Jammerdepression in der Pflege

Nicht jeder, der nicht meiner Meinung ist jammert, ganz eindeutig.

Es ist häufig nur die Art, bzw die Begründung, die mir nahelegt - jetzt wird gejammert.

Als Beispiel beschreibe ich was ich eigentlich unter Jammerdepression verstehe:

6:00 Uhr Dienstbeginn, eine Kollegin fragt noch vor der Übergabe
"Wieso werden heute soviele Pat. entlassen, wer hat das denn geplant, jetzt bekommen wir wieder alle
Notaufnahmen"

nach der Übergabe "Wie sollen wir das alles schaffen, wir brauchen gar
nicht erst anzufangen"

7:30 Visite (per Visitenleitlinie so geplant) "Wieso denn jetzt schon Visite?
Wir sind doch noch nicht soweit"

8:15 Visitenende (die Ärzte müssen in den OP 8:30 Schnitt) "Nun haben die wieder keine BE gemacht, soll ich das etwa tun?? Die haben doch selbst gesagt, wie wichtig das ist" (Evtl. wird hier eine OP eine Entl. verzögert)

Ein Patient möchte spazieren gehen "Nein das geht jetzt nicht, sie müssen erst noch einen Verband bekommen und der Arzt ist jetzt im OP. Wann er aus dem OP kommt??? Woher soll ich das wissen, bin ich hier für die Planung zuständig???"
Usw. usw. usw....über die gesamte Schicht sind immer andere Schuld , haben falsch geplant, nehmen nie Rücksicht auf die Pflege etc. etc.

Übergabe an den Spätdienst "Das war wieder ein Elend heute, da vergeht einem doch die Lust an Allem" (macht weiter bis dem Spätdienst schon vor Dienstbeginn der Frust eingeholt hat)

Versucht jetzt nicht mir zu schreiben solche Situationen gäbe es bei euch nicht. Dafür bin ich zu lange dabei--in unterschiedlichen Fachbereichen/ Kliniken/Bundesländern.

Leider ist unsere Außenwirkung so, und das müssen wir ändern. Konstruktiver Kritik (@Teilzeitschwester, Lin, Karo6) stehe ich immer offen gegenüber, damit kann man arbeiten und auch Veränderungen im Sinne der Pflege erreichen.

@Elisabeth Dinse
Deine Pflegefortbildungen und ihre Durchführungen --Spitze-- da habe ich Respekt. Ich hoffe Dein Arbeitgeber lässt Dir noch lange die Zeit dieses in vollem Umfang umzusetzen. Befürchten tue ich, wenn Du nicht wissenschaftlich nachweisen kannst, das durch Dein handeln Liegezeiten verkürzt werden, ist es bald vorbei, - leider für die Patienten.
Das Neurochirurgen nichts über Neurodermitis wissen kann uns doch egal sein, wir dürfen gern mehr wissen und dieses Wissen auch anwenden.

@dialyseheinz
Deine ersten Beiträge waren emotionsgeladen, anklagend, polemisch, überzogen. Daher meine erste Reaktion.
Was Du jetzt schreibst gefällt mir, auch wenn ich natürlich nicht in allen Punkten übereinstimme.
Niemand sollte irgendjemandem das Leben schwer machen, wir leben/arbeiten im Zeitalter der DRG, es wird nur gemeinsam gehen eine möglichst hochwertige Versorgung im Krankenhaus sicherzustellen.

Wir führen lediglich Tätigkeiten aus, die uns auch in unserer Ausbildung vermittelt wurden. Haftungsrechtlich gibt es also keine Bedenken (ich habe nie etwas zu iv Gaben geschrieben!). Einem Insultpatienten kann beim Lagern auch die Schulter luxiert werden und niemand kommt auf die Idee ihn wegen haftungsrechtlicher Bedenken nicht zu lagern. Warum also nicht Blutabnehmen und Verbände machen.

Pflegekammern sollen uns den Weg zur Selbstständigkeit möglich machen
Gut erklärt bei Wikipedia. Pflegemaßnahmen nach Diagnostik durch Pflegekräfte, verordnet durch Pflege, ohne das ein Arzt beteiligt wird.

Das erreichen wir nicht durch jammern, sondern durch kreatives mitarbeiten, deutliche Übernahme von Verantwortung und initiativer Organisationsübernahme.

Es gibt immer mehr Ärzte immer weniger Pflege
Immer mehr Ärzte, obwohl wir diese schon aus dem Ausland einkaufen müssen, warum nur??
Prof. Lauterbach (Gesundheitsexperte der SPD) sagt, den Kliniken ist freigestellt, wie sie die Erlöse innerhalb der Klinik verteilen.
D.H. sie können viele Ärzte oder viel Pflege oder viel Verwaltung einstellen.

Pflege die sich immer nur abgrenzt, destruktiv ist, wird auch in Zukunft immer mehr reduziert. Wir müssen die Veränderungen annehmen und sie nutzen, dann bekommen wir auch eine Lobby, die für unsere Gehälter einsteht.
 
Deine Pflegefortbildungen und ihre Durchführungen --Spitze-- da habe ich Respekt. Ich hoffe Dein Arbeitgeber lässt Dir noch lange die Zeit dieses in vollem Umfang umzusetzen. Befürchten tue ich, wenn Du nicht wissenschaftlich nachweisen kannst, das durch Dein handeln Liegezeiten verkürzt werden, ist es bald vorbei, - leider für die Patienten.

Wieso soll ich die das Wissen nicht wissenschaftlich untermauern können? Im Gegenteil. Die Verkürzung der Liegedauer erreiche ich ebenfalls, wenn ich pflegerisches Fachwissen einsetzen kann. Stichwort: Prophylaxe.

