Was habe ich erlebt, das durch eine Pflegekammer verbessert werden könnte?

Ich erhoffe mir für meine Arbeit Verbesserungen durch eine Pflegekammer?

  • Ja, direkt für meine Arbeit.

    Stimmen: 14 18,7%
  • Ja, indirekt durch Verbesserungen für meine Berufsgruppe.

    Stimmen: 42 56,0%
  • Nein, bringt gar nicht

    Stimmen: 14 18,7%
  • Weiß nicht.

    Stimmen: 5 6,7%

  • Umfrageteilnehmer
    75
Ein weiteres Beispiel, das für die Pflegekammer spricht:

Die pflegepolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Birte Pauls, und die gesundheitspolitischen Sprecherinnen von Bündnis 90/Die Grünen und SSW in Schleswig-Holstein, Dr. Marret Bohn und Jette Waldinger-Thiering erklären:

"Der massive mediale Widerstand, mit dem sich bpa-Präsident Bernd Meurer gegen unser Vorhaben stemmt, bestätigt nur allzu deutlich, dass der Pflegekammer schon jetzt eine erhebliche Bedeutung beigemessen wird.

Damit ist die Kammer schon vor ihrer Gründung ein voller Erfolg. Genau das wollen wir schließlich erreichen: dass auch die Bedürfnisse der Pflegekräfte endlich an Bedeutung gewinnen."

Siehe bpa-Präsident Bernd Meurer bestätigt Schlagkraft der Pflegekammer | GRÜNE Fraktion Schleswig-Holstein.

Und wenn wir die Pflegekammer erst einmal haben und Meuerer und andere uns nicht mehr den Weg zur Beteiligung an wichtigen politischen Entscheidungen versperren können, dann wird sich die Masse der Pflegeberufe auch besser durchsetzen.
 
*ggg* Die sollen mehr Einfluß als die letzte Kammer haben? Da dürfte so mancher Traum ganz schnell beerdigt werden wenn es dann soweit ist.

Die Psychotherapeutenkammer kämpft seit Jahren darum, dass die Kassen mehr Niederlassungen zulassen. Ist im Interesse des Pat.. Stichwort Wartezeit. Ebenfalls wird seit Jahren darum gekämpft, dass die Ausbildung nicht von angehenden Therapeuten selbst getragen werden muss.

Ketzerisch: Die Kammer ist vielleicht einfach zu dumm und weiß nicht wie es geht. Pflege ist da viel besser.

Ich persönlich finde es mehr als erschreckend, dass die Kammerbefürworter in SH offensichtlich nicht wissen, was eine Kammer leisten kann und was nicht. Der bpa und Verdi weisen darauf hin, dass die Hauptinteressen der meisten Pflegekräfte bei mehr Lohn und mehr Personal liegen. Beides Aspekte, auf die die Kammer keinen Einfluß hat.

Geht es um bewusste Volksverdummung oder sollte man jetzt überlegen, ob die Pro-Kammer-Fraktion bei den Partein gelernt hat und vorher alles verspricht um hinterher zu sagen: Wir wollten ja. Aber die Politik lässt uns nicht. Da müssen wir jetzt gegen kämpfen. Und wie es um den Kampfwillen der Masse steht... da muss man nur Verdi fragen. Ergo: einige wenige werden profitieren. Das werden die sein, denen die Weiterentwicklung der Pflege am Herzen liegt. Es sind die, die bereits heute engagiert sind. Der Rest wird- zu Recht- auf der Strecke bleiben.

Elisabeth
 
Ein weiteres Beispiel, warum die Pflegeberufe eine starke Vertretung ihres Berufsstandes brauchen.

Die FDP in Schleswig-Holstein schlägt allen Ernstes anstelle einer Pflegekammer eine Genossenschaft der Pflegenden mit freiwilliger Mitgliedschaft vor - siehe Schleswig-Holstein: Grünes Licht für die Pflegekammer. Seit wann fühlt sich die FDP dem Gedanken einer Genossenschaft nah? Oder ist es gerade die Nähe, die eine Pflegekammer zur Ärztekammer bekäme, die sie auf die Idee bringt, die Pflege auf Distanz zu halten? Soweit die die Fortsetzung der merkwürdigen Gedankenspiele der Besser-Verdiener-Klientel-Partei FDP.

