Anfänger auf der Intensivstation: wie war das für euch?

Ich liebäugele nämlich mit der ITS oder dem OP direkt nach dem Examen. Mir wurde aber abgeraten, weil man dann wohl nicht mehr auf normalen Stationen arbeiten könne, da man nicht lernt, wie man sich um 20 Patienten in einer Schicht kümmert.
 
Ich denke, das kann man so pauschal nicht sagen. Es ist auch die Frage, warum man wechseln möchte. Ein Wechsel von Intensiv in andere Bereiche würde ich per se nicht ausschließen.

Ich habe mich bewusst für ITS entschieden, weil ich eben nicht mehr "viele Patienten und dafür oberflächlich" pflegen wollte... ich wollte auch neuen Wissens-Input haben und nun versorge ich nur zwei Patienten... und vom Gefühl her immer noch oberflächlich. Das Gefühl wird wohl nie so ganz verschwinden.

Ich bin insgesamt aber froh, dass mein momentaner Arbeitsbereich nicht mehr körperlich dermaßen belastend ist wie mein vorheriger. Und zum Thema "hochgelobte ITS" - ja dieses Rettungsgetue mag ich auch nicht, aber ich mag es, dass man in diesem Bereich respektvoll behandelt wird... eigentlich sollte das überall so sein.
 
Meinst du mit Wissens-Input einfach den Perspektivwechsel oder dass du dich auf der ITS ständig technisch und methodisch auf dem neuesten Stand halten musst (musst du auch auf anderen Stationen, aber hier um so mehr)? Ich hab nämlich Angst, mich schnell unterfordert zu fühlen.

Zum Thema körperlicher Belastung habe ich schon ganz anderes gehört.
 
Hmm... es ist ein Perspektivwechsel im Sinne von "anderes Pflegeverständnis, andere Herangehensweise". Technisch... nun ja - klar gehört das auf einer ITS dazu. Ich würde sagen, auf einer ITS kannst Du Dich pflegerisch ordentlich austoben, weil Du von allen Seiten Input bekommst (Fachpflege, Wunden, Notfallversorgung, Spezialisierung auf Weaning, Basale Stimulation... und, und, und). Was Du daraus machst und worauf Du Deinen persönlichen Schwerpunkt legst, das liegt ganz bei Dir.

Und zur körperlichen Belastung: wir positionieren die Patienten eigentlich nie alleine, sondern mindestens zu zweit. Das habe ich so sonst noch nie erlebt (außer im Querschnittgelähmtenzentrum im Schülereinsatz). Und abgesehen davon: ich bin einfach körperlich nicht mehr so abgehetzt - und damit meine ich dieses ständige Rumgerenne auf peripheren Stationen. Was ich auch gut finde: dieser ganze fachfremde Kram wie Patienten administrativ aufnehmen, Qualitätschecks von medizinisch-technischen Geräten, Bestellungen, Spülraum, Auffüllen von Schränken, Essen verteilen - das machen unsere Stationshelferinnen bzw -sekretärinnen.
 
Der erste Beitrag ist zwar schon etwas her, aber mich würde interessieren, wie es euch jetzt nach 6 Monaten geht?

Ich habe selbst, direkt nach dem Examen, auf einer großen Intensivstation angefangen. Es gab verschiedene Phasen, zwischen "wow ich hab es geschafft und hab endlich mein Examen und kann jetzt zudem noch auf einer Station arbeiten von der ich 3 Jahre geträumt habe" und dann wieder Phasen in denen ich dachte "Oh Gott wie soll ich das alles lernen/verstehen und ich bin überfordert".

Aber nachdem ich jetzt mehrere neue Kollegen beobachtet habe seitdem ich da bin, sieht man natürlich, dass es denen kein bisschen anderes geht. Ich bin zwar jetzt auch noch nicht lange dabei aber in den vergangenen 1,5 Jahren habe ich so unglaublich viel gelernt.

Am Anfang ist alles super anstrengend, weil alles ganz neu ist aber es wird von Monat zu Monat runder. Ich denke, dass keiner Angst haben muss wenn sie/er auf eine Intensiv wechselt oder dort anfängt. Wie schon geschrieben, erwartet keiner, dass man binnen 4 Wochen alles versteht. Ich habe es nie bereut und würde es jederzeit wieder so machen.
 
Ich fühle mich jetzt mal angesprochen.

Ich hab mich super eingelebt und arbeite jetzt den 6. Monat nach der Einarbeitung. Bei uns sind die Krankheitsbilder ja recht beschränkt.

