Dekubitus Grad 1 Ferse seitlich

stormrider

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Psychiatrie-Praxis und. amb. Pflege
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Folgendes Problem:
86 jähriger Mann, Zustand nach Apoplex, Hemiplegie re., armbetont. meiner Meinung nach ist das re. Bein fast nicht mehr betroffen. Nur eine leichte Fußheberparese ist noch festzustellen.

Im Fersenbereich, Fußrand seitlich außen, ca. 3 cm große, runde Stelle, Haut deutlich dünner, rötlich, Drucktest nicht durchführbar weil für Patient zu schmerzhaft. An dieser Stelle löst sich schon immer die Haut deutlich schneller ab, als sonst im Fußsohlenbereich. Es ist aber keine Blasenbildung vorhanden. Patient neigt zu Verhornung. Wird durch konsequente Pflege aber in Griff gehalten. Verwendet werden Präparate wie z.B. Allpresan Nr. 4. Wichtig ist, dass die Haut der Fußsohle weich bleibt, sonst reißt sie sofort ein.

Der Fuß wird konsequent gelagert, sodaß die Ferse nicht aufliegt. Problem ist, dass der Patient sich durchaus gut selbst bewegen kann und nachts offensichtlich dreht. Befindet sich die Ferse wieder in einem schmerzhaften Zustand, achtet er vermutlich darauf und lagert den Fuß selbst. Aber sobald keine Schmerzen mehr zu spüren sind, scheint er nicht mehr auf die Lagerung zu achten. Ergo beginnt dann das Spielchen wieder von neuem. Das Problem tritt immer dann auf, wenn sich der Patient auf die re. Serite dfreht, denn dann liegt die betreffende Stelle voll auf. Er ist aber leider von der Seitenlage nicht abzubringen, zumal er sich aufgrund der Lähmung schlecht auf die andere Seite drehen kann.

Es wurden verschiedene Kissen verwendet. Mit nichts ist eine stabile Lagerung möglich. Der Patient besitzt eine Tempur Matratze, die an sich schon auf leichten Druck hin sofort nachgibt. Eine Antidekubitusmatratze ist kontraindiziert.

Erschwerend kommt hinzu, dass der Patient extrem schmerzempfindlich ist. Selbst offensichtlich minimale Schmerzreize werden von ihm als heftiger Schmerz bezeichnet. Das bezieht sich jetzt nicht nur auf den Fuß, sondern auf den gesamten Körper. Auch auf Kitzeln reagiert er wie auf Schmerz. Er differenziert überhaupt nicht mehr.

Eine psychische Komponente scheint auch vorhanden zu sein, denn es kommen auch Schmerzäußerungen, wenn man andeutet ihn zu berühren, ihn dann aber nicht berührt.

Das was ich jetzt schreibe, ist sicher nicht abwertend gemeint, sondern soll nur die Situation beschreiben.
Er erinnert mich an einen Säugling/Kleinkind, der bei Schmerzreizen gleich weint ohne jegliche Differenzierung. Er kann sich büerhaupt nicht beherrschen also trotz Schmerz mal stillhalten, wenn z.B. ein verbandswechsel gemacht werden müßte.
Eine simple Blutentnahme empfindet er als äußerst schmerzhaft.

Schuhe verursachen das Problem nicht.

Also in der Kombination eine sehr schwierige Situation.
Ich zermartere mir jetzt schon seit längerem den Kopf, wie man das Problem in Griff bekommen könnte. Hat von euch jemand vielleicht eine zündende Idee?
Könnte man ein Antidekubituskissen zur Lagerung des Fußes verwenden? Ich kann mir vorstellen, dass dann nicht so viel Druck auf die betreffende Fläche ausgeübt wird, wenn sich der Patient dreht. Gibt es andere Lagerungshilfen?
 
Kennst du "heel up" von Levabo? Das wäre eine Möglichkeit.
Dann haben Studien (ich glaube es war die NICE 2014) ergeben, dass auch PU-Schaumverbände schützen. Wäre ein heel-Produkt (z.B. Allevyn heel) etwas für den Patienten? Allevyn heel hat den Vorteil, dass es nicht geklebt werden muss und da es nicht steril sein muss, kann man es auch zur Hautinspektion entfernen und dann wieder anlegen und entsprechend fixieren.