Das eigentlich Bedeutsame an diesem Vorschlag ist, dass sie offenbar glaubt, die Pflegekräfte auf den Leim locken zu können. Eine Genossenschaft mit freiwilliger Mitgliederschaft wäre nicht mehr als ein weiterer Berufsverband mit ebenso wenig Einflussmöglichkeiten, wie alle anderen Berufsverbände - ein reine Ablenkung in die Fortsetzung der Machtlosigkeit. Die halten die Pflegenden wirklich für blöd! Wird Zeit, dass wir dem wirksam entgegentreten.

Warum die Pflichtmitgliedschaft so wichtig ist, um mit einer Pflegekammer für die Pflegeberufe mehr politischen Einfluss zu bekommen, hat der schleswig-holsteinische Pflegerat sehr gut und einigermaßen verständlich beschrieben - siehe Frank Vilsmeier (PRSH) - Wer will die Pflegekammer? Wer nicht? Warum pflegeberufliche Selbstverwaltung? Warum Pflichtmitgliedschaft? oder etwas ausführlicher direkt im offenen Brief. Der ist insgesamt sehr lesenswert und informativ für alle, die sich neu mit dem Thema Pflegekammer beschäftigen.
 
Ohne den Link jetzt gelesen zu haben... man sollte doch wenigstens so ehrlich sein und dazu stehen, dass ohne Pflicht nicht mal 10% Miglied werden würden. Die meisten Pflegekräfte interessiert nicht die Professionalisierung der Pflege. Die wollen mehr Geld und mehr Personal- und das nicht irgendwann sondern sofort. Aber was soll's- im Endeffekt zählt das Ergebnis... für den Bürger und nicht für die Pflegekraft. Der Bürger will eine gute und bezahlbare Pflege. Dem Wunsch wird sich die Kammer beugen müssen- mit allen Pflichtmitgliedern.

Elisabeth
 
Ein Beispiel, das es in sich hat:

Die Expertenstandards des DNQP (Deutsches Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege) werden nach einem wissenschaftlich und praktisch fundierten Verfahren durch Pflegewissenschaftler und Praxisexperten der Pflege entwickelt. Sie werden in Konsensuskonferenzen durch die Fachöffentlichkeit der Pflege, also durch professionell Pflegende, konsentiert und stellen dann den "im Verkehr gebotenen Standard" dar, wenn man es juristisch ausdrücken möchte.

Bisher hatte also unsere Berufsgruppe der Pflege die Definitionsmacht über die notwendige fachliche Qualität, die in den Expertenstandards definiert ist.

Mit dem Expertenstandard "Erhaltung und Förderung der Mobilität" gemäß § 113a SGB XI ist das nicht mehr so. In diesem Falle erhält der Standard, nach dem sich die Pflegenden richten müssen, erst durch Beschluss der Vertragspartner der Selbstverwaltung Verbindlichkeit, d. h. die Spitzenverbände der Pflegekassen und der Arbeitgeberverbände beschließen, ob der Standard anzuwenden ist oder nicht. Wenn sie zu der Auffassung kommen, dass die Anforderungen zu teuer werden oder den vermehrten Einsatz gering qualifizierter Hilfskräfte erschwert, könnten sie den Standard auch ablehnen oder abändern.

Damit stehen nun die ökonomischen Interessen der Kostenträger und der Arbeitgeber über den Qualitätsinteressen der Pflegenden und Pflegebedürftigen.

Die Pflegewissenschaft allein schafft es also nicht, den gebotenen pflegefachlichen Standard durchzusetzen. Sie kann ihn nur erklären und beschreiben. Die Pflegekräfte müssen sich nun wohl oder übel den Beschlüssen der Kostenträger und Arbeitgeber unterwerfen, ob es ihnen gefällt oder nicht.

Auf jeden Fall wird der Berufsgruppe der Pflegenden einfach durch die Hintertür der Selbstverwaltung die Kompetenz entzogen zu beurteilen, was gute Pflege ist. Das bestimmen nun fachfremde Funkionäre.

Hätten wir eine Pflegekammer, wäre es per Gesetz die Aufgabe der pflegeberuflichen Selbstverwaltung zu bestimmen, was gute Pflege ist. Einen von der Pflegekammer legitimierten Pflegestandard dürften die Arbeitgeber und Konstenträger nicht unterlaufen, weil sie dann gegen den "im Verkehr bebotenen Standard" verstoßen würden und vor Gericht dafür belangt werden könnten, egal was sie im Rahmen der Selbstverwaltung wider besseren Wissens beschließen.

