Regeln für eine Komplettfixierung?

InetNinja

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Hallo liebe Kollegen.

Ich habe einen Fall in dem ich sehr unerfahren bin genauso wie meine Kollegen vor Ort.

Chirurgische Intensivstation.
Ein Pat. fulminant Delirant. Medikamentös ausgeschöpft.

Seit 12 Tagen bei uns, bettflüchtig, man kann ihn wirklich keine 3 min. alleine lassen.
Entsprechend selbstgefährdend da Monitoring, Dialyse, diverse Device etc.

Daher ist der Pat. nun Fixiert.
Ich habe was die rechtliche Lage angeht rudimentäre Kenntnisse aus der Ausbildung.
Und was de Praxis betrifft nur diese aus meiner Zeit in der ZNA.

Daher suche ich ein Flyer, Bericht, Prospekt oder gerne auch Bücher etc. das dass Thema von jeder Seite erläutert.

Also rechtliche Sicht.
Welche Schritte müssen eingeleitet werden um diese Freiheitsentziehende Maßnahme korrekt durchzuführen?
Meines Wissen kann die Pflegekraft akut in einer wirklichen Notlage ohne AO fixieren. Die Ärztliche AO hat aber dringend und so zeitnah wie nur Möglich zu erfolgen.
Dann alles was länger als 24h dauert benötig es eine Genehmigung des Amtsgericht.

Wie muß die Dokumentation seitens der Pflege aussehen?
Meines Wissens regelmäßig Vitalzeichen, RR, HF, SpO2, bei uns sind zudem noch ZVD, Temp, Atmenfrequenz, MAD, Ernährung, Ausscheidung, Schmerzscoring, Orientierung, Vigilanz, RASS, CAM ICU etc. und Flüssigkeitsbilanz generell im Monitoring.
Kontrolle der Fixierungspunkte, Hautdefekte etc.
Was ist hier regelmäßig? Ich hab mich hier für einen stündlichen Takt entschieden. Ist das ausreichend? Grundsätzlich sind andere Notlagen per Alarmgrenzen sofort zu erkennen. Faktisch ist ohne hin im 15-30 min Takt jemand im Zimmer. Beruhigung, erneutes anbringen der Abteilung, Media, Pflegemaßnahmen etc.

Und die Praxis?
Ich weiß das es auch da Regeln gibt um den Pat. auch vor Selbstverletzung und dem Risiko das aus der Fixierung selber ausgeht zu schützen.
Da bin ich aber nicht ganz fit. Häufig sieht man fixierte Hände. Das ist m. K. nach aber nur einen Tubussicherung und keine Fixierung von derart unruhigen Patienten.
Ich hab da auch schon weite Handfixierung und auch weite Fußfixierung gesehen, das ein rausstrecken der Füße aus dem Bett ermöglich. Die Körpermitte war nicht fixiert. Das halte ich für gefährlich und meine auch das dies nicht zulässig ist.

Ich habe meinen Pat. mit einer Segufix Fußfixierung die am Bettrahmen selber erstmal über das Fußende gespannt wird und an dieser dann die Fußfixierung angebracht wird, das der Pat. die Beine nicht weiter als bis zur Bettkante die Füße ausstrecken kann.
Dann genauso einen Beckengurte ebenfalls Segufix angebracht der eine Sicherung gegen durchrutschen hat.
Leider fehlte mir ein passende Brustgurt. Aufgrund der fixierten Füße kann sich der Pat. aber nicht nach Kopfwärts im Bett bewegen das er sich aus dem Beckengurt rausziehen kann. Die Hände sind auch soweit fixiert das diese nicht mehr als eine Faust weit über die Bettkante gehalten werden können.

Ich bin mir aber unsicher ob eine derartige Fixierung ausreichend und Korrekt ist und würde mich über eine konkrete Anleitung freuen.

Im Stündlichen Takt habe ich genauso einen "Auslassversuch" gemacht und bin im Zimmer geblieben. Habe also die Hände gelöst und ihm zu trinken angereicht, welches er selbst zum Mund führen konnte. Aus Angst das der 120kg. Mensch mir entgegen springt habe ich den Beckengurt und die Füße belassen.

