Vorstellungsgespräche und Einstellungstests in Berlin
Vorstellungen und Gespräche
Erfahrungsbericht zu Bewerbungsverfahren an Krankenpflegeschulen in Berlin im November 2004
I.
Im Oktober 2004 flatterten mir insgesamt drei Einladungen zu Vorstellungsgesprächen und Einstellungstests an Berliner Krankenpflegeschulen ins Haus. Die Freude war groß, aber schon bald empfand ich auch ein Gefühl von Nervosität und Angst. Denn ich wußte nicht, was mich da erwarten würde und welches Verhalten ich in einer Bewerbungssituation an den Tag legen würde, weil ich bis dato keinerlei Erfahrungen damit hatte.
Glücklicherweise fand ich auf der Homepage
www.krankenschwester.de. detallierte Erfahrungsberichte (danke nochmal an die Verfasser!) von angehenden Azubis. Diese Berichte von überstandenen Bewerbungsgesprächen waren für mich eine große Hilfe, denn durch die Lektüre erhielt ich einen guten Eindruck, von dem Verlauf solcher Einstellungsverfahren.
Mittlerweile liegen drei Bewerbungsgespräche hinter mir und davon möchte ich hier ebenfalls berichten.
II. Charité Campus Mitte –
Hefte raus, Klassenarbeit!
Vor dem ersten Termin steigerte sich meine Aufregung so weit, daß ich einen Tag vorher mit dem Fahrrad zur Krankenpflegeschule der Charité in Mitte fuhr, um mir schon mal ein Bild von dem "Ort des Schreckens" zu machen.
Am nächsten Tag radelte ich also zum zweiten Mal die Strecke. Dort angekommen, sah ich viele junge Menschen vor dem Gebäude warten. Ich konnte zu dem Zeitpunkt noch nicht zwischen Schülern und Bewerbern unterscheiden.
Bald nach meiner Ankunft betrat ich einen Klassenraum, der mich an einen Biologieraum in einer sehr gut ausgestatteten Schule erinnerte. Gänzlich in meine Schulzeit zurückversetzt fühlte ich mich, als nach bangen Minuten des Wartens eine Frau mit einem Stapel Papier unter dem Arm den Raum betrat. Meine Empfindungen in dem Moment, als ich auf dem ersten Blatt eine anatomische
Zeichnung mit den Verdaungsorganen erkannte, sind durchaus mit denen vergleichbar, die man kurz vor einer Mathe-Klassenarbeit hat, für die man nicht richtig gelernt hat. Für die Bearbeitung des vier Seiten umfassenden
schriftlichen Tests hatten wir 20 Minuten Zeit. Neben der bereits erwähnten Zeichnug, galt es Fragen zum
Allgemeinwissen zu bewältigen. ("Wie heißt die Gesundheitsministerin?" oder "In welchem Bundesland liegt Stuttgart?") Desweiteren mußten
Zahlenreihen vervollständigt werden,
Gewichtmaße umgerechnet werden ("Wieviel Kilogramm sind 100g?").
Prozentrechnen und ein wenig
Rechtschreibung waren auch dabei. Abschließend mußte man noch
drei Eigenschaften nennen, die ein Gesundheits-und Krankenpfleger mitbringen sollte.
Der Test war überschaubar und diente gleichzeitig als Kritierium für das Weiterkommen. Nach einer kurzen Pause fanden sich alle wieder im Klassenraum ein und es wurden zunächst die Namen derer verlesen, die den Test irgendwie bestanden hatten und somit die Hürde zum Vorstellungsgespräch genommen hatten. Anschließend bekamen diejenigen, die es nicht geschafft hatten, ihre Unterlagen ausgehändigt. Für sie war das Rennen damit gelaufen. Ich empfand diese Prozedur als demotivierend und unschön, obwohl ich die nächste Runde erreichte.
Dann rückte die Stunde der Wahrheit näher und ich wartete bereits vor dem Büro der Schulleiterin. Dann hörte ich auch schon meinen Namen und betrat den Ort der Vorstellungen und Gespräche. Mir gegenüber saßen lediglich die
Schulleiterin und die bereits erwähnte
Dozentin. Zunächst sollte ich kurz meinen
Werdegang schildern. Als ich erwähnte, daß ich schon immer einen sozialen Beruf ergreifen wollte, provozierte ich damit die Schulleiterin zu folgender Anmerkung:"Wenn sie einen sozialen Beruf ergreifen möchten, könnten sie doch auch Streetworker werden,
warum gerade Krankenpfleger?" Diese Frage wird wohl so oder in modifizierter Form in jedem Gespräch auftauchen, da mit ihr die Motivation und die Beweggründe des Bewerbers offenkundig werden. Als ich im Laufe des Gesprächs erwähnte, daß ich Menschen gerne helfe, wurde mir daraufhin die heikelste Frage des Gesprächs gestellt: "Gefällt es ihnen, daß die Patienten abhängig von Ihnen sind? Wie stehen sie denn zum Problem der Macht und der Abhängigkeit in der Pflege?" Meine Güte, damit hatte ich wirklich nicht gerechnet. Ich erwiderte darauf (glaube u. hoffe ich), daß die Bedürfnisse des Patienten im Vordergrund stehen, mit dem Ziel, daß sich sein gesundheitlicher Zustand stabilisiert oder verbessert. Außerdem fragte man mich noch, was ich denn über die Geschichte der Charité wüßte und
warum ich mich gerade an dieser Einrichtung beworben habe. Auch mit dem zweiten Teil der Frage wird man sicherlich fast immer konfrontiert.
