Post-OP-Pflege: bin ich zu empfindlich?

Gärtnerin

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Onko
Hallo zusammen, ich lese seit einiger Zeit gerne hier mit und habe mich jetzt auch mal registriert:wavey:. Ich habe nur aus der Ausbildung Erfahrungen in chir. Pflege und bin seit langem in einer großen Klinik in der Onkologie tätig.

Vor einiger Zeit hatte ich zwei OPs innerhalb von drei Tagen (nicht mein Krankenhaus!), die mich immer noch beschäftigen. Ich bitte Euch mal um Eure Meinung, ob ich mich da in etwas hineingesteigert habe, oder ob Ihr auch der Meinung seid, daß das alles nicht so dolle war. Natürlich weiß ich auch, daß Kolleginnen als Patienten immer gern gesehen sind...

Nach der ersten OP lag ich zitternd im Bett und bat um eine zweite Decke. Antwort wörtlich "Nun stellen Sie sich mal nicht so an, das hat jeder und das geht wieder weg. Eine zweite Decke haben wir nicht." Im Rausgehen warf mir die Schwester dann auf meine Bitte wenigstens noch meinen Bademantel über die Beine. (Ich weiß, daß shivering sein kann, es geht mir um die Reaktion.)

Bei der zweiten OP wurde ich mit einer anderen Patientin verwechselt (ich lag ja auch erst drei Tage da). Ich wurde nicht mit Namen angesprochen, es gab kein Armband und es wurden keine Identifikationsdaten abgefragt. Gemerkt hatte ich das nur, weil ich eine Smiley-Pille bekommen und es dann auch sofort losgehen sollte. Ich hatte aber vorher im Narkoseprotokoll gelesen, daß eine Spritze angesetzt war und außerdem sollte der Termin später sein. Auf meine Nachfrage hieß es nur, daß natürlich eine Tablette angesetzt sei und ich wäre jetzt dran. Basta. Nachdem ich gebeten hatte, nochmal nachzusehen, wurde die Schwester blaß, lief aus dem Zimmer, kam aufgelöst wieder und wollte von mir hören, die Verwechslung wäre ja nicht so schlimm gewesen, sie hätte es ja noch rechtzeitig gemerkt? Hää? Dafür durfte dann eine Schülerin ihre erste i.m.-Spritze üben.

Nach der OP war ich rel. lange out of order. Mir wurde später gesagt, ich hätte stundenlang im AWR und auch noch auf Station geheult wie ein Schloßhund. Man wollte allen Ernstes (!) von mir wissen, was das denn wohl sollte?? Ich weiß davon gar nichts. Ich weiß aber, daß ich später (es war dunkel, also abends) auf Station von einer Anästhesistin wachgerüttelt wurde. Das habe ich noch nie gehört, daß ein Anästhesist noch mal vorbeikommt. Ist es normal, daß man in so einem Zustand zurück auf Station kommt?

Ansonsten wurde ich erst am nächsten Morgen halbwegs wach. Da bemerkte ich dann aber, daß das Bett komplett hochgefahren war, ohne Bettgitter, und die Klingel unerreichbar auf dem Nachttisch. Ich habe mich (mit meinem halbgaren Kopf) nicht mehr getraut mich zu bewegen vor Angst, hinauszufallen (meinen Schülern bleue ich immer ein: lasst nie nie nie das Bett oben....). Später bekam ich mit, daß der DK-Beutel unsichtbar zwischen Bett und Wand hing und außerdem fast leer war. Er war auch nicht geleert worden, d.h. Ausscheidung über 24h nahezu null. Kontrolliert das denn niemand? Später erfuhr ich, daß es außer PCM auch keine Infusionen gegeben hatte. Getränke standen unberührt auf dem Nachttisch. Hm. Das mag auch die Ursache für meinen Harnwegsinfekt gewesen sein, den ich rel. zügig bemerkte (habe ich sonst nie), was aber niemanden so recht interessierte. Na ja, zwei Tage nach der Entlassung war es dann eine Nierenbeckenentzündung. Aua.

An Schmerzmitteln hatte ich lt. Pflegebericht (später gelesen...) nachts Tramal-Tropfen bekommen. Die hatte ich morgens zur Hälfte noch im Mund, zur Hälfte im Laufe des Vormittags wieder hochgehustet. Gewirkt hat das eher weniger. Mein Bett durfte ich nach drei Tagen selbst neu beziehen, da seit der OP große Sekret- und sonstwas-Flecken drin waren, war ein gutes Kreislauftraining.