Ich denke ich habe einen guten Durchblick und kann unsere Standard-Patienten ganz gut versorgen. Natürlich fehlt der tiefere Einblick, gerade in der Tiefe z.B. bei der Beatmung, etc. Aber ich setze mich auch in jeder freien Minute mit dem Intensiv-Buch hin. Und lese auch alles sofort nach.

Meine Kollegen sind ziemlich genervt vom vielen Fragen und jetzt haben schon wieder 3 neue in diesem Monat und 2 im letzten ohne Intensiv-Erfahrung bei uns angefangen.

Was ich sehr schade finde ist, dass ich mich immer noch ständig beweisen muss und alle meinen mich kontrollieren zu müssen. Ich fühle mich wie eine Schülerin der man nichts zutraut. Ich war in der Zeit meiner Ausbildung selbstständiger.

Ich habe langsam den Wunsch auch mal als volle Krankenschwester anerkannt zu werden, die alle ihre Vorgehensweisen auch begründen kann, man muss sie nur fragen. Ich schau mir das ganze noch ein paar Monate an und dann seh ich mal weiter...
 
Meine Kollegen sind ziemlich genervt vom vielen Fragen

Was ich sehr schade finde ist, dass ich mich immer noch ständig beweisen muss und alle meinen mich kontrollieren zu müssen. Ich fühle mich wie eine Schülerin der man nichts zutraut. Ich war in der Zeit meiner Ausbildung selbstständiger.

Ich habe langsam den Wunsch auch mal als volle Krankenschwester anerkannt zu werden, die alle ihre Vorgehensweisen auch begründen kann, man muss sie nur fragen. Ich schau mir das ganze noch ein paar Monate an und dann seh ich mal weiter...

Ich weiß ja nicht, wie Dein Auftreten ist und wie Deine Kollegen so drauf sind. Viele Schwestern haben es auch einfach drauf, einen klein zu halten und dumm dastehen zu lassen. Vielleicht sehen Sie Deine Fragen als Unwissen an? Kombinierst Du "Fragen" mit eigenen "Schlussfolgerungen" und "Begründungen", so dass Dein Gegenüber erkennen kann, dass Du mitdenkst?

Ich mache es eigentlich bei Unklarheiten immer so + fahre damit auch recht gut: "Du, magste mal hier drüber schauen - das ist mir aufgefallen und ich würde das jetzt so und so machen, weil/damit... - wie siehst du das?" Ich warte gar nicht ab, ob eine Begründung verlangt wird, sondern äußere sie einfach. :mrgreen:
 
Schon klar. Mach ich. Die meisten Fragen können mir nicht mal beantwortet werden, also so dumm können sie nicht sein. ;)
 
Mit dem: dass ich meine Vorgehensweisen begründen kann und nur fragen meine ich folgende Situation, die mir jede Schicht mehrmals begegnet:

KollegeIn geht in mein Zimmer, blättert die Kurven durch und sieht, dass irgendwas anders ist wie er es gemacht hätte. Hängt dem Patienten noch was an, stellt die Perfusoren um oder kommt her und sagt "häng dem noch... an"...

Es gibt durchaus auch manchmal Gründe warum ich Dinge so tue wie ich sie tue. Das interessiert aber nicht.
 
Ah... Du kratzt also an Kompetenz + Image der alteingesessenen Intensivschwestern ;) (sorry, bin gerade etwas übermütig...).
 
Mit dem: dass ich meine Vorgehensweisen begründen kann und nur fragen meine ich folgende Situation, die mir jede Schicht mehrmals begegnet:

KollegeIn geht in mein Zimmer, blättert die Kurven durch und sieht, dass irgendwas anders ist wie er es gemacht hätte. Hängt dem Patienten noch was an, stellt die Perfusoren um oder kommt her und sagt "häng dem noch... an"...

Es gibt durchaus auch manchmal Gründe warum ich Dinge so tue wie ich sie tue. Das interessiert aber nicht.

Ich würde ausflippen. :D
Nein, mal im Ernst... bei mir hat ein Kollege mal Alarmgrenzen verstellt und ich so "was tust du da?" und er nur völlig selbstsicher "diese Alarmgrenze macht keinen Sinn". Ellenbogen sag ich dir, pack die Ellenbogen in solchen Situationen aus und wenn deine letzte Antwort ist "das ist mein Patient".

Hilfe und einen guten Rat heiße ich jederzeit herzlich willkommen und brauche ihn oft genug, denn eine große Intensivschwester bin ich auch nach einem Jahr noch nicht und werde es auch in einem weiteren Jahr nicht sein - aber mein Patient unterliegt meiner Betreuung und ich habe die Verantwortung.
 
