Ich frage mich mittlerweile, ob die Pflege überhaupt therapiewillig ist! Ich bin zwar gleich nach meinem Examen ins Ausland, aber in den drei Jahren der Ausbildung habe ich so viele erscheckende Beispiele von Inkompetenz und "sich um die Verantwortung drücken wollen" erlebt, dass ich nicht mehr glaube, dass die Pflege in ihrer Gesamtheit überhaupt dorthin will, wo wir es gerne hätten!
Ich könnte endlos Beispiele wie die folgenden erzählen:
Zwei examinierte Krankenschwestern im Spädienst streiten sich darum, ob sie bei einer Patientin, die die Beine gewickelt bekam, die Binden über Nacht entfernen sollen oder nicht. Nachdem sie sich nicht einigen rufen sie den Arzt an, der daraufhin entnerft fragt, warum er denn so einen S**** auch noch selber anordnen müssen und ob sie nicht ein eigenes Gehirn zum denken hätten!
Auf einer Station wird versuchsweile das Primary Nusing System eingefüht. Nach kurzer Zeit spricht sich die grosse Mehrheit der Pflegenden auf diese Station gegen diese System aus mit der Begründung, dies sei ihnen zuviel Verantwortung...
Die Visite wird entweder von den Pflegenden boykotiert mit der Begründung, dass sein sowieso nur Arztsache, oder die Krankenschwester übernimmt nur die Rolle der Aktenträgerin. Auf einer Station wollte ein junger, engagierter Stationsarzt daran etwas ändern (Wie erbärmlich für die Pflege, wenn sie einen Arzt brauchen, um an ihrer Situaton etwas zu ändern...) Der Arzt setzte durch, dass vor Betreten des Zimmers ein Arzt -Pflege - Gespräch stattfand, in dessen Rahmen man sich gleichberechtig über den Patienten austauschte und nach Lösungsmöglichkeiten suchte. Im Patientenzimmer sollten dann Arzt und Schwester als gleichberechtige Partner vor dem Patienten auftreten. Das Konzept wurde nie komplett realisiert, da sich viele Pflegende weigerten mit der Begründung, dafür hätten sie keine Zeit, der Arzt solle ihnen einfach die Anordnung nennen, so könnten sie viel schneller mit der Ausarbeitung beginnen...
Ein Auskultieren der Darmgeräusche vor einen Einlauf findet nicht statt. Die Plfegekraft nimmt die Gefahr, dass bereits ein paralytischer Ileus besteht bewusst in Kauf und meint, der Arzt müsse schliesslich wissen, was er tut und wenn nicht, und es zu einer Perforation kommt, sei das schliesslich nicht ihr Problem, sondern dass des Arztes. HALLO! War da nicht mal etwas von "Der Patient steht im Mittelpunkt der Pflege! Ist ein perforierter Darm nicht erst einmal des Problem des Patienten??? Wenn unter solchen Umständen Pflege fordert, selbstständig abführende Massnahmen anorden zu dürfen, erscheint das sehr fragwürdig.
Solche Beipiele könnte ich endlos erzählten. Für mich ist es mehr als fragwürdig, ob Pflege als gesammte Berufsgruppe überhaupt Verantwortung übernehmen will und auch kann. Woran liegt es? An der schlechten Ausbildung? Sollen Eingangstest vor der Ausbildung verpflichtet sein? Fehlt es auf Station an guten Vorbildern?
Keine Ahnung.
Vor einiger Zeit habe ich einen Aufsatz von Frau Prof. Dr. Sabine Bartholomeyczik, Pflegewissenschaftlerin in Witten gelesen, bei dem es um die Feststellung ging, dass Pflege sich nur allzugerne hinter dem Team versteckt. Die einzelne Pflegekraft bleibt unsichtbar, Verantwortungen verschwinden diffus im Team. Das scheint mit die Situation der Pflege zu sein.
Mein Ansatz wâre daher eher, zu fordern, den Akademisierungsprozess weiter voranzutreiben in der Hoffnung, dass kompetenter ausgebildetes Personal, eher bereit ist, sich einer Verantwortung zu stellen.
Als Kurzziel wäre es zu überlegen, ob eventuell mit einer geänderten Personalpolitik ein Auswege aus der Jammerdepression geschaffen werden kann. Eventuell können bereits zwei, drei engagierte Mitarbeiter (innen) ein ganzes Team motivieren.
Gruss Hartwig