Weißt Du, was ich mir wünschen würde? Daß es eine Stelle gibt, die solchen Schlagzeilen wie "Pflege ist Folter" usw. auf professioneller Ebene den Garaus macht. Jemand, der auch in gewisser Weise eine Schutzfunktion ausübt. Der UNSERE iInteressen vertritt. Jemand, der im Sinne unserer Berufsgruppe verbindet und nicht spaltet.
Aber genau das ist doch eine Beschreibung von Funktionen einer Pflegekammer. Eine Pflegekammer wird innerhalb der Berufsgruppe ethische Leitlinien aufstellen. Sie wird diese in dem ihr gesetzten Rahmen auch kontrollieren. Sie kann nicht am Bett stehen und zugucken. Sie kann auch keine Straftaten mit Gefängnis ahnden. Aber sie kann unethisches Verhalten im schlimmsten Falle mit dem Entzug der Berufslizenz unterbinden.
Letzteres ist die drastischste Maßnahme, die wirklich nur angezeigt ist, wenn es gilt, eine gefährliche und uneinsichtige Person oder Wiederholungstäter aus dem Verkehr zu ziehen, die eine Gefahr für Pflegebedürftige dargestellen. Aber wenn die Kammer das tut, verhindert sie schon mal einen Teil der Schlagzeilen, zu denen es dann nicht mehr kommen kann.
Das gute an dieser berufseigenen Kontrollinstanz ist aber vielmehr, dass sie primär nach Lösungen sucht, die dem Beruf gerecht werden. Sonst würde die Führung der Pflegekammer die nächste Wahl durch ihre Mitglieder nicht überstehen. Es geht also vielmehr darum, die Verhältnisse in der Realität mit dem Sachverstand von Pflegenden zu betrachten und nach Lösungen zu suchen, die praktikabel sind und den Berufsangehörigen nicht einfach nur Schuld zuschieben, ohne Unterstützung zu leisten.
Es geht darum, die Situationen zu verbessern, in denen es zu Gewalt kommt. Dazu gehören verschiedene Ansatzpunkte.
Die ethischen Berufsrichtlinien helfen schon mal ein bisschen, dass jeder weiß, was sich gehört. Die Negativbeispiele zeigen, dass das nicht so selbstverständlich ist, wie man glauben möchte. Sie helfen auch, dass in Teamarbeit die Profis, die sich zu den ethischen Prinzipien bekennen, es ein wenig leichter haben. Einmal, weil es die Richtlinien gibt, auf die man sich beziehen kann, und außerdem weil ihre Übertretung nötigenfalls geahndet werden könnte. Diese Argumentation ist auch in der Hierarchie eine kleine Hilfe - nicht für jeden, weil ja viele selbstbewusst genug sind, aber für die anderen ein bisschen. Mir ist an dieser Stelle das "könnte" weit aus wichtiger, als dass es in schlimmen Fällen dann tatsächlich passiert.
Wirkungsvoller sind m. E. die Fortbildungsverpflichtungen. Einstellung wird durch Bildung gefördert. Es ist besser, eine gute Einstellung zu Gewalt in der Pflege zu pflegen, als mit Drohung und Kontrolle den Druck zu erhöhen. Es ist auch besser, eine gute Einstellung im Team zu pflegen, als sich nicht verantwortlich zu fühlen, wenn einer im Team sich nicht im Griff hat.
Ebenfalls als wirkungsvoll wird sich erweisen, dass eine Pflegekammer gestützt auf Daten in der Öffentlichkeit und in der Politik dafür deutlich mehr Bewusstsein schaffen kann, dass Übergriffe von Pflegenden sich nicht wegkontrollieren lassen. Das ist meines Erachtens der Dreh- und Angelpunkt in dieser Angelegenheit. Wenn die Belastungssituationen die eigentliche Ursache dafür sind, kann eine unabhängige Pflegekammer als Körperschaft öffentlichen Rechts sehr deutlich die Fakten auf den Tisch legen, so dass die Politik und auch die Verhandlungspartner der Kostenträger und Leistungsanbieter das nicht ignorieren oder kleinreden können.
Und schließlich hat die Pflegekammer ja auch die Funktion, in Konfliktfällen Streit zu schlichten. Dazu kann auch gehören, dass sie Anlaufstelle für Beschwerden von Pflegebedürftigen wird. Damit kann sie Problemfälle regeln, schon bevor sie vor Gericht landen bzw. in der Öffentlichkeit dem Veriss der Medien ausgesetzt sind.
Die Pflegekammer würde definitiv unsere Interessen vertreten. Allerdings muss sie sich dieses Recht in der Weise verdienen, dass sie es gleichzeitig zum Schutze der Pflegebedürftigen tut. Da das aber ohnehin im Interesse unserer Profession ist, dürfte das für uns kein Problem sein.
Es geht um einen Gesellschaftlichen Vertrag: Die Gesellschaft vertraut der Pflege recht weitgehende Selbstverwaltungsrechte als Berufsstand an und verlangt im Gegenzug die verantwortliche Mitwirkung bei der Lösung der gesellschaftlichen Probleme, die die besondere Kompetenz der Profession Pflege erfordert.
Um es aber gleich nochmal zu betonen: Die Pflegekammer löst nicht alle Probleme und sie wird auch einige Zeit brauchen, bis sie etwas für uns erreicht hat. Aber länger warten, macht es auch nicht besser.
Davon abgesehen spricht nichts gegen eine Koexistenz von Pflegekammern, Gewerkschaften, Berufsverbänden und wissenschaftlichen Fachgesellschaften. Sie können sich alle in ihrer jeweiligen Rolle sehr gut ergänzen und ihre jeweiligen Stärken einbringen. Es gibt gar keinen Grund zur Spaltung. Vielleicht setzt sich dieser Gedanke ja bald auch bei allen Beteiligten durch.
@wqauw: Sorry, war ich eigentlich lange genug still? Dann könnte ich Dich ja allmählich wieder beknien, Deinen Beitrag für den DBfK zu reaktivieren, oder?