Beim Verlassen des Raumes ließ ich die Bürotür versehentlich etwas zu laut ins Schloß fallen und die Prophezeiung einer gerade vorbeieilenden Schülerin sollte sich bewahrheiten:"Das hinterläßt keinen so guten Eindruck." war ihr Kommentar. Bereits einige Tag später erhielt ich Post. Die ersten Worte nach der Anrede lauteten:"Leider müssen wir Ihnen mitteilen..."
III. Die Wannsee-Schule e.V –
Der Weg ist das Ziel
"Was soll’s!" war mein erster Gedanke. Ich hatte ja noch zwei Chancen. Das nächste Vorstellungsgespräch fand in der Wannsee-Schule statt. Während meines zweiten Praktikums in der Gerontopsychatrie lobte ein Altenpfleger diese Einrichtung in den höchsten Tönen und mein erster Eindruck deckte sich durchaus mit seinen Empfehlungen. Der Eingangsbereich war hell und freundlich beleuchtet und überall hingen informative und anschaulich gestaltete Wandzeitungen zu Pflegethemen sowie Holzarbeiten der Ergotherapeuten. Das Einstellungsverfahren unterschied sich dann auch fundamental von dem der Charité. Zunächst wurden alle circa
45 Bewerber in eine große Aula geführt. Beim Betreten des Raumes entdeckte ich mehrere Krankenbetten und ich malte mir kurz aus, wie ich mich wohl anstellen würde, wenn ich gleich eines davon fachgerecht beziehen müßte. Dazu kam es aber nicht. Stattdessen stellten sich erstmal die Schulleiterin und alle Dozenten vor. Anschließend wurden wir nach dem Zufallsprinzip
in 6er Gruppen aufgeteilt und von zwei Dozenten begleitet. Dann begab sich unser Gruppe in einen kleinen Seminarraum. Die Tische waren so gestellt, daß wir uns alle gegenüber saßen. Zunächst hatten wir eine Stunde Zeit, uns mit einer
Reportage auseinanderzusetzen. Verfaßt war der Text von einer jungen Stern-Journalistin, die sich 1985 für einen Tag als alte Frau verkleidet in den Berliner Großstadtalltag begab, um die Empfindungen alter Menschen besser nachvollziehen zu können und das rücksichtslose Verhalten gegenüber einer alten Frau zu beobachten. Gleichzeitig diente dieser Text als Grundlage für eine anschließende Diskussion zum selben Thema. Die beiden Dozentinnen blieben völlig passiv und überließen es uns, die Diskussion zu führen. Anschließend bekamen wir die Gelegenheit unserer Kreativität freien Lauf zu lassen. Dabei sollten wir der Devise "Der Weg ist das Ziel" folgen und irgendetwas zum Begriff "Team" hervorbringen. Wir griffen leider nicht auf das uns zur Verfügung gestellte Bastelmaterial zurück und beließen es bei einem
Brainstorming zum Thema "Team". Nach einiger Zeit beendeten die bis dahin stillen Beobachter das Ganze und teilten uns den Zeitpunkt für unsere ausstehenden Vorstellungsgespräche mit. Bei diesem Verfahren hatte ich den Eindruck, jeder bekommt eine Chance und wird nicht aufgrund eines schriftlichen Tests ausgeschlossen. Denn unabhängig vom Verlauf der Textanalyse und der Gruppendiskussion bekam nun jeder die Möglichkeit, sich im persönlichen Gespräch bei den beiden Dozentinnen vorzustellen. Als ich an der Reihe war, sollte ich kurz meinen Werdegang schildern. Außerdem mußte ich auch begründen,
warum ich gerade in dieser Einrichtung meine Ausbildung machen möchte. Hier empfiehlt sich für Bewerber, die niemanden kennen, der bereits dort seine Ausbildung gemacht hat, sich im Vorfeld über die Ausbildungsinhalte und besonderen Projekte oder Initiativen der jeweiligen Einrichtungen zu informieren, damit man es an dieser Stelle positiv erwähnen kann. Die Fragen stellte ausschließlich eine Person, während die andere sich Notizen anfertigte. Am Ende eines Gespräches sollte man immer ein oder zwei Fragen an sein Gegenüber richten, weil auch das von Interesse an der Ausbildung und der Einrichtung zeugt. Wenn einem gar nix mehr einfällt, immer fragen, ab wann man denn mit einer Antwort rechnen kann. Ich erhielt bereits nach 1 ½ Wochen eine Antwort. Die ersten Worte lauteten diesmal:"Wie freuen uns Ihnen mitteilen zu können...!" Yeah, meine erste Zusage!