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Zur "Jammerdepression" deiner Kollegen: wenn sie in einem Beruf arbeiten wollen, wo täglich dieselbe Arbeit zu leisten ist, sollten sie ans Fließband bei VW wechseln. Da kann man frühs sagen, was an Arbeit anliegt in der Schicht. Aber ich möchte wetten, da würde auch gejammert... um des Jammerns Willen.

Elisabeth
 
@opnetz:
Ich hätte dazu noch eine Frage zu deinem Beispiel mit dem Visitengehen: wieviele vom Pflegepersonal gehen bei der Visite mit?

Ehrlich gesagt, solche Sprüche wie in deinen Beispielen kenne ich von meiner Station wirklich nicht. Und bei uns ist nicht gerade wenig los :emba: (Station mit der größten Auslastung, den meisten OPs, den meisten Aufnahmen täglich und den meisten Notbetten vom Haus :)).
Sicher ist es sehr demotivierend, wenn man bis 11 Uhr noch immer bei der 1. Pflegerunde ist, die Pat. nicht entlassen werden können (Arztbrief noch nicht fertig, Labor fehlt noch, usw) und Neuaufnahmen schon seit 8 Uhr aufs Bett warten - und auch nicht mehr freundlich sein. Und wenn man um 20.45 Uhr (eigentlich Dienstzeitende) noch 3 Pat. vom Aufwachraum holen kann, bereitet es auch nicht mehr wirklich Freude.

Aber ich glaube 1 Punkt, der uns vor der Jammerei bewahrt, ist ein Team, das man sich nicht besser nicht vorstellen kann. Wir tragen die Entscheidung, wer aufgenommen wird und wer nicht. Dadurch haben solche die sich negativ auswirken (ob es jetzt von der Arbeit nicht passt oder ob er einfach menschlich nicht ins Team passt).
Was unser Team so einzigartig macht?
Einerseits weil viel gelacht wird - wir können uns über die dümmsten Sachen den ganzen Tag lang schief lachen. Und das heitert den stressigsten Alltag ungemein auf. Wir sind ein sehr gemischtes Team aus Jung und Alt, aber Spaß kann man mit jedem machen.
Andererseits kann man mit jedem Ernst oder über Probleme (auch privater Natur) reden. Es gibt auch bei uns die 10-Min.-Suder (auf Deutsch: Jammer)-Runde. Jeder wird dabei ernst genommen und oft machen dabei sogar andere Berufsgruppen mit (Ärzte, Psychologen, wer halt gerade anwesend ist). Es wird versucht ernsthafte Probleme zu lösen und wenn das nicht möglich ist bzw. das Problem nicht so ernsthaft ist, artet es in Spaß aus.
Was auch noch so toll an unserem Team ist, man versteht sich. Teilweise fallen Meldungen, die ein Außenstehender nicht verstehen würde und glauben könnte, wir greifen uns persönlich an, aber dem ist bei weitem nicht so.

Versteht mich bitte nicht falsch, natürlich wissen wir, wenn Spaß nicht angebracht ist und kennen unsere Grenzen. Auch den Pat. gegenüber halten wir uns zurück :emba:. Die Pat. bekommen natürlich auch die stressigen Zeiten mit und nicht selten hören wir von ihnen, wie sehr sie uns dafür bewundern, dass wir gerade in solchen Zeiten noch immer mit einem Lächeln ins Zimmer kommen und Freude an der Arbeit haben.
Naja genug der Ausführungen, auf jeden Fall könnte ich mir nicht vorstellen, woanders zu arbeiten (auch wenn man dort für weniger Arbeit den gleichen Lohn bekommt).

Achja eines hab ich noch vergessen. Ich glaube auch die Mischung machts. Wir haben junge, alte, weibliche und sehr wichtig einige männliche Pfleger - bei einem "Zickenkrieg" holen sie uns schnell wieder auf den Boden zurück und behalten die Nerven, wenn die Schwestern sie schon verloren haben:).
Und es wird auch Rücksicht genommen, d.h. wenn jemand besagte Nerven verloren hat, wird demjenigen gesagt, er soll sich mal eine kurze 5min.-Auszeit nehmen (etwas essen, eine rauchen gehen, etc.).Da kann man sich besinnen, darüber nachdenken und mit neuem Elan an die Sache rangehen.

Gruß,
Lin
 
Der spagat welcher notwendig ist zwischen überforderung, ernsthaftigkeit, profesionalität und freude an der Arbeit, kollegialität trotz zeitmangel und kontroversen Meinungen, ein optimales Arbeitsklima hinzubekommen ist schon gewaltig! (wobei sich dies meiner ansicht nach nicht ausschliesst) Ich versuchte zeitweise duch überspitzung der problematik z.B. die schärfe des Themas etwas herraus zu nehmen. Leider entstand dadurch die meinung ich würde "emotionsgeladen, anklagend, polemisch, überzogen" argumentieren. Wie einfach es doch ist, zu werten ohne wirklich zu verstehen oder wenigstens nachzufragen...
Wie ich schon (versuchte) zu scheiben, die spezialisierung in der Krankenpflege ist notwendig um sie einerseits zum fachorientierten beruf zu entwickeln, andrerseits weil es sich um eine tätigkeit handelt die immer umfangreicher wird. Niemand kann mehr alles. Dies birgt aber in sich die Gefahr das jener welcher Fachausbildungen anstrebt sich damit auch versuchen könnte von der "Basispflege" zu verabschieden. Auf den Punkt hat das z.B. Elsabeth gebracht, die mittels ihrer weiterbildugen scheinbar anerkennung ihres Beufes erreichte. Das soll jetzt bitte nicht falsch verstanden werden! Elisabeth hat auch geschrieben das sie "profi in der Grundpflege" ist. (so verstehe ich auch jede Fachausbildung) Wenn aber erst durch zusätzliche weiterbildung oder übernahme "ärztlicher" tätigkeiten der stellenwert gehoben werden kann den Pflege zur zeit einnimmt
stimmt etwas nicht mit dem Beruf! (eine Arzt z.B. wird ernstgenommen auch ohne Facharztausbildung sein Beruf findet auch in der "grundversion" anerkennung)
In der Praxis bedeutet der Fachabschluss einer weiterbildung jedoch nicht das man bessere Arbeitsbedigungen habe. Es wird nicht honoriert im gegenteil, die Fachausbildung hat auch den Teilnehmer Geld gekostet. Eine Zukunftsinvestition war sie aber meisst nicht da sie nicht zu einer höheren bezahlung fürt. Dies ist meiner ansicht nach nicht hinnehmbar.
Zudem kommt das man durch eine Fachausbildung (oder die übernahme pflegefremderer aufgaben) nicht vom restlichen Arbeitsaufwand entfernter wähe. Also eine zusätzliche Aufgabe warhnimmt. (So sehen es bestimmt auch die Arbeitgeber) Damit drängt sich aber der Gedanke auf man sei mit "Basispflege" nicht genügend ausgelasstet...
An alle die noch immer der ansicht sein könnten ich würde jammern... ne das ist nur die beschreibung der realität.
Weder in der Gesellschaft, bei ärzten, in der Politik... noch unter uns selbst ist "Basis" Pflege ein anerkannter vollständiger Beruf. Er wird als eine Art "Nachstenliebetätigkeit" "Hausfrauen(Männer) job (nicht Beruf) gesehen.
... muss leider auhören... dienst...:emba:
 