Genauso habe ich versucht den Pat. bestmöglich wieder zu reorientieren.

Kann mir jemand da Helfen?
Ich möchte das sicher beherrschen und auch etwas valides in der Hand haben um die Diskussion mit Kollegen und Vorgesetzten eingehen zu können.

Gruß
InetNinja
 
Also rechtliche Sicht.
Welche Schritte müssen eingeleitet werden um diese Freiheitsentziehende Maßnahme korrekt durchzuführen?
Meines Wissen kann die Pflegekraft akut in einer wirklichen Notlage ohne AO fixieren.
Nein, nie!
Ich weiß zwar, daß es oft anders läuft, aber eine Fixierung ohne Arztanordnung ist verboten.
Dann alles was länger als 24h dauert benötig es eine Genehmigung des Amtsgericht.
Stimmt so auch nicht.


 
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Ich hab’s geahnt.

Da kann einem nur schlecht werden.
Ich hatte in der Nacht nur eine Merkblatt einer anderen Station und dort war der Rechtliche Sachverhalt so geschildert.

Vielen Dank Martin.

Hat wer noch eine Ahnung zur praktischen Anwendung der Gurte?
 
Das gilt nur im Gefängnis..., nicht in der Klinik
 
Zuletzt bearbeitet:
Genau. Danke.

Jetzt hatte ich Zeit, mal weiter zu lesen und unter dem § 34 stgb (rechtfertigender notstand) ist
es uns scheinbar auch erlaubt.
Zumindest hab ich es an mehreren Stellen gelesen.
Wäre auch schlimm, wenn das nicht so wäre.
Nicht jeder hat in einer Notsituation direkt einen Arzt griffbereit.
 
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Da ist auch kein direkter Bezug. Hab es anders herum gemacht. An mehreren Stellen wo ich nachgelesen hab wurde darauf verwiesen. Hab gesucht nach dem Paragraphen und Fixierung.
Ich brauche da auch keinen direkten Bezug.

Wir können aber mal Rechtsauskunft einholen beim DBfK wenn du Probleme mit der Umsetzung hast. Ich hab die nicht.
 
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Die Nacht wollte sich ein wacher aber deliranter ECLS Patient die Kanülen entfernen.

Wir haben zu 4 ihm die Schläuche aus der Hand fummeln müssen. Einer Kollegin hat er in den Magen geboxt und getreten.

Junger, schwerer, großer und seeeeehr kräftiger Patient.

Und wir haben uns wirklich alle Mühe gegeben den Patienten in der Realität zu halten. Aber sobald die Sonne untergeht ist bei vielen nichts mehr zu machen.
 
Da ist auch kein direkter Bezug. Hab es anders herum gemacht. An mehreren Stellen wo ich nachgelesen hab wurde darauf verwiesen. Hab gesucht nach dem Paragraphen und Fixierung.
Der Paragraph ist ja nicht grundsätzlich falsch; nur lese ich eben nirgends einen Freibrief raus, daß Pflegekräfte das einfach so dürfen (ohne Arztanordnung).
Hier ist es m. M. n. sehr gut juristisch erklärt:

https://rae-nuernberg.de/fileadmin/...om_160413_Freiheitsentziehende_Massnahmen.pdf S. 13 bis 23

Für mich absolut eindeutig ist die Aussage

„Die Fixierung soll unter anderem aus diesem Grund das letzte Mittel darstellen und eine sorgfältige Abwägung der Risiken durch den Arzt erfolgen, der die Anordnung zu treffen hat.“
(Quelle s. o., S. 13).

Wir können aber mal Rechtsauskunft einholen beim DBfK
Kannst Du gerne tun.
 
Aber genau das beschreibt es doch.

Wenn gerade etwas abgeht wie z.b. mein ECLS Patient. Soll ich da warten bis der Arzt um die Ecke kommt oder lieber doch für diese Situation alles Safen?

Selbstverständlich ist eine kaputt gefummelte Viggo nicht ausreichend, aber ein ZVK mit katecholamine.
Nein es ist nicht möglich auf einer Intensivstation ständig daneben zu stehen. Das bedeutet das mein anderer Patienten unbeaufsichtigt ist.