Die ganzen Punkte hatte ich (leider) im Krankenhaus nicht angesprochen, da ich erstens genug mit mir selbst beschäftigt war, man zweitens die Schwestern nur rennend gesehen hat und ich drittens ja auch nicht nur die Giftziege aus der 13 sein wollte. Leider deshalb, weil es mich ja doch immer noch beschäftigt und beunruhigt.

Na ja, und warum die OP doch mit Bauchschnitt und nicht wie angekündigt minimalinvasiv stattfand, hat mir auch kein Arzt erklärt trotz Nachfrage. Im OP-Bericht steht nichts von umsteigen. Das war aber letztlich nicht so dramatisch, mein Doc hatte mich vorgewarnt. Bemerkenswert ist vielleicht nur, daß die Einschätzung meines Hausarztes vorher als dramatisiert abgetan wurde und es natürlich anders gehen würde. (Aber das ist ja kein Pflegethema.)

Also, Frage an die Chirurgie-Profis: bin ich zu empfindlich? Oder ist das alles ganz normal gelaufen? Demnächst habe ich leider noch eine OP (dann aber andere Klinik) und ich würde ungern noch so einen Trip erleben. Was würdet Ihr tun?

Herzlichen Dank für Antworten!
Gärtnerin
 
Du kannst die Beschwerde doch noch nachtraglich machen. Die meisten Krankenhäuser haben heutzutage ein Beschwerdemanagement.

Nachwirkungen der Narkose, Bauchschnitt, Harnwegsinfekt bei liegendem Blasenkatheter - okay, das sind die Risiken des Eingriffes, da kann kein Mensch was dafür, aber vieles andere...

Wenn die Tramal-Tropfen nicht ausreichend gewirkt haben, warum hast Du Dich nicht nochmal gemeldet? Ich brauche Deine Rückmeldung bei Schmerzmedikation, ich kann doch nicht hellsehen. Wenn mein Patient auf Verlangen von mir ein Schmerzmittel bekommt und sich dann nicht mehr meldet, gehe ich davon aus, dass es geholfen hat. Du nicht?
 
Hallo, Claudia,

Wenn die Tramal-Tropfen nicht ausreichend gewirkt haben, warum hast Du Dich nicht nochmal gemeldet? Ich brauche Deine Rückmeldung bei Schmerzmedikation, ich kann doch nicht hellsehen. Wenn mein Patient auf Verlangen von mir ein Schmerzmittel bekommt und sich dann nicht mehr meldet, gehe ich davon aus, dass es geholfen hat. Du nicht?

ich hatte mich gar nicht gemeldet, kann mich ja auch gar nicht daran erinnern. Und außerdem war die Klingel ja auch außer Reichweite... Es ging eher darum, jemandem etwas oral zu geben, der zur Zeit nicht so ganz reaktionsfähig ist (Hustenreflex?). Ansonsten hast Du natürlich recht.

Gärtnerin
 
Hallo Gärtnerin

Das tönt ja echt nach einem traumatischen Spitalaufenthalt. Es tut mir leid für dich, dass du solch negative Erfahrungen machen musstest, dass man nach einer Narkose noch lange etwas durcheinander ist, kann durchaus mal passieren, und die Pflege wird den Anästhesisten nochmals gerufen haben um sicher zu gehen, dass alles i.O. ist. Das mit der Verwechslung vor der OP ist nicht zu entschuldigen! Hier würde ich sofort eine Beschwerde einreichen (weiss nicht wie dies bei euch in Deutschland funktioniert). Denn dies ist ein fahrlässiges Verhalten des Spitals (Standart der Patientenidentifikation) und ausserdem eine Gefährdung deiner Person.

Ich hoffe du kommst bald über dieses Erlebniss hinweg.

lg bluemä
 
Bei der zweiten OP wurde ich mit einer anderen Patientin verwechselt [...]
Da bemerkte ich dann aber, daß das Bett komplett hochgefahren war, ohne Bettgitter, und die Klingel unerreichbar auf dem Nachttisch. [...]
Getränke standen unberührt auf dem Nachttisch. [...]
Die hatte ich morgens zur Hälfte noch im Mund, zur Hälfte im Laufe des Vormittags wieder hochgehustet[...]
Mein Bett durfte ich nach drei Tagen selbst neu beziehen, da seit der OP große Sekret- und sonstwas-Flecken drin waren, war ein gutes Kreislauftraining.[...]

