Ich würde dir raten, erstmal wenigstens einen weiteren Praxiseinsatz abzuwarten.
Ich wollte auch während meiner Ausbildung dreimal abbrechen. Das erste Mal auch nach meinem ersten Praxiseinsatz. Chirurgische "Doppelstation", eine Seite Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie, eine Seite Unfall- und orthopädische Chirurgie, jeweils für Erwachsene. Das war überhaupt nichts für mich. Es gab zwar Praxisanleitung. Aber abgesehen von den Anleitungstagen hatten die meisten Schwestern auch keine Lust, mir irgendwas zu zeigen. Wenn ich gefragt habe, hab ich ständig gehört, dass ich das gar nicht lernen müsste, weil ich Kikra bin und das dann irrelevant wäre. Den größten Teil der Zeit habe ich damit verbracht, auf demente Patienten "aufzupassen", damit sie nicht weglaufen. Und sonst viel geputzt, Schränke aufgefüllt etc.. Blutentnahmen richten, wenn die Etiketten schon ausgedruckt waren, war so ziemlich das, was am nächsten an dem dran war, was man sich als Schüler so unter der Ausbildung vorstellt. Klar, jeder Schüler weiß, dass man nicht von Anfang an alles machen darf und es ja auch noch gar nicht kann. Aber man kann es nur lernen, wenn man es gezeigt bekommt und üben darf. Viele Schwestern schienen aber zu glauben, dass man alles, was man noch nicht kann, in der Schule lernen muss. Und dann kann man das alles und arbeitet in der Praxis wie eine Examinierte. Leider ziemlich unrealistisch.
Ich hatte dann ein Gespräch mit meiner Praxislehrerin (also die Lehrerin aus der Schule, die für die Betreuung während der Praxiseinsätze zuständig war). Hab im Zwischengespräch mich so gar nicht getraut, irgendwas zu sagen, weil ja eine Schwester dabei war und hab stattdessen nach dem Zwischengespräch unter vier Augen mit ihr geredet. Sie hat mir dann eben auch zugeredet, dass ich nicht die Momentaufnahme von einer einzigen Station und einem einzigen, vor allem dem allerersten Einsatz als Anlass nehmen soll, eine so weitreichende Entscheidung zu treffen, zumal der Einsatz im Erwachsenenbereich war und ich ja die Ausbildung in der Kinderkrankenpflege gewählt hatte. Hab ihren Rat befolgt und die Ausbildung durchgezogen.
Das zweite Mal war beim Einsatz in der ambulanten Pflege (hieß offiziell Krankenpflege, war aber eigentlich Altenpflege). Zwar einige sehr nette Patienten, aber eine ganz schreckliche Pflegerin, mit der ich "auf Tour" war, hat mir einerseits ständig gesagt, dass ich nichts kann (war vielleicht auch zutreffend), dann aber andererseits gewollt, dass ich alleine eine ganze Tour übernehme, was ich gar nicht durfte; kannte ihre Patienten gar nicht richtig (größtenteils kannte ich die nach einer Woche schon besser als sie). Aber genau an dem Punkt, wo ich mir gesagt habe: "Ok, das reicht. Du gehst jetzt zum Arzt und lässt dich so lange wie möglich krankschreiben, am besten bis zum Ende von diesem Praxiseinsatz, und wenn er das nicht macht, brichst du die Ausbildung ab. Da gehst du keinen Tag länger hin." wurde sie krank und ich bekam eine ganz tolle Pflegerin zugeteilt, mit der ich gefahren bin.
Und das dritte Mal war kurz vor Ende der Ausbildung. Wir hatten das Projekt "Schüler leiten eine Station". Dabei geht es darum, so zu arbeiten, als ob man bereits examiniert wäre. Das gesamte examinierte Personal hat die Station "geräumt", und wir Schüler haben alleine dort gearbeitet. Natürlich waren immer zwei bis drei Praxisanleiter und Lehrer da, falls wir Probleme bekommen hätten oder es Notfälle gegeben hätte, bei denen wir Unterstützung gebraucht hätten, um die Patienten nicht zu gefährden. Hat aber alles gut geklappt trotz einer (Gott sei Dank erfolgreichen) Reanimation direkt am allerersten Tag. Aber da das Projekt auch auf einer Erwachsenenstation stattgefunden hat (wir waren zu wenig Kikras, um das alleine auf einer Kinderstation zu machen, hätten die Dienste nicht abdecken können), kam ich mir dort dümmer vor als als Unterkursschülerin (abgesehen vom ersten Einsatz). Alles war ganz anders, als ich es kannte. Wenn ich in ml bemessene Mengen von flüssiger Medikation in Spritzen aufziehen wollte, wurde ich ausgelacht, weil ich doch einfach den Medikamentenbecher nehmen könnte (ist aber bei unseren Kiddies viel zu ungenau, deswegen kannte ich das halt nur so, dass man das nicht machen darf). Irgendwann hab ich mal gewagt zu fragen, welche Dosis an Cefuroxim i.v. der Patient denn bekommen sollte (als eine Mitschülerin mich bat, die Infusion fertig zu machen). Sie hat mich nur angeguckt wie ein Auto und meinte: "Wie, welche Dosis? Cefuroxim eben." Das hat mich nicht wirklich weitergebracht. Ich kannte das nicht, dass alle Patienten eine Standarddosis bekommen, egal ob männlich, 30 Jahre, 120kg oder weiblich 80 Jahre, 45kg. Bei uns sind die Dosen eben gewichtsbezogen. Und von solchen Situationen gab es viele. So kurz vor dem Examen wochenlang das Gefühl zu haben, dass man eigentlich noch gar nichts kann, war echt hart, und auch da wollte ich lieber abbrechen oder zumindest ein Jahr wiederholen, weil ich gedacht hab, ich bin einfach total unfähig. Hab mich aber auch da natürlich im Reflexionsgespräch nicht getraut, was dazu zu sagen, sondern hab mich nur bei einer gut befreundeten Mitschülerin ausgeheult. Hat eine Praxisanleiterin mitgehört und mich zum Gespräch zitiert und mich beruhigt, dass dieses blöde Gefühl nur daher kommt, dass die Arbeit mit Erwachsenen einfach ganz anders ist als die mit Kindern und man mir halt die Kikra deutlich anmerkt, was diejenigen, die nie mit Kindern gearbeitet haben, eben irritiert, weil sie es nur so kennen, wie es jetzt lief und meine Unsicherheit gar nicht verstehen. Sie hat mir versichert, ich sei nicht unfähig, sondern einfach nur Kikra mit Leib und Seele
Hab dann auch (Gott sei Dank!) die Ausbildung bis zum Ende durchgezogen und muss sagen: Das war die richtige Entscheidung! Ich habe jetzt den für mich zum jetzigen Zeitpunkt perfekten Arbeitsplatz. Auch wenn es ein körperlich anstrengender Arbeitsbereich ist und ab und zu auch mal recht stressig sein kann, bin ich super zufrieden da und liebe meine "besonderen" Kiddies ♥.