Ich sehe hier ein altes Klischee durchschimmern, das von alten Erzählungen, Urban Myths und Einzelfällen untermauert und ewig am Leben erhalten wird. Freilich kann man da als unerfahrene junge Frau Sorgen haben, wenn man nicht weiß wie groß der Funken Wahrheit ist.
Persönlich habe ich solche Avancen wie im EP beschrieben noch nie erleben müssen. Schöne Augen machen ist, wie Martin schon sagt, meist auf Gegenseitigkeit begründet. Wobei es sicher auch vorkommt, dass hier und da mal ein Hottie unterwegs ist und dann hinter vorgehaltener Hand angehimmelt wird, das ist aber völlig unabhängig von der Berufsgruppe und ein reines Ding von Orten, wo es menschelt. Ich kenne auch nicht wenige Paare in Pflegekraft/Mediziner-Konstellation, die sich am Arbeitsplatz kennengelernt haben.
Was ich viel eher als zwischenmenschliche Kontaktanbahnung erlebe, ist das passiv-aggressive Gegeneinander der Berufsgruppen. Autoritätsgerangel, Kompetenzanmaßung und Respektlosigkeit macht vor keiner Berufsgruppe halt, wobei ich besonderes Pech mit jungen Medizinern zu haben scheine. Vielleicht auch der Tatsache geschuldet, dass sie, sobald die Tinte auf dem Examen noch nicht ganz getrocknet ist, auf unserer Station ihren Ersteinsatz haben. Das ist Tradition im Haus, keiner weiß warum. Alle frisch examinierten Ärzte kommen zu uns. Und teilen sich dann sehr fix in zwei Gruppen auf: die, die im Pflegeteam eine Quelle an Wissen, Erfahrung und Intuition sehen und sich gerne an dieser Quelle nähren, weil es Vorteile für alle Seiten bringt. Und die, die mit ihrem ersten weißen Kittel zum Halbgott erwachsen und sich damit automatisch über das niedere Fußvolk erheben. Diese durchleben dann die ganz harte Schule, weil sie regelmäßig gegen Mauern laufen, das aber von ihrer hohen Warte aus erst sehr spät realisieren. Unter jenen sind dann auch die Exemplare, zu 99% männlich und aus dem südosteuropäischen Kulturkreis, die ein sehr differentes Rollen- und Geschlechterbild leben und mit Frauen nicht gut zusammenarbeiten können. Hier sind dann die Grenzen zwischen Arroganz und Sexismus sehr fließend. Damit kann man lernen umzugehen, aber auch das braucht seine Zeit, bis man sich als Frau nicht mehr die Butter vom Brot nehmen lässt und den betreffenden Männern ihren Platz zuweist.