Praxiseinsatz auf der Diabetologie

UrsFahrbach

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Stuttgart
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Schüler Gesundheits- und Krankenpflege
Akt. Einsatzbereich
Sozialstation
Servus miteinander, das ist mein erstes Posting und ich möchte mal ein freundliches Grüss Euch in die Runde schicken!

Ich habe, nachdem ich einige Zeit als pflegerische Hilfskraft in der Allgemein- und Unfallchirurgie geschafft habe, zum 1.10. meine GKP-Ausbildung angefangen. Der Job in der Aschi / Uschi hat mir immensen Spass gemacht und auch im schulischen Teil fühle ich mich sehr wohl.

Heute sind nun unsere Praxiseinteilungen bekanntgegeben worden und ich bin aus allen Wolken geflogen. Ich bin mir fast sicher, oder vielleicht besser: Ich hoffe, dass ich einem Irrtum aufsitze, aber ich kann mir nichts langweiligeres als eine Diabetologiestation vorstellen. Ich will niemandem zu nahe treten, dessen Herzblut dieses Tätigkeitsfeld ist und lasse mich sehr gerne eines Besseren belehren : Das ist ja auch der Grund, warum ich diesen Thread gestartet habe. Kann mir jemand meine Befürchtungen und Vorurteile nehmen?

Soweit ich weiss wird die Station als Diabetologie / Endokrinologie bezeichnet. Wie gestaltet sich da der Dienst? Was sind die typischen Krankheitsbilder? Was macht man da den ganzen Tag neben Grundpflege und BZ messen?

Ich werde da zwei Monate verbringen und kann mir gerade nur ein sehr verschwommenes Bild davon machen. Ich fühle mich einfach unter (gesundem) Stress am wohlsten und für mich gibt es nichts Schlimmeres wie wenn man im Dienst dauernd auf die Uhr schaut und die Zeit nicht rum geht.

Ich freue mich auf Antworten und Praxiserfahrungen. :-)
 
Diabetologie und Endokrinologie sind mehr als nur "Grundpflege und BZ messen". Alleine DM kommt in verschiedenen Formen daher und kann sich mit vielen Symptomen äußern, und kann u.U. auch einen Rattenschwanz an Folgeerkrankungen nach sich ziehen. Beispiele wären neurologische Defizite an Haut, Augen, Hirn; Hautdefekte, Durchblutungsstörungen, Wunden, daraus folgend Wundversorgung; Infektbehandlung; Ernährungsberatung, Schulung der Patienten zu Lebensweise, Ernährung, BZ-Regulierung; und noch so vieles mehr... sind nur einige Dinge, die mir ad hoc einfallen, wenn ich an meine Zeit auf Diabetologie zurück denke und mit meiner heutigen Tätigkeit in der Gastroenterologie/Inneren abgleiche.

Grundsätzlich ist Pflege auch mehr als nur Grundpflege. Das ist leider ein hartnäckiges Klischee in vielen Köpfen, dass Pflege nur "satt, sauber, trocken" bedeutet. Viele Patienten beschweren sich, dass "nichts passiert". Was eine Pflegekraft aber an einem Tag an ihnen ungesehen vollbringt - Krankenbeobachtung, Überwachung, Medikation, Organisation von Diagnostik und Therapie, Prophylaxen - wird häufig nicht als Pflegetätigkeit wahrgenommen, macht aber geschätzt 90% meiner Tätigkeit aus. Grundpflege ist nur ein winziger Teil dessen, was man tut.

Ich denke, auf Diabetologie/Endokrinologie ist man im Ersteinsatz nicht grundsätzlich verkehrt aufgehoben. Wenn man will, kann man dort sehr viel lernen.
 
Woher kommt deine Voreingenommenheit gegenüber einer internistischen Fachstation? Vielleicht ist das die wichtigste Frage in dieser Beziehung. Erlaube dir doch eine gewisse Offenheit gegenüber dem Neuen und Unbekannten, anstatt aus allen Wolken zu fallen. Da gibt es echt viel essenzielles für deine berufliche Zukunft zu lernen.
 
Danke für Eure Antworten, Jillian und niesreiz! Ich habe das natürlich auch ein bisschen provokativ formuliert. Natürlich ist mir klar, dass Pflege mehr ist als "sauber, satt, ruhig", auch von meiner Tätigkeit auf der A-/U-Chirurgie. Was mir dort sehr gut gefallen hat war der Abwechslungsreichtum: der unterschiedlichen Erkrankungen bzw. Verletzungen und dem Altersspektrum der Patienten.

