Erfahrungen mit Heimdialyse - Ein Austausch zwischen Betroffenen und Dialysekräften

Hallo Judith,

freuht mich, mal wieder von Dir zu hören. Aus meiner Situation jetzt verwundert es mich schon, dass Du überhaupt Zweifel daran haben kannst, ob eine Transplantation gut für Dich wäre. Gut, 4 Tage nach der Transplantation hatte ich auch meine Zweifel, weil die Niere erst einmal Pause machte, oder leicht schockiert war, wo sie denn da mal wieder hingekommen ist.
Aber sie hat sich ja noch gefangen und dann ging es immer besser. Nur mit der Übersäuerung kämpfte ich noch fast ein Jahr, jetzt hat sie aber begriffen, wie das auch funktioniert.
Das Problem mit dem Blutdruck knapp über Raumtemperatur bekommst Du auch mit einem Transplantat wieder hin. Ich muss jetzt sogar wieder was nehmen, damit der Druck unten bleibt.
Nee, Du, echt, ist ein ganz anderes Leben jetzt. Ich habe auch wieder richtig Freude am Leben und Lust auf alles...
War doch ein richtiges Siechtum damals an der Dialyse. Die Medikamente sind so wenig jetzt, dass ich nicht wirklich noch etwas spüre davon. Kortison nur 2,5mg am Tag und Prograf 2 x 1mg und eben noch der Blutdrucksenker. Das war´s.
Mein Shunt läuft auch noch, aber der Fluß ist etwas runter auf 0,8l die Minute. Lass ich auch weiterlaufen. Bei meiner Kollegin, die die andere Niere bekommen hat, war nach einem Monat Feierabend, aber bei unseren Flüssen wohl eher unwahrscheinlich.
RLS ist eine blöde Sache, kann man auch sicher keinem erklären, der das noch nicht gehabt hat. Bei mir hat Eisen geholfen. Weiß auch nicht warum. Mein Doc wollte mir schon ein Mittel gegen Parkinson verschreiben, aber das wollte ich wieder nicht.
Das mit einer fernünftigen Dialysedauer ist schon wichtig. Am besten ist natürlich täglich. Das liegt aber schon so weit weg bei mir...
Denke, der Blutdruck wird im Winter automatisch wieder besser, wenn´s nicht mehr so warm ist. Was soll man sonst raten? zu mehr Salz wohl kaum, an der Dialyse verdurstet man ja sowieso. Der ständige Durst ist die Grausamkeit schlechthin. Sollte eigentlich in der Genfer Konvention aufgenommen werden....
So, mein kleiner Hase ist jetzt auch wieder aufgewacht. Die ist jetzt auch schon fast ein Jahr alt. Ihr erstes Wort natürlich "Mammam". Die denkt auch nur an´s Essen. Hab ihr einen Brei gemacht.
Schön, dass Du es in der Arbeit leichter hast. Auf der anderen Seite ist es auch gut, dass man seine Pflichten hat, sonst würde man ja nur noch rumhängen. In meinen Lebenskrisen hat mir die Arbeit immer sehr geholfen.
Ja, Ihr da am Bodensee, da habt Ihr ja ein "hauseigenes Meer" vor der Haustüre. Da wird es wohl auch nie so richtig kalt, oder?
Deshalb haben wir in einem knappen Monat einen Kurzurlaub (4 Tage) dahin gebucht. Vielleicht ist es dann dort auch noch schön.
Bei uns zu Hause hatte es gestern Früh gerade mal 6 Grad. Kaum vorstellbar im Moment.


Schena Gruaß aus Italien

der Autarky
 
Hallo Autarky,

ich freue mich auch, hier mal wieder etwas Neues zu hören. Es freut mich, dass es dir mit dem "neuen" Nierchen so gut geht. Das gibt mir Hoffnung, dass es bei mir eines Tages auch so werden wird. Ich stelle mir ein ganz neues Leben vor: mit Kraft und Kondition, Unmengen von Getränken, Obst und Kartoffeln in allen Variationen ...