Da jeder Schmerzen anders empfindet, bekommt er Schmerzmittel? Wenn ja, ist es ausreichend? Wenn nein, warum nicht?

lg
Narde
 
Hallo Narde, danke für den Tipp mit dem Levabo Kissen. Kannte ich noch nicht, ich kenne nur diese immens teuren Antidekubituskissen die man normalerweise auf die Sitzflächen von Rollstühlen legt. Das könnte die Problemlösung sein.

Schmerzmittel bekommt er. Wir haben auch mit dem Arzt zusammen viel probiert. Aber alles nicht wirklich erfolgreich. Problem ist einfach, dass man nicht alle Schmerzen immer geblockt bekommt und er reagiert wirklich auf jede Kleinigkeit als würde man ihm immenses Leid zufügen. Die Ärzte haben da auch keine Erklärung für.

PU-Schaumverbände habe ich schon probiert. Aber obwohl Allevyn heel z.B. nicht klebt ist es nicht möglich, einen gut sitzenden Verband zu machen, weil er nicht still hält. Zudem besteht er auf seine festen Schuhe. Ich würde gerne "Verbandsschuhe" oder einen Fersenentlastungsschuh einsetzen. Damit kann er aber nicht laufen.

Er ist im Laufe der Jahre völlig falsch trainiert worden. Zudem scheint er auch Wahrnehmungsstörungen zu haben, wenn es minimale Änderungen beim Schuhwerk gibt. Er kann dann laut seiner Aussage nicht mehr laufen, was völliger Unfug ist, denn wenn man dies dann von ihm verlangt, geht es auf einmal ohne Probleme.

Ich verwende für seine Schuhe Gelsohlen die schon sehr viel abfangen. Zum Glück liegt der betroffene Bereich auch nicht in einem Gebiet wo der Schuh wirklich drücken kann. Aber alleine das Gewöhnen an die Gelsohlen war ein 3 tägiger Kampf bis er endlich akzeptiert hat, dass man damit genausogut laufen kann wie mit normalen Einlegesohlen.

In all den Jahren in der ambulanten Pflege habe ich noch nie einen so schwierigen Patienten gehabt.
 
Leider weich ich etwas vom Thema ab, denk aber dass das vertretbar ist.
Das erste woran ich bei der Beschreibung denken musste: Thalamusschmerz. Trifft das zu, was das Infarktareal betrifft?
Eigentlich suchst Du für Deinen alten Herrn nur was für den Deku - trotzdem ist das nur 1 von vielen Problemen.
Was die inzwischen chronischen (?) Schmerzen anbelangt, die ja übelst beeinträchtigen - war er überhaupt schon mal stationär in einer Schmerzklinik, wurde da wirklich alles versucht?
Nimm das bitte nicht persönlich, Du bist - selbstverständlich nicht - der Arzt, der Therapien, sonstiges verordnet.
Ich zweifel nur daran, dass tatsächlich sämtliches in Erwägung gezogen wurde, was möglich ist.
Neuropathische Schmerzen nach Schlaganfall | Infos & Behandlung
Zitate, passende:
"....Ca. 8% der Patienten, die einen Schlaganfall erleiden, entwickeln im weiteren Verlauf neuropathische Schmerzen. Darunter versteht man Schmerz, der nicht am selben Ort entsteht, an dem er empfunden wird, sondern durch Fehlfunktionen im Bereich der leitenden Nerven oder eine fehlerhafte Verarbeitung zentral im Gehirn bedingt ist....Sind [durch den Schlaganfall] dabei schmerzverarbeitende oder schmerzleitende Strukturen wie der Thalamus betroffen, kann es zu einer sogenannten zentralen Neuropathie kommen.......So ergab eine US-amerikanische Studie, dass nur 20 Prozent aller mit neuropathischem Schmerz konsultierten Neurologen eine adäquate Therapie anbieten konnten. Oftmals ist auch das Erkennen eines Schmerzes als neuropathischer Schmerz schwierig."

Ca. 8% haben/ entwickeln diese Schmerzen, 80% - wurde KEINE adäquate Therapie angeboten, die Zuordnung gestaltet sich - schwierig.
Das dürfte wohl viele Betroffene dauerhaft zermürben, stell mir das schrecklich vor.
In der Praxis - ist es nicht Alltag, dass jemand der frisch betroffen ist, so sehr darunter leidet, aber es kommt vor.

