Was habe ich erlebt, das durch eine Pflegekammer verbessert werden könnte?

Ich erhoffe mir für meine Arbeit Verbesserungen durch eine Pflegekammer?

  • Ja, direkt für meine Arbeit.

    Stimmen: 14 18,7%
  • Ja, indirekt durch Verbesserungen für meine Berufsgruppe.

    Stimmen: 42 56,0%
  • Nein, bringt gar nicht

    Stimmen: 14 18,7%
  • Weiß nicht.

    Stimmen: 5 6,7%

  • Umfrageteilnehmer
    75
@squaw: Klingt ein bisschen nach "Wasch mich, aber mach mich nicht nass!" Hoheitliche Aufgaben Übernehmen ist selbstverständlich eine Aufgabe im gesellschaftlichen Auftrag und selbstverständlich ist die Zielgruppe die Bevölkerung, die einen Anspruch auf angemessene Pflegequalität hat. Berufliche Selbstverwaltung bedeutet in diesem Zusammenhang, dass der Berufsgruppe als Expertenkollektiv Freiheiten übertragen werden, um für die Zielgruppe Bevölkerung ihre Fachkompetenz direkter umzusetzen zu können, als es über nichtfachliche Entscheider und an Eigeninteressen/Profit orientierte Institutionen möglich wäre. Die Zielgruppe ist also der Grund und die Legitimation dafür, pflegeberufliche Interessen im Sinne ihrer Berufsausübung (hier also nicht Tarife, auch wenn indirekte Effekte zu erwarten sind - siehe Beispiel Ärzte) eigenständig zu bestimmen - berufliche Selbstbestimmung!

Vielleicht kannst Du Dir vorstellen, dass es sowohl für die Zielgruppe Bevölkerung als auch für die Berufsgruppe Pflege vorteilhaft wäre, wenn die Fremdbestimmung durch eine starke Pflegelobby (in diesem Sinne eine Lobby, von der die Berufsgruppe und die Pflegebedürftigen profitieren) Schranken gesetzt bekommt. Und bestimmt hättest Du auch nichts dagegen, wenn die Pflege nicht mehr nur als möglichst günstiger Arbeitskräftepool gesehen wird, sondern als eine qualifizierte Berufsgruppe mit professionellem Anspruch. Wir bekommen diese Rechte und diese Anerkennung aber nicht für lau! Wenn wir uns auf die verlassen sollen, die uns es in den letzten 100 Jahren auch nicht mehr Selbstbestimmung und Anerkennhung gebracht haben, dann dürfen wir uns nicht wundern, dass alle anderen, nur nicht die größte Berufsgruppe im Gesundheitswesen, ihre Interessen durchsetzen kann. Wir müssen schon bereit sein, auch etwas dafür zu tun und wer nicht persönlich etwas dafür tun will oder kann, muss wenigsten einen Beitrag im Sinne eines Mitgliedsbeitrages leisten. Die berufliche Selbstverwaltung bekommen wir jedenfalls nicht für lau, sondern nur, wenn die Berufsgruppe als Ganzes Verantwortung übernimmt. Also squaw, zeig Dich ritterlich und lass Dir Deinen erhabenen Pelz waschen, auch wenn Du dabei nass wirst und drück ein paar Taler dafür ab.
 
Klingt da wieder die Hoffnung durch, dass es mehr Fachpersonal geben wird und bessere Löhne? Denn was erwartet die Basis mehrheitlich sonst von so einer Institution?

Elisabeth
 
ja und was ist denn nun die Alternative?
 
@squaw: Wir sind doch keine Piloten und wir würden nie die ganze Pflege lahmlegen können, so wie es die Piloten machen. Außerdem glaube ich nicht, dass Du hier für eine Spartengewerkschaft werben willst. Wir müssen schon da anfangen, wo wir stehen. Außerdem: Weißt Du was die Kockpitmitglieder bezahlen und was sie verdienen? Schöner Wunschtraum, findest Du nicht?
 
Pflege will keine Veränderung bei der sie selber aktiv werden müssen. Die deutsche Pflege lebt nicht in der Tradition von Agnes Karll, so sehr sich dass die Pflegewissenschaftler und - pädagogen auch einreden.

Pflege will das System "Fliedner". Mutter Oberin soll es richten. Dabei bleibt es egal, wer diese Position einnimmt. Hauptsache man muss net selber, so ganz persönlich, für etwas kämpfen.
Und wie Mutter Oberin sollen die Engagierten natürlich für Gottes Lohn aktiv werden im Sinne der Nächstenliebe. Die Berufsverbände und Verdi dürften ein Lied davon singen können, wie man vergeblich um Mitglieder wirbt.

