Was will die Pflege eigentlich?

Mir fällt auf, dass man in KKH stets den gleichen "einfachen" Weg geht- funktioniert irgendwas nicht, springt die Pflege ein.

Hallo Elisabeth, dürfte ich hier mal um etwas Erläuterung bitten?
>> Seh ich das richtig, das man geneigt ist, stets den bewährten und eingefahrenen Weg zu gehen? <<

Oder ist es so, das alles, was ärztlicherseits durch organisatorische oder andere Mängel eintritt, durch uns kompensiert wird?
Hier geb ich Dir absolut recht. Und muss auch gestehen, das mein Helfersyndrom auch nach 17 Jahren Pflege immer noch ziemlich stark ist. :nurse::knockin: Vieles ist auch zur Gewohnheit geworden.

Gruß

Bertram
 
Tja, schätze, dass wir immer einspringen, liegt daran, dass wir zahlenmässig immer noch die größte Berufsgruppe im KH sind. Mich nervt es auch, wobei ich das nicht so problematisch finde wie ihr auf Station, wir arbeiten ja eh eng mit den Ärzten zusammen und ich beschwere mich auch ordentlich, wenn sie mir blöd kommen. Bei uns ist eher so die Sache mit dem Recht auf eine Pause und pünktlichen Feierabend ein Problem. Es gibt natürlich Idioten, andererseits haben wir auch gute Beziehungen. ich habe es schon oft erlebt, dass auch MIR die Ärzte helfen, um einem posting zu widersprechen, wobei man viele erstmal darauf aufmerksam machen muß. Sie sehen es nicht und lernen es in ihrer Ausbildung nicht, wo Teamwork gefragt ist; Ausnahmen bestätigen die Regel.
Dennoch finde ich miteinander immer noch besser als gegeneinander, denn ohneeinander geht ja gar nicht!
 
Ein MITEINANDER bedeutet das beide Parteien aufeinander zugehen. Es bedeutet nicht: eine Partei nimmt sich zugunsten der Organisationsunfähigkeit der anderen immer wieder zurück. Welchen Grund sollte letztere Partei haben ihren Stil zu ändern? Der Mensch neigt zur Bequemlichkeit.

Ich denke, dass nicht nur das Helfersyndrom an solchen Entwicklungen Schuld ist sondern auch der Run nach Anerkennung gekoppelt mit mangelndem Selbstbewußtsein.

Elisabeth
 
Man sollte eben erkennen können, wenn man ausgenutzt wird.
Der Wunsch nach Anerkennung ist etwas zutiefst Menschliches.
Jedenfalls wundere ich mich manchmal, dass anscheinend so viele schlechte Erfahrungen gemacht haben.
Zurück zum Thema: Wie wäre es, wenn die Pflege nun alle "ärztlichen Tätigkeiten" konsequent ablehnen würde? Wäre das besser? Mehr Zeit insgesamt und wären die Verantwortlichen dann gezwungen, organisatorische Mängel auszugleichen? (wahrscheinlich mit Arzthelferinnen)
Da wären also die Fragen: Was ist sinnvoll? Was will die Mehrheit?

Das Ärzte-Thema ist ja ein richtiges Hass-Thema, als ob sich da 2 verfeindete Parteien oder Konfessionen gegenüberstehen würden. Ich fasse auch die als Kollegen auf.
Wie alle, mit denen ich zu tun habe im KH.
Mangelndes Selbstbewusstsein haben immer noch zu viele, wenn sie einem Arzt gegenüberstehen, das ist richtig. Darüber sollte eigentlich schon mit den Krankenpflegeschülern gesprochen werden.
 
Das bedeutet also: ohne die Übernahme von ärztl. Tätigkeiten würden wir unsere Daseinsberechtigung verlieren weil wir die Zeit gar nicht sinnvoll füllen könnten? Interessant.

Elisabeth
 
Überleg mal wenn du alle Tätigleiten abziehst, die eigentlich nicht dazugehören.