Gestern war ich schon während der Dialyse wieder total hinüber. Blutdruck 90 zu 50 - da muss ich mich nicht wundern, wenn mir nach dem Abdrücken beim Aufstehen schwarz vor Augen wird ... Wahrscheinlich habe ich zuviel Wasser gezogen (1,8 Liter netto in 5 Stunden, d. h. 2,4 Liter brutto), aber noch weniger kann ich im Moment beim besten Willen nicht trinken. Nach dem heißen Sommer, in dem ich ordentlich geschwitzt habe und etwas mehr einfüllen konnte, fällt mir die Umstellung sehr schwer. Und in der Schule jammern einige Kollegen dauernd, dass sie viel zu wenig trinken - und stellen prophylaktisch eimergroße Thermoskannen auf ... Hier sollte jetzt ein durstiger Smiley hin, aber den gibt es leider nicht :cry:

Das Trockengewicht habe ich schon eigenmächtig um insgesamt 1,5 kg angehoben, so dass ich jetzt schon nach der Dialyse einen richtigen Wasserbauch mit mir rumtrage. Das hat aber blutdrucktechnisch fast gar nichts gebracht. Dann bleibt mir nichts anderes übrig, als nächste Woche mal meinen Arzt anzumailen.

Bei uns ist heute wieder schön sonnig, aber nur 20 Grad. Ob's in einem Monat noch schön ist, kann man gar nicht sagen. Das wechselt von Jahr zu Jahr, aber vielleicht habt ihr Glück mit eurem Kurzurlaub. So richtig saukalt wird es hier aber nie. Das merke ich, wenn ich im Winter zu meinen Eltern ins Allgäu fahre: da frieren noch die Autotüren und Mülltonnen zu, ganz zu schweigen von den mannshohen Schneebergen vor der Haustür. Da sind wir vom Klima her hier wirklich verwöhnt!

Ich wünsche dir und allen Mitlesern ein schönes Wochenende!
Judith
 
Hallo judith,

wo liegt Dein Kalium? Ein zu niedriger Kaliumspiegel macht müde.
Leicht behebbar durch wechsel des Konzentrates.

Liebe Grüße

Werner
 
Hallo Werner,

Danke für den Tipp! Ich antworte erst jetzt, weil ich die neuesten Laborwerte abwarten wollte. Das Kalium lag bei 4,9 mmol/l. Normalerweise habe ich ca. 5,2, mein bisheriger Rekord war 5,6. Insgesamt ist der Wert also relativ hoch, weil ich bei Obst und Kartoffeln nicht immer verzichten kann / will.
Mein Blutdruck ist immer noch sehr niedrig, aber so langsam gewöhne ich mich daran. Wird schon werden ...

Einen schönen Abend wünscht Judith
 
Hallo Judith,

ja, jetzt waren wir in Friedrichshafen zum Kurzurlaub und ist auch schon wieder einem Monat her. Wir hatten aber Pech mit dem Wetter, der Nebel verzog sich nicht und es war kaum "wärmer" als 5°C. Schade, eigentlich. Sonst war die Gegend sehr schön, zumindest das, was wir im Dunst sehen konnten und die Leute waren auch sehr nett. Müssen mal wieder kommen, wenn´s schöner ist. Lustigerweise hatte es bei uns zu Hause zur gleichen Zeit Sonnenschein und 18 - 20°C. Nun gut, etwas blöde gelaufen, war aber trotzdem schön, so´n Urlaub.

Schade, dass Du Deinen Blutdruck nicht in den Griff bekommst. Gibt es da eigentlich keine Medikamente für? Ist echt doof. Man hat ja wärend der Dialyse schon genug Einschränkungen, da muss man nicht so einen Mist zusätlich haben. Ach ja, Einschränkungen, da ist mir etwas aufgefallen bei mir, wo ich mich nun doch noch entschlossen habe, mal es anzusprechen, und zwar alle.


Also an alle da draußen, die mit der Dialyse zu tun haben oder darunter leiden.

