Zusammenarbeit mit "anderen Generationen", Arbeitsweise älterer Schwestern

Um zum ursprünglichen Thema zurückzukommen... Ich gehöre mit 3 Jahren Berufserfahrung eher zu den "Frischlingen". Bei uns im Team gibt es selten "Generationenprobleme". Das könnte aber auch damit zusammenhängen, dass ungefähr 80% meines Teams ungefähr das gleiche Alter und die gleiche Berufserfahrung haben wie ich. Und die wenigen, die älter sind, arbeiten in der Regel wegen ihrer Kinder Teilzeit. Und da sie dann selten da sind, fragen sie meistens, wie wir die jeweiligen Kinder versorgen. Da unsere Kinder sehr unterschiedliche Ressourcen und Bedürfnisse haben, kann man bei uns gar nicht nach Schema F pflegen. Individuelle Pflege ist das Einzige, was funktioniert (das ist auch einer der Punkte, warum ich diesen Bereich so mag). Wir erarbeiten während der Pflege für jedes Kind einzeln das, was funktioniert und geben das dann an die anderen Kollegen weiter. Da ist es völlig irrelevant, wie alt oder jung oder erfahren oder unerfahren jemand ist. Wer mit dem Kind gearbeitet hat, ist der "Experte" für dieses Kind (in der Regel vor allem die Primary Nurse, aber auch andere Pflegekräfte, die das Kind intensiver betreuen).

Trotzdem kenne ich es auch anders. Auf meiner vorigen Station gab es eine Schwester (Examen in den 90er Jahren), die häufig von uns verlangt hat, dass wir so arbeiten sollen, wie sie es tut. Leider hatte sie eine Arbeitsweise, die man einfach nicht so übernehmen konnte. Und das hatte bei ihr nichts mit Alter oder Berufserfahrung zu tun. Sie hat es sich halt immer sehr einfach gemacht. Im Rundgang nur bei den Kindern ins Zimmer, wo sie Lust darauf hat, bei den anderen werden die Eltern sich schon melden, wenn was ist. Morgens den ersten Pflegerundgang möglichst schnell beenden, damit man dann frühstücken kann. Dass dabei diverse Pflegemaßnahmen wie VZ-Kontrollen (RR-Kontrollen bei einem Säugling, der gerade neu auf Antihypertensiva eingestellt wird, finde ich jetzt nicht ganz unerheblich), Gewichtskontrollen, Einholen von Informationen und sogar die Beurteilung des AZ von Patienten nicht durchgeführt wurden... na ja... Kollateralschaden...:wut: Sorry, das soll jetzt nicht überheblich klingen, aber das ist ein Pflegeverständnis, dass ich sicher nicht übernehme und die anderen Kolleginnen eben auch nicht. Gab aber öfter mal Ärger deswegen. Sie hat uns ständig ein schlechtes Zeitmanagement vorgeworfen, weil wir für unseren Pflegerundgang länger gebraucht haben als sie. Dafür hatten wir dann aber auch alle Kinder gesehen, wussten wie es ihnen geht und ob es Probleme gibt, hatten den allergrößten Teil der Pflegemaßnahmen durchgeführt und für die noch anstehenden Maßnahmen Zeiten vereinbart. Bei ihr blieb das alles liegen, und sie übergab dann an den Spätdienst, dass sie das leider alles nicht geschafft habe. Das ist meines Erachtens ziemlich unkollegial. Klar kann es mal Dienste geben, wo man nicht alles schafft. Aber wenn es eigentlich entspannt auf Station ist und vor allem, wenn das jeden Tag vorkommt, dann ist es einfach nicht mehr in Ordnung. Und das war jetzt nur der harmloseste Teil. Über den Rest will ich gar nicht reden...8O
Und ständig dieses "hat früher auch kein Hahn nach gekräht" oder "haben wir immer so gemacht":schraube:, egal wie man etwas verpackt hat. Selbst wenn man gar nichts gesagt hat, sondern es einfach gemacht hat. Und darüber reden, warum man etwas so macht, konnte man schonmal gar nicht. Ich bin froh, dass ich mit ihr nicht mehr zusammenarbeiten muss.
Aber auf der gleichen Station hatten wir eben auch eine Kollegin mit Examen Ende 70er oder Anfang 80er Jahre (weiß ich nicht mehr so genau), die das genaue Gegenteil war. Sie hat immer gesagt: "Bisher haben wir das so gemacht. Aber was meint ihr denn dazu? Habt ihr eine bessere Idee?" und war dann auch offen für Vorschläge. Mit ihr konnte man super besprechen, welche Sachen man beibehalten sollte und wo es Sinn macht, etwas zu verändern. Die war wirklich toll und ein Musterbeispiel dafür, wie die erfahrenen und die "frisch" examinierten Kollegen voneinander profitieren können im Sinne der Patienten.
 