In der Grundausbildung hab ich auch nur das Handwerk gelernt... die Fragen nach dem WARUM kamen erst mit der Zeit.

Elisabeth
 
@Lin

Plötzlich liegen wir gar nicht mehr weit auseinander.
Deine Beschreibung klingt, als würdest Du auf unserer Station arbeiten.
Auch wir führen das Belegungsmanagement aus, sprechen mit fast allen chirurgischen Stationen der Klinik die Aufnahmen ab (auch fachübergreifend/fremdbelegend) und können so Belastungsspitzen in unserem Sinne kappen.
Der Satz "immer sind wir diejenigen, die die pflegebedürftigen Pat. bekommen" ist seitdem unbekannt.
Aber nur, weil wir als Pflege diese Verantwortung initiativ eingefordert haben.

Auch wir sind vom Alter und Charakter her gemischt, es wird viel gelacht und wir haben Spaß an flexibler Arbeit, die Grund-, Behandlungspflege, Beratung, Organisation etc. etc. enthält.

Es hat 3-4 Jahre gedauert bis das Team so dasteht, aber wir sind nicht am Ende. Es würde mich freuen, wenn es gelingt viele andere auch zu überzeugen, dass unsere Art zu arbeiten entspannter ist, auch wenn wir mehr Verantwortung tragen.

(PS: Das Problem mit den um 8:00 Uhr wartenden Patienten hatten wir auch. Jetzt rufen wir den Patienten am Vortag an und bestellen ihn zu einem realistischen Zeitpunkt auf die Station. Manchmal gibt es einen Rüffel, weil der OP Plan umgestellt wurde und der Pat noch nicht da ist, aber QM bekommt deutlich weniger Beschwerden der Pat. auf den Tisch und daher freuen sich alle über ein gutes Ergebnis)

PSPS: Teilnehmer der Visite: Bereichspflegekraft, Stationsarzt, Physiotherapeutin (meistens), Casemanagerin
Beginn 7:30 und funktioniert gut


@dialyseheinz

Ich kann auch verbale Purzelbäume schlagen und wundere mich oft, warum ich nach Doppelsalto mit Dreifachschraube plötzlich neben der Matte lande.
Das ist mir in der Vergangenheit häufig so gegangen.
Auch wir liegen mit unsere Meinung nicht weit auseinander und ich teile viele Deiner Auffassungen. Die gesellschaftliche Anerkennung des Berufes ist gering, auch wenn die Pat. vor Ort immer sagen wie toll sie uns finden.
Ärzte haben per se eine hohe Anerkennung, auch wenn sie schlecht sind. Wir müssen uns diese Anerkennung erarbeiten, dass funktioniert nur durch ein positives Bild nach außen. Das heißt, nicht durch Abgrenzung und Jammern (nur um 1x etwas zum Thema zu schreiben), sondern durch Weiterentwicklung und Annahme der Entwicklungen im Gesundheitswesen.

Der Beruf verändert sich und wir müssen diesen Weg mitgehen (ohne die "Basispflege" zurückzulassen). Sonst werden wir die PflegehelferInnen von morgen und dürfen alle grundpflegerischen Tätigkeiten (einschließlich Bobath, Fott, Kinästhetik etc. etc.) zum PflegehelferInnengehalt ausführen.

Unbedingt erreicht werden muß eine leistungsbezogene Bezahlung, wer sich fortbildet und diese Funktion auch ausführt muß dafür auch entlohnt werden. Wer das nicht macht bleibt eben beim Grundgehalt.

@Elisabeth Dinse

Prophylaxen können leider auch zackzack ausgeführt werden, sehr unangenehm für den Patienten.
Die Verwissenschaftlichung der Pflege führt dazu, das wir Behauptungen beweisen können.
Z.B. Expertenstandard "Dekubitus": jetzt wissen wir, das 4stündliches 30 Grad lagern gut vor Dekubitalgeschwüren schützt, gefühlte 150 Jahre haben wir 2 stündlich 90 Grad/30 Grad gelagert.
Das heißt, wir müssen beweisen, dass Prophylaxen nach Bobath, Fott etc. tatsächlich wirksamer sind als "zackzack" Prophylaxen und helfen die Liegezeiten zu verkürzen. Dann behälst Du auch die Arbeitsminuten für die korrekte Durchführung.
 
