Hallo Werner,
Gerne beantworte ich deine Fragen Heimi-spezifisch, wenn es für andere Patienten von Nutzen sein kann. Mein Einlern-Zentrum kommt dabei nicht gut weg, aber so war es nun mal … Wird eine längere Geschichte, aber ich gehe gerade meinem Lieblingshobby nach und habe Zeit.
Informationen vorab
Ich wurde etwa 9 Monate vor Dialysebeginn über die möglichen Verfahren informiert. Bei einer Stippvisite im Zentrum wurde mir ein PD-Beutel gezeigt, außerdem durfte ich kurz mit einem netten Mann an der HD ein paar Worte wechseln. Damals habe ich meine ersten Shunts gesehen und war ziemlich schockiert. Wie die Verfahren genau funktionieren, hat man mir nicht erklärt.
Ich hätte mir zu diesem Zeitpunkt mehr Informationen über die Verfahren selbst, aber vor allem über das jeweilige Für und Wider gewünscht, und zwar in irgendeiner Form strukturiert. Ich habe mir selbst alles aus Büchern und dem Netz zusammengesucht und eine Pro- und Kontra-Liste zur Entscheidungsfindung angelegt. Es wäre auch hilfreich gewesen, eine Heimdialyse (PD oder HHD) live zu sehen und mit Betroffenen zu reden. Auch später habe ich nie andere Heimis getroffen, was sehr schade ist.
Einlernen
Eine Schwester war für uns zuständig, was bedeutete, dass wir die ganzen Sommerferien lang immer dann kommen durften, wenn sie gerade Schicht hatte. Bei der zweiten Dialyse hat sie uns gezeigt, wie man das System aufbaut. Ab der dritten Dialyse haben wir das selbst gemacht. Mein Mann und ich bringen aber, wie Autarky, ein intuitives technisches Grundverständnis mit (beide Mathelehrer, mein Mann auch Physik).
Eine direkte Schulung für den ganzen Rest fand nicht statt. Wenn „unsere“ Schwester Zeit hatte, haben wir einzelne Themen angesprochen, z. B. Alarme. Geprobt wurden ernsthafte Situationen nie.
Einmal hat mir eine andere Schwester eine Viertelstunde lang erzählt, was ich alles nicht mehr essen darf – das fing bei der Tomate an und hörte beim Käse auf. Ich war hinterher ganz geknickt und ratlos, habe mir wieder Bücher besorgt und viel aus dem Netz angelesen.
Wir wurden insgesamt drei Monate eingelernt - so lange, weil mein Mann Sicherheit im Punktieren meines damals zierlichen Shunts bekommen musste. Er hat aber – im Nachhinein leider – kaum daneben gestochen.
Heute würde ich mir fürs Einlernen Folgendes wünschen:
In anderen Zentren ist es offenbar so, dass die Einlern-Pflegekraft in dieser Schicht nicht für den normalen Dienst eingeteilt ist. Dann hätte sie auch mehr Zeit für den Heimpatienten, das wäre zumindest für ein paar Dialysen am Anfang eine feine Sache. Die Ernährungsberatung sollte von Fachleuten und nicht während der Dialyse stattfinden und die Gewohnheiten des Patienten und seine Blutwerte berücksichtigen. Alarmsituationen sollten unbedingt strukturiert aufgeschrieben und mal durchgespielt werden, z. B. durch Manipulation der Maschine. Das Schlimmste, was uns im Zentrum passiert ist, war eine vergessene Klemme mit Sauerei hinterher. Das haben wir uns gemerkt und nie wieder falsch gemacht. Vom Rest haben wir das meiste vergessen, 3 x Alarm-Durchsprechen reicht auch bei aufmerksamen Zuhörern nicht.
Ganz wichtig: wir hätten gerne gelernt, wie man eine Nadel korrigiert. Das können wir bis heute nicht, aber zum Glück stechen wir nicht oft daneben.
Betreuung zu Hause - gehört für mich dazu; falls das nicht wichtig ist, bitte einfach überlesen
„Unsere“ Schwester kam zur ersten Dialyse vorbei, für eine halbe Stunde, allerdings nach dem Anhängen. Dann noch einmal vier Wochen später für 10 Minuten. Das war’s, auch keine Anrufe. Wir haben außer dem Techniker nie wieder jemanden bei uns daheim gesehen. Und einmal den Arzt, aber erst, als wir uns nach einem Jahr überlegt hatten, das Zentrum zu wechseln. Bald darauf habe ich festgestellt, dass die Protokolle im Zentrum nicht mal richtig einsortiert wurden, geschweige denn gelesen (das wurde auch zugegeben). Es gab nur einen Zettel mit der Anzahl der Dialysen pro Monat. Im Folgemonat habe ich nur die Daten aufgeschrieben. Der Arzt sagte mir dann, dass die Protokolle nur für die Kommission seien, deshalb sollte ich wieder welche anfertigen.
Für die Betreuung daheim würde ich mir wünschen, dass beim ersten Anhängen jemand zusieht. Außerdem könnte man in der Anfangszeit hin und wieder mal nachfragen, wie es läuft, denn gerade für meinen Mann war das alles nicht so einfach. Wir hatten und haben schon mal Durchhänger - das bleibt wohl nicht aus. Das Desinteresse am Heimi hat uns sehr gestört, ich war nur noch die Geldquelle für die Praxis. Die ist übrigens auch zertifiziert ...
Im neuen Zentrum (PHV) ist der Arzt sehr gut, die Betreuung läuft aber ansonsten leider genauso wie vorher. Ich möchte nicht umsorgt werden, aber ab und an wäre etwas Interesse ganz schön. Wir wurden für HDF eingelernt, waren dazu 3x im Zentrum. Bezeichnend für die Betreuungssituation sind die PHV-Schulungsunterlagen: dort muss man Patientenname, Schulungsbeginn und –ende, verantwortliche Pflegeperson, Techniker für Ersteinbau, Techniker für weitere Betreuung, wichtige Telefonnummern und Adressen eintragen. Diese Seiten sind leer. Danach folgt eine Anleitung für HD mit Fresenius, ich mache aber HDF mit Gambro. Ein Ordner für die Tonne also … Wir haben aber einen schicken Ordner mit Bedienungsanleitungen für unsere Maschine, in dem wir bei Bedarf nachschlagen können und dann doch den Techniker holen müssen. Falls die Maschine am Wochenende streikt, habe ich Pech. O-Ton unseres betreuenden Pflegers: Wenn am Samstagabend die Maschine kaputt geht, dürfen Sie mittags eben keine Kartoffeln essen … aha.
Bisher ist außer kleinen Wasserlachen zum Glück nix passiert. Die Rohre haben wir auch noch nie gereinigt, aber wir ziehen eh bald aus …
Zum Abschluss möchte ich noch ein Buch für Heimi-Anfänger empfehlen: Dialyse für Einsteiger. Das ist nicht so dick und verständlich geschrieben, so dass man einen ersten Überblick bekommt. Später kann man ja in Foren fachsimpeln oder die dickeren Bücher lesen.
Wer noch bis hierher gelesen hat: Respekt! Ich hoffe, es war was Brauchbares oder irgendeine Anregung dabei.
Einen schönen Abend noch!
Judith