In einem Gesundheits- und Pflegewesen, das so umfassend über Selbstverwaltung organisiert ist, wie das Deutsche, zieht die Pflege immer den Kürzeren, wenn der Berufsstand der Pflege nicht selbst im Sinne der Selbstverwaltung als Kammer organisiert ist und in zentralen Greminen und Gesetzgebungsverfahren zu beteiligen ist.

Die Expertenstandards haben unmittelbaren Einfluss auf die prkatische Pflege. Das Fehlen einer Pflegekammer damit auch.
 
Ein Beispiel aus der Praxis:

"Da geht nur abarbeiten - wie am Fließband" | rbb Rundfunk Berlin-Brandenburg

Hier zeigt sich einmal mehr, das Pflege keine geschützte Tätigkeit ist und das fachliche Korrektiv in der Selbstverwaltung fehlt, welches darauf hinwirkt, dass die ökonomischen Gegegebenheiten nicht allein das Maß der pflegerischen Wirklichkeit sein dürfen.

Ist menschwürdige Pflege überhaupt möglich, wenn ein Ungelernter für elf Bewohner zuständig ist? "Nee, überhaupt nicht. Da heißt es nur hin und abarbeiten. Wie am Fließband."

Weil die Angeklagte ungelernte Hilfskraft "heiß" und "kalt" beim Duschen verwechselte, wurde eine 91-Jährige verbrüht und starb daran. Der Angeklagte schildert die Ursache wie folgt:

Das Problem: "heiß" und "kalt" sind nicht markiert - und die Armatur ist verkehrt herum eingebaut. Statt kälter wird es heißer. Doch das merkt der Angeklagte nicht. Die Demente sträubt sich zwar - wie immer bei Kontakt mit Wasser - aber sie schreit nicht, schildert der Angeklagte unter Tränen.
...
Die Rötungen an der Haut habe er für harmlose Druckstellen vom Stuhlgang gehalten. Erst die zufällig gerufene Pflegerin erkennt die Verbrennungen zweiten Grades - und schlägt Alarm.

Warum das ein Fall ist, der mit der Pflegekammer zu tun hat?
  1. Weil der Pflege die Lobby fehlt, die derartige Missstände in der Personalbesetzung auf höchster Stelle anprangert.
  2. Weil Pflegekammern Gutachter stellen, die vor Gericht die Zusammenhänge im pflegerischen Alltag besser einordnen können, als wenn ein Arzt als Gutachter bestellt wird, der vermutlich einfach nur den tragischen Fehler der Pflegekraft feststellt.
  3. Weil durch eine Pflegekammer dem Druck der Arbeitgeber mit staatlicher Legitimierung etwas entgegengesetzt werden würde, die sich mit geringer qualifizierten Personal begnügen und Unfälle in Kauf nehmen, anstatt für besser qualifiziertes Personal und attraktivere Arbeitsbedingungen zu sorgen, die dem Fachkräftemangel entgegenwirken.
  4. Eine Pflegekammer könnte diesen und ähnliche Fälle systematisch aufgreifen und der Öffentlichkeit und der Politik deutlich machen, das "pflegen kann jeder" eine gefährliche Fehleinschätzung ist, die Menschenleben kostet
 
Wißt Ihr, Jungs, was ich sehe? Daß sich die Krankennpflege spaltet. In die sogenannte und so gefühlte Elite und in das Fußvolk. DAS wäre ein Novum, das gibt es nirgendwo sonst auf der Welt. Auch eine Juliane Juchli lehnt so etwas ab. Habe schon mal geschrieben, wie sie sich verhält. Diskussionen wie unsere jetzt hier wären mit ihr unmöglich. Gemeinsam- nicht gegeneinander!!! schon mal davon gehört?
 
Siehste, jetzt schmeiß ich das schon durcheinander. Kein Wunder...
 
Ein weiteres Beispiel aus der Zeitung:

Eine Pflegerin, die mit 2,9 Promille den Sturz einer 91-Jährigen mit Todesfolge zu verantworten hat, wurde fristlos gekündigt und hat Hausverbot bekommen. Trotz engmaschiger Kontrollen, weil sie zuvor bereits auffällig war, sei keine Arbeitsunfähigkeit festgestellt worden.