Wie soll ich es sagen, während der Dialyse war ich eigentlich ein Neutrum, zumindest habe ich mich so gefühlt. Habe mich jetzt, wo ich den Unterschied kenne, etwas mehr mit den Hintergründen beschäftigt.
Ich bin ja kein Medizinheini, aber ich reime mir die Gründe folgendermaßen zusammen.
Also, wenn die Nieren kaputt sind, dann sind naturgemäß auch die Nebennieren ohne Funktion oder die Funktion ist zumindest stark eingeschränkt.
Die Dinger produzieren Steroide, ein Grund natürlich, dass man ziemlich schlapp ist ohne. Nicht umsonst nehmen Kraftsportler diese zusätzlich.
Aber auch Androstan und Estran werden dort gebastelt, die Gundgerüste für die männlichen und weiblichen Sexualhormone. Ohne diese kann man sich ausmahlen, wie man sich fühlt.
Also ich hatte ja eine Nephritis, welche vom Immunsystem ausging und die Nieren langsam zerstörte. Ich vermute aber, das hat mit den Nebennieren angefangen und das schon vor über 20 Jahren. So, und jetzt wird es persönlich und es fällt mir nicht leicht das zu schreiben. Von meiner ersten Frau bin ich geschieden worden, weil ich fast schlagartig mein Interesse an ihr verloren habe. Das ging dann ziemlich abrupt in eine platonische Beziehung über. Das war aber vom Aussehen her meine Traumfrau, welche dann auch anderen Männern gefiel. Sie wollte mit 19 Jahren keine platonische Beziehung und so ging es auseinander. Sehr habe ich darunter gelitten, aber ich wusste nicht, was mit mir los war und stürzte mich in Arbeit, um mich abzulenken. Natürlich gab ich ihr die Schuld daran, was ich aber heute total anders sehe. Eine 2. Beziehung wurde aufgebaut, aber auch bei dieser Frau setzte das Dessinteresse nach einer Phase des Bemühens ein. So ging auch das kaputt. Ich war verzeifelt und arbeitete wieder mehr. Dann lernte ich meine jetzige Frau kennen. Wie es da anfing zu krieseln, weil sie sich zuwenig als Frau fühlte, wurde die Nephritis entdeckt und ich schob es auf die Krankheit. Kein Mensch hat Bock darauf, wenn er sich schwer krank fühlt, oder? Schon mal bei einer schweren Grippe....? Da hatte ich jetzt einen Grund. Durch die täglich Dialyse und weil ich mich selbst einigermaßen fit hielt, klappte es sogar mit den 2 Kindern, obwohl es schon sehr anstrengend war. Meine Frau litt aber auch sehr unter der Situation und klagte oft, dass sie auch meine Schwester sein könnte. Trotzdem blieben wir zusammen und ich bin ihr auch sehr dankbar dafür.
Jetzt schaut das ganz anders aus. Es hat aber auch viele Monate nach der NT gedauert, bis das Gefühl wieder voll da war und jetzt hat meine Frau eher ein anderes Problem mit mir. Kein Wunder, wo ich es ihr so viele Jahre abgewöhnt habe...

Natürlich habe ich auch mit meinem Nephrologen in den letzten Jahren darüber gesprochen. Er verstand mich aber nicht und hat mir die blauen Pillen verschrieben. Die waren natürlich nutzlos. Die sind ja nur gewissermaßen ein Brandaufrechterhalter, aber wo kein Feuer ist...

So, jetzt will ich an dieser Stelle mal meinen Dank an alle Partner von Dialysepatienten richten, die trotzdem an der Beziehung fest halten. Sie haben es sicher nicht leicht mit der Situation. Außerdem möchte ich ihnen Mut zusprechen, denn es wird sich alles ändern, nach einer NT.

Hat jemand vielleicht ähnliche Erfahrungen sammeln müssen?
Heute denke ich, dass nicht die 7,5 Jahre Dialyse, sondern diese Begleiterscheinung sich am stärksten negativ auf mein ganzes Leben ausgewirkt hat. Komischerweise habe ich darüber noch nichts gelesen in irgend welchen Foren, wo über Dialyse diskutiert wurde.

Vielleicht liegt es auch daran, weil ich noch eine halbe Stunde überlegt habe, ob ich das überhaupt einstellen soll und es alle eben dann nicht gemacht haben. Ich mache es aber jetzt doch!

Schena Gruaß

der Autarky
 
Hallo Autarky,

Schön, mal wieder von dir zu hören.
Ich finde es sehr mutig von dir, dieses Thema anzusprechen. Auch ich habe bisher in keinem anderen Forum etwas darüber gelesen. Deine Vermutung, dass man zögert oder sich einfach nicht traut, ist sicher richtig.