Also, ich würd ja gern mal an Deinen Arbeitsplatz hospitieren, so hätt ichs bei uns mal gern.
Unsere Leitunsposition ist übrigens nicht besetzt....solltest Du Dich verändern wollen....ist ein Scheeeerz.:nurse:

Es war eine gute Idee von Dir, diese Diskussion zu starten.
Gruß aus dem Rheinland.
 
Z.B. Expertenstandard "Dekubitus": jetzt wissen wir, das 4stündliches 30 Grad lagern gut vor Dekubitalgeschwüren schützt, gefühlte 150 Jahre haben wir 2 stündlich 90 Grad/30 Grad gelagert.

Für die rot markierten Textstellen hätte ich gerne eine genaue Quellenangabe. Mir ist nicht bekannt, dass ein Wechsel von 2 auf 4 Stunden besser sein soll. Ebenfalls hätte ich gerne gewußt, wo 90° Lagerungen in den Maßnahmen gegen Dekubitus standen.

Elisabeth
 
Das Problem mit den um 8:00 Uhr wartenden Patienten hatten wir auch. Jetzt rufen wir den Patienten am Vortag an und bestellen ihn zu einem realistischen Zeitpunkt auf die Station.

Wäre wirklich eine gute Idee. Leider führt bei uns die Ambulanz den Vormerkkalender und wir kennen höchstens Name, Geburtsdatum und Aufnahmegrund.
Aber zurück zum Thema :mrgreen:

Gruß,
Lin
 
Hallo an Alle:knockin:,
bin noch ganz frisch, habe mich gerade eben erst registriert, verfolge aber schon seit Tagen sehr interessiert diesen Thread "Jammerdepression"!

Speziell an Opnetz hätte ich mal eine Frage!
Könnte es sein, dass Du dir die Harmonie und "überdurchschnittlich" gute Organisation Deiner Station "schön redest"?
Seit 1983 bin ich examinierte Krankenschwester und habe diverse Stationen durchlaufen. Teils um mich umzuorientieren, teils wegen Stationsauflösung. Ich habe gut durchorganisierte, mäßig bis schlecht organisierte Stationen erlebt. Aber so eine "besonders harmonierende, organisierte" Station habe ich noch nicht erlebt. Die Menschen sind einfach zu verschieden, also gibt es IMMER Meinungsverschiedenheiten, auch im Umgang mit den Ärzten.
Arbeitest Du auch in der Pflege, am Patientenbett oder organisierst Du?
Es hört sich ein wenig nach Angriff von meiner Seite an, soll es aber nicht sein. Es ist eine rein sachliche Bemerkung/Frage.

Bei uns auf der Neurochirurgie mit 34 Betten, wird nicht gejammert, sondern sachlich über den immensen Arbeitsaufwand gesprochen.
Verbandswechsel (Drainagen ziehen, Fäden ziehen, Spül-Saugdrainagen versorgen usw usf) sind pflegerische Tätigkeiten. I.v. Antibiosen anhängen ebenfalls. Erbrechende Patienten nach Narkosen werden eigenmächtig von uns mit Infusionen versorgt. Entnahmedaten von Blutwerten werden vor OP von uns überprüft, eventuell bei Veralterung wiederholt und den Ärzten vorgelegt. Bei Kopfoperationen erinnern WIR häufig die Ärzte daran, dass noch Erykonzentrate abgenommen werden müssen.
Neue Ärzte, nachts von uns angerufen wegen Problemen bei Patienten wegen Fiebers, Durchgangsyndrom etc, fragen UNS was man denn da machen könnte.
Deshalb sind wir aber nicht unbedingt stolz auf unsere Tätigkeiten, sondern die jüngere Generation natürlich überfordert.
Dafür begleiten wir die Patienten nicht mehr in den OP, holen sie nicht mehr aus dem Aufwachraum ab, haben selten Zeit die Ärzte bei ihren Visiten zu begleiten.
Teilweise sind 70-80% unserer Patienten Kopfpatienten, mit Hemiparesen, Durchgangsyndromen, Krampfanfällen, Reanimationen.
Das da wenig Zeit bleibt für persönliche Gespräche unter den Mitarbeitern ist ja wohl verständlich. Das man schon mit Bauchschmerzen in den Nachtdienst (natürlich alleine wachen, keine Laufwache mehr) geht, ist wohl auch verständlich.
Wir jammern aber nicht, sondern sind häufig einfach überfordert.
Ebenso unsere Ärzte. Wir haben jetzt schon den zweiten Stationsarzt zu beklagen, der nach einem Herzinfarkt WÄHREND des Dienstes ausfällt.
Diese Schliderung entspricht absolut der Wahrheit und ist nicht übertrieben.
Viele Grüße
Sanne
 
@sanne3

Es gibt sie die Stationen, die gut organisiert sind, gut laufen und auf denen eine weitgehende Harmonie liegt. "Lin" schreibt über ihre Station ebenso.

Ich muß mir selbst nichts schön schreiben, wir haben das organisatorische Rad nicht neu erfunden. Sondern wir nehmen gerade organisatorische Probleme an und lösen sie zu einem hohen Prozentsatz in unserem Sinn.
Der Erfolg gibt uns Recht und überzeugt auch andere.
Natürlich gibt es auch bei uns Meinungsverschiedenheiten -in jeder bekannten Richtung, aber sie werden vernünftig besprochen.
Wir versuchen nicht nur den Konflikt zu beheben, sondern auch das Problem dahinter zu lösen. Klingt auch schöngeschrieben, klappt auch nicht immer, aber meistens.
Ich arbeite überwiegend in der Organisation, betreue also keinen eigenen Bereich, sondern bin nebenbei Mädchen für Alles für die Bereichsverantwortlichen.
D.h. hier lagern helfen, dort beim Waschen unterstützen, dann einen Patienten in den OP bringen. Die restliche Zeit bediene ich das Telefon (ausschließlich schnurlos, um überall sein zu können), bin zu diversen Besprechungen unterwegs etc. etc. was man als Leitung so machen muss.