Ob die Gefahr einer Wiederholung besteht, prüft niemand. Um die Gefährdung weiterer Pflegebedürftiger bei einem neuen Arbeitgeber kümmert sich ebenfalls niemand.

Eine Pflegekammer würde vom Gericht unterrichtet werden. Sie würde den Fall genauer prüfen und an dem Fall dran bleiben, um die Gefährdung pflegebedürftiger Menschen abzuwenden. Das muss nicht gleich mit dem Entzug der Lizenz erfolgen, sondern kann zunächst die Forderung von Auflagen bedeuten, z. B. der Nachweis über eine Entzugstherapie.

Ohne Pflegekammer wird nur bestraft, aber eine angemessene Lösung für die nachweislich weiter bestehende Gefährdung, die eine konstruktive Lösung für Pflegebedürftige wie Pflegende anstrebt, bleibt aus.
 
Wenn du schon solche Geschichtchen einstellst, solltest wenigstens die Quelle angeben. Auch die Zeitungen bei dir vor Ort haben eine Onlinepräsenz.
Alte Dame fallengelassen - tot! : Pflegerin mit 2,6 Promille im Dienst | Düsseldorf*| EXPRESS
2,6 Promille : Betrunkene Pflegerin lässt 91-Jährige fallen ? tot - Nachrichten Regionales - Düsseldorf - DIE WELT.

Du unterstellst hier öffentlich, dass der AG nix unternommen hat um Schaden abzuwenden. Aus beiden Links geht hervor, dass er seiner Aufsichtspflicht sehr wohl nachgekommen ist und jedes mal nichts feststellen konnte. Wenn die Pflegerin zu dem Zeitpunkt nüchtern war, dann war sie das.
Und auch eine Kammer kann nur bei nachgewiesenen Problemen Sanktionen erlassen. Wobei- sie kann natürlich einführen lassen, dass jede Pflegekraft täglich vor Dienstantritt auf Alkohol und Drogen gescreent wird. Die Kosten haben natürlich die Mitglieder zu tragen.

Da fällt mir ein- die Kollegin war ja nicht alleine im Dienst. Schließlich hat ihre Kollegin die Polizei gerufen. Entzieht die Kammer hier auch die Lizenz? Schließlich hat sie billigend in Kauf genommen, dass ihre Kollegin in dem Zustand ein erhebliches Risiko darstellte.

Elisabeth

PS Dies dürfte wohl der seriöseste Beitrag zu dem Thema sein: http://www1.wdr.de/themen/panorama/pflegerinwuppertal100.html . Bei Bild und Co. war die Meldung erst etwas wert, als die Pflegekraft gekündigt war?
 
@ wh

woher hast du die Information über den Entzug der Lizenz?

Kleine Beispiele von AGs die mir bekannt sind im Umgang mit Suchtkranken Mitarbeitern (abgestimmt mit BR/PR/MAV):
Personalgespräche mit hinweis, daß das Verhalten des An auf eine Sucht hinweißt und dem Hinweiß auf eine Suchtberatung
Zusammenarbeit von Suchtberatung und AG: dh, Dienstplan des An wird mit Termine der Suchtberatung abgestimmt (Wichtig bei Schichtplänen)
und ganz wichtig: Deutlicher Hinweiß des AG: verweigert der AN die Mitarbeit mit der Suchtberatung droht die Kündigung
ebenso bei erneutem Auffallen am Arbeitsplatz


Und ehrlich gesagt, ich glaub niemanden, daß er bei 2,6 Umdrehungen bei dem genannten Mitarbeiter keine Auffälligkeiten gemerkt hat. Da wurden sicher von vielen Kollegen die Augen nicht richtig aufgemacht.
Und wenn jemand so einen Dauerpegel hat, dann ist das sehr langes Trinktraining.
 
Ich denke, wh bezieht sich auf folgendes Prozedere bei der Ärztekammer: http://www.lenhart-ra.de/pdf/KA3.pdf . Nur- so einfach, wie er sich das vorstellt, funzt es nicht.