Elisabeth

PS Alternative? Es gibt keine. Du kannst die Pflege nur mit Zwang zur Beteiligung bringen. Das bedeutet zwar net mehr Engagement. Aber die als Mutter Oberin bestellten könnten eine bessere Entschädigung bekommen für ihren Aufwand.
 
@squaw: Wir sind doch keine Piloten und wir würden nie die ganze Pflege lahmlegen können, so wie es die Piloten machen. Außerdem glaube ich nicht, dass Du hier für eine Spartengewerkschaft werben willst. Wir müssen schon da anfangen, wo wir stehen. Außerdem: Weißt Du was die Kockpitmitglieder bezahlen und was sie verdienen? Schöner Wunschtraum, findest Du nicht?
Nein, kein Wunschtraum. Wäre möglich. Sogar jetzt noch.
Daß wir keine Piloten sind, ist mir durchaus bekannt! Wenn auch der eine oder andere gelegentlich mal fliegen geht...
Achtung, wh, Überraschung: ich würde sehr wohl eine Spartengewerkschaft einer Kammer vorziehen. Mit Abstand! Denn die würde sich für UNS einsetzen und nicht für andere!!!
 
Und ja, Elisabeth, ich stimme Dir zu: Pflege will keine Veränderung. Vor allem will sie nichts selber machen müssen. Nun denn- vorwärts, wir reiten zurück! (@ wh: :) )
 
@squaw: Jetzt bin ich platt. Du willst eine Spartengewerkschaft? Aber liegt diese Windmühle nicht noch viel, viel weiter in der Ferne? Nicht dass mir eine reine Pflegegewerkschaft zur Zeit nicht viel lieber wäre, als eine Dienstleistungsgewerkschaft, die ihren pflegerischen Mitgliedern nicht die Dienste erweist, die die Mehrheit der Pflege-Mitglieder verlangt. Aber ein neuer Versuch einer Pflegegewerkschaft? Ein weißer Reiter ist kein Don Quijote. Die nächste Taverne ist eine Kammer. Ich lade Dich ein.
:boozed:
 
Die Kammer ist eine Höhle, eng und dunkel. Da rein gehe ich nicht. Nicht freiwillig. Auch nicht mit Dir!
 
Bleib ruhig draußen. Ich komme gerne ab und zu mal zu Dir raus, um frische Luft zu schnappen und anregend zu zanken. Und ich schau Dir nach auf Deinem langen Ritt zur Spartengewerkschaft. Wie soll sie heißen?
 
Die Kammer hat nix mit Verdi und deren Aufgaben zu tun. Verdi kann von einer Kammer nicht profitieren und die Kammer nicht von Verdi. Was ist daran eigentlich so schwer zu verstehen? Kann es sein, dass so mancher Kammerbefürworter ein bisschen aus den Augen verloren hat, was die Kammer als Ziel hat? Da ging es um die Optimierung der Versorgung des Bürgers und nicht um die Belange und Wunschträume der Pflege.

Elisabeth
 
Bei den Ärzten ist die Gewerkschaft Marburger Bund die treibende Kraft, die sich für die Ärztekammer einsetz und nun eine Informationskampagne zur Information der Ärzte gestartet hat (http://www.mbz-kammerkampagne.de/).

In der MBZ heißt es:
Beiträge bezahlen und dafür mit lästigen Auflagen belohnt werden? Was soll das denn? Für uns in der MBZ-Redaktion ist im Zuge von vielen Gesprächen mit MB-Mitgliedern deutlich geworden, dass es häufig ganz einfach an den Basis-Informationen rund um die Ärztekammern und ihre Aufgaben und Leistungen fehlt und deshalb das Thema Ärztekammern bei Ärztinnen und Ärzten auch überwiegend so negativ besetzt ist. Und genau da setzt jetzt die neue Serie in der MBZ an. Es war überaus interessant, sich mit den Ärztekammern, ihrer Geschichte, ihren Aufgaben usw. genauer zu befassen.

@Elisabeth: Vielleicht hast Du ja auch dafür eine Erklärung.
 
Jetzt aber mal wieder zurück zum eigentlichen Threat-Thema:

Was ist aus dem Misshandlungsfall in Bremen geworden? Hier zu lesen: Gewalt in der Pflege: Frau T.'s Umgang mit Menschen - taz.de

Die Täterin ist mehrfach als untragbar festgestellt worden. Die Heimleiter haben versucht, dies zu vertuschen und - das ist besonders gravierend - sie haben die Täterin nicht aus dem Verkehr gezogen.

„Alle schoben die Behauptungen meiner Mutter auf ihre angebliche Demenz“, so ihre Tochter, die die Mutter auf eine andere Station verlegen lassen wollte.
Heimleiter J. versprach ihr stattdessen, T. fortan nur noch in Begleitung einer Kollegin zu ihrer Mutter zu lassen. Als die Tochter T. dennoch alleine antraf, erstattete sie Anzeige – und die verlief im Sande, aus Mangel an Beweisen.