KollegeIn geht in mein Zimmer, blättert die Kurven durch und sieht, dass irgendwas anders ist wie er es gemacht hätte. Hängt dem Patienten noch was an, stellt die Perfusoren um oder kommt her und sagt "häng dem noch... an"...

Es gibt durchaus auch manchmal Gründe warum ich Dinge so tue wie ich sie tue. Das interessiert aber nicht.

...das ist schon ziemlich schräg und würde mich auch nerven... :(
 
Hatte der Kollege eine Fachweiterbildung?
 
Was ich sehr schade finde ist, dass ich mich immer noch ständig beweisen muss und alle meinen mich kontrollieren zu müssen. Ich fühle mich wie eine Schülerin der man nichts zutraut. Ich war in der Zeit meiner Ausbildung selbstständiger.
Es gibt auch die andere Sichtweise. Nämlich, dass man erst nach Jahren eine erfahrene Pflegekraft ist, und tendenziell erst nach weit über einem Jahrzehnt ein Pflegeexperte (siehe Kompetenzstufenmodell von Benner). Natürlich kann man übliche Situationen bei ITS-Patienten nach paar Monaten schon beherrschen, aber ITS bedeutet auch, dass alle paar Jubeljahre mal Situationen vorkommen, die man vorher niemals gesehen hat, aber die erfahrene Kollegen kennen.

Man kann auch nach Jahren noch Fehler machen, weil man eben auch nach Jahren noch nicht erfahren ist, im Sinne von Benner. Es geht nunmal um Menschenleben. Ich hab in letzter Zeit wieder ein paar Mal erlebt, dass Fehler passieren, bei Kollegen die schon deutlich länger als ein Jahr dabei waren. Selbst jemand mit Fachweiterbildung hab ich schon gravierende Fehler machen sehen, wesentlich schlimmer als die meisten Neulinge. Man kann niemanden 100% vertrauen, auch sich selbst nicht!

Das Problem ist doch wenn man die "Angst" verliert, wenn man nicht mehr das Gespür dafür hat, wie schnell man jemanden umbringen kann. Das ist wie beim Klettern, da sagt man: "Routine ist der Killer". Vielleicht haben Kollegen einfach schon zu oft beobachtet, dass vermeintlich erfahrene Kollegen sich nach einer Eingewöhnung so über die Routine freuten, dass sie die Angst verloren. Und dann passieren wieder Fehler, andere Fehler als zu Beginn, und in anderen Situationen, aber das machts nicht besser.

Ich schau auf die Patienten der jungen Kollegen drauf, weil ich mehr als einmal erlebt habe wie jemand psychisch völlig fertig und weinend eine Pause nehmen musste und über Versetzung nachdachte. Ich möchte mich nicht als toller Pfleger aufspielen, sondern die Kollegen schützen. Ich ändere auch nicht einfach was am Patienten, oder mache was an deren Patienten, aber ich mische mich schon ein, sage den Kollegen was ich persönlich jetzt machen würde und warum. Unerfahrene Kollegen können unerfahrenen Assistenzärzten nicht so helfen, wie es ein erfahrener Kollege kann, und der junge Kollege lernt in dem Augenblick doch auch dazu, wenn ich mit dem Doc über dessen Patienten diskutiere.

Wie gesagt, es geht am Ende immer noch um Menschenleben, und keiner ist perfekt, und wenn ich auf irgendwas nicht komme, dann bin ich doch froh wenn sich ein Kollege einmischt und sagt: macht mal das und das. Meiner Meinung nach ist praktisch immer noch viel Spielraum nach oben, in der Verbesserung des Outcome durch pflegerische Handlungen. Natürlich auch bei mir, weswegen ich ja auch weiterhin ständig hinzulerne und froh bin, wenn mir Kollegen auf die Finger schauen. Persönliche Animositäten sollte man da zurückstellen, das eigene Ego nutzt dem Patienten nichts.

Und ehrlich, wer nach einem halben Jahr schon glaubt, man müsse ihm vertrauen, den verdächtige ich, dass er das Gefühl verloren hat, was so alles passieren kann, bzw. dass auch nach Jahren noch unbekannte Situationen vorkommen können, die im ersten Augenblick bekannt aussehen, wenn man nicht das entscheidende Detail mitbekommt.
Anfänger die die Angst verlieren, machen mir persönlich Angst.
 
Ich ändere auch nicht einfach was am Patienten, oder mache was an deren Patienten, aber ich mische mich schon ein, sage den Kollegen was ich persönlich jetzt machen würde und warum.

