Zusammenarbeit mit der Polizei - Fahndungen/Beschlusstransporte

StevenG

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03.10.2015
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Akt. Einsatzbereich
geschlossene Akutpsychiatrie
Funktion
Gesundheits- und Krankenpfleger
Guten Morgen!

Da für mich dieses Thema immer wieder ein Dauerbrenner ist, würde ich gerne einmal in die Runde fragen, wie die allgemeinen Erfahrungen/Gepflogenheit mit dem Freund und Helfer in verschiedenen Bundes-/ländern aussehen?

Zu mir selbst - in Niedersachsen in einer geschlossenen Akutpsychiatrie tätig.

Oft ist oben genannte Thematik nicht befriedigend bzw. nach meinem Empfinden ausreichend überdacht.

Größter Reibepunkt sind die Fahndungen entwichener Patienten mit Unterbringungsbeschluss. Besteht ein Betreuungsbeschluss (Paragraph 1906), dann ist alles kein Problem.

Besteht jedoch ein Paragraph 16/17 nach dem Niedersächsischen PsychKG, also von Krankenhaus & Amtsgericht erwirkt, so bekommen wir oft die Rückmeldung, dass der Patient aufgefunden worden sei, jedoch nicht mitkommen wollte. Die Polizei sei bei dem NPsychKG nicht befugt Transporte gegen den Willen durchzuführen.

Das ist oft sehr frustrierend. Im "besten" Fall hat man eine lange, unmedizierte Behandlung mit dem Patienten hinter sich, eine Zwangsmedikation ist inzwischen genehmigt und nun ist der Patient im ersten Ausgang abgängig. Die Arbeit ist komplett umsonst, da er nicht mehr zurückgebracht werden kann, wenn er nicht will (bis eine erneute Einweisung unumgänglich ist).
 
Hmm, kann ich eigentlich nicht bestätigen (BaWü). Bei uns funktioniert das eigentlich auch "nur" mit nem PsychKG - Beschluss ganz gut...
 
Hallo StevenG,

bei uns ist die Zusammenarbeit mit der Polizei (Bayern) insgesamt problematisch. Meiner Meinung nach sind fachliche Inkompetenz der bayerischen Polizeibehörden sowie weit verbreitetes Unverständnis für psychische Erkrankungen, wie auch Bequemlichkeit ursächlich dafür. Wir haben häufig mit den Polizeibehörden zu tun und können ein Lied negativer Erfahrungen singen - mein persönlicher Höhepunkt war ein ziviler Polizeibeamter, der mich zu nötigen versuchte, sensible Patienteninformationen sofort ohne jeglichen Beschluss herauszugeben und mir mit strafrechtlichen Konsequenzen drohte, würde ich seiner Aufforderung nicht nachkommen. Aber auch Fahndungen sind bei uns ein großes Thema. Zwar hat die Polizei in Bayern das Recht, den Patienten mitzunehmen, aber der Unmut bei den Behörden ist groß, weil es eben gar nicht so selten ist, dass Patienten als vermisst gemeldet werden. Das Verhältnis ist schon dadurch negativ geprägt - denn wir machen ihnen regelmäßig "Arbeit". Auch ggü. Patienten verhält sich die Polizei oftmals unangemessen. Es kam nicht nur einmal vor, dass (harmlose, weibliche) Patienten nach einer Fahndung mit blauen Flecken und Wunden übersät zurückgebracht wurden. Von solchen Geschichten gibt es bei uns zahlreiche....

Ben
 
@Ben: wir sprechen aber schon von reinen Fahnungen oder? Du schreibst oben was von häufig "vermisst gemeldet". Zwischen diesen beiden Punkten gibt es nämlich bei uns schon auch große Unterschiede bzgl. des weiteren Vorgehens...
 
Über eine eventuelle Fahndung entscheidet immer die PI. Ein KH kann ja keine Fahndung einleiten. Der Prozess ist immer: Vermisst melden - Gründe angeben - Polizei leitet ggf. Fahndung ein (oder auch nicht). In 90% der Fälle erfolgt auf Grund der Vermisstenmeldung aber auch eine Fahndung, z.B. weil Pat. untergebracht oder selbstgefährdend eingeschätzt..

Ben
 
Hmm, bei uns wird bereits auf dem Formular entweder Fahndung oder Vermisstenmeldung angekreuzt - ist ein Patient untergebracht wird meines Wissens nach schon direkt eine Fahndung eingeleitet, alles andere erfolgt über eine Vermisstenmeldung...
 
Ihr habt nur andere Formulare, Du kreuzt dort an, was eures Erachtens nach erforderlich wäre. Wenn Du lediglich "vermisst" angibst mit dem Hinweis, der Patient sei hochgradig suizidal, dann wird die PI trotzdem fahnden. Die Entscheidung über die gewünschte Fahndung sowie dessen Einleitung ist immer eine staatliche Hoheitsaufgabe. Aber wie gesagt, in der Regel wird sich die PI immer für eine Fahndung entscheiden, wenn eine potentielle Gefährdung besteht (Haftungsrisiken).

Ben
 
Hallo!

Schon einmal vielen Dank für die Antworten.

Wir geben in Niedersachsen nur Fahndungen heraus, wie unterscheidet sich dies inhaltlich zur Vermisstenanzeige?
Freiwilligkeit, Gefährdungsgrad?

@-Ben-
Ja, die Zusammenarbeit im Sinne des Miteinander ist hier auch nicht immer angemessen/unproblematisch.
Ebenfalls wird hier häufig das "Verursachen von Arbeit" bemängelt, nur wir sind eben kein Gefängnis - ich weiß nicht, ob das so präsent in den Köpfen ist.

Auf Datenherausgabe wird auch desöfteren gepocht, jedoch wurden mir noch keine strafrechtlichen Folgen für das Einhalten der Schweigepflicht angedroht, wie hier schon berichtet.

Liebe Grüße
Steven
 
arbeite ja selbst in einem anderen land mit anderen rechtlichen grundlagen, deswegen weiss ich da zuwenig, wie bei
"euch" in deutschland die rechtliche lage ist.
das mal vorn weg...

impliziert unterbringungsbeschluss denn nicht, dass eine unterbringung angeordnet wurde und somit auch realisiert werden muss, was dann ja ( logischerweise ) weiter implizieren müsste, dass bei entzug durch flucht die wiederzuführung in die unterbringungs-durchführende instanz auch gegen den willen des betroffenen durchgeführt werden kann ?

( habe mir jetzt nicht die mühe gemacht den paragraphen hier im netz zu studieren, da ich auf eine erklärung eurerseits sehr gespannt bin... )
 
Arghhhh, ich nehm Alles zurück! Gestern noch die Zusammenarbeit gelobt und heute Nacht schon mit der Polizei zusammen gerasselt weil wir einen nach PsychKG untergebrachten Patienten fahnden lassen mussten...(wie das überhaupt sein kann, wir seien schließlich eine geschlossene Station usw...).
Und @Ben, ich muss mich bzgl. des Formulars korrigieren (fiel mir gestern beim ausfüllen auf;)), wir kreuzen entweder "Entweichung" oder "Vermisstenmeldung" an, nicht Fahndung - da hast du recht!
Der Unterschied bei uns: bei einer Entweichung wirf explizit nach dem Pat. gesucht und er wird zurück gebracht, bei einer Vermisstenmeldung werden lediglich die Augen nach dem Patienten während der regulären Streife / Kontrolle usw. offen gehalten (jetzt mal ganz salopp gesagt). Das ist zumindest mein Stand, diese Angabe nun aber wirklich ohne Gewähr:-P
 
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