Fixierung von sturzgefährdeten Patienten

schwesterESS

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Notaufnahme
Hallo an alle Ambulanzkollegen/innen,

ich arbeite in einer interdisziplinären Notfallambulanz und wir hatten neulich eine FBI zum Thema Rechtliche Grundlagen,Delegation ärztlicher Tätigkeiten,etc. Erschreckend war zu erfahren, daß das Pflegepersonal im Falle eines Zuschadenkommens eines sturzgefährdeten Pat aufgrund mangelnder Aufsicht, für die Folgen persönlich haftbar gemacht werden kann.
Nun ist es ja oft der Fall,mangels Zeit und Personal, daß man nicht neben jedem sturzgefährdeten Pat (alkoholisierte, demente,etc) stehen bleiben kann und drauf hofft, daß nichts passiert. Bei uns ist es auch nicht üblich jeden renitenten Pat zu fixieren (Freiheitsberaubung,richterl.Beschluß?)
Mich würde interessieren wie das in anderen Notaufnahmen läuft? ich glaube,wir haben bestimmt alle das gleiche zeit- und Personalproblem.wie vermeide ich in solchen fällen immer mit einem bein "im Kittchen" zu stehen?wird jeder sturzgefährdete Pat nach ärztlicher AO fixiert oder gibt es auch andere Möglichkeiten?wir haben zusätzlich noch das problem, daß auf unseren Liegen eine sichere Fixierung mittels bauch/hand/fußgurt nicht möglich ist.

Würde mich über einen Erfahrungsaustausch zu diesem Thema sehr freuen!!
MfG SchwesterESS
 
Kann leider nichts zum Thema beitragen,
bin aber auch sehr gespannt auf die Antworten !

( Aufsichtspflicht ist ja auch im Bereich der Kinderkrankenpflege immer wieder ein großes Problem.)
 
Im Falle von "Gefahr im Verzug" ist eine Fixierung bis zu 24 Stunden ohne Zustimmung des Patienten oder richterlicher Verfügung möglich.
Hier muss der Arzt es lediglich anordnen.

Bei uns auf der ITS ist bei Weaningpatienten ständig "Gefahr im Verzug", im einen Moment liegen sie noch schlafend im Bett, im nächsten greifen sie nach dem Tubus und wollen sich selbständig extubieren.
Eine Fixierung (1-5 Punkt) ist hierbei bei uns kein Problem.

Natürlich ist es schwierig, gerade bei hohem Patientendurchlauf, die Sicherheit von sturzgefährdeten Patienten zu garantieren. Neben der Anschaffung von geeigneten Fixierungen bzw. Liegen, auf denen Patienten sicher fixiert werden können, ist es absolut notwendig, dass ihr die Problematik mit der PDD und den Ärzten klärt.
Eine Überlastanzeige hilft bei wirklicher Überlastung in sofern, dass schriftlich fixiert wird, dass aufgrund von zu wenig Personal etc. eine sichere Versorgung der Patienten nicht gewährleistet ist. Passiert dann etwas, könnt ihr euch darauf berufen, dass "höhere Instanzen" darüber informiert wurden, aber ihr keine Unterstützung bekommen habt.

Ansonsten ist grundsätzlich die schriftliche Fixierung von allem was gemacht und gesagt wird, äußerst wichtig.
Habt ihr einen unruhigen Patienten und ist der DA nicht erreichbar bzw. will er nichts unternehmen -> aufschreiben. Das entbindet euch nicht von eurer Aufsichtspflicht, jedoch SOLLTE etwas passieren könnt ihr euch darauf berufen, dass der Arzt informiert wurde, ihr aber nicht, um die anderen Patienten nicht zu gefähren, nicht 24/7 am Patienten stehen konntet.


Zwei Fragen habe ich aber an dich:

1. Gibt es einen Expertenstandard Sturzprophylaxe bei euch im Haus und was sagt er dazu?
2. Habt ihr in eurem KH jemanden mit einer Zusatzausbildung "Berater/in Sturzprophylaxe"?
 
Hallöle,


ich würde mich schon einmal vom Rechtsbeistand deines Arbeitgebers beraten lassen und schirftlich auf eure Situation hinweisen. Eine Fixierung von alkoholisierten Patienten ist durch den Arzt anzuordnen, jeden an Demenz erkrankten Patienten zu fixieren ist natürlich eher grenzwertig....finde ich jedenfalls. Nur muss ich trotz oder gerade wegen der Fixierung den Patienten engmaschig überwachen und dazu bedarf es ja auch Personal, welches dann wohl nicht vorhanden ist.
Nur, wenn die Tragen es erst gar nicht zu lassen jemanden zu fixieren und die Personalssituation es nicht erlaubt die Patienten zu beaufsichtigen würde ich das auch schriftlich so wiedergeben und was daraus gemacht wird obligt in erster Linie dann nicht mehr meiner Wenigkeit.
Allerdings wird ja auch im Altenheim nicht jeder, der sturzgefährdet ist, gleich fixiert. Es ist eben ab einer gewissen Personenzahl nicht mehr gegeben, dass man auf alles und jeden achten.