Aber genau das ist der Punkt: so wie ich Lillii verstanden habe, geht es gar nicht darum, sich überhaupt etwas sagen zu lassen - sondern es geht um das Übergehen der eigenen pflegefachlichen Kompetenz - wenn eine Kollegin einfach hereinschneit und ungefragt Parameter verändert, dann könnte sie sich trotzdem an soziale Verhaltensregeln halten z.B. mit einem Satz à la "Du, Dein Patient bekommt xy, hast Du Parameter x so und so eingestellt? In diesem Falle müsstest Du diesen nach oben/unten korrigieren".

Das, was Du beschreibst, ist der wünschenswerte fachliche Austausch, den jeder begrüßen sollte!
 
Naja, ich habs eher so verstanden, dass man sich kontrolliert fühlt, schon allein, weil die Kollegen ständig schauen und Ratschläge abgeben.

Und natürlich, in der Hektik kommt die Professionalität in der Kommunikation manchmal zu kurz, da sag ich dann auch "nimm mal bitte die Alarmgrenze auf 160, der hat eine Hirnblutung", oder wenn ich den Kollegen nicht im Zimmer antreffe und sehe die Grenze ist bei 200, dann nehme ich sie auch selbst erstmal auf 160, oder bringe den Patienten in eine sitzende Position wenn der Druck zu sehr ansteigt. Eine Druckspitze kann ausreichen und der Patient stirbt an einer Nachblutung, was nicht unbedingt unüblich ist, da kann ich auf Animositäten keine Rücksicht nehmen und auch keine 5 Minuten warten, bis ich den Kollegen finde.

Und ja, das kann mir auch noch passieren, dass ich sowas übersehe und dann erwarte ich, dass andere Kollegen für mich handeln, wenn sie es mitbekommen, und fühle mich da sicher nicht angep*sst. Ich finds völlig ok, wenn sich alle gegenseitig auf die Finger schauen.
 
Was einem hier immer wieder für Dinge unterstellt werden ohne Nachzufragen.

Ich bin raus.
 
Was einem hier immer wieder für Dinge unterstellt werden ohne Nachzufragen.
Wo hab ich dir was unterstellt?! :gruebel:

EDIT: Weisste, ich wollte dir einfach die andere Sichtweise bringen, warum man dir ständig auf die Finger schaut und dir nicht vertraut. Das ist kein Angriff auf dich, sondern schlicht dafür gedacht, dir solche Situationen verstehbar zu machen, damit du sie nicht als persönlichen Angriff empfindest.

Jetzt nimmst du aber sogar das als persönlichen Angriff. Ich werte das jetzt mal nicht hier im Thread, aber mir kommen da natürlich auch so meine Gedanken.
 
Und ja, das kann mir auch noch passieren, dass ich sowas übersehe und dann erwarte ich, dass andere Kollegen für mich handeln, wenn sie es mitbekommen, und fühle mich da sicher nicht angep*sst. Ich finds völlig ok, wenn sich alle gegenseitig auf die Finger schauen.

Ich denke für die Akutsituation der Patientengefährdung hast du vollkommen recht. Da muss kein Kollege gesucht werden und da muss man nicht groß Worte verlieren.

Trotzdem hatte auch ich den Eindruck, dass es lillii um kleinere, 'routinemäßigere' Situationen ging und sie genauso wie du, für einen kollegialen Austausch ist, der aber bei ihr nicht stattfindet, sondern es wird einfach 'gemacht'.
 
Ich denke für die Akutsituation der Patientengefährdung hast du vollkommen recht. Da muss kein Kollege gesucht werden und da muss man nicht groß Worte verlieren.
Für mich sind Patienten auf einer ITS immer akut gefährdet, sonst wären sie nicht auf ITS. Und das Ziel muss doch sein, mit den Pflegehandlungen ein Optimum an Outcome zu erreichen. MMn kann man bei jeder Pflegekraft noch was verbessern. Keiner kann alles wissen oder alles können. Es geht um Menschenleben, und wenn ich die Mortalität nur um 1% senke, hab ich von 100 Patienten mit dem Krankheitsbild schon wieder einen zusätzlich gerettet.

Meiner Meinung nach unterschätzen viele den Einfluss den die Pflege auf den Verlauf hat, und dann kommt so eine laissez-faire-Haltung durch, dass man glaubt Neulinge könnten nach wenigen Jahren oder wenigen Monaten ohne Einmischung von erfahrenen Pflegenden schon das Optimum rausholen.

Auch ein scheinbar stabiler Patient befindet sich auf ITS in einer kritischen Situation. Ein Patient, der für uns schon als stabil gilt, kann 2-3 Tage später auf einer Normalstation oder in der Reha versterben, ohne dass die Kollegen einen Fehler gemacht haben.
 
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