Elisabeth
 
@Sosylos: Die Briten würden vom Entzug der Lizenz sprechen. In Deutschland haben wir bisher nur die Erlaubnis, die Berufsbezeichnung zu führen, was aber nicht gleichzusetzen ist mit der Erlaubnis (Lizenz), den Beruf auszuüben. Ein verkammerter Heilberuf bringt mit sich, dass nur Kammerangehörige den Heilberuf ausüben dürfen. Und die Heilberufekammer kann, wie Elisabeths Link sehr gut beschreibt, neben dem Strafrecht berufsrechtliche Saktionen ausüben. Wie Elisabeths Quelle ebenfalls zeigt, wird dieses Sanktionsrecht durchaus selten angewandt und meist in eher milder Form, d. h. nicht gleich die Lizenz entzogen.

Das Besondere daran ist im Gegensatz zu nicht verkammerten Berufen, das in der Pflegekammer nur Pflegende Mitglied sind und ihre Organe wählen, d. h. nur Pflegende bestimmen die Berufsordnung und wenden die Saktionsmöglichkeiten an. Das Strafrecht bleibt davon unberührt, wenngleich beide sich zum Teil aufeinander beziehen.

Um aber dieses Recht gegenüber Berufskollegen legitim ausüben zu können, müssen alle im Boot sein, d. h. der Kammer angehören. Unter anderem dafür ist die Pflichtmitgliedschaft wichtig, ohne die niemals der gesamte Berufsstand auf die von allen Berufsangehörigen mitbestimmte Berufsordnung verpflichtet werden könnten.

@Elisabeth: Ich unterstelle dem betreffenden Arbeitgeber nicht, dass er nichts unternommen hat. Er hat die Mitarbeiterin gefeuert. Damit hat er reagiert.

Ich sehe nur die Gefahr, dass nach der Bestrafung der Pflegekraft diese in gleicher Weise bei einem anderen Arbeitgeber erneut ähnlich katastrophalen Schaden anrichtet. Im alkoholoisierten Zustand bestehen ja noch mehr Risiken, z. B. im Umgang mit Medikamenten oder wenigstens bei der Unterstützung der Einnahme von Medikamenten. Meine Kritik richtet sich gar nicht primär gegen die Arbeitgeber, sondern gegen das System, das keine wirksamen Vorkehrungen bei begründetem Verdacht vorsieht.

Statt dessen wird die Pflegerin abgestraft. Die Bestrafung scheint in diesem Fall wohl richtig zu sein, wenn man den Medien glauben soll. Aber sie wendet keinen künftigen Schaden ab. Weder der Pflegerin noch künftigen Pflegebedürftigen ist damit geholfen, wenn weder die Urasche noch die Rahmenbedingungen angepackt werden. Deshalb meine ich, dass ein Eingreifen einer Pflegekammer wichtig ist, die im schlimmsten Falle auch die "Lizenz" - richtiger müsste es heißen, die "Approbation", also die staatliche Anerkennung verbunden mit dem Recht der Ausübung des Berufes - entziehen könnte, z. B. für einen Zeitraum, in dem die Pflegerin ohne Entzug ihre Eignung für den Heilberuf nicht darlegt. So wie man Autofahrern nach Alkoholfahrt für eine Zeit den Führerschein entzieht, weil man eine Bedrohung für Leib und Leben anderer Menschen darstellt. Ohne Pflegekammer hat der künftige Arbeitgeber kaum eine Möglichkeit, gefährliche Eigenschaften einer neuen Mitarbeiterin zu prüfen. Wenn ein neuer Arbeitgeber aber die Approbation fordert - fordern muss - die durch eine Pflegekammer ausgestellt wird, dann kann er ohne datenschutzrechtliche Probleme weitestgehend sicher gehen, dass die neue Mitarbeiterin keine auffällig gewordenen Bedrohungen für die eigenen Klienten mit sich bringt. Sicher ist nichts, aber bekannte Bedrohungen ließen sich effektiv abwenden. So wie ein Spediteur keinen Kraftfahrer ohne Führerschein einstellen würde.