Hinsichtlich der Arbeit auf der Diabetologie / Endokrinologie hab ich mir eben nicht viel mehr vorstellen können, wie das Einstellen auf Medikamente und GP - natürlich mit allem was dazugehört, wie Beobachtung, Medikamentengabe, Seelenmassage und die anderen Punkte, die Du oben aufgezählt hast, Jillian. Diese Arbeit schätze ich und sie macht mir Spass. Nur darüber hinaus habe ich mit dem Bereich nicht viel Anfangen können. Die ganzen Aufgaben, die ich aus meinem vorigen Einsatzbereich kenne, und die mir Spass machen, wie Wundversorgung und Verbände, Stomapflege, Lagerungen und Mobilisierung, postoperative Überwachung, ..., hab ich einfach in diesem neuen Bereich, der mich jetzt erwartet, nicht richtig verorten können. Was mich abgeschreckt hat, war die Vorstellung, dass die Tätigkeit zu einseitig ist und einfach nicht genug los ist, um acht Stunden Dienst zu füllen. :wink:

Zu dem "aus allen Wolken fallen" sollte ich vielleicht noch dazu sagen, dass wir uns im Vorfeld auf einer Liste eingetragen haben, die einen Überblick über unsere Vorerfahrungen gegeben hat: War hat schon ein FSJ absolviert? Wer hat schon einmal auf Station gearbeitet? Das Ziel war, dass jene, die noch über keine Vorerfahrungen verfügen (der Grossteil), auf "einfache" Stationen kommen, wo der Stationsalltag es auch zulässt, mehr grundlegende Dinge zu erklären und den Umgang mit Patienten zu schulen. Deshalb war meine Erwartungshaltung eine etwas andere.

Was Du schreibst, Jillian, versöhnt mich aber: Ich freue mich darauf, verschiedene Krankheitsbilder zu sehen. Und Wundversorgung ist definitiv eines der Themen, die mich am meisten interessieren.

@niesreiz: Die Offenheit, Neues zu lernen ist bei mir definitiv vorhanden. Nur hätte ich mir eben, im ersten Moment rausgesucht, dieses "Neue" auf der Onko oder der Gefässchirurgie zu lernen. :mryellow:

Aber ich lasse es jetzt einfach mal auf mich zukommen. Ich will nicht in die Watzlawicksche Falle des Mannes treten, der sich einen Hammer hat leihen wollen.

Wenn Euch noch Beispiele für den Tagesablauf oder Krankheitsbilder auf einer Diabetes- / Endokrinologiestation habt würde ich mich aber trotzdem freuen, wenn Ihr die teilen würdet! :-)
 
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Es ist ja auch selten so, dass ein Patient mit einer singulären Erkrankung wie DM auf Station aufschlägt. Der Großteil der Patienten ist, je älter er ist, tendenziell multimorbide. Ich bin mir sicher, dass du quasi "nebenher" viele andere Krankheitsbilder zu sehen bekommst, die den DM begleiten, die Pflege aber nichtsdestotrotz fordern. Dinge wie
Wundversorgung und Verbände, Stomapflege, Lagerungen und Mobilisierung
werden dir mit Sicherheit auch auf Diabetologie begegnen.

Bereiche wie Onko würde ich nicht als Ersteinsatz empfehlen. Solche sensiblen Bereiche heben sich viele Häuser erst für den Mittel- und Oberkurs auf. Berufsanfänger würde ich persönlich dort nicht hinschicken. Mein Ausbildungshaus weigerte sich standhaft, Unterkursschüler aufzunehmen, und als ich dort meinen Einsatz hatte, wusste ich auch warum.

Ich wünsche dir viel Erfolg und gutes Gelingen bei deinem Einsatz auf Diabetologie. Wäre schön wenn du uns ab und an an deinen Erfahrungen teilhaben lässt.
 
