Corona und dann? Zukunftsaussichten für die Pflege

Southpaw

Stammgast
Registriert
06.01.2017
Beiträge
213
Hallo liebes Forum,

das wird ein wilder Spekulationsthread, mich würde da einfach eure Perspektive sehr interessieren.
Mal angenommen, das mit Corona ist vorbei, unsere Liebsten leben unbeschwert weiter und wir haben unser altes Stationsleben wieder langsam zurückerobert. Wie wird es mit der Pflege und auch den so dringend benötigten Neuzuwächsen eurer Meinung nach aussehen?

Mehr Gehalt und Wertschätzung?
Reformen? Pflegekammer? Streik trotz Streikverbot?
Keiner geht mehr in die Pflege, weil Horror?
Mehr Selbstinszenierer, die mal Social-Media-wirksam Held sein wollen?
Verbindlicher "Zivildienst" für alle?
"Schreck vorüber, the show must go on", alles beim Alten?
Oder ganz was anderes?

Die Gedanken sind frei ...

Spannend es dann auch mit dem späteren Ist-Zustand mal zu vergleichen.
 
  • Like
Reaktionen: Martin H.
Sie vergessen die aufgehobenen Personaluntergrenzen wieder zu aktivieren. Die Flucht aus der Pflege wird zunehmen, weil sich danach nichts ändern wird. Die jetzt verschobenen Untersuchungen und Operationen werden nachgeholt und mit dem Argument der angespannten wirtschaftlichen Lage auch noch das letzte aus dem dann noch vorhandenen Personal rausgepresst.
An Werschätzung oder Gehalt und Rahmenbedingungen ändert sich erst einmal nichts.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die jetzt verschobenen Untersuchungen und Operationen werden nachgeholt und mit dem Argument der angespannten wirtschaftlichen Lage auch noch das letzte aus dem dann noch vorhandenen Personal rausgepresst.
Das liest sich erschreckend realistisch und schlüssig.
 
  • Like
Reaktionen: Fearn
Meine Befürchtung:
Es wird sich - außer vielen Dankesworten und Lob - letztlich nichts an der Situation der Pflege ändern.
Dringend notwendige Reformen in der Pflege (die man vorher schon jahrzehntelang verschlafen hatte) werden auch hinterher ausbleiben, weil das ja alles Geld kostet.
Und ich befürchte, daß Corona auch einen starken wirtschaftlichen Schaden verursachen wird.
Berechtigte Forderungen z. B. nach Mindestlohn (4000€ brutto) für Pflegefachkräfte werden also vermutlich unter Verweis auf die wirtschaftliche Lage abgebügelt werden.
Auch das, was Bachstelze schon erwähnte, nämlich die Pflegepersonaluntergrenzen, werden wohl noch länger ausgesetzt - zwar nicht vergessen, aber "das können wir uns nicht leisten, Deutschland hat jetzt schon einen gewaltigen Schaden durch Corona erlitten, bitte versteifen Sie sich hier nicht auf unmögliche Forderungen, sondern zeigen Sie sich solidarisch und arbeiten weiterhin in Unterbesetzung, wir müssen alle Opfer bringen bla bla sülz"... :angryfire:
 
Man kann es eigentlich schon absehen:
Nach der Corona-Krise wird die Pflege eine weitere Krise überstehen müssen und das vermutlich mit fatalen Folgen, u.a. auch für die Pflegequalität. Da wäre zusätzlich die Frage dann, ob man das als Pflegekraft so auf sich zukommen lassen sollte oder ob es nicht doch noch irgendeine Möglichkeit gibt, sich zu mobilisieren und stark zu machen. Woanders werden Staatsformen gestürzt und in der Pflege will die Revolution sich nicht formieren.
 
Es kann sich nur dann was ändern, wenn die Pflegenden selbst sich ihrer Rolle bewusst werden und endlich mal nicht nur den Ar.... hoch kriegen um einzuspringen und brav den Forderungen der AG zu entsprechen, sondern um ihre schon jetzt bestehenden Rechte mal durchsetzen. Dazu braucht es keinen Berufsverband und keine Kammer, sondern nur etwas Selbstachtung und Energie!
Aber ich glaube da nicht dran.
Das jetzt viele die jetzige Corona-Situation nutzen wollen um Verbesserungen zu erreichen, kann ich verstehen! Aber wir wären nicht in diesem Pflegenotstand wenn schon vor Jahrzehnten mehr Pflegekräfte für ihre Rechte, mehr Geld usw. gekämpft hätten. Ich glaube persönlich nicht daran, dass sich viel ändert! Das wird aber nicht unerheblich davon abhängen inwieweit die Pflegenden Politik und Gesellschaft erlauben die Wichtigkeit einer guten pflegerischen Versorgung zu unterschätzen!
 