Als da wären:
Alles was nur annähernd mit IV zu tun hat
Alles an s.c oder i.m Injektionen
Essen verteilen und reichen (macht die Hilfskraft oder der Logopäde - solange bis es eine Hilfskraft kann)
"Betten": Hilfskraft
Grundpflege: Hilfskraft
Wundbehandlung jeglicher Art: Chirurgen bzw Wundtherapeuten
Prophylaxen jeglicher Art: Ärzte!
Katheterisierung: Arzt
Magensonde: Arzt
ZVD: Arzt
Alles an ZVK und Port: Arzt
Absaugen: Arzt
Stoma: Stomatherapeut/Arzt
Schreibkram + Abheften: Hilfskraft
Insulin/Diabetes: diabetesassistentin bzw Arzt
---

Es gibt sicher noch mehr, mehr fällt mir aber grad nicht ein.

Was über bleibt könntest du (elisabeth) sicher am besten aufzählen. Jedenfalls lässt sich dadurch die Pflege um ca 75% reduzieren. Mindestens: Willst du einen solchen Stellenabbau?
 
Alles an s.c oder i.m Injektionen
Essen verteilen und reichen (macht die Hilfskraft oder der Logopäde - solange bis es eine Hilfskraft kann)
"Betten": Hilfskraft
Grundpflege: Hilfskraft
Prophylaxen jeglicher Art: Ärzte!
Katheterisierung: Arzt
Magensonde: Arzt
Schreibkram + Abheften: Hilfskraft
warum die o.g. Punkte nicht orginär pflegerisch sein sollen verstehe ich nicht?
 
Alles an s.c oder i.m Injektionen
"Betten": Hilfskraft
Grundpflege: Hilfskraft
Wundbehandlung jeglicher Art: Chirurgen bzw Wundtherapeuten
Prophylaxen jeglicher Art: Ärzte!
Katheterisierung: Arzt
Magensonde: Arzt
ZVD: Arzt
Alles an ZVK und Port: Arzt
Absaugen: Arzt
Stoma: Stomatherapeut/Arzt
Insulin/Diabetes: diabetesassistentin bzw Arzt
---

Jedenfalls lässt sich dadurch die Pflege um ca 75% reduzieren. Mindestens: Willst du einen solchen Stellenabbau?

Die oben genannten Dinge werden in der Regel, soweit erforderlich, lediglich angeordnet und die Durchführung/Versorgung bleibt doch in der Hand der kompetenten, evtl speziell geschulten Pflegekräfte.
 
warum die o.g. Punkte nicht orginär pflegerisch sein sollen verstehe ich nicht?

Die oben genannten Dinge werden in der Regel, soweit erforderlich, lediglich angeordnet und die Durchführung/Versorgung bleibt doch in der Hand der kompetenten, evtl speziell geschulten Pflegekräfte.
Jo, genau wie Infusionen/iv Gaben.

Ach guckt, das ist jetzt wieder was Anderes, ja?!

Es sind ärztliche, delegierbare Aufgaben.
So what?

Eure Forderung ist also: Ich übernehme nur das was ich(!) will...
 
Es sind ärztliche, delegierbare Aufgaben.
So what?
ach ja?
Die Wahrnehmung spezieller fachbezogener Tätigkeiten basiert auf einer
Weiterbildungen und ist zunächst nicht gleichzustellen mit einer Berufsausbildung.
Dadurch ist die generelle Delegation nicht möglich, sondern es bleibt einer
Einzelübertragung und gehört zur Kategorie „ grundsätzlich nicht delegierbar“.
Den juristischen Empfehlungen ist zu entnehmen, dass die von der Krankenhausdirektion
ausgesprochene Anweisung zur Übernahme ärztlicher Tätigkeiten in einer Nebenabrede
zum Arbeitsvertrag formuliert sein muss.
Gelingt die dienstrechtliche Anordnung per Nebenabrede zum Arbeitsvertrag nicht (keine
Zustimmung durch den Betriebsrat) bleibt die Übernahme ärztlicher Tätigkeiten im
Ermessensspielraum der einzelnen Pflegekraft.
 
Sag ich doch: Delegierbar!
 
Ach guckt, das ist jetzt wieder was Anderes, ja?!

Eure Forderung ist also: Ich übernehme nur das was ich(!) will...