Wer möchte mit so einer Kollegin zusammenarbeiten? Wer möchte zusehen, wenn Schutzbefohlene misshandelt werden? Aber wie soll man eingreifen, wenn der Arbeitgeber nur an Vertuschung denkt und nicht bereit ist, die Konsequenzen zu ziehen. Was mag den Heimleiter bewegt haben, die Misshandlungen in Kauf zu nehmen? War es womöglich wichtiger, dem MDK bei der nächsten Prüfung im Dienstplan zu zeigen, dass alle Schichten ordnungsgemäß besetzt waren? Waren die formalen Prüfergebnisse des MDK wichtiger, als der Schutz der wehrlosen Bewohnerin vor Misshandlung?

Und dann kommt das, was nur durch eine Pflegekammer effektiv verhindert werden kann:

Silke T. wurde wegen Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 130 Tagessätzen à 16 Euro – insgesamt also 2080 Euro – verurteilt. Ihren Beruf als Altenpflegerin darf sie weiter ausüben.

Straffälligkeiten von Angehörigen von Heilberufekammern müssen vom Gericht der Kammer gemeldet werden. Wenn die Straffälligkeit so gravierend ist, wie in diesem Bespiel, kann die Kammer die Berufslizenz entziehen. Hier hätte eine Pflegekammer also effektiv verhindern können, dass professionell Pflegende in die Zwickmühle zwischen professionellem Gewissen und Arbeitsplatzsicherheit bzw. Karrierechancen geraten.

Der berufsrechtliche Einfluss einer Pflegekammer ist mehrschichtig:
  • Sie kann die persönliche Fort- und Weiterbildung durch ein Punktesystem sicherstellen.
  • Sie kann bei Fehlverhalten von Pflegekräften als Schlichtungsstelle vermitteln, was für die Pflegenden den Vorteil bringt, dass fachliche Sachverhalte auch fachgerecht berücksichtigt werden und keine Nebeninteressen eines Arbeitgebers im Vordergrund stehen. Die deeskalierende Wirkung einer Schlichtung ist ein weiterer wichtiger Faktor, der den Mitgliedern der Pflegekammer zugute kommt.
  • Aber berufsrechtlich durchgreifen im Sinne von Bestrafung kann die Kammer nur, wenn eine klare Beweislage vorliegt. Das ist in der Regel nur durch richterliche Urteile möglich. Der hier beschriebene reale Fall zeigt sehr deutlich, dass eine Pflegekammer in solchen Fällen einie wichtige Funktion übernimmt, die die bestehenden Rechtsbehörden nicht wahrnehmen. Der Entzug der Berufslizenz würde den Heimleiter zum Straftäter machen, wenn er Pflegekräfte beschäftigt, die keine Lizenz haben und damit keinen Nachweis ihrer Eignung für die Berufsausübung darlegen können. Damit wird erreicht, dass die tatsächlich Verantwortlichen, die es letztendlich in der Hand haben, Misshandlungen zu unterbinden, zur Verantwortung gezogen werden. Das wäre auch eine Entlastung für die Pflegekräfte, die unter untragbaren Zuständen leiden müssen.

Diese Zusammenhänge sind leider in schlichten Parolen nicht zu erklären. Umso schöner wäre es, wenn sie von Pflegekammer-Befürwortern wie -Gegnern auf sachliche Weise diskutiert werden können,
bei allem Spaß Zanken. :streit:
 
Hier mal ein Beispiel für die Argumentation aus der Pflegewissenschaft:
Prof. Dr. Johannes Kemser ist Gründungsdekan des Fachbereichs Pflege an der Katholischen Stiftungsfachhochschule München und sagt folgendes:

Link: Interview mit Prof. Dr. Johannes Kemser: Die Pflege braucht eine eigene Stimme - Wissenschaft - JuraForum.de

Auf die Frage: Wie schätzen Sie die Chancen auf eine eigene Pflegekammer ein?