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Und möglicherweise liegen ja auch nicht nur Patienten mit bekanntem Diabetes dort. Ein frisch diagnostizierter Diabetes mellitus Typ 1, der erstmal eingestellt werden muss, kann auch ausreichend "Action" bedeuten. BZ-Entgleisungen in beide Richtungen (Hyperglykämie oder Hypoglykämie) und die entsprechenden Folgen und ihre Behandlung zum Beispiel. Das ist ganz sicher nicht langweilig. Und ansonsten hast du bei solchen Pat. natürlich ganz viel Beratung und Anleitung zum BZ-Messen, zum s.c.-Spritzen, zum Umgang mit dem Insulinschema, zum Ausrechnen von KE usw. Die Typ 1-Diabetiker sind ja meistens jüngere Patienten (bei Manifestation), also grundpflegerisch meist Selbstversorger (außer sie sind gerade so massiv entgleist, dass sie es nicht können, aber dann liegen sie häufig auf Intensiv oder IMC zur Überwachung). Und trotzdem hast du da gut was zu lernen und zu arbeiten. Solche Kinder habe ich bei uns in der Allgemeinpädiatrie immer sehr gerne betreut (in meinem Ausbildungskrankenhaus gab es keine kinderdiabetologische Station, die Kinder lagen bei uns auf der allgemeinpädiatrischen Station). Die Manifestation und Diagnose erfolgt ja nicht immer schon im Kindesalter, es gibt auch genug Patienten, wo sich das erst zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr manifestiert, und die kommen dann eben auch in die Diabetologie, nicht nur die älteren Herrschaften mit bekanntem Diabetes Typ 2.
 
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Und möglicherweise liegen ja auch nicht nur Patienten mit bekanntem Diabetes dort.
Ja, ich hab mich mal ein bisschen kundig gemacht und da gibt's schon noch ein Spektrum von interessanten Erkrankungen. (Morbus Simmonds - wohl eher selten - oder Nebenniereninsuffizienz...)
Zum Thema Schilddrüsenkrebs (oder generell nach OPs der Schilddrüse oder des Pankreas): Kommen die Patienten postoperativ typischerweise auf die Endokrinologie?

Ein frisch diagnostizierter Diabetes mellitus Typ 1, der erstmal eingestellt werden muss, kann auch ausreichend "Action" bedeuten. BZ-Entgleisungen in beide Richtungen (Hyperglykämie oder Hypoglykämie) und die entsprechenden Folgen und ihre Behandlung zum Beispiel. Das ist ganz sicher nicht langweilig. Und ansonsten hast du bei solchen Pat. natürlich ganz viel Beratung und Anleitung zum BZ-Messen, zum s.c.-Spritzen, zum Umgang mit dem Insulinschema, zum Ausrechnen von KE usw.
Das hört sich gut an. Wie sieht es eigentlich mit s.c. Spritzen aus? Je nach Besetzung hab ich in meiner Tätigkeit als pflegerische Hilfskraft Fragmin und auch Insulin gespritzt, was ja rechtlich ein bisschen fragwürdig ist. Bin ich als Schüler ganz offiziell dazu berechtigt zu spritzen?

Die Typ 1-Diabetiker sind ja meistens jüngere Patienten (bei Manifestation), also grundpflegerisch meist Selbstversorger (außer sie sind gerade so massiv entgleist, dass sie es nicht können, aber dann liegen sie häufig auf Intensiv oder IMC zur Überwachung). Und trotzdem hast du da gut was zu lernen und zu arbeiten. Solche Kinder habe ich bei uns in der Allgemeinpädiatrie immer sehr gerne betreut (in meinem Ausbildungskrankenhaus gab es keine kinderdiabetologische Station, die Kinder lagen bei uns auf der allgemeinpädiatrischen Station). Die Manifestation und Diagnose erfolgt ja nicht immer schon im Kindesalter, es gibt auch genug Patienten, wo sich das erst zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr manifestiert, und die kommen dann eben auch in die Diabetologie, nicht nur die älteren Herrschaften mit bekanntem Diabetes Typ 2.
Ich gehe gerne mit älteren Patienten um und habe, glaube ich, auch einen Draht zu Demenzpatienten. Aber auch hier macht es eben die Mischung. :wink:
 
Zum Thema Schilddrüsenkrebs (oder generell nach OPs der Schilddrüse oder des Pankreas): Kommen die Patienten postoperativ typischerweise auf die Endokrinologie?

Bei uns kommen Patienten aus dem OP anschließend auf Chirurgie.
 
Wie sieht es eigentlich mit s.c. Spritzen aus?[...] Bin ich als Schüler ganz offiziell dazu berechtigt zu spritzen?
Wenn du das Thema Injektionen in der Schule hattest und in der Praxisstelle die Injektion mit einer examinierten Pflegekraft zusammen korrekt durchgeführt hast und abgesprochen hast, dass du es machen darfst. Sonst nicht!
 