Auch in peripherer Umgebung. Ein Patienten der Akut gerade durch dreht. Hm Tür eintreten… wenn’s nur dabei bleibt? Wie weit ist es das dieser Patient fremdgefährdend ist?

Ne kaputte Tür ist ärgerlich, ne kaputte Nase oder mehr gefährlich.

Pauschal ist das nicht zu beantworten.

Und jetzt geht es um ne Ethikfrage.
Intensivstation 1:1 Betreuung für ein Delir und dafür das Bett für ein Polytrauma schließen?

Die ethikfrage steht auf einem anderen Blatt. Die Freiheit eines Menschen zu beschränken um ein anderes zu retten???
 
Ich würde nie auf die Idee kommen in einem Notfall Rücksprache zu halten wenn schnelles Handeln erforderlich ist und ich nicht direkt einen Arzt erreichen kann.
Und Eigenschutz geht auch immer vor.
Dafür ist der Notstandsparagraph da.

Was meint ihr denn was los ist wenn euch z.B. jemand aus dem Fenster springt weil ihr dessen Freiheit nicht eingeschränkt habt weil ihr versucht habt, einen Arzt zu erreichen?

Wenn man im Krankenhaus ist und da stehen 3 Ärzte rum, kann man das natürlich absichern.
 
https://rae-nuernberg.de/fileadmin/...om_160413_Freiheitsentziehende_Massnahmen.pdf S. 13 bis 23

Für mich absolut eindeutig ist die Aussage

„Die Fixierung soll unter anderem aus diesem Grund das letzte Mittel darstellen und eine sorgfältige Abwägung der Risiken durch den Arzt erfolgen, der die Anordnung zu treffen hat.“
(Quelle s. o., S. 13).
In deinem Link steht's doch mit dem Notstand.
Das musst du doch gelesen haben?

Von einem Freibrief ist doch nie die Rede gewesen.
 
In deinem Link steht's doch mit dem Notstand.
Das musst du doch gelesen haben?

Von einem Freibrief ist doch nie die Rede gewesen.
Hast DU den Text gelesen?

Dort steht „…durch den Arzt (…), der die Anordnung zu treffen hat“.

Hat mit Anordnungs- und Durchführungsverantwortung zu tun. Ist in Deutschland (leider) so geregelt. Punkt.
Wenn gerade etwas abgeht wie z.b. mein ECLS Patient. Soll ich da warten bis der Arzt um die Ecke kommt oder lieber doch für diese Situation alles Safen?
Du kannst Dir im Notfall die Anordnung auch hinterher holen, aber Du brauchst sie. So schnell wie möglich.

„Anmerkung für die Praxis
Für die ärztliche Anordnung empfiehlt sich ein Formular, auf dem unter anderem auch der einschlägige Rechtfertigungsgrund anzugeben ist. Die schriftliche Anordnung sollte enthalten:


  • den Namen des anordnenden Arztes sowie Namen und Geburtsdatum des zu fixierenden Patienten,
  • den Rechtfertigungsgrund (Anordnungsgrund bzw. Anlass),
  • Art, Umfang und Dauer der Maßnahmen, insbesondere deren Befristung (…).
Bei Gefahr im Verzug (Notwehr oder Notstand) kann (und muss) das Pflegepersonal auch ohne vorherige schriftliche ärztliche Anordnung vorübergehend fixieren. Die schriftliche ärztliche Anordnung ist jedoch umgehend nachzuholen!“

Quelle: Die Zulässigkeit von Patientenfixierungen - www.qm-praxis-pflege.de
 
@InetNinja @AntjeX
Da muss ich mich bei euch entschuldigen.
Ich hatte eure Aussage so verstanden, daß man „im Notfall komplett ohne ärztliche Anordnung fixieren dürfe“.
Tatsächlich hatte @InetNinja direkt dahinter geschrieben
Die Ärztliche AO hat aber dringend und so zeitnah wie nur Möglich zu erfolgen.
Das hatte ich komplett überlesen.
 
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