereiten wieder ein Praktikum in der Pflege zu machen.
So im September/Oktober. Um mich der Krankenhaussituation wieder stellen zu können. :cheerlead:

Denn ich will in die Pflege zurück.:thinker:

Und ich denke ich bin auf dem richtigen Weg ... :king:
 
Ist doch schön zu lesen,daß auch unser Beruf nicht Jeden so abgebrüht werden läßt...
Ich selbst mach ja schon jahrelang ZNA und bei uns vergeht eigentlich kaum ein Tag,an dem nicht reanimiert wird. Es ist wirklich so,wie ein RD-Kollege es hier im Thread beschrieben hat,man hat seine Algorythmen,die Rea wird abgespult,mit mal mehr mal weniger Aufwand und hinterher denkt man am besten nicht drüber nach.
Klar,manche Rea's gehen einem nicht aus'm Kopf,vorallem,wenns jüngere Menschen oder gar Kinder/Baby's waren,aber sich so sehr fertig machen,damit man alles hinschmeißt,ist doch bißchen übertrieben,find ich !
Sowas gehört zu unserem Job und man sollte mental schon in der Lage sein,damit umzugehen,ob nun mit oder ohne Hilfe,sonst ist der Beruf wahrscheinlich der Falsche :(.
Die Rea ist eine der grundlegensten Fähigkeiten,welche bei uns sitzen muß,da führt kein Weg drum rum...
 
meine letzte rea ist jetzt eine woche her...wie ich damit umgehe? ich rede danach mit kollegen...und nehme nichts mit nach hause...klingt leichter als es ist...aber ich glaube ich würde kaputt gehen wenn ich auch noch zu hause darüber grübeln würde...
 
Anfangs habe ich das auch noch gut gekonnt.

Aber dann habe ich den Fehler gemacht das was passiert ist mit nach Hause zu nehmen, unbewusst hat das ganze noch in mir gearbeitet und ich kam nicht mehr zu Ruhe.

Na ja - das Beste zu dem Zeitpunkt war wirklich die Notbremse zu ziehen.
Denn hätte mein Körper nicht so heftig reagiert - wüsste ich heute nicht wo ich wäre.
Und ich bin in der Therapie dabei diese und andere Themen zu bearbeiten. :lovelove: Und im Juli mach ich mein erstes Belastungspraktikum, um zu sehen wie es mir geht - wenn es klappt und ich es schaffe, dann werde ich im September/Oktober ein Praktikum in der Pflege machen.
Als Art Konfrontation...
 
Na dann drück ich Dir mal alle Daumen,die ich hab,auf daß Du die "Konfrontation" schaffst :daumen::daumen: !

Weißt,wenn man selbst härter "gestrickt" ist,kommt man nicht auf den Gedanken,daß andere vielleicht Probleme mit solch alltäglichen Dingen wie ner Rea haben,also nimm mir meinen vorherigen Kommentar nicht allzu übel.
 
Meine letzte Rea ist gerade mal 2 Stunden her und ich bin jetzt richtig fertig.
So werde jetzt erstmal schlafen gehen.
 
@daedalus:

Hoffentlich erfolgreich? :)

Dann schläft es sich besser.:schlafen:

LG opjutti
 
Patient würde erfolgreich reanimiert und beatmet verlegt.
 
Pat reanimieren --> auf die ICU karren und dann wieder Dienst wie immer. Ich bin ein Fan von Reanimationen
 

Ähnliche Themen