Es liegt mir fern jemandem, der unter einer wirklichen Überlastung/Überforderung zu leiden hat, der Jammerdepression zu bezichtigen. Die kommt erst zustande, wenn man nicht mehr bereit ist Probleme zu lösen, sondern sich darauf konzentriert sie anzuklagen....und zu bejammern.


Liebe Lin,

ich habe darüber nachgedacht, wie ich meinen Beitrag schreibe, ohne Dir das Gefühl zu geben Du würdest doch jammern --- das möchte ich nicht!

Ich möchte Dein Beispiel benutzen, um aus unserer Vergangenheit zu berichten.

Alle elektiven nüchternen Patienten (natürlich voller Ängste) kamen um 7:00 Uhr---keine Betten frei---alle Pat. in den Tagesraum geschickt---dann ging es los: Wann bin ich endlich dran??-- Wieso muß ich jetzt schon hiersein??---Wieso wurde ich so früh einbestellt, wenn kein Bett frei ist und mein geplanter OP Termin erst um 12:00 Uhr usw. usw.
Die mit der Morgenarbeit beschäftigten KollegInnen reagierten natürlich schnell genervt--Kann ich nichts dafür---Ich mache die Planung nicht---Fragen sie doch den Arzt---
Ruckzuck war die Stimmung auf einem negativen Höhepunkt.

Und bei den KollegInnen türmte sich die Belastung auf (zu Recht!!!)--An uns denkt sowieso niemand-- Wir zählen nicht-- Uns nimmt keiner Ernst--
sind darauf aber die falschen Reaktionen

Wir haben, und das meine ich mit initiativer Organisationsübernahme,
die PDL, den Chefarzt und den OP Koordinator davon überzeugt, das es für die Patienten entspannter ist und sie den Eindruck einer vernünftigen Organisation bekommen, wenn sie zeitnah zum OP Termin einbestellt werden. Das ginge nur durch uns, die Pflege auf der Station.
Das probieren wir mal aus hieß es dann, vielfach belächelt (...das macht ihr keine 4 Wochen...) und läuft jetzt im 4. Jahr.
Der gesamte morgendliche Psychostreß ist minimiert, die Pat. sind zufrieden, auch weil wir ihnen nochmal sagen, das sie bis 2 Stunden vor der Op trinken dürfen, also nicht vollkommen nüchtern anreisen müssen. Das ist ein Beitrag für die bessere Laune bei den Patienten.

@Lin
Ich weiß natürlich nicht wie belastet ihr mit den elektiven Pat seid. Theoretisch braucht ihr nur noch die Telefonnummer und den OP Termin und die Genehmigung Eurer Gesamtleitung. Meine Erfahrung ist, alles so darstellen, das es ein Vorteil für die Patienten ist, das wir auch provitieren nehmen wir einfach so mit.
Solltet ihr diese Funktion übernehmen, würdest Du feststellen: wenige Minuten Arbeit am Nachmittag entspannen den nächsten Vormittag deutlich.
 
@opnetz: Vielen Dank für deine Antwort und deinen Rat. Ich möchte zuerst gleich sagen, dass wir in naher Zukunft einen stationaren Vormerkkalender bekommen. Ich hoffe dadurch vermindert sich dieses Problem. Bin schon gespannt :).

Wir haben sehr wenige Pat., die zur Aufnahme kommen und am gleichen Tag operiert werden, meist erst am nächsten Tag und dann werden sie sowieso erst später (also ca. 10 Uhr vorgemerkt). Unsere geplanten Aufnahmen, bei denen wir das Problem mit der Warterei haben, sind die die zur Chemo, zum Staging oder Kontrollen kommen. Sie haben meist vormittags Untersuchungen. Da gehts leider schlecht das sie später kommen.
Im Team haben wir dieses Problem vor kurzem besprochen und wir versuchen den Pat. die Wartezeit etwas zu verkürzen, indem wir sie etwas "ablenken" z.B. wenn sie nicht mehr nüchtern sein müssen - Frühstück im Aufenthaltsraum servieren, Harnprobe gleich abgeben lassen, Essen für nächsten Tag aufschreiben, usw. Diese Woche haben wir es ausprobiert und viele positive Rückmeldungen von den Pat. bekommen (z.B. "Die Wartezeit ist mir nicht so lange vorgekommen", "Ich hatte das Gefühl nicht vergessen zu werden", usw.)

Ein Problem ist halt, dass die Pat. gestaffelte Termine bekommen., aber viele meinen natürlich wenn er um 7 Uhr schon in der Ambulanz ist geht es schneller, daraus folgt, dass wir auf der Station die geballte Menge an Aufnahmen um ca. 9 Uhr bekommen und dann dauert es schon eine Weile die Kurven auszuarbeiten. Sicher verstehe ich auch die Ambulanz, die die Pat. auch nicht warten lassen wollen, wenn sie auch schon um 7 Uhr kommen statt um 9 Uhr.

Aber wie gesagt, ich freue mich schon auf den stationären Vormerkkalender :mrgreen:.

@sanne3:
Es ist schade zu hören, dass du solch schlechte Erfahrungen machen musstest. Ich kann dir aber trotzdem sagen, dass es Stationen gibt, wo man wirklich gerne zur Arbeit geht. Natürlich kann ich nicht behaupten wir sind perfekt organisiert (siehe obiges Problem), aber ich kann mit gutem Gewissen sagen, dass es meist nur "kleine Problemchen" sind. Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Pflegepersonal oder auch mit anderen Berufsgruppen, sprich Ärzten, erlebe ich sehr selten. Und wenn, dann wird das auf sachlicher Ebene ausdiskutiert. Ich habe es auch nie kennengelernt, dass ein Arzt herumschreien würde oder sich gegenüber uns im Ton vergreift. Jeder weiß, dass es ohne den anderen nicht gehen würde und auch die Ärzte fragen uns mal um Rat, z.B. welches Abführmittel wir geben würden (blödes Beispiel, aber mir ist es spontan eingefallen), bzw. lassen uns auch sehr viel Entscheidungsfreiheit (natürlich was im rechtlichen Rahmen möglich ist).