Gruß
Dennis

Gruß
Dennis
 
Hallo,
ich war vor kurzem auf einem Fortbildung zum Thema Implementierung eines Expertenstandards am Beispiel der Sturzprophylaxe, in der ganz klar gesagt wurde, dass eine freiheitsentziehende Maßnahme keine geeignete Methode ist Stürze zu verhindern. Pat. die einmal gestürzt sind, sind bis zu 3 Monate danach noch extrem sturzgefährdet (Verunsicherung, Angst....). Dh. jemanden vor dem Stürzen weitgehend zu bewahren, bedeutet zu gucken in welcher Situation, wann und wie oft jemand gestürzt ist.
Bsp: jemand stürzt auf dem Weg zur Toilette- Frage: keine Kraft in den Beinen? Hypotonie?, mangelnde Zimmerbeleuchtung? Schwindel? Medikamente? fehlendes Gleichgewicht? Hindernisse?....
wenn all diese Probleme durchdacht und ggf. an den Patienten angepasst sind und trotzdem nicht helfen, muss man etwas "kreativer" werden. zB: Protektoren benutzen (bei Epilepsiepat. für den Kopf üblich, diese gibt es aber auch für sämtliche andere Körperstellen sogar für die Hüften....) Gleichgewichtsübungen mit den Patienten durchführen, oder, so wie ich es kenne bei betrunkenen Patienten in der Notaufnahme werden die Liegen auf den Boden gelegt. Bei evtl. Fallen aus der "Tiefpaterre" hat sich noch keiner den Hals gebrochen.

zu der Matze: soweit wie mir bekannt ist, gibt es auch nur einen Expertenstandard zum Thema Sturzprophylaxe (DNQP= Deutsches Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege) und keinen Expertenstandard eines bestimmten Krankenhauses. Dort gibt es bestimmt Pflegestandards, die den Expertenstandard des DNQP umgesetzt haben.

Gruss
 
Vielen dank euch für das interesse zu meinem thema!

Lieber matze, nach 2tagen Tagdienst bin ich leider aus oben genannten Gründen noch nicht dazu gekommen nach einem hauseigenen Experstenstandard zu schauen, glaube aber fast, daß ich der Antje da recht geben muß, werde mich aber in dieser Hinsicht noch schlau machen. was wir aber definitiv nicht haben, ist einen Berater Sturzprophylaxe. wußte garnicht das es so jemanden gibt bzw wie sein Aufgabenbereich aussehen könnte?!
deinen Tip in sachen Überlastungsanzeige werden wir sofort beherzigen, die situation , speziell auch mit den Liegen muß schriftlich festgehalten werden .

zum Protokoll würde mich interessieren, ob es in anderen Häusern (v.a.Notaufnahme) spezielle "Einschätzungsskalen" gibt, wie z.B. Nortonskala, wo die Sturzgefährdung des Pat "gemessen" wird und auf denen man dann auch schriftlich festhalten kann-Fixierung notwendig, Gründe,AO, etc
Wir haben zwar auf den Pflegeanamnesebögen für die Pat.kadexe ein Fixierungsprotokoll, das ist allerdings für die Notaufnahme völlig ungeeignet.

Nicht das ein falscher Eindruck entsteht, wir wollen nicht jeden dementen Pat
fixieren, ist ja auch in den meisten Fällen nicht nötig.doch gerade in der Notaufnahme ist der Stresspegel dieser Pat sehr hoch (Aufregung, fremde Umgebung, Schmerz), so dass so manch einer am liebsten "die Flucht ergreifen will"..
Hoffe, ich habe mich verständlich ausgedrückt und freue mich wieder über jeden guten Ratschlag!
 
@FrauAntja: Klar ist eine Fixierung bei dementen Patienten nicht wirklich indiziert, aber ich glaube in einer Notaufnahme sind die von dir genannten "Sturzgründe" weniger akut.
Das mit dem Expertenstandard war blöd formuliert, natürlich sind die Expertenstandards vom DNQP, die Umsetzung obliegt dem jeweiligen Haus - das meinte ich eigentlich auch.