Von dem ganzen Gesülze und den Lobhudeleien aktuell kann man sich ja nun wirklich nichts kaufen. Das werden die nachher schnell wieder vergessen. Die Panik wird nur in Geschenke umgesetzt (siehe den entsprechenden Thread), aber garantiert nicht in eine Lohnerhöhung oder Strukturreform! - Hinterher haben sie noch bessere Ausreden als jetzt.
In Paris treiben sie es auf die Spitze, indem sie den Eiffelturm mit "Merci" anstrahlen:
 
Ich weiß nicht. Es könnte eine Chance für unsere Profession sein - allerdings nur dann, wenn wir uns entsprechend auf die Hinterfüße stellen und dafür kämpfen. Wir waren schon immer "systemrelevant" - jetzt und in den nächsten Wochen und Monaten wird das hoffentlich auch dem allerletzten klar werden. Wir könnten uns dieses Bewusstsein zunutze machen, wenn wir uns geschickt genug anstellen. Das haben wir selbst in der Hand.

Ich gebe zu, das sind sehr sehr große "Wenns". Und ich bin ganz und gar nicht sicher, dass wir die Gelegenheit, die sich uns hier bietet, tatsächlich zu Nutze machen werden und nicht wie schon seit Jahrzehnten darauf zu warten, dass Politik und Gesellschaft von allein darauf kommen, unsere Leistung anzuerkennen. Aber ich bin auch nicht so pessimistisch, gleich von vornherein davon auszugehen, dass sich sowieso nicht ändern wird. Statt Watzlawiks Geschichte mit dem Hammer, die hier einige meiner Vorschreiber variieren, bevorzuge ich nämlich das Agnes-Karl-Zitat, das Martin H. in seiner Signatur hat.
 
Ich denke wir können nach der Krise dankbar sein einen Job zu haben.
 
  • Like
Reaktionen: Lillebrit
Ich weiß nicht. Es könnte eine Chance für unsere Profession sein - allerdings nur dann, wenn wir uns entsprechend auf die Hinterfüße stellen und dafür kämpfen. Wir waren schon immer "systemrelevant" - jetzt und in den nächsten Wochen und Monaten wird das hoffentlich auch dem allerletzten klar werden. Wir könnten uns dieses Bewusstsein zunutze machen, wenn wir uns geschickt genug anstellen. Das haben wir selbst in der Hand.
Richtig. Aber ich denke, es wird an der mangelnden Einigkeit scheitern. Die Pflege ist keine Bewegung sondern meiner Meinung nach total zersplittert. Man spricht oft von "auf Augenhöhe mit anderen sein". Viele in der Pflege kriegen es nicht mal hin, sich untereinander auf Augenhöhe zu begeben. Ich hielt das anfangs nur für anekdotische Evidenz durch meine Brille, aber es bestätigt sich für mich immer mehr.

Ich gebe zu, das sind sehr sehr große "Wenns". Und ich bin ganz und gar nicht sicher, dass wir die Gelegenheit, die sich uns hier bietet, tatsächlich zu Nutze machen werden und nicht wie schon seit Jahrzehnten darauf zu warten, dass Politik und Gesellschaft von allein darauf kommen, unsere Leistung anzuerkennen.
Das wäre zu wünschen und ich wäre gespannt darauf, wie sich die Pflege formieren will oder ob es nur wieder eine kleine Online-Petition wird ohne Impact.

Aber ich bin auch nicht so pessimistisch, gleich von vornherein davon auszugehen, dass sich sowieso nicht ändern wird. Statt Watzlawiks Geschichte mit dem Hammer, die hier einige meiner Vorschreiber variieren, bevorzuge ich nämlich das Agnes-Karl-Zitat, das Martin H. in seiner Signatur hat.
Und doch finde ich Watzlawik da sehr treffend, wenn man es auf den Umgang der Pflege untereinander bezieht. :mrgreen:

Ich denke wir können nach der Krise dankbar sein einen Job zu haben.
Wie genau wird es so weit kommen?
 
Richtig. Aber ich denke, es wird an der mangelnden Einigkeit scheitern. Die Pflege ist keine Bewegung sondern meiner Meinung nach total zersplittert. Man spricht oft von "auf Augenhöhe mit anderen sein". Viele in der Pflege kriegen es nicht mal hin, sich untereinander auf Augenhöhe zu begeben.
Wie genau meinst Du das? Z. B. daß manche Kinderkrankenpfleger auf die Krankenpfleger herabschauen und die wiederum auf die Altenpfleger?
 