Ich wünsche dir viel Erfolg und gutes Gelingen bei deinem Einsatz auf Diabetologie. Wäre schön wenn du uns ab und an an deinen Erfahrungen teilhaben lässt.
Da habe ich aber mein Versprechen ziemlich gebrochen, Euch ab und zu an meinen Erfahrungen teilhaben zu lassen. :emba:
Vielleicht interessiert es ja noch den ein oder anderen... Ich habe mittlerweile Praxiseinsätze auf drei verschiedenen Stationen hinter mir:
  • die Endokrinologie, um die sich dieser Thread dreht
  • eine private allgemein- und unfallchirurgische Station
  • eine private Innere (Gastroenterologie und Onko)
  • (und wenn man mein Praktikum und die Pflegehilfstätigkeit dazurechnet noch Aschi / Uschi nicht-privat und Gyn)
Ich schwärme noch immer von meinem ersten Einsatz, d.h. der Endokrinologie. Die Arbeit dort war von einem gesunden Stress geprägt: Es war eigentlich immer was los, aber das Team hat so gut zusammengearbeitet, dass nie der Eindruck entstand, dass man selbst oder jemand anderes überfordert ist. Das ist sicher auch der sehr guten Arbeit der Stationsleitung zu verdanken.

Meine Anleitung war die stellvertretende Stationsleitung und hat sich viel Zeit für mich genommen. Wie wertvoll das ist, kann ich erst jetzt nach zwei weiteren Einsätzen richtig beurteilen und schätzen, wo das nicht immer so optimal gelaufen ist. Mir wurde sehr viel Verantwortung übertragen, so hatte ich nach einiger Zeit eigentlich immer so zwei Zimmer, die ich weitgehend eigenverantwortlich übernommen habe, mit Grundpflege, Richten und Gabe von Medikamenten, Dokumentation, Abhaken von Massnahmen, Ausarbeiten von AAs. Das Richten von Medikamenten / Infusionen und das Ausarbeiten von AAs geschah natürlich unter Aufsicht, was auch mir die nötige Sicherheit vermittelt hat.

Die Krankheitsbilder waren mannigfaltig und ich hatte die Gelegenheit, oft bei Wundversorgung und Verbandswechseln assistieren zu dürfen oder unter Aufsicht auch selber machen zu dürfen. Diabetisches Fusssyndrom war natürlich häufig zu sehen, aber auch die Versorgung von Enterostomata und natürlich Dekubitus.

Zwei der eindrücklichsten Krankheitsbilder waren eine Dame mit einer Addison-Krise und eine junge Patienten mit Hypophysenvorderlappeninsuffizienz, die bei uns gelandet ist, nachdem sie unvermittelt ihre Medikamente abgesetzt hatte.
Ich hatte eine sehr gute Praxisbegleitung, bei der ich, wie auch bei der Beurteilung durch die Station für mich sehr zufriedenstellend benotet wurde. ^^ (Was ja auch ein bisschen etwas über meine Motivation dort aussagt.)

Ich bin mit dem Gefühl aus dem Praxiseinsatz gegangen, dass ich mir sehr gut vorstellen könnte, nach meinem Examen auf der Station zu schaffen. Eine Einschätzung, die sich auch nach den beiden folgenden Einsätzen nicht geändert hat. Es hört sich schon komisch und ironisch an, wenn man sich meine Beiträge von weiter oben durchliest, aber ich finde die Innere wesentlich interessanter als die Chirurgie.

Der Flop bei meinen Einsätzen bisher war eher jener auf der privaten Uschi / Aschi, was allerdings nicht an der Tätigkeit lag, sondern am Team, in dem die Chemie irgendwie überhaupt nicht gestimmt hat. Und das ist eben auch etwas, was bei meinem ersten Einsatz extrem positiv war.

Meine nächsten Einsätze sind:
  • Sozialstation (ab nächster Woche)
  • Gyn (meine alte Praktikumsstation :lovelove:)
  • HNO mit Onko
  • Notaufnahme (über Sylvester :rocken:)
  • Psychiatrie
Da freue ich mich eigentlich auf jeden einzelnen, besonders auf die Notaufnahme. Gut, HNO ist jetzt nicht unbedingt, das worauf alle scharf wären als Einsatzort, aber die unbegründete Panik vor meinem ersten Einsatz hat mich gelehrt, dass ich darauf nichts mehr gebe.

Danke auch nochmal für Eure Einschätzungen und Ermutigungen! :-)
 
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An deiner Schilderung wird eins ganz klar deutlich: Mit einem funktionierenden Team und einer führungskompetenten Leitung ist es fast egal, wo man arbeitet.
Die Fachrichtung an sich spielt dann nur noch eine Nebenrolle.
 
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