IV. Charité Campus Benjamin Franklin –
Schön, daß Du da bist!
Mein vorerst letztes Vorstellungsgespräch fand in der Benjamin-Franklin-Schule in Steglitz statt. Dieses Einstellungsverfahren unterschied sich von den anderen und nahm einen durchaus überaschenden Verlauf. Nachdem ich zunächst circa eine Stunde mit drei anderen Bewerbern in der Bibliothek der Schule gewartet hatte, wurde ich von der freundlichen Schulleiterin in einen größeren Raum geführt. Unterwegs eröffnete sie mir , daß dort gleich mehrere Personen auf mich warten würden und erkundigte sich noch nach meinen anderen Bewerbungen. Als ich Platz genommen hatte, stellten sich alle Anwesenden der Reihe nach vor. Eine Praxisanleiterin, der Auszubildendenvertreter (glaube ich), eine Praktikantin, die Schulleiterin (hatte sich bereits vorgestellt) und eine Dozentin. Ich hatte schon nach wenigen Momenten alle Namen wieder vergessen, aber das spielte keine Rolle. Die Gesprächseröffnung machte die Schulleiterin folgendermaßen: "So, sie haben ja bereits 10 Semester Politikwissenschaft an der Freien Univeristät studiert und sich entschlossen, einen anderen Weg einzuschlagen und ihr Studium abgebrochen, wie kam es denn dazu?" Dieser Einstieg war sehr konkret und ich hatte die Gelegenheit meinen Studienabbruch plausibel zu begründen. Ich erwähnte meine positiven Erfahrungen in der Altenpflege während meiner Zivildienstzeit vor dem Studium. Schon damals hatte ich den Wunsch, einen sozial-pflegerischen Beruf zu ergreifen. Ich erklärte, daß mir im Gegensatz zum Studium eine Ausbildung zum Krankenpfleger die Möglichkeit geben würde, praxis- und vor allem zielorientierter zu lernen. Anschließend wurde ich noch gefragt, welche Fähigkeiten und Eigenschaften meiner Ansicht nach ein Krankenpfleger mitbringen sollte und ob diese mit meinen eigenen übereinstimmen würden. Da ich mich in diesem Gespräch zum ersten Mal richtig sicher fühlte und sehr ausführlich antwortete, fragte mich eine Anwesende, ob ich denn auch zuhören könne. Das saß, aber ich erwähnte (leider nicht im Gespräch, weil es mir jetzt erst einfällt), daß ich während meines Praktikums auch verwirrte Patienten begleiten mußte, die sehr viel erzählten und sich ständig wiederholten. Sie meinte aber wohl eher den Umstand, daß man auf Patienten treffen kann, die vielleicht eine andere Meinung vertreten, als man selbst und trotzdem mit Respekt behandelt werden müssen. Abschließend sollte ich noch kurz auf Freizeitaktivitäten eingehen. Bevor ich jedoch den Saal verlassen durfte,
wurde mir ein Foto gezeigt, auf dem eine ältere Frau und ein jüngerer Mann zu sehen waren, die sich gegenseitig anschauten, während die Frau etwas zu sagen schien. Ich sollte kurz sagen was ich auf dem Bild sehe und wurde dann mit der Bitte verabschiedet, mir dazu eine kleine Geschichte einfallen zu lassen. Im Nachhinein schießen mir ganz andere Assoziationen durch den Kopf, aber als ich alleine in diesem Büro saß, beschrieb ich die abgebildete Situation etwas idealistisch als eine Szene in einem Krankenhaus oder Altenheim, in der sich ein Pfleger und die Patientin nahe (vielleicht zu nahe) kommen, weil die Frau vielleicht annimmt, ihr Sohn stehe ihr gegenüber. Wir sollten der Geschichte auch eine Überschirft geben und in der Aufregung fiel mir lediglich "Schön, daß Du da bist ein!" ein. Wie werden wohl die ersten Worte des Anschreibens lauten?
Matthias, 22.11.2004