Kemser: „Wenn auch derzeit noch keine bundesweit einheitliche Entscheidung getroffen wurde – die durch die Länderrechtsregelung ohnehin nicht möglich ist – so wird sich durch die weiter ausdifferenzierten Erkenntnisse über Pflegewissenschaft und Pflegeversorgung die Pflege vom Beruf zur Profession weiterentwickeln. Damit wird, wie in anderen Kammerprofessionen (Medizin, Pharmazie, Architektur etc.), langfristig eine berufspolitische Vertretung kaum zu umgehen sein; es sei denn, man schafft alle Berufskammern ab. In einer Pflegekammer definiert dann die Pflege selbst, was Pflege ist. Durch eine Kammer wird der Graben zwischen Wissenschaft und Praxis überbrückt. Im Moment drehen sich die Meinungen der Kritiker überwiegend um die Sorge zunehmender Bürokratisierung, hoher Beiträge und des Machtverlusts etablierter Trägerverbände und Gewerkschaften.“

Etwas weiter im Text ist noch folgende Aussage bemerkenswert:
... Die Aufgabenstellung einer Pflege der Zukunft muss ihre wissenschaftliche Unabhängigkeit, ihre praktische Autonomie und ihre Verantwortung für alle pflegerischen Versorgungsfragen umfassen ...

Das klingt vielleicht alles recht akademisch. Aber bemerkenswert finde ich, dass hier der Bogen zwischen Wissenschaft und pflegerischer Praxis gespannt wird. Dass Pflege als eine Disziplin verstanden wird, die einen Wissensvorsprung vor Laien und damit vor der übrigen Gesellschaft für sich in Anspruch nimmt. Es geht aber eben nicht nur um den Wissensvorsprung also solches, den man vieleicht primär bei den Akademikern angesiedelt sieht, sondern um die Kombination mit der berufspraktischen Anwendung des Wissens. Hier kommt also Wissenschaft zusammen mit beruflicher Praxis und Erfahrung.

Eine Pflegekammer hat quasi die Funktion eines Katalysators, der die gegenseitige Befruchtung zwischen Praxis und Wissenschaft beschleunigt oder gar erst ermöglicht.

Heute haben wir die Situation, das berufsfremde Autoritäten bestimmen, was sinnvoll für unsere Berufsausübung und unsere Aus- und Weiterbildung ist.

Wenn wir eine Pflegekammer haben, wird man an unserer Berufsgruppe nicht mehr einfach vorbei gehen können, sondern wird sie als fachliche Autorität einbeziehen müssen. Umso mehr, als Pflegekammern die mitgliederstärksten Kammern überhaupt sein werden, und damit eine enorme flächendeckende Austrahlung haben werden. Kein Wunder, dass besonders die Arbeitgeberverbände eine Pflegekammer unter allen Umständen verhindern wollen.
 
Oh-Oh... böse Falle. In den Augen der Basis sind die Pflegewissenschaftler net unbedingt beliebt- um es mal vorsichtig auszudrücken. Das Argument würde ich sehr, sehr, sehr vorsichtig nutzen. Zumal hier deutlich wird, wo die wirklichen Interessen der Verkammerung liegen.

Elisabeth
 
Berufliche Selbstbestimmtheit (weniger Fremdbestimmung) geht nur über die Autonomie im eigenen Wissensgebiet. Das lässt sich gesellschaftlich nur durch die wissenschaftliche Fundierung durchsetzen. Wenn eine Kammer den Praktikern dazu verhilft, gesichertes Wissen anzuwenden, wird das kaum jemanden stören. Das ist keine böse Falle, sondern eine gute Lösung.

Wir sollten aufhören, uns gegeneinander ausspielen zu lassen. Wir sollten uns als ein Berufskollektiv verstehen. Unsere Ausrichtung an den Bedürfnissen unserer Pflegebedürftigen ist der Kern unserer Gemeinschaft - unser gesellschaftlicher Auftrag. Dass unsere praktische Arbeit, unsere Berufserfahrung, unser Wissen und unsere beruflichen Möglichkeiten (berufliche Selbstbestimmung) alle in die gleiche Richtung weisen, ist eine Stärke unserer Berufsgruppe. Eine Kammer hilft uns, das besser und koordinierte und nach außen hin überzeugender zusammenzubringen.
 
Noch mal einfach- weil du verdi und co. net verstehst/verstehen willst...

Die Basis will mehr Geld und mehr Personal. Wenn sie mehr wollt, dann würde die Freiwillige Registrierung sich net mehr retten können vor Mitgliedsanträgen.

Die Pflegewisenschaft will, dass ihre Erkenntnisse endlich in der Praxis Anwendung finden.

Was glaubst, wer die Kammer will und braucht zur Umsetzung seiner Vorstellungen?

Zur Erinnerung: Lohn und Gehalt gehören net zu den Aufgaben einer Kammer. Und die Festlegung von Vorbehaltsaufgaben- ein Blick in das Krankenpflegegesetz zeigt, was die Fachkraft braucht. Jeder halbwegs intelligente Mensch dürfte erkennen, dass das Personal net zu 100% aus Fachpersonal bestehen muss. Der Personalmix wird sich ausweiten. Darauf weist verid und Co. zwar hin. Aber das möchte man logischerweise unterbinden. Zuviel Aufklärung könnte Probs bringen.

Elisabeth
 

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