Mitarbeiterschutz bei Gewalt

Eunerpan schrieb:
Das was dir passiert ist monaluna ist ja wirklich furchtbar ....das tut mir leid!

Hat man dir denn hinterher irgendwas zukommenlassen ? Gespräche oder ähnliches? Was hättest du dir hinterher gewünscht?

ja, meine andere kollegen, mein Chef waren toll. Ganz lieb, haben mir alles angeboten, was ich wollte. und wir haben ja ab da supervisionen eingeführt!
Leid tuen muss es dir nicht, ist halt pasiert! Ist das Ergebniss der Sparmassnahmen im Gesundheitssystem!
Aber danach habe ich mich halt einfach lange Zeit nicht mehr sicher gefühlt 8und auf Station ging es fast gar nicht mehr. und da ich dem Jahr die fachweiterbildung machen sollte, habe ich sehr intensiv nachgedacht und mich für was anderes entschieden!
Es kann nicht gut sein, wenn man bei der Arbeit immer ein mulmiges Gefühl hat und immer angespannt ist. So bietet man ja auch viel mehr Angriffspunkte. Heute fühlr ich mich in der Intensivmedizin sehr wohl und habe einen grossen Respekt vor den Kollegen, die diese schwere Aufgabe in der Psychiatrie erfüllen, die ja leider auch nicht immer sher hoch angesehn wird.
liebe grüsse
 
Hallo hier allen im Forum.

Dieses Thema ist zwar schon etwas älter, doch immer aktuell.

Ich klinke mich da einfach mal ein.
Kurze Vorstellung meinerseits:
seit über 10 Jahren auf einer beschützten geschlossenen Station mit Akutaufnahme tätig.

Daß man tag täglich mal mit verbalen Beschimpfungen zu tun hat - ok, das bringt der Job. Nicht immer toll, belastet mich jedoch nicht so sehr.

Schlimmer finde ich die tätlichen Angriffe auf MitarbeiterInnen die ich immer wieder höre und eben auch selbst schon mit erlebt habe.
Würd mal so 5 tätliche Angriffe von psychiatrischen & 1 von nem forensichen Patienten innerhalb 10 Jahren die mich betrafen rechnen die mir in Erinnerung bleiben.
Passiert ist 1x "Finger gebrochen", 1 x Pfefferspray ins Gesicht und paar "Kampfspuren"

Warum schreibe ich heute ?
Patient so um die 25 bei uns stationär. Vor ca. 4 Wochen war von der offenen Station ein Besichtigungstermin für eine weiterführende offene Behandlung geplant, welche auch in Begleitung einer Psychologin statt fand.
Das Ergebnis war daß Pat "ausgeflippt" ist wie er sagt und die Psychologin körperlich bedrohte. Daraufhin wollte Pat noch in nen Fluß springen und kam dann mit Polizeibegleitung zu uns.
Auf Station dann innerhalb von 3 Wochen 1 Mitpatienten mit Faust ins Gesicht geschlagen, 1 Pfleger beim umfixieren gezielt ins Gesicht geschlagen und heute abend ging der isolierte Patient raptusartig auf mich los.
(zu solchen Patienten gehen wir ja nie alleine - waren erst zu 2. --> "Bauchgefühl hatte schlechtes Gefühl" da Pat. starren / psychotischen Blick hatte und "raus" wollte . Dann noch 3. Pfleger hinzugeholt und einer am Monitor)

Zuerst wirkte die Situation überschaubar, Pat. wollte "raus", lies sich jedoch gut auslenken. Saß dann am Bett und nahm Medikamente ein. Dann raptusartig aufgesprungen und gezielt auf mich los.
Mir ist bei dem Angriff glücklicherweise nichts passiert da ich reflexartig Pat an die Wand und dann auf den Boden drücken konnte während der Kollege am Monitor Hausalarm auslöste. Die Fixierung verlief dann problemlos.

Nun habe ich mit meinem Kollegen, der auch betroffen war, beschlossen daß wir den Pat. bei der Polizei anzeigen. Für uns ist das ne tickende Zeitbombe und man kann darauf warten bis der nächste Zwischenfall passiert.
Anscheinend müssen wir es erst der PDL mitteilen daß wir den anzeigen. Und von ärztlicher Seite wird das bestimmt auch nicht gerne gesehen wenn die "Cops im Hause sind".

Na ja, mal schaun was morgen dann ist. Diesmal bin ich jedoch soweit daß ich den Patienten anzeige. Dann weiß der zwar meinen Namen (den kann er auch wenn er will am Kittel lesen) doch als Anschrift kann man die Klinik nehmen.

Von Seiten unserer Klinