Dass Ihr zur Not ne Sitzwache aus Eurem angeschlossenen Kloster ranholen und deswegen auf Fixierung verzichten könnt,ist klasse,aber wieviele KH's haben diese Möglichkeit ?? Also mich würde wirklich brennend interessieren,wie Ihr rabiate Patienten ruhig kriegt,denn ich hab meinerseits auch nie behauptet,dass ich ein Fan der Fixierung bin !! Bitte schilder doch mal nen typischen Fall,wo Ihr ohne Fixierung auskommt...icke doch dazulernen will
!!
Patentrezept kann ich dir leider auch keines liefern. Wie gehandelt wird, ist situationsabhängig. Wir haben z.B. sehr oft einen Patienten zur besseren Überwachung im Dienstzimmer. Meist wenn sie sich alles zupfen wollen oder über das Bettgitter "kraxeln". Es ist mir schon klar, dass nicht jede Station diese räumliche Möglichkeit hat, aber für uns ist es eine gute Lösung.
Letzte Woche hatte ich mit einem Pfleger ND. Ein Pat. - frisch von der Intensiv nach einer großen OP - wollte immer wieder aufstehen und die Ableitungen und Zugänge waren nicht sicher. Er war außerdem dement. Wir hatten in also über Nacht im Dienstzimmer und so hatten wir ihn immer im Auge. Ein paar Tage später erzählte er mir, er dachte, dass er sich in dieser Nacht im Wohnzimmer eines Ehepaares (der Pfleger und ich) befand und grübelte, wie er denn dahin kam und was er uns für die Übernachtungsmöglichkeit geben soll. Er war ganz verzweifelt, weil es für ihn nur logisch war, dass er sich wieder im Krieg befand und wir ihm Unterschlupf gewährt haben. Aber fand seine Kleidung und seine Geldtasche nicht finden konnte (nesteln?) und wusste auch nicht, wie er uns bezahlen kann. Er hat mir von alldem nichts in der Nacht erzählt. Von meinen Erklärungsversuchen, dass er sich im KH befinde, wusste er nichts mehr. Ich weiß nicht, welche Eindrücke (Ängste?) er gehabt haben müsste, wenn wir ihn fixiert hätten. Möglicherweise hätte er gedacht, wir seien die verfeindete Partei?
Ich habe jetzt auch eine Frage, weil oft geschrieben wird: Sitzwache wegen Personalmangel nicht möglich. Muss bei einer Fixierung nicht sowieso auch eine Sitzwache anwesend sein? Also bleibt es sich doch gleich
?
Ich kann sicher nicht behaupten, dass wir über- bzw. normalbesetzt sind, aber irgendwie lässt es sich immer lösen. Ich bin als Schüler sehr oft im ND als Sitzwache auf eine andere Station gerufen worden, wenn es auf unserer Station "ruhig" war. Ich verstehe schon, dass das Personal knapp besetzt ist, aber ich kann mir kaum vorstellen, dass es immer und auf jeder Station so zugeht, dass man mal nicht einen abtreten kann. Händchen halten und gut zureden, kann notfalls auch ein Angehöriger (meist hat das auch mehr Wirkung, als wenn ein "Fremder" es macht). Genauso kann es mal sein, dass eben Arbeit liegen bleibt, die nicht sein musste (Befunde einsortieren, Lager nachfüllen, zusammenräumen, usw., der Arzt muss sich halt mal seine gewünschten Zetteln/Utensilien selber holen, die Fiebermessrunde wird auf die Pat. beschränkt, bei denen es wirklich notwendig ist, etc.).
Auch bei aggressiven Pat. haben wir es immer irgendwie geschafft, sie zu beruhigen. Oft liegt es daran, dass der Pat. fest davon überzeugt ist, dass er recht hat und wir ihn nur belügen. In so einer Situation bringt es meist gar nichts, großartige Erklärungen abzuliefern. Es stachelt den Pat. nur noch mehr auf. Ich bin selbst am besten damit gefahren, an seiner Wahrheit teilzunehmen und quasi als Verbündeter aufzutreten. Da fängt man dann Bienen, die gar nicht da sind, verteigt das Zimmer gegen Mitglieder der Mafia oder spielt die Putzfrau, die die Gattin eingestellt hat.
Wie gesagt, es kommt auf die Situation an, zu welchen Mitteln man greift. Ich habe natürlich keinen Vergleich. Ich habe eben nur einmal eine Fixierung mit Gurten gesehen (und die war nicht fachgerecht). Die Bewohnerin war an beiden Händen mit Gurten an das Bettgitter gebunden - Tag und Nacht und über einen Zeitraum von einigen Wochen. Als ich den Grund erfragte, hieß es, sie entferne sich sonst die PEG. Ich lernte diese Dame erst gegen Ende meines Praktikums kennen, da ich immer einer anderen Gruppe zugeteilt war. Ich bat den Pfleger die Gurte zu entfernen und versprach gut aufzupassen, dass nichts geschehe. Ich war längere Zeit im Zimmer und die Bewohnerin hat in dieser Zeit nie an die PEG gegriffen. Ich frage mich bis heute, nach welchen Verhältnissen man in solchen Situationen fixiert? Reicht es da, dass der Pat. einmal an der PEG zieht oder sie sich entfernt, dass man ihn ewig fixieren muss? Was macht man, damit man keine Fixierung mehr braucht? Theoretisch könnte es doch jederzeit passieren, dass sie wieder gezogen wird.
Gruß,
Lin