Wer mit dem Kind gearbeitet hat, ist der "Experte" für dieses Kind (in der Regel vor allem die Primary Nurse, aber auch andere Pflegekräfte, die das Kind intensiver betreuen).
Ihr habt tatsächlich Primary Nursing bei euch? In echt, oder nur auf dem Papier?
Falls in echt: Hut ab! :wink1:
Im Rundgang nur bei den Kindern ins Zimmer, wo sie Lust darauf hat, bei den anderen werden die Eltern sich schon melden, wenn was ist. Morgens den ersten Pflegerundgang möglichst schnell beenden, damit man dann frühstücken kann. (...) Sie hat uns ständig ein schlechtes Zeitmanagement vorgeworfen, weil wir für unseren Pflegerundgang länger gebraucht haben als sie. Dafür hatten wir dann aber auch alle Kinder gesehen, wussten wie es ihnen geht und ob es Probleme gibt, hatten den allergrößten Teil der Pflegemaßnahmen durchgeführt und für die noch anstehenden Maßnahmen Zeiten vereinbart. Bei ihr blieb das alles liegen, und sie übergab dann an den Spätdienst, dass sie das leider alles nicht geschafft habe.
Seltsames Arbeitsverständnis von der Kollegin.
Ich meine, klar bleibt mal was liegen für die nächste Schicht; aber dann erwartet man trotzdem, daß die Schicht vorher sich wenigstens nach Kräften bemüht hat, ihre Arbeit zu erledigen.
Also bei uns hätte das mächtig Ärger gegeben, da wurde sich schon z. T. wegen wesentlich geringeren Dingen saumäßig aufgeregt... das ist dann das andere Extrem (welches ich auch nicht gutheiße). Aber einfach Arbeit liegen zu lassen ("die nächsteSchicht macht´s schon") geht gar nicht.
Und ständig dieses "hat früher auch kein Hahn nach gekräht" oder "haben wir immer so gemacht":schraube:
Ja, das ist Sch***e, aber der Spruch "das haben wir schon immer so gemacht" war schon in den 90ern verpönt (ich habe ebenfalls mein Examen in den 90ern gemacht :wink1:).
 
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Ich habe mein Examen in den 80ern gemacht und auch da war dieser Spruch: "das haben wir schon immer so gemacht" verpönt. Auch heute bekomme ich noch eine "Krawatte" wenn einer so was losläßt.
 
Mir fällt das vor allem bei PK auf, die kurz vor der Rente sind. Ein Beispiel: Eine Kollegin zählt im Endeffekt nur noch die Monate. Wir messen bei unseren Pat. 6x am Tag die VZ. Ein Pat. hatte um 22:30 38,2 Temp. (war noch nicht in der Antibiosen Behandlung). Normales vorgehen wäre hierbei in ca. 30 Minuten nochmal zu messen, um zu schauen ob es sich um eine "normale" Spitze handelt und ob der Körper die Temp. evtl. von selbst reguliert.

Der Standard ist bei uns --> Start der AB Therapie + BK entnahme und U-Status nach entweder 1x über 38,5 °C oder 2x 38,0 °C.

Nun ja, das nächste Messen fand um 5:00 statt --> Temp. war 39,8°C. Ist aber alles gut gegangen (war wohl das Problem). Somit kräht da wirklich kein Hahn nach.
 
@Romsen2014
Wenn ich Dich richtig verstehe, hat Deine Kollegin aber sogar gegen euren hausinternen Standard verstoßen?
Das ist noch mal ´ne andere Hausnummer als "das haben wir schon immer so gemacht".
Na zum Glück ging´s gut aus. :-?
 