Das die Kollegin die Polizei gerufen hat, ist lobenswert und sicher mutig. Ich habe davor großen Respekt, weil die meisten diesen Schritt erfahrungsgemäß nicht gehen würden. Ich bin nicht sicher, ob der Alkoholismus - sofern es sich nicht um einen "Ausrutscher" gehandelt hat - wirklich hätte früher auffallen müssen. Man möchte eine Kollegen ja nicht zuunrecht in Verruf oder beim Arbeitgeber in Schwierigkeiten bringen. Aber egal, ob es früher aufgefallen ist oder unbemerkt blieb, in beiden Fällen würde sich zeigen, dass beim nächsten Arbeitgeber die gleiche Situation zu erwarten wäre, ob durch zögerliches Verhalten oder durch geschicktes Verbergen der Abhängigen. Deshalb meine ich, dass ein berufliches Vergehen mit Todesfolge auf jeden Fall berufsrechtlich geprüft und nötigenfalls saktioniert werden muss. Das sollte aber nur eine berufliche Selbstverwaltung tun und nicht z. B. eine Antifolterkommission, wie jüngst gefordert.

Dabei sehe ich in der Pflegekammer einen entscheidenen Vorteil für die Pflegenden, den sie durch berufsfremde Instanzen in der Form nicht hätten: Eine Pflegekammer, die gehäuft berufliche Vergehen feststellt, wird auch versuchen, präventiv zu wirken und die Rahmenbedingungen anzugehen, die zu derartigen Problemen führen. Dazu kann gehört, dass sie in der Öffentlichkeit und in der Politik auf Mängel in den Einrichtungen hinweist, die derartige Fälle begünstigen (z. B. zu wenig qualifiziertes Personal, wie in dem Fall, wo eine ungelernte Pflegehilskraft eine 91-Jährige Demente beim Duschen versehentlich derart verbrüht hatte, dass sie an den Folgen verstarb - ein Fall, der eindeutig mit Qualifikation und Personalausstattung zu tun hatte. Die Pflegekammer könnte auch durch Fortbildung und Öffentlichkeitsarbeit die eigene Berufsgruppe sensibilisieren, um frühzeitiger zu reagieren, wenn gefährliche Zustände entstehen. Die Pflegekammer kann also durch Saktionsmöglichkeiten akut eingreifen, aber sie würde auch die Interessen der betroffenen Pflegekräfte vertreten - ihre Lobbyfunktion für die Pflegenden wahrnehmen.

Der Misshandlungsfall in Bremen Ende 2012 hat die misshandelnde Pflegekraft weder aus dem Verkehr gezogen - das Gericht hat die Berufsausübung nicht eingeschränkt - noch sind irgendwelche nachhaltigen Konsequenzen gezogen worden. Ohne Pflegekammer fehlt einfach das fachliche und professionelle Korrektiv gegenüber den ökonomischen Interessen.

Wir müssen uns als Berufsgruppe selbst vertreten können, wenn endlich Konsquenzen aus den unattaktiven bis dramatischen Rahmenbedingungen gezogen werden sollen und unser Beruf in der Öffentlichkeit nicht noch abschreckender wirken soll. Dabei helfen uns keine Image-Kampagnen, denn die durchschut jeder. Wenn unser Beruf attraktiver werden soll, dann muss substanziell etwas passieren. Aber es reicht nicht, dass wir das immer wieder fordern und dann doch vertröstet werden. Wenn wir uns selbst nicht aus unserem Sumpf ziehen, wird man uns da drin lassen und gerade mal über Wasser halten, aber ansonsten andere Interessen vertreten. Deshalb müssen wir strukturell stärker werden, u. a. durch das Recht der beruflichen Selbstverwaltung.
 
@Sosylos: Die Briten würden vom Entzug der Lizenz sprechen. In Deutschland haben wir bisher nur die Erlaubnis, die Berufsbezeichnung zu führen, was aber nicht gleichzusetzen ist mit der Erlaubnis (Lizenz), den Beruf auszuüben.

Doch. Ich kann und darf nicht als GuKP arbeiten, wenn ich diese Berufsbezeichnung nicht führen darf. In der Pflege wäre lediglich eine Arbeit entsprechend einer ungelernten Pflegehelferin möglich - sofern mich jemand nach dem Verlust der Erlaubnis einstellen würde. Und das wage ich zu bezweifeln. Bis ein Gericht diese Maßnahme ergreift, muss ich mir nämlich eine ganze Menge geleistet haben.
 
@wh... danke für den neuen- wie immer wortreichen- Versuch uns doch noch zu überzeugen. Und wie immer ging das Ganze nach hinten los.