Wenn ein neuer Arzt kommt, ist es selbstverständlich, dass wir ihm auch mal einen Rat geben bzw. ihm zeigen, wie eine DK-Legung funktioniert. Dafür ist auch umgekehrt so, dass eine neue Schwester, die z.B. bei etwas was sie noch nie gemacht hat, assistieren muss, erklärt bekommt. Ich musste anfangs gleich mal beim Bougieren der Harnröhre assistieren und hatte keine Ahnung, wie ich alles vorbereiten soll bzw. wie das überhaupt funktioniert. Aber meine Angst davor war umsonst, der Arzt ist mit mir vorher alles durchgegangen, hat mir gezeigt wie ich den Tisch vorbereite und was ich ihm wann anreichen soll.
Ich denke, wenn Berufsgruppen so eng zusammenarbeiten, sollten sie das auch tun und nicht sich gegeneinander das Leben/die Arbeit schwer machen.

Gibt es keine Möglichkeiten abzugeben (Verwaltungsarbeiten) um sich wieder mehr der Patientenbetreuung widmen zu können?
Wie haben bis vor zwei Jahren am Nichtaufnahmewochenende alleine Nachtdienst gehabt, bis die Nachtdienstschwester am Morgen heulend im Dienstzimmer saß, weil sie die Pat. alleine nicht mehr ausreichend versorgen konnte. Es reicht schon ein verwirrten Pat, den man nicht alleine lassen kann, weil er z.B. nach einer Operation sich alles entfernt, wer geht dann zur Glocke oder versorgt einen anderen Notfall? Es geht auch nicht, jedesmal die Nachbarstation anzurufen, wenn eine Glocke läutet. Ab diesem Zeitpunkt machten wir nicht mehr alleine Nachtdienst.

Ich wünsche dir auf jeden Fall viel Glück und hoffe, dass ihr es schafft etwas zu ändern.

Gruß,
Lin
 
Hallo Lin,
es sind nicht unbedigt schlechte Erfahrungen, die wir auf unserer Staton machen!
Es ist soweit auch alles gut durch organisiert, sonst würde man das Arbeitspensum gar nicht schaffen. Wir haben unsere Pflegestandards, sind ein gut eingespieltes Team und treffen uns dafür auch mal privat.
Es gibt eben die sogenannten Stosszeiten, die sicherlich jede Station kennt.
Unsere Pflege kommt nicht zu kurz. Die Patienten werden regelmäßig geduscht, gewaschen, werden häufig von uns mobilisiert, da die wirklich guten Krankengymnasten das Rückkehrrecht von der Stadt in Anspruch genommen haben, erhalten ihre Ansprache und werden gut versorgt.

Besonders schön ist es für uns, wenn die wirklich schweren Pflegefälle mit Hemiparesen, Ernährungssonden, fast appalisch, nach ihrer Reha fidel zu uns auf Station kommen um uns zu besuchen. Häufig erkennen wir die Patienten gar nicht wieder.

Zur Zeit haben wir wieder ein entspannteres arbeiten, das wird dann auch genossen.
Übrigens Abführmaßnahmen und DK legen ist eigentlich eine Pflegetätigkeit. Unsere Ärzte können gar keinen DK legen:mrgreen:.

Unsere Ärzte gehen uns auch zur Hand, so ist es nun nicht. In meinem letzten Nachtdienst stürzte eine Patientin, das eine Bein plegisch und der andere Fuß scheinbar gebrochen, zudem war die Frau "etwas" übergewichtig. Unsere Stationsärztin hatte Dienst. Nach meinem Anruf eilte sie sofort herbei um die Frau ins Bett zu bekommen.
Ich persönlich arbeite sehr gerne Neurochirurgisch und könnte mir nichts anderes vorstellen, sonst wäre ich schon längst "weg".
Viele Grüße
Sanne
 
Übrigens Abführmaßnahmen und DK legen ist eigentlich eine Pflegetätigkeit. Unsere Ärzte können gar keinen DK legen:mrgreen:.

Sicher, die Durchführung der Abführmaßnahmen ist Aufgabe der Pflege, aber das Med. bestimmt der Arzt - er fragt eben trotzdem uns, da wir die Wirkungsweisen am lebendem Beispiel häufiger sehen :). DK legen bei Frauen darf auch jeder, aber bei Männern darf es nur das Pflegepersonal unserer Station. Auf jeder anderen müssen sie einen Arzt holen (vielleicht nur hausintern so geregelt) und da sollten sie es natürlich auch können.

Später mehr dazu, muss jetzt in die Arbeit.

Gruß,
Lin
 
@ Elisabeth Dinse

Wir kommen zu weit vom Thema ab.
90 Grad war Tradition, aus der damaligen Zeit gibt es nichts schriftliches, das ist ja das Dilemma.
Erlebnisberichte von F. Nightingale, aus der die Tradition der 2 Stunden stammt, aber keine Studien.
Pflege hat nie nachgefragt, nie kontrolliert, nur emotional aus dem Bauch heraus gehandelt. Wir müssen noch viele Dinge einfordern und Studien unterstützen. Allein wenn ich an die Quark vs. Eis Diskussion denke graust es mich.

@Lin und @sanne

Wir haben es offensichtlich geschafft berufsübergreifend und kooperativ mit anderen Berufskollegen (nicht nur den Ärzten) zusammen zuarbeiten.
Aber wie sieht es auf anderen Stationen, Fachbereichen, Kliniken aus?
Meine Erfahrung ist, es wird eindeutig gejammert, teilweise auf hohem Niveau. Es gibt häufig keine Bereitschaft irgendetwas zu bewegen oder auch nur zu versuchen Dinge objektiv zu betrachten.
Ohne das eine Überlastung vorhanden ist.