@SchwesterESS: Gib mal "sturzrisiko skala" bei Google ein, da findest du beispielsweise die Sturzrisiko Skala von Siegfried Huhn, oder die von Gunter Grigo.
In meinem letzten KH hatten wir eine hauseigene Skala bei uns ins Aufnahmeprotokoll integriert, und ich muss sagen, es war total bescheuert, da die Skala für ALLE Patienten angewendet wurde und nicht nach dem Patientenklientel und der jeweiligen Situation geschaut wurde.
Wenn ihr so etwas einführt, wäre es vielleicht sinnvoll, etwas speziell für eure Station zu entwerfen?

Zur Überlastungsanzeige: Das ist kein Allheilmittel und muss für jede Schicht einzeln gestellt werden. Also wenn der Frühdienst eine ausgefüllt hat, und die Situation im SD nicht besser oder schlimmer ist, muss dieser dann (wenn er das will) eine neue ausfüllen.
Kann übrigens auch nach hinten losgehen, also gut abschätzen.
Ich denke wichtiger ist, die Situation schriftlich zu fixieren (unabhängig von einer ÜA) und das dann vom Chefarzt / Oberarzt unterzeichnen zu lassen und an die zuständige Stelle (PDD?) weiterzuleiten.

Ich frage mal meine Kollegin wo die diesen "Beraterin für Sturzprophylaxe" Kurs gemacht hat, finde im Netz gerade nichts dazu.
 
@matze: also, bei uns gibt es keinen expertenstandard zur sturzprophylaxe, hab nur einen zum thema fixierung gefunden.
wir lösen das fixierungsproblem jetzt, indem wir unsere liegen austauschen und jetzt wieder die stationsbetten bekommen, an denen eine sichere fixierung möglich ist.
in sachen rechtliche absicherung stehen uns unsere aufnahmeärzte, gott sei dank, bei und haben sich schon an die khleitung gewandt.
vielen dank für die anregungen, bin auch weiterhin für jegliche infos offen!
MfG schwesterESS
 
Hallo Schwester ESS,

wir haben dieses Problem dadurch gelöst, dass die Patienten im "blauen Salon" auf Matratzen liegen. Überwacht mittels Telemetrie und Kamera. Solange sie überhaupt nicht reagieren liegen sie im "Intensivbereich" der Notaufnahme - hier ist immer jemand anwesend. Fixiert wird bei uns keiner.

Sonnige Grüsse
Narde
 
Hallo @all,
bitte nicht auf Huhn berufen. Er selbst sagt, dass Skalen nicht mehr up to date sind!
Dann möchte ich mal noch was klarstellen.
Es gibt (unter anderem) einen Expertenstandard Sturzprophylaxe. (Ich glaube, dass ist einer von mittlerweile 7 Expertenstandards) Dieser ist in einem hausinternen Standard umzusetzen. Sollte dies nicht der Fall sein, kann das schwerwiegende rechtliche Probleme nach sich ziehen.
Die Sturzgefährdung ist prospektiv einzuschätzen und geeignete Maßnahmen durchzuführen....
Wir machen das der Einfachheit halber auch mit einer Skala, weil sonst mehr Zeit für die Risikoerfassung drauf geht, als für die eigentliche Aufnahme, aber um Himmels Willen nicht Huhn.
Aber egal wie man es macht, es sollte immer auch auf eine statistische Auswertbarkeit geachtet werden.
Hab mir gerade mal die andere Skala angeguckt. Die ist für mich genauso wenig verwendbar. (z.B. bleiben neurologische Erkrankungen und Medi- einfluß unberücksichtigt)
MfG
rudi09
 
Eine Einschätzung mit hilfe solcher Skalen ist immer noch besser als gar keine Einschätzung.
Die Umsetzung der Expertenstandards in den Hausstandards ist m.W. nur bei Zertifizierung zwingend notwendig.
Die Skalen sollten sowieso auch nur ein Denkanstoß sein, denn was für geriatrische Patienten gilt muss nicht gleichzeitig für Patienten in der ZNA oder Gyn gelten.


Zur Problemlösung: Schön, dass da so schnell reagiert wurde. Sicher, Fixierung ist nicht das Mittel der Wahl, aber was gibt es bei o.g. Situation noch für andere Möglichkeiten?
Die Einrichtung eines Matratzenzimmers ist oftmals aus räumlichen Gründen gar nicht möglich, eine 24/7 Überwachung durch Personal birgt ebenfalls Probleme in sich (generelle Überlastung, zu wenig Personal...) - und mal so nebenbei, eine Kameraüberwachung ist so weit ich weiß in Deutschland nicht ohne die ausdrückliche Zustimmung der Patienten erlaubt, und bietet an sich auch keinerlei rechtliche Absicherung?
 