Es lässt tief blicken, wenn du hier glauben machen willst, dass 2,6 Promille nicht auffallen beim Arbeiten. Vielleicht soltestd a mal eine entsprechende Fortbildung besuchen.
Alkoholkonsum wurde offensichtlich vom Team toleriert. Anders lässt sich die "Arbeitsfähigkeit" nicht erklären. Denn wer mit 2,6 Promille als Frau noch arbeiten kann, konsumiert täglich größere Mengen. Von daher gehört das Team mit vor den Kadi. Und da das nicht geht... könnte hier die Kammer ja eingreifen. Wie wäre es mit Geldstrafen. Du bist doch so für Sanktionen. Wenn schon, denn schon. Es geht um die Pflegebedürftigen. Da darf es keine Nachsicht geben- bei keinem.

Elisabeth
 
@Claudia: Die Erlaubnis ist praktisch nur eine Urkunde. Mag sein, dass man ohne sie nicht als GuKP arbeiten darf. Aber die Urkunde kann 50 Jahre alt sein ohne jede Wissensauffrischung. Außerdem gibt es ohne Pflegekammer keine Instanz, die dafür sorgt, dass meine "Erlaubnis, die Berufsbezeichnung zu führen" an der von unserer Berufsgruppe selbst erlassenen Berufsordnung festgemacht wird. Und sie würde im Interesse des Ansehens der Berufsgruppe und der Pflegebedürftigen verhindern, dass schwarze Schafe einfach die Weide wechseln, wie im Bremer Fall.

Unsere jetzige Urkunde ist allenfalls eine Miniapprobation ohne Einfluss der Berufsgruppe selbst, weil sie keine Selbstverwaltungsrechte hat, wie andere Heilberufe.

Weiß jemand, ob die Arbeitgeber verpflichtet sind, bei Kammerberufen eine Bestätigung der Kammer einzuholen? Wenn das nicht der Fall ist, muss ich ja damit rechnen, z. B. auch von nicht approbierten Ärzten behandelt zu werden. Das würde mich wundern.
 
Bundesärztekammer - Verfahren zum Entzug der ärztlichen Approbation
http://www.bundesaerztekammer.de/downloads/11mwbo1.pdf § 21

Du kannst also allenfalls die Fachweiterbildung aberkennen. Die Urkunde bleibt gültig. Und da in D eh alle alles machen, ist dies lediglich für den AG interessant. Es ermöglicht ihm eine Gehaltseinsparung.
Solche Ideen solltest lauter verbreiten. Die Politik dürfte es sehr interessieren.

Man kann wirklich nur hoffen, dass du keinem Gremium angehörst, dass die Kammer in seinem Bundesland durchboxen will. Denn dann muss man sagen- die Kammerentwicklung hat sich sehr weit von dem entfernt, um das es eigentlich ging. Man kann nur wünschen, dass die Leute hier mitlesen und ihnen die Augen geöffnet werden, welche Interessen hier vor allem stehen. Es geht nicht um die Interessen der Basis. Welche waren das noch mal? Mehr Geld und mehr Personal- richtig?

Elisabeth
 
Wie es aussieht, ist alles viel komplizierter, als man eben so erklären könnte. Ich bin kein Jurist. Deshalb kann mein Diskussionsbeitrag nur ein Versuch sein, mehr Licht in dieses Dunkel zu bringen.

Ich beziehe mich auf Arztstrafrecht - Berufsrechtliche und vertragsarztrechtliche Konsequenzen - Rechtsanwalt in Koblenz, Frankfurt, Bonn und Saarbrücken: Rechtsanwälte Dr. Caspers, Mock & Partner

Die Approbation wird von einer Ärztekammer oder einer von ihr organisierten Behörde vergeben. Dabei muss sie sich an die Bundesärzteordnung und die Approbationsordnung für Ärzte halten. Unter anderem wird geprüft, ob der Antragssteller, z. B. ein frisch ausgebildeter Arzt oder ein ausländischer Arzt, „sich nicht eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich seine Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs ergibt“. Der hier zititierte Autor weist darauf hin, dass bei Wegfall der Voraussetzungen - keine Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit - die Approbation entzogen werden MUSS. Allerdings muss dieser Eingriff in die persönlichen Rechte des Arzte (z. B. freie Berufswahl) "geeignet, erforderlich und verhältnismäßig sein, um das wichtige Gemeinschaftsgut der Gesundheitsversorgung des einzelnen Patienten und der Bevölkerung zu schützen".