Bei uns und in Kliniken in denen ich vorher gearbeitet habe ist es leider so.

Könnt ihr ähnliches beobachten?

@sanne

Eure KG´s hatten ein Rückkehrrecht? Schreibst Du aus Hamburg? Wenn ja habt ihr eine schwere Zeit gehabt nach dem Verkauf des Landesbetriebes.
Soweit ich gehört habe konsolidiert sich das ganze zur Zeit und neue Kräfte werden eingestellt.
Die Möglichkeit sich einzubringen und Veränderungen positiv für uns zu beeinflußen.
Im AK Altona soll es bereits eine Vereinbarung geben, nach der Pflege BE´s und Verbände macht und dafür Arztstellen nicht besetzt wurden.

Gespannt gucke ich auch nach Bremen, dort beginnt man in den städtischen Kliniken jetzt erst sich auf das Ende der Konvergenzphase vorzubereiten. Zu spät, das wird hart.
Aber auch dort gibt es die Möglichkeit Felder zu besetzen, die uns als Berufsgruppe vorwärts bringen.

Frühstückspause vorbei der Dienst ruft
 
@opnetz

Genau da liegt das Problem der Pflege. Sie handelt aus dem bauch heraus und weiß eigentlich nicht was sie tut. Da ist es ein leichtes ärztliche Tätigkeiten zu übernehmen. Der Arzt weiß (sollte wissen) was er tut, er verantwortet die Ansetzung. Das Risiko minimiert sich für die Pflegekraft was falsches zu machen.

Wie wäre es, wenn Pflegekraft endlich lernt das empirische Wissen mit anderen Wissensquelen zu verknüpfen. Dann wird wahrscheinlich sogar deutlich, dass Quark einen kühlenden und abschwellenden Effekt hat, während Eis nur kühlt.

Elisabeth
 
@opnetz

Dann wird wahrscheinlich sogar deutlich, dass Quark einen kühlenden und abschwellenden Effekt hat, während Eis nur kühlt.

Elisabeth

Woher weißt du, dass Eis nur kühlt?
Die Kühlung bewirkt ein Zusammenziehen der Blutgefäße, also auch dezentes Abschwellen. Bei frischen Frakturen verhindert man, dass die Exremität überhaupt erst anschwillt ( - erschwerte Op-Bedingungen). Zudem schmerzlindernd.
 
*offtopic*http://www.krankenschwester.de/foru...quarkwickel-wichtigsten-wickel.html#post71571

Wir sollten hier bei der "Jammerdepression" bleiben.

Warum wird soviel gejammert?
These:
Die Ursachen für Jammern lassen sich v.a. im persönlichen, im sozial-, und organisationspsychologischen und im gesellschaftlichen Bereich finden. Bei all diesen genannten Feldern spielt insbesondere der Rollenkonflikt zwischen Wunschbild und Realität eine große Bedeutung. Ist die Diskrepanz zu groß steigt die emotionale Enttäuschung stark. Eben diese Enttäuschung stellt die Grundlage für das Jammern dar.


Persönliche Ursachen
Folgende persönliche Aspekte begünstigen die Jammertendenz:
Neurotizismus: Eigenschaften wie Ängstlichkeit, mangelnde Selbstachtung, Neigung zu Irritationen, Sorgen und Depressionen, Neigung zu Zwanghaftigkeit, Schuldanfälligkeit und ein labiles Selbstwertgefühl sind bei Jammereren auffällig.
Perfektionsstreben: Jammerer setzten sich oft zu hohe Ziele und haben Probleme, Kompromisse einzugehen. Das wirkt sich nachhaltig auf ihre Handlungsplanung und -bewertung aus.
Helfersyndrom: Es wird versucht, Versagenserlebnisse und versagte Zuwendung in der Kindheit nun durch die eigene soziale Tätigkeit zu kompensieren. Der Helfer gibt die Zuwendung, die er empfangen möchte. Personen mit dem Helfersyndrom versuchen, ihr labiles Selbstwertgefühl durch die Aufopferung an eine große Aufgabe und die damit verbundene Dankbarkeit vieler Hilfsempfänger zu stabilisieren.
krankhafter Ehrgeiz: Menschen deren Selbstwertgefühl größtenteils auf ihren beruflichen Leistungen beruht, zeigen eine häufig krankhafte Sucht nach Erfolg. Diese wird meist durch die elterliche Erziehung geprägt, nämlich genau dann, wenn die Zuneigung und Liebe direkt von den vorgezeigten Erfolgen der Kinder abhängt.
besondere persönliche Defizite: Eine schlechte Ausbildung, die Misserfolge provoziert und die Unfähigkeit, anderen Grenzen zu setzen, können die Jammerdepressionbegünstigen.
...
Soziale und organisationspsychologische Ursachen Folgende Ursachen für Jammern stehen besonders in Zusammenhang mit den Umweltfaktoren der Helfer: Ein Wechsel der Arbeitssituation, wie z. B. der Einstieg in den Beruf, ein Wechsel des Vorgesetzten, ein Wechsel der Arbeitsstelle oder ähnliches sind häufig Auslöser für die Jammerdepression. Dabei ist ein guter Einführungsprozess vor allem bei Berufsanfängern als vorbeugende Maßnahme sehr wichtig.

Die Arbeitsbelastung stellt eine weitere Einflussgröße dar. Eine konfliktreiche Rolle, die Unmöglichkeit, sich die Klientel auszusuchen, für den Betroffenen schwierige Klientel, die zeitliche und organisatorische Unmöglichkeit, mit der Klientel befriedigend zu arbeiten und zeitraubende sinnlose Verwaltungsarbeit fördern das Jammern. Auch das Ausmaß der intellektuellen Anregung beeinflusst das Jammer-Risiko. ... Weiterhin wird Jammern begünstigt durch zu sachlichen, zu einseitigen und zu unpersönlichen Kundenkontakt und durch mangelnde Möglichkeiten des Helfers, sich selbst in die Arbeit einzubringen und eigene Entscheidungen zu treffen.