Hm, da wär ich mir nicht so sicher. gebrauch es nicht nur bei einer speicherung/veröffentlichung/etc des bildmaterials einer zustimmung der gefilmten person??
und genau wie bei einer fixierung wird es mit einer zustimmung bei diesem patklientel a weng schwierig. man beruft sich dann wieder auf selbst-/fremdgefährdung..
so einen "blauen salon" find ich persönlich eine sehr gute sache, hab ich jetzt schon öfters von gehört und für große häuser sicher auch rentabel.für unser provinzkh wär die auslastung allerdings zu gering, ganz davon abgesehen, daß unsere räumlichen möglichkeiten eh sehr begrenzt sind.
@rudi:welche skala benutzt ihr denn?

winterliche grüße!
 
bei uns war es so nur durch richterlichen beschluss oder einverständniss der angehörigen/betreuer durften die bew./pat. fixiert werden.da es sonst richtig ärger geben kann wegen verletzungen jeglicher art zb.strangulation
in manchen einrichtungen werden zb nachts vor dem bett matratzen gelegt.
die bettdecke soweit es geht unter die matratze gesteckt.
viele häuser-viele verschiedene sitten
 
Leni, ich weiß nicht wie es in der Schweiz geregelt wird, aber hier in Deutschland gibt es den Grundsatz "Gefahr im Verzug" beim Thema Fixierung.
Da geht so etwas auch auf Arztanordnung, jedoch nur für bestimmte Zeit.

Strangulation bei Fixierung war ja vor einiger Zeit (1-2 Jahre?) ein ziemlich heißes Thema, da vor allem durch falsche Anwendung von Bauchgurten Patienten zu Schaden gekommen sind. Hier liegt der Fehler einzig und allein beim Pflegepersonal aufgrund der unsachgemäßen Anwendung.
Ich habe es auch schon öfter gesehen, dass die Sicherungsriemen beim Bauchgurt weggelassen werden, die verhindern, dass sich der Patient im Gurt drehen kann - für manche Kollegen sind das unnötige Handgriffe, aber de facto ist so ein Verhalten einfach nur fahrlässig.
 
jep, da kann ich nur zustimmen! aber ist nicht einen alleinige bauchgurtfix. auch unzureichend?ich habe mal in eine segufixeinweisung gelernt, daß man mind. mit 3 punkten, sprich bauch/hand/diagonaler fuß fixieren muß. manche pat sind unglaublich erfinderisch, wenn es darum geht "die flucht zu ergreifen"
die oma meiner freundin ist auch durch strangulation im bauchgurt ums leben gekommen, das ganze ist im pflegeheim passiert, wo ja bekanntermaßen in den meisten fällen eine engmaschige kontrolle von fixierten pat/bew nicht gewährleistet werden kann.
 
Hm, da wär ich mir nicht so sicher. gebrauch es nicht nur bei einer speicherung/veröffentlichung/etc des bildmaterials einer zustimmung der gefilmten person??
Hallo SchwesterEss,
unser Bildmaterial wird nicht gespeichert, somit kann es auch nicht veröffentlicht werden.

Schönen Abend
Narde
 
Hallöchen,
lange nicht hier gewesen aber trotzdem wiedergefunden.
Ich bin so froh, das andere auch ein solches " Sturz " Problem haben.
Ich arbeite auch in einer Notaufnahme und wir sind fast immer nur zu Zweit im Dienst.
Leider stürzen auch bei uns oft Patienten aus dem Bett oder von der Trage.
Stark alkoholisierte legen wir meist auf eine Matratze welche sich auf den Boden befindet.
Natürlich darf es nicht passieren, daß wer stürzt aber man kann ja nicht alles und jeden im Blick haben.
Oft ist es auch so, das Patienten im Verlauf unruhig werden und dann aufstehen.
Oder sie klingeln weil sie mal auf die Toilette müssen und wir sind aufgrund anderer Tätigkeiten verhindert und der Patient geht selbständig auf die Toilette und stürzt.
Je nachdem wie man sie einschätzt, benutzen wir Bettgitter aber manch einer ist noch mobil genug um über solche drüber zu klettern.
Oft gibt es auch gar keine Bettgitter, tja...
Ich fixier nur im äussersten Notfall.
Bei uns ist es so : Patient stürzt - Arzt füllt das Sturzprotokoll aus und unterschreibt dies - Pflegepersonal schreibt ein Gedächtnisprotokoll und kopiert die gesamte Akte - Kopie der Akte plus Gedächtnisprotokoll wird an die Pflegedirektion geschickt.
Dabei ist es egal, warum der Patient stürzt.Dieser Ablauf gilt immer.
Eine Kollegin wurde jetzt versetzt, nachdem sie keinen Nachtdienst mehr machen durfte und im Tagdienst nur noch als " zusätzlich " eingeteilt wurde.
Grund : Bei ihr im Dienst sind vermehrt Patienten gestürzt.

Aber ist immer die Schwester schuld?

Lieben Gruß
:wavey:
 

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