Nachdem ich hier alle Beiträge gelesen habe und das Thema schon länger verfolge, konstatiere ich für mich ganz erleichtert, dass ich offensichtlich an ein sehr offenes, lernwilliges Team geraten bin.
Sprüche wie das berühmte "haben wir schon immer so gemacht" höre ich von keinem Kollegen. Ok, außer der eine hektische Choleriker auf der Nachbarstation, aber das ist nicht "mein" Team, auch wenn ich ihn 8h am Tag sehen muss. Dieser ist ein Vertreter der ganz alten Schule. "Ich arbeite schon seit 20 Jahren hier" ist noch das harmlosere, was er so von sich gibt. Der Höhepunkt war seine leicht überhöhte Aussage "Solche Leute wie euch kann man hier nicht arbeiten lassen, hier braucht man qualifiziertes Personal", und meinte damit sich selbst. Für diesen Spruch hat er ein nettes Vieraugengespräch mit der STL bekommen und die geballte Abneigung sämtlicher Kollegen, einschließlich der eigenen.

Ich finde es sehr schön, wenn Schüler zu uns auf Station kommen und hier ihren Einsatz leisten. Es gibt neben Fort- und Weiterbildungen kaum eine bessere Quelle zu den neuesten Erkenntnissen der Pflegewissenschaften als einen Schüler, der sein frisches Wissen aus der Schule mitbringt. Ganz oft schon habe ich erlebt, wie sie ihr neu erlerntes Wissen nun direkt weitergeben durften, weil wir als Team sie direkt danach fragen, was es denn inzwischen Neues gibt, oder ob alles beim Alten geblieben sei. Obwohl ich erst 2,5 Jahre examiniert bin, scheint es schon jetzt neue Erkenntnisse zu geben zum einen oder anderen Pflegeproblem. Ich hatte nicht damit gerechnet, so schnell out of date zu sein, aber gut, dass ich so direkt mit der Nase drauf gestoßen werde. Nur so kann ich mich aktuell halten.

In meinem Team gibt es inzwischen nur noch eine Kollegin 50+. Mit ihr arbeiten wir alle total gerne zusammen. Ihre Erfahrung ist unbezahlbar für uns Jungspunde, die Zeit hat sie Ruhe gelehrt. Mit ihr in einer Schicht eingeteilt zu sein, ist Entspannung, egal wie stressig die Arbeitsabläufe sind. Ich hätte gerne mehr Kollegen dieser Sorte in meinem Team. Oft lachen wir gemeinsam, weil sie selbst zugibt, ihr Wissen sei von anno dazumal und ganz sicher nicht mehr aktuell. Alles in allem eine Gemeinschaft, in der ich gut arbeiten kann, und von der sich manches qualifizierte Personal :p ein Scheibchen abschneiden kann.
 
Ihr habt tatsächlich Primary Nursing bei euch? In echt, oder nur auf dem Papier?
In echt:-). Aber meines Erachtens gibt es da noch Optimierungsbedarf. Trotzdem wird es grundsätzlich erfolgreich umgesetzt. Ich muss aber vielleicht dazu sagen, dass bei uns die Voraussetzungen deutlich besser sind als in den meisten Akut-KH. Wir sind eine Reha-Klinik. Wir wissen im Voraus, wann ein Kind aufgenomen wird, was für ein Krankheitsbild es hat und häufig auch grobe Informationen zur Pflege. Dann bleiben die Kinder über mehrere Wochen da, so dass man ausreichend Zeit hat, um gemeinsam Pflegeziele festzulegen und daran zu arbeiten. Und dann wissen wir im Voraus, wann ein Kind entlassen wird, so dass genug Zeit für die Entlass-Planung bleibt. In vielen Akuthäusern hapert es ja an genau solchen Dingen.
 
Ein Pat. hatte um 22:30 38,2 Temp. (war noch nicht in der Antibiosen Behandlung). Normales vorgehen wäre hierbei in ca. 30 Minuten nochmal zu messen, um zu schauen ob es sich um eine "normale" Spitze handelt und ob der Körper die Temp. evtl. von selbst reguliert.
Genau das Vorgehen, was du beschreibst, würde auch ich für normales professionelles Handeln halten. Regelmäßige VZ-Kontrollen nach Standard sind ja schön und gut. Aber wenn ich keine Konsequenzen daraus ziehe, wenn es Abweichungen vom Normbereich gibt, brauche ich auch keine VZ zu ermitteln. Nur zu bestimmten Uhrzeiten Messwerte zu erheben ist keine pflegerische Kompetenz, das könnte auch eine Maschine. Die Kompetenz liegt darin, die Werte einzuschätzen und darauf zu reagieren. Und das war schon immer so, egal wann man Examen gemacht hat.
 
