Ich habe ein wenig den Eindruck das es hier Vertreter unserer Zunft gibt, die meinen, nur abgebrüht lässt es sich in der Pflege überleben. Wer nicht abgebrüht ist, hat schon von vornherein verloren.
Ich bin noch in den Kinderschuhen meiner Ausbildung, befinde mich aber in einem Alter, in dem ich schon ziemlich viel Leid und Glück gesehen habe. Diesen Beruf habe ich gewählt, obwohl ich genau wusste, was auf mich zukommt. Ich weiß, das ich die Welt nicht retten kann. Aber viele Youngster, die in diese Ausbildung gehen, kommen gerade aus Schule, FSJ oder Praktikum. Die haben überhaupt keine Ahnung, was sie tatsächlich erwartet.
Diese jungen Menschen gehen voller Enthusiasmus in den Pflegeberuf. Vielleicht wissend, dass es nicht einfach wird, anstrengend ganz bestimmt. Sie haben sich sicherlich vorher damit auseinandergesetzt, dass Schichtarbeit nicht wirklich toll ist. Das sie kranke, alte, dahinsiechende Menschen antreffen werden. Fest der Ansicht, dass sie das alles schaffen werden.
Und dann kommt die Wirklichkeit Überfallkommandomäßig auf sie zu: unterbesetzte Stationen auf denen sie von Anfang an als volle Kraft eingeplant werden, alleingelassen mit ihren Sorgen und Ängsten und Fragen. Kollegen, die schon innerlich den Hut genommen haben und entsprechend mit ihren Kollegen und den Schülern umgehen. Zickereien am laufenden Band, nicht Team- sondern Alleinarbeit. Überstunden, weil die Krankenstände ausgeglichen werden müssen. Da müssen sie durch. Nebenbei der Druck der Ausbildung. Modulübungen und -abschlüsse müssen erfüllt weden, Gespräche müssen geführt werden, Fehlstunden darf sich möglichst keiner leisten, weil sie begrenzt sind; jede Fehlminute wird dokumentiert (so lernen wir übrigens schon in der Ausbildung, dass das eigene Befinden nicht so wichtig zu nehmen ist - man schleppt sich dann halt hin und durch den Tag... - in keinem mir bekannten anderen Ausbildungsberuf gibt es eine Begrenzung der Fehlstunden!) Während der Praxisphase hat der Schüler selbstverständlich auch für die Theorie zu lernen. Im Theorieblock geht es mit Vollgas weiter. Urlaub sollte zum Erholen da sein - auch für Azubis. Stehen Klausuren in der Woche nach dem Urlaub an, ist auch hier Lernen angesagt um den Notenschnitt zu erhalten und nicht so weit abzurutschen, dass man um die Examenszulassung bangen müsste. Stress pur.
Klingt heftig und übertrieben. Mag für einige von uns ganz und gar nicht so sein. Ich habe glücklicherweise ein KH als ausbildenden Betrieb, das mit seinen Schülern sehr gut umgeht. Aber in meinem Ausbildungsjahrgang gibt es genügend Schüler, die genau von solchen Zuständen nach schon dem 1. Praxiseinsatz berichtet haben.
Das Pflegeschüler unter diesem Druck auch zusammenbrechen ist verständlich.