Das alles ernsthaft und ohne Dramatisierung? oO
Also, äh, ich versteh dich vollkommen. Spätestens, wenn mir gesagt wird, dass ich mein Bett selbst beziehen soll. Naaa klaaaaaaaaaaar! -.- sowas..

Tut mir leid, dass du so eine Erfahrung machen musstest.
 
Es ist doch gleichgültig ob Du empfindlich bist oder nicht. Allein die Fakten der "Beinaheverwechslung" reichen für eine Beschwerde. Hätte das Krh. ein Fehlermanagement, so müsste dieser "Beinahefehler" eh schon bearbeitet, bzw. gemeldet sein von den entsprechenden Pflegekräften.
Die versch. Reaktionen der Pflegekräfte würde ich ebenfalls erwähnen, sowie die entsprechenden Pflegefehler (Bett hochgefahren/mangelende Ausscheidungsbeobachtung...ect.).
Du kannst ein solches Schreiben ohne Anschuldigungen und Verurteilungen verfassen und dennoch die Klinikleitung zum Handeln bringen.
 
Ich habe 2 Direktvergleiche.
AWR KH 1 Ostheosynthese nach Humerusmehrfragment Fx: mehrere Schwestern sind um mich herum gesprungen, sofort Wärmedecke erhalten als ich über frieren klagte, sofort Antiemetikum gegen Übelkeit bekommen, sehr freundliche Schwestern

AWR KH 2 Materialentfernung der oben genannten Fx: Pfleger konnte nur durch lautes rufen erreicht werden, Infusion lief ins Bett > Bettwäsche wurde so belassen wie sie war, ich musste mal > ich sollte warten, bis ich auf Station war

Schreib eine Beschwerde! Hab ich auch gemacht.
 
Uff, DAStut mir leid!! Ganz klar: ans Beschwerdemanagement wenden und NICHT mehr in dieses Krankenhaus gehen!!
Mit Sicherheit bist Du NICHT empfindlich! In diesem Haus bleibt das Zwischenmenschliche auf der Strecke-aus welchenGründen auch immer....
 
Vielen Dank für Eure Einschätzungen und Unterstützung. Na, dann werde ich mal anfangen, ein freundliches Brieflein zu entwerfen.
LG,
Gärtnerin
 
Die Ursachen liegen doch wohl klar auf der Hand.
Es kann doch keine Station rein aus völlig desinteressierten Mitarbeitern zusammengesetzt sein. Dass dennoch soviel Mist passiert, wird ne Folge von Personalmangel sein. Wenn die Stressquote auf einer Station ein gewisses Level erreicht hat, steigt die Fehlerquote einfach dramatisch an.

Ich hab ne Station erlebt, die extrem gute Medizin machte, Überlebensquoten deutlich besser als bundesweiter Durchschnitt, und gleichzeitig eine Personalbesetzung die immer wieder schwere Fehler hervorrief. Ist dann ein bißchen wie Glücksspiel, gehörste zur Mehrheit die von der guten Medizin profitieren und froh sein können auf der Station gelandet zu sein, oder biste einer der Fälle wo dann doch mal wirklich murks passiert. Ein junger Kollege und Freund, mit viel kürzerer Einarbeitungsphase als ich (und die empfand ich schon als grenzwertig), sagte mir mal im Vertrauen: ich mach jede Schicht eine Handvoll Fehler, aber das ist gewollt.

Solange niemand klagt, sind solche Fehler von den Managern in den jeweiligen Häusern mit eingepreist, die Fehler des überforderten Personals werden ganz zynisch mit einberechnet. Das weiß doch jeder dieser Leitungen, dass Personalmangel Fehler erzeugt, aber da so wenig Leute klagen, bleibts ein Plus-Geschäft.

Also ganz effektiv muss man wohl sagen: dem Personal täte man den größten Gefallen, wenn man vllt. sogar versucht ein Schmerzengeld irgendwie rauszubekommen, vllt. kann sich die Krankenkasse auch die Kosten für deinen Harnwegsinfekt von dem Krankenhaus holen, wenn kein Wäschewechsel und keine Ausscheidungs-Kontrolle dokumentiert wurde?
Über Beschwerden lächeln die ganz oben doch nur, dafür gibts ne Beschwerdestelle, und die kostet nicht soviel, wie das eingesparte Personal an Geld spart.