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In echt:-). Aber meines Erachtens gibt es da noch Optimierungsbedarf. Trotzdem wird es grundsätzlich erfolgreich umgesetzt. Ich muss aber vielleicht dazu sagen, dass bei uns die Voraussetzungen deutlich besser sind als in den meisten Akut-KH. Wir sind eine Reha-Klinik. Wir wissen im Voraus, wann ein Kind aufgenomen wird, was für ein Krankheitsbild es hat und häufig auch grobe Informationen zur Pflege. Dann bleiben die Kinder über mehrere Wochen da, so dass man ausreichend Zeit hat, um gemeinsam Pflegeziele festzulegen und daran zu arbeiten. Und dann wissen wir im Voraus, wann ein Kind entlassen wird, so dass genug Zeit für die Entlass-Planung bleibt. In vielen Akuthäusern hapert es ja an genau solchen Dingen.
Ein längerer Aufenthalt mag sicherlich eine (positive) Rolle dabei spielen, denn nur so macht m. M. n. eine Pflegeplanung auch wirklich Sinn. Insofern ist natürlich hier eine Rehaklinik, ein ambulanter Pflegedienst oder auch ein Pflegeheim im Vorteil.
Was ich aber für entscheidend halte, daß auch wirklich ausreichend Personal vorhanden ist. Ansonsten kann ich mir Primary Nursing wirklich sparen, das ist dann nur eine "Papier-Veranstaltung". Denn wenn es nur um "schnell-schnell" mit möglichst wenig Personal geht, dann ist sogar so ein Dinosaurier wie Funktionspflege der Bereichspflege überlegen. 8O Aber mit heutigem professionellem Anspruch hat das nix mehr zu tun...
 
Woran es bei uns noch hapert im Bezug auf PN ist die Versorgung der leichter betroffenen Kinder. Bei den schwer betroffenen mit hohem Pflegeaufwand, wo man viel ausprobieren und weitergeben muss, viel Anleitung macht, viel Organisatorisches zu tun hat, viele Infos mit den anderen Berufsgruppen austauscht usw. klappt es super, dass alles über die PN läuft, sie bei allen Gesprächen dabei ist usw.
Bei den leichter betroffenen geht das leider manchmal unter. Dadurch pfuschen zu viele Leute gleichzeitig in der Pflege rum, jeder macht was anderes, man hat keine klare Linie, und am Ende sind alle verwirrt (das ist jetzt sehr übertrieben dargestellt, ganz so schlimm ist es auch wieder nicht, nur vom Prinzip her...). Da sehe ich persönlich das Problem darin, dass sich viele unheimlich schwer tun mit Änderungen (wobei ich da keinen wesentlichen Unterschied zwischen älteren und jüngeren Kollegen beobachtet habe). Wir arbeiten noch nicht so lange nach dem PN-System (erst ein paar Monate) und wenn man vorher, seit man in dieser Klinik arbeitet, immer Bereichspflege gemacht hat, ist es vielen zu lästig, die Kinder dann zu tauschen, also dass man sagt "Ich habe Kladde A, nehme aber meine beiden PN-Kinder aus Kladde B und das eine aus Kladde C dazu und gebe dafür Kind x und Kind y ab". Das wäre aber nötig, um "richtig" nach PN arbeiten zu können. Denn ein wirklich richtiges Primary Nursing setzt voraus, dass ich den Patienten in jedem Dienst, den ich habe, betreue. Nur dann bin ich umfassend über alles informiert. Ich habe aber die Hoffnung, dass wir das bei uns noch etablieren können und die Bequemlichkeit da ein bisschen "vertreiben" können.
 
Bei den leichter betroffenen geht das leider manchmal unter. Dadurch pfuschen zu viele Leute gleichzeitig in der Pflege rum, jeder macht was anderes, man hat keine klare Linie, und am Ende sind alle verwirrt
Genau das sollte ja bei Primary Nursing eben nicht sein. Sondern es gibt immer EINER die Richtung vor: Die Primary Nurse.
Aber ich kann da nicht wirklich mitreden, kenne Primary Nursing nur aus der Literatur.
 
Genau das sollte ja bei Primary Nursing eben nicht sein. Sondern es gibt immer EINER die Richtung vor: Die Primary Nurse.
Richtig! Da hast du vollkommen Recht! Und das ist genau der Punkt, von dem ich meine, dass wir da Verbesserungsbedarf haben.
 
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