Zudem steigt die Jammertendenz, wenn die Ziele und Erfolgskriterien der Arbeit nicht klar definiert sind, wenn das Team nicht die gleichen Ziele verfolgt oder wenn der Helfer Ziele verfolgen muss, die gegen seine eigenen Wertvorstellungen verstoßen. ...Außerdem wird die Jammerdepression durch „schlechten“ Kontakt zum Vorgesetzten begünstigt, wenn Betroffene beispielsweise zu wenig Rückmeldung, Lob und Anerkennung bekommen. Auch zu starke Kontrolle und schlechtes Arbeitsklima steigern die Jammer-Gefahr.
...
weiterlesen unter Burnout-Syndrom Wikipedia und statt Burnout Jammern einsetzen.

Elisabeth





Elisabeth
 
Hallo Elisabeth,
ein sehr interessanter Link!
Aber mal ganz ehrlich. Haben wir, die im Krankenpflegebereich tätig sind, nicht alle sowieso einen kleinen "...Schaden":mrgreen::mrgreen::mrgreen:?
Warum sonst nimmt man die langen und wechselnden Dienste auf sich?
Heute habe ich meinen 9. Dienst am Stück.
Warum sonst trägt man diese immense Verantwortung, die der Beruf nun mal beeinhaltet?
Ich denke mal, wer sich diesen Beruf aussucht und lange und gerne in Diesem arbeitet, ist mit Leib und Seele dabei. Die Frage ist nur WARUM?
Ich gehöre dazu. Könnte mir für die Zukunft nichts anderes vorstellen, auch nicht nach meinen 27 Jahren Krankenschwesterntätigkeit.

@ Opnetz,
leider hast Du mich ertappt:)!
Habe zu viel geschrieben, ohne zu überlegen. Arbeite in Hamburg.

Übrigens, zu dem ursprüglichen Thema "Jammerdepression"!
Eben rief mich mein Mann an, ein "Bürohengst" und jammerte mir die Ohren voll. Was er alles zu tun hätte und das er gar keine Lust mehr hätte usw usf. Diese Jammerdepression gibt es also auch in anderen Berufszweigen:mrgreen:.
Viele Grüße
Sanne
 
Hallo Elisabeth,
wirklich ein sehr interessanter Link.

Die Arbeitsbelastung stellt eine weitere Einflussgröße dar. Eine konfliktreiche Rolle, die Unmöglichkeit, sich die Klientel auszusuchen, für den Betroffenen schwierige Klientel, die zeitliche und organisatorische Unmöglichkeit, mit der Klientel befriedigend zu arbeiten und zeitraubende sinnlose Verwaltungsarbeit fördern das Jammern. Auch das Ausmaß der intellektuellen Anregung beeinflusst das Jammer-Risiko. ... Weiterhin wird Jammern begünstigt durch zu sachlichen, zu einseitigen und zu unpersönlichen Kundenkontakt und durch mangelnde Möglichkeiten des Helfers, sich selbst in die Arbeit einzubringen und eigene Entscheidungen zu treffen.

In diesem Absatz wird vieles verdeutlicht, was ich vielleicht zu unklar ausgedrückt habe.
Wir arbeiten weisungsabhängig (wie in annähernd jedem Beruf) bekommen die Patienten zugewiesen und haben tatsächlich wenig Möglichkeiten Entscheidungen zu treffen.
Verbunden mit einer hohen Arbeitsbelastung führt dieses zu Jammerdepressionen im schlimmsten Fall zum Burn Out---dazwischen sehe ich noch große Unterschiede.

Darum, wir müssen initiativ neue Verantwortungen einfordern, "das Ausmaß der intellektuellen Anregung beeinflußt uns" heißt es in dem Artikel; ganz klar - Überforderung ist nicht gut. Aber, das wir uns bewußt unterfordern kann nicht die Lösung sein, sondern ist der direkte Weg in die Jammerdepression.
Gerade die jungen KollegInnen, die hier kurz im Thema mitgeschrieben haben erwarten für ihre Zukunft mehr. Auch neue Verantwortungen.

Elisabeth, Du hast, wenn ich alles richtig verstanden habe, geschrieben das Du Spezialistin für Grundpflege bist. Oder Dich so verstehst. Und ich habe den Eindruck, Du bist in dem Bereich sehr engagiert und beliest Dich und bildest Dich fort. (nochmal, großen Respekt dafür)
Sprich, Du hast für Dich die ideale Form, auch des intellektuellen Anspruches gefunden. Richtig?? Daher keine Jammergefahr bei Dir.

Ich selbst bin halt stark an den organisatorischen Inhalten und den Möglichkeiten mitzuentscheiden interessiert, ohne die Pflege am Patienten zu vergessen!
Mein Bild von der Pflege ist breit angelegt und wenn wir als selbständige Berufsgruppe so weiter existieren wollen, müssen wir auch breiter denken.
Unglaublich viele KollegInnen gehen nur studieren, weil ihnen auf der Station zu wenig geboten wird, weil sie sich eingestehen--für 40 Jahre Arbeit--- ist es mir nicht genug.

@sanne
Jammern gibt es überall, es darf nur nicht dazu führen, dass man sich selbst im Weg steht und zu einem eigenständigen Problem wird.

Ich möchte mich auch nicht besser darstellen als ich bin, es gibt Tage da bin ich genervt und gestresst und finde alles S....*. Aber morgen ist ein anderer Tag und gestern wird abgehakt.

(Schöne Grüße an meine alte Heimat Hamburg- ´84 bis ´90 im UKE)
 

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