Wie genau meinst Du das? Z. B. daß manche Kinderkrankenpfleger auf die Krankenpfleger herabschauen und die wiederum auf die Altenpfleger?
Nein, das läuft auch in alle anderen Richtungen.

Was ich meinte war, dass Pflegefachkräfte auf Pflegefachkräfte herabschauen (#notall). Habe ich in meinen Praktika bemerkt, habe ich in der Ausbildung bemerkt und jetzt als Examinierter genauso. Nicht mal auf Team-Ebene kann man manchmal Einheit herstellen und es wird hinterrücks gemeuchelmordet wo's nur geht (#notall).

Vielleicht hilfreiche Fragestellung, um zu sehen auf was ich hinaus will:
Wie wird eine fremde PFK als PatientIn von den PFKs auf Station behandelt? Wie gehen Ärztinnen und Ärzte mit anderen Ärztinnen und Ärzten als Patienten um?
 
Was ich meinte war, dass Pflegefachkräfte auf Pflegefachkräfte herabschauen (#notall). Habe ich in meinen Praktika bemerkt, habe ich in der Ausbildung bemerkt und jetzt als Examinierter genauso. Nicht mal auf Team-Ebene kann man manchmal Einheit herstellen und es wird hinterrücks gemeuchelmordet wo's nur geht (#notall).
Ah so, Du meinst dieses ewige Hin- und Hergehackl ("der/die pflegt schlecht", "ich bin besser als die/der" usw.).
Vielleicht hilfreiche Fragestellung, um zu sehen auf was ich hinaus will:
Wie wird eine fremde PFK als PatientIn von den PFKs auf Station behandelt?
Mit sehr, sehr großer Vorsicht - denn jeder weiß: Der/die ist vom Fach und bemerkt Fehler sofort.
Ärzte - keine Ahnung. :weissnix: Vermutlich ähnlich.
 
  • Like
Reaktionen: Southpaw
Ah so, Du meinst dieses ewige Hin- und Hergehackl ("der/die pflegt schlecht", "ich bin besser als die/der" usw.).
Richtig. Hat man natürlich in jedem Beruf oft mal, gerade bei strengen Hierarchien.

Mit sehr, sehr großer Vorsicht - denn jeder weiß: Der/die ist vom Fach und bemerkt Fehler sofort.
Ärzte - keine Ahnung. :weissnix: Vermutlich ähnlich.
Ja, mit sehr großer Vorsicht. Die speist sich meiner Einsicht nach aber auch nicht selten daraus, dass man sich vom Kollegen/von der Kollegin besonders streng beäugt und bewertet fühlt (gibt ja dieses Sprichwort: "Wer geklaut hat sieht hinter jeder Tür einen anderen Dieb").

Bei Ärzten sicher genauso, aber im Kontrast zur Pflege sehe ich mehr Zusammenhalt, mehr Kommunikation und Absprache, viel freundlicheren (eben kollegialeren) Umgang etc. Da ist auf einmal kein Weg zu weit, wenn ein Kollege/eine Kollegin operiert werden soll und sonst ruft man den Dienstarzt fünfmal an, bis er mal ein Stockwerk nach oben geht (überspitzt formuliert).
 
Ich gehe fest davon aus, dass die Situation für uns Pflegende SCHLECHTER wird. Die Bevölkerung weiss jetzt erst recht, was die Pflege leisten muss. Viele, die die Ausbildung gemacht haben, verlassen den Beruf. Egal wie lange die Krise dauert, es kommt eine Wirtschaftskrise auf uns zu. Wer wird nach den Berichten aus den Krankenhäusern jetzt in den Beruf gehen? Zu wenige!
Ich persönlich halte aber noch einen anderen Faktor für ausschlaggebend: Die Rente.
Fast täglich war vor der Krise irgendwo was über Altersarmut zu hören, Altenpflegerinnen sind oft interviewt worden. Gab sogar Mahnwachen "Fridays gegen Altersarmut". Trifft die Krankenpflege weniger, aber Altenpfleger in Ostdeutschland kann schwierig werden. Wenn man ständig was von Alterarmut liest oder hört, überlegt man sich ob man in einen "Mindestlohn-Beruf" geht. Man gehört da fast zur Unterschicht, was das Gehalt angeht
 
  • Like
Reaktionen: Southpaw
Oder einfach eine höhere Bereitschaft zu klagen.
 
  • Like
Reaktionen: Southpaw

Ähnliche Themen