Nee, so will ich das nicht verstanden wissen.
Aber der Artz ordnet die Prophylaxe an und die Pflegekraft führt sie ordnungsgemäß durch. Der Arzt ordnet Medikamente an und die Pflegekraft verabreicht diese korrekt.
Sagen wir mal, der Arzt legt die Magensonde und die Nahrung wird fachgerecht (auch dafür braucht man spezielle Kenntnisse) verabreicht.

Alles nur Beispiele und bitte nicht einzeln zerpflücken. Sie dienen lediglich dazu deutlich zu machen, was ich meine.
Nur weil Magensonden zu den ärztlichen Aufgabengebieten gehört, muss/kann der Arzt ja nicht gleich alle Patienten sondieren. Hier ist sozusagen Aufgabenteilung angesagt.
 
ähem, da steht "grundsätzlich nicht delegierbar", ausser durch Abrede mit KH-Direktion und festschreiben im Arbeitsvertrag....
Leider allerdings nicht, auf was sich das "grundsätzlich nicht delegierbar" bezieht. Im Übrigen heißt "grundsätzlich" in diesem Zusammenhang (ich gehe mal davon aus, dass es sich um irgendeinen Gesetztestext handelt) schlicht: im Normalfall geht das nicht, Ausnahmsweise aber schon. Wie oft jetzt "Ausnahmsweise" ist dürfte im Einzelfall der Richter entscheiden.

Im übrigen ist das doch genau der Punkt. Warum benötigt es für angeblich origniäre pflegerische Aufgaben eine ärztliche Anordnung? Für alle Aufgaben bei denen das nötig ist würde ich auch "delegierbare ärztliche Aufgaben" sagen.

Um auf Elisabeths Frage noch ein zu gehen:
Ich denke tatsächlich, dass viele (ich nehme mich da nicht aus) dadurch, dass sie z. Z. sehr viele ärztliche Aufgaben übernehmen tatsächlich erst mal Zeit übrig haben. Sinnvoller weise benutzt man die um herauszufinden, was man jetzt alles tun kann, schon immer tun wollte und nur weil eh "keine Zeit" war in die tiefen des Gedächtnisses abgeschoben wurde.

Sollte die durchschnittliche Reaktionszeit zu lange ausfallen, werden wir sicher sofort wieder diverse Aufgaben auferlegt bekommen.

Ach so, für mich z. B. originäre Pflegerische Aufgaben:
  • Hilfe zur Selbsthilfe
  • Beratung für Kompensationsverfahren, andere Möglichkeiten usw.
  • Ängste und Sorgen des Patienten mit diesem Besprechen/Lösungsvorschläge mit dem Patienten zusammen erarbeiten
uvm

Ich muss jetzt erst mal zum Nachtdienst

Ulrich
 
Leider allerdings nicht, auf was sich das "grundsätzlich nicht delegierbar" bezieht. Im Übrigen heißt "grundsätzlich" in diesem Zusammenhang (ich gehe mal davon aus, dass es sich um irgendeinen Gesetztestext handelt)...
nein, es geht um i.v. Injektionen, die Quelle ist oben verlinkt (leider etwas ungeschickt mit "ach ja" :))
 
Fassen wir zusammen: Pflege möchte auch weiterhin nicht eigenverantwortlich handeln. Die Anordnungsgewalt vom Arzt soll weiterhin nicht nur die medizinischen Belange einbeziehen sondern selbstverständlich auch die Pflegerischen (Prophylaxen). Selbstwert wird festgemacht an der Menge der übertragenen Arbeiten.

Habe ich das so richtig wieder gegeben?

Elisabeth
 
Wer ist denn eigentlich "die Pflege"?

Naja, ich kann ja nur für mich sprechen, was ich als Pflegefachkraft möchte.