Angewandt auf eine wiederholt gegen wehrlose Pflegebedürftige gewalttätig gewordene Altenpflegerin ließe diese sich als unwürdig einstufen, weil sie das Ansehen des Berufsstandes massiv schädigt. Und sie würde sich als unzuverlässig erweisen, weil sie über einen längeren Zeitraum durch wiederholte Gewaltanwendung gezeigt hat, dass sie für die Ausübung des Berufes nicht geeignet ist.

Im Text der verwiesenen Internetseite heißt es: "Hat in Bezug auf das Verhalten, aus dem sich die Unwürdigkeit bzw. Unzuverlässigkeit des Arztes ergibt, ein Strafverfahren stattgefunden, so ist die Approbationsbehörde berechtigt, die Strafakten im Wege des Urkundsbeweises zu verwerten und die im Strafverfahren gewonnenen Erkenntnisse im Wege einer eigenen Würdigung zu unterziehen, ob sie auch einen Widerruf der Approbation rechtfertigen. Eine Bindung der Approbationsbehörde an die Ermittlungsergebnisse besteht nicht." Ein Entzug einer Approbation/Lizenz/Berufserlaubnis im Falle einer Pflegekammer ist also durchaus nicht ausgeschlossen.

Weiter heißt es: "Maßstab für das berufsgerichtliche Verfahren sind die jeweiligen landesrechtlichen Berufsordnungen." Die Berufsordnung ist das, was die Kammer als Berufsordnung beschließt. Unter Beachtung der Bundesärzteordnung und der Approbationsordnung für Ärzte ist also die Berufsordnung maßgeblich für eine berufsgerichtliche Entscheidung. Das würde sicher auch für eine Berufsordnung einer Pflegekammer gelten.

Als Sanktionen, die seitens der Ärztekammer verhängt werden dürfen, kommen in Frage:
  • Verwarnungen
  • Verweis
  • Geldbuße
  • Entziehung des aktiven und passiven Wahlrechts zu den Gremien auf bestimmte Dauer
  • Feststellung der Berufsunwürdigkeit
Die gravierendste Sanktion wäre die Feststellung der Berufsunwürdigkeit, denn die hätte, wie oben erläutert, nachträglich den Widerruf der Approbation zur Folge.

Zur Rolle der Kammer im Rahmen solcher Verfahren möchte ich noch eine Textstelle zitieren:

"Ein berufsrechtliches Verfahren beginnt in der Regel damit, dass die Ärztekammer von einer berufsunwürdigen Handlung Kenntnis erlangt. Die Entscheidung, ob berufsgerichtliche Vorermittlungen als Vorstufe zum berufsgerichtlichen Verfahren eingeleitet werden, trifft der Vorstand der Ärztekammer. [...] Nach Abschluss der Vorermittlungen entscheidet der Vorstand der Landesärztekammer, ob die Ermittlungen eingestellt werden oder ob ein Berufsgerichtsverfahren beantragt wird. Bei Entscheidung für einen Antrag, ergeht eine Antragsschrift der Landesärztekammer an das Berufsgericht."

Der Einfluss auf den Entzug einer Approbation/Lizenz/Berufserlaubnis ist also nicht so abwegig, wie hier manche meinen. Wenn jemand massiv gegen die Berufsordnung verstößt, was bei wiederholter Gewaltanwendung gegen Pflegebedürftige der Fall ist, dann ist ein Entzug der Approbation/Lizenz/Berufserlaubnis grundsätzlich möglich.

Was an diesem Beispiel aber auch deutlich wird ist, dass eine Heilberufekammer und damit auch eine Pflegekammer sehr selten zu Sanktionen greift. Alle Pflegenden, die einfach nur ihre Arbeit machen und sich keine sehr schweren Vergehen schuldhaft zuschulden kommen lassen, können unbesorgt sein, auch wenn z. B. der private Arbeitgeberverband bpa unzutreffende Schreckensbilder verbreitet.

Wie auch immer, eine Pflegekammer sorgt jedenfalls effektiver für das Ansehen unseres Berufes, als es jede berufsfremde Organisation könnte.
 

Ähnliche Themen