Mir geht es genauso: ich weiß nicht, wer hier alles unterwegs ist, vielleicht auch Personal aus "meinem" Dialysezentrum. Ich habe hier schon so viele persönliche Dinge geschrieben, dass ich nicht mehr so anonym bin, wie ich es normalerweise im Netz gerne hätte. Als ich hier eingestiegen bin, wusste ich ja nicht, wie sich der Thread entwickeln wird und dass so viele hier mitlesen. Deshalb möchte ich mich zu diesem sehr persönlichen Thema nicht äußern. Ich hoffe, dass du dafür Verständnis hast.

Leider habe ich heute nicht mehr Zeit zum Schreiben.
Weiterhin viel Freude mit deinem Nierchen und allen guten "Nebenwirkungen"!
Viele Grüße, Judith
 
Hallo Judith,

ich verstehe Dich sehr gut. Auch mir ist das wirklich nicht leicht gefallen. Gut, ich stehe nicht so in der Öffentlichkeit wie Du und bin auch noch selbstständig. Mir kann von der Seite wenig passieren. Ich wollte auch nur mal prinzipiell hören, ob andere Nierengeschädigte ähnliche Erfahrungen machen mussten. Mich interessieren da wirklich keine Details, sondern nur ob, oder ob nicht. Ich will damit auch Betroffenen eine Begründung aufzeigen. Ich bin als junger Mensch fast verzweifelt an mir selbst, weil ich nicht wusste warum. Aus meinem Freundeskreis und auch aus der lieben Verwandschaft kam ja auch der Vorwurf " ...sag mal spinnst Du? So eine Frau läßt man nicht gehen". War damals sehr hilfreich von den ganzen Neidbrüdern...
Nur eine sehr gute Freundin stützte mich in dieser Zeit und bewahrte mich davor, den Löffel wegzuschmeißen. Sie schickte mich auch zu einer Heilpraktikerin, aber eigentlich helfen konnte mir nur sie und nicht die Heilpraktikerin. Jetzt ist diese Freundin selber Heilpraktikerin, auch weil sie gesehen hat, dass Sie sehr helfen kann. Das hat ihr die Motivation gegeben, die Ausbildung komplett durchzustehen. Aber das ist eine andere Geschichte. Wenn ich damals gewusst hätte, dass ich körperlich krank bin, hätte es mir extrem aus meiner tiefen Depression geholfen.
Das sind so Themen, die keiner ansprechen mag, weil sie zu intim sind. Auf der anderen Seite sind solche Themen so wichtig, weil sie einen extremen Einfluss auf das ganze Leben haben und vielleicht auch zur Früherkennung von Nierenschäden beitragen könnten. Ich lies mich damals auch körperlich untersuchen und man fand schon damals einen leicht erhöhten Blutdruck und ein wenig erhöhtes Krea. Das führte man aber darauf zurück, weil ich am Tag zuvor bei einen extremen Langlauf aus Verzweiflung bis zur totalen Erschöpfung mich ausgepowert habe.

Wer mir etwas dazu mitteilen will, kann das gerne auch anonym über das Tool "Private Nachricht" machen. Ich würde dann die Erkenntnisse zusammengefasst und natürlich absolut anonym, ohne Nennung vom Benutzernamen wiedergeben und auch nur dann, wenn er das, was ich schreiben will, freigegeben hat. Das OK würde ich mir auch erst vorab über Private Nachrichten von ihm holen, nachdem er den kompletten Text gelesen hat.

der Autarky
 
...Ich wollte auch nur mal prinzipiell hören, ob andere Nierengeschädigte ähnliche Erfahrungen machen mussten. Mich interessieren da wirklich keine Details, sondern nur ob, oder ob nicht. Ich will damit auch Betroffenen eine Begründung aufzeigen....


Mit dem Thema bist du hier besser aufgehoben:
www.dialyse-online.de
 
Ok Bluestar, habe ich dort eingestellt. Du hast Recht, dort lesen sicher viel mehr Betroffene als hier, obwohl die Klickanzahl hier auch beachtlich ist.

Schena Gruaß

der Autarky
 

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