Ich möchte in meinem Berufsbild:

- Pflegerelevante Probleme und Ressourcen des Patienten bestimmen,

- Pflegemaßnahmen eigenveranwortlich planen und Pflegemittel eigenverantwortlich auswählen
(Weg von Ritualen und Routinetätigkeiten, hin zu profesionell begründeten Maßnahmen)

- Hilfsmittel bei Bedarf auch rezeptieren (aus aktuellem Anlass mal mit aufgenommen),

- als "Organisator" fungieren und mit allen beteiligten Berufsgruppen (als Anweisender) einen pflegerischen und krankengymnastischen Behandlungsplan aufstellen. (Krankengymnastik, Wundexperten, Stomatherapeuten, Diabetes-/Diätberater, Sozialdienste, Hilfskräfte etc...)

- Maßnahmen (z.B. Waschhilfen, Blutabnahmen, Betten machen etc.) an weniger qualifiziertes Personal (der Fachkräftemangel wird uns zu unserem Glück zwingen) delegieren können und deren Tätigkeit überwachen.

- die Pflege evaluieren

- beratend und schulend tätig sein, soweit ich dafür die notwendigen Kompetenzen in einem speziellen Fachbereich habe (ansonsten eben auch Beratungen und Schulungen organisieren/vermitteln)

- weiterhin selbstverständlich nicht-delegierbare Aufgaben übernehmen:
wie z.B. Medikamentenausgabe, Infusionen, Katheterismus...

Also, weg vom "Mädchen für alles" - hin zum Experten, der (neben dem medizinischen Behandlungsplan des Arztes) für den Patienten einen individuellen Pflegeplan erstellt und auch den Personalaufwand dafür bestimmt.

So in die Richtung träume ich schon lange. Bei uns habe ich nun tatsächlich das Gefühl, dass sich etwas auch in diese Richtung bewegen könnte.
Mal schauen, wie lange ich noch träumen muss...

Fassen wir zusammen: Pflege möchte auch weiterhin nicht eigenverantwortlich handeln.
Schreib doch nicht immer sowas. Das desillusioniert mich völlig.

Grüße
Michl
 
Hallo Michl,

kann Dir zustimmen, dies würde aber bedeuten, dass man Verantwortung übernehmen muss. Wie es auch im Leben so ist, dass man dann auch schon mal falsche Entscheidungen trifft und dazu stehen muss.
Kann das die Pflege?

Kann sie sich positionieren? Sich mit ihrer Person stellen und einbringen? Im Prozess entscheiden, was jetzt richtig ist, ohne jemanden zu fragen?
Ohne irgendwo nachzublättern?
Meine jetzt nicht Maßnahmen, die angeordnet werden müssen.

Ich habe den Eindruck, es gibt immer mehr Standards gibt um immer mehr abgesichert zu sein, ohne dass man denken muss, ohne dass man sein Fachwissen, bzw. seine Erfahrungen einsetzen kann.

Das eigenständige Denken wird auf ein Minimum reduziert, aber doch das ist die Qualität die wir mitbringen.

Es gibt immer wieder Entscheidungen zu treffen im Leben, sowie auch im Berufsleben und nicht alles ist möglich zu verschriften und nicht alles ist besser für "den" Patienten weil es doch schriftlich so niedergelegt ist.

Ich habe einen Traum......*lol* Fachwissen gepaart mit der Möglichkeit sich persönlich zu entwickeln.


Liebe Grüße Brady
 
Fassen wir zusammen: Pflege möchte auch weiterhin nicht eigenverantwortlich handeln. Die Anordnungsgewalt vom Arzt soll weiterhin nicht nur die medizinischen Belange einbeziehen sondern selbstverständlich auch die Pflegerischen (Prophylaxen). Selbstwert wird festgemacht an der Menge der übertragenen Arbeiten.

Habe ich das so richtig wieder gegeben?

Elisabeth

Auf dieser Ebene macht weitere Diskussion keinen Sinn. Du interpretierst immer jede Aussage so wie du sie interpretieren willst.
 
Danke an Michel und Brady für eure Worte. Da fühlt man sich doch nicht mehr so allein mit seinen Gedanken- ich dachte schon, meine Wünsche wären zu hoch gegriffen. *g*

Ich will für mich: Umsetzung des Krankenpflegegesetzes § 3 Abs.2 mit genauer Zuweisung bzw. Abgrenzung der Aufgaben

Elisabeth
 

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