Wir sind der größte Kostenblock im Krankenhaus, den diese Manager noch beeinflussen können.
Ich plädiere also für Wut auf die richtigen Leute, und das sind nicht die auf Station die die Fehler machen.
 
:roll: Da wiederspreche ich mal!!
auch ich habe Stress!! Keine Pause, alles muß zack zack gehen...ich kenne das!! Wenn ein Patient mich un eine Decke bittet, dann gebe ich sie-das ist mein Job.Wenn ich Frau Müller prämediziere, dann frag ich sie nach Ihrem Namen-das gehört dazu. Wenn ein Bett aussieht wie Sau, dann findet sich mit Sicherheit ein Praktikant oä, um das Bett zu beziehen-wenn ich nicht die Zeit habe. Auch die post OP Kontrollen scheinen nicht wirklich stattgefunden zu haben.Alles eine Frage der Organisation, aber auch eine Arbeitseinstellung.
In dem Haus in dem ich tätig bin, würde der Beschwerde sehr wohl nachgegangen-PDL...Teamleitung...PP ist der Weg.
Es hat auch schon Gespräche mit der PDL aufgrund einer Beschwerde gegeben(z B hatte sich eine Angehörige u a über die Nichteinhaltung der Intimsphäre und den Respektlosen Umgang bei der Pflege ihres Vaters beschwert)

Sollte Gärtnerin sich mit ihrem Erlebten andie Rechtsabteilung wenden?? Vielleicht, wenn Gärtnerin eine Rechtsschutzversicherung hat...Es über die Krankenkasse zu versuchen, ist wohl ein guter Vorschlag.
Die Bemerkung in der Beschwede, dieses Haus aus diesen und jenen Gründen nicht mehr betreten zu wollen, und auch nicht weiter empfehlen zu können, dürfte wirksam sein.:dudu:

In unserem Haus schaut am Abend auch der/die Anästhesist/in nocheinmal vorbei und erkundigt sich nach dem Befinden.


Auch mir sind schon Fehler passiert, aber hier hört sich Einiges nach "kein Bock" an.
 
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Ich hab ne Station erlebt, die extrem gute Medizin machte, Überlebensquoten deutlich besser als bundesweiter Durchschnitt, und gleichzeitig eine Personalbesetzung die immer wieder schwere Fehler hervorrief. Ist dann ein bißchen wie Glücksspiel, gehörste zur Mehrheit die von der guten Medizin profitieren und froh sein können auf der Station gelandet zu sein, oder biste einer der Fälle wo dann doch mal wirklich murks passiert. Ein junger Kollege und Freund, mit viel kürzerer Einarbeitungsphase als ich (und die empfand ich schon als grenzwertig), sagte mir mal im Vertrauen: ich mach jede Schicht eine Handvoll Fehler, aber das ist gewollt.

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Wie soll es denn bitte zusammengehen, dass die Erfolgsquote trotz der beschriebenen Defizite wie von Dir beschrieben zustandekam???!!!

So einen jungen Kollegen würde ich nicht als Freund bezeichnen, das beschriebene Handeln ist kriminell!!!
 
Wie soll es denn bitte zusammengehen, dass die Erfolgsquote trotz der beschriebenen Defizite wie von Dir beschrieben zustandekam???!!!
Naja, die medizinische Versorgung/Apparatemedizin war so gut, dass sie die Mängel auf pflegerischer Seite überkompensierte.

Der junge Kollege hat gekündigt, und der war nicht schlecht, nur halt überfordert, wie nahezu jeder auf der Station. Die Sache ist allerdings, der Kollege machte immer noch bessere Versorgung, als die die ihn ersetzten und weniger Erfahrung auf der Station hatten. Ist halt die Frage wieviel murks man persönlich zu ertragen bereit ist, und was für Fehler man noch mit seinen Gewissen vereinbaren kann. Die meisten Fehler haben ja zum Glück nicht gleich schwere Konsequenzen.

EDIT: Man gibt sich ja trotzdem Mühe. Bei einer Vergleichsstudie zwischen Intensivstationen bundesweit, hatten wir eines der höchsten (subjektiv empfundenen) Belastungslevel, aber unsere Fehlerquote lag noch gerade so im Mittelfeld.
 

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