Ganz unten auf der Seite, in den "Quellen" ist etwas von 5/2015 - eine neue Arzneimittelrichtlinie. Recht frisch. Da tut sich was. NEIN wir verordnen (immer noch) keine Medikamente, das ist nur ein Hinweis, dass es erst seit letztem Jahr diese Richtlinie gibt, die sich speziell an Menschen richtet die seit einem Schlaganfall unter hartnäckigen, behandlungsbedürftigen Schmerzen leiden. Bestenfalls erhalten sie die für sie passende Therapie (.....) bevor das chronisch und noch schwieriger behandelbar wird.
 
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Danke für deine Antwort amezaliwa. Ich finde es völlig in Ordnung, wenn man in solchen Threads wie hier abschweift. Meines Wissens dürfte der Thalamus nicht betroffen gewesen sein. Das Thema was du hier ansprichst habe ich auch schon lange auf dem Schirm und versuche zu einer Lösung zu kommen. Wenn kein konkreter Auslöser wie z.B. dieser Deku jetzt vorhanden ist, hat er keinerlei Schmerzen. Er ist dann sogar beneidenswert schmerzfrei (sage ich als chron. Schmerzpatientin). Er braucht keine kontinuierliche Schmerztherapie weil er nur bei akuten Ereignissen Schmerzen hat und da völlig überreagiert, insoweit man das beurteilen kann/darf.

Ich bin überzeugt davon, dass er ein leichtes RLS-Syndrom im re. Bein hat. Dagegen hilft Limptar (Chininsulfat) sehr schnell. Dies hat er auch immer als fürchterlichen Schmerz beschrieben bis ich irgendwann auf die Idee kam, ihm die Symptome des RLS zu beschreiben, die ich aus eigener Erfahrung sehr gut kenne.
Alles wo ich sagen würde es ist einfach unangenehm, ist für ihn schon fürchterlich. Betäubungsspritze beim Zahnarzt. Ok das ist wirklich nicht schön aber man muß da sicher nicht herumschreien. Schmerzen wie z.B. nach einer Zahnextraktion bekommt man durchaus mit Novalgin in Griff bei ihm.

Es ist eher eine allgemeine schwere Überempfindlichkeit oder Fehlwahrnehmung.

In 2 Monaten hat er einen Termin beim Neurologen. Da sollte das Thema angesprochen werden. Ich hoffe der Neurologe nimmt sich des Problems an. Aber viel Hoffnung ahbe ich nicht.
 
Ein (!) Anhaltspunkt wär schon, ob es einen zeitlichen Zusammenhang gibt zwischen dem ersten auftreten der Überempfindlichkeit und dem Ereignis Schlaganfall.
Ich hoff mal mit Dir.
 
Ich habe in erst nach dem Schlaganfall kennengelernt. Seine Lebensgefährtin kann sein Verhalten nicht beurteilen, eben weil er bis zum Schlaganfall bemerkenswert gesund war. Sie hat nicht den Eindruck, dass er vor dem Schlaganfall schon so war. Aber es gab in der Zeit auch keinerlei Probleme, sodaß sie selbst sagt, dass sie das nicht beurteilen kann. Die beiden wohnen nicht zusammen.

Die Schmerzen an seinem Fuß sind heute Abend deutlich weniger. Er wird derzeit auf Druckentlastung achten, zumal ihm der Fuß sicher auch schmerzt wenn er ihn falsch auflegt. Aber spätestens in 2 Monaten haben wir dann wieder dasselbe Spiel weil er keine Rücksicht mehr auf seinen Fuß nimmt.

Eine Folge des Schlaganfalls ist auf jeden Fall, dass er keine Bezüge sieht. Jede Aktion und ihre Folgen sieht er isoliert. Das sich manche Aktionen in ihren Folgen addieren erkennt er nicht mehr.
 
Ich möchte ein kurzes Feedback geben. Narde dein Tip mit dem Levabo Kissen ist Gold wert. Seitdem ich das einsetze ist der Fuß deutlich besser geworden.
 
Hat jemand Erfahrung mit der Haltbarkeit der Levabo Kissen?
Ich habe für meinen Patienten ein Kissen bestellt gehabt und nach ca. 8 Wochen verliert es langsam Luft.
Ein 2. als Ersatz bestellt und das verliert nach 3 Wochen schneller die Luft wie das erste.

Ich werde den Lieferanten anschreiben, er soll dazu mal Stellung nehmen.
Die Kissen sid sicher nicht unsachgemäß behandelt worden und kamen auch nicht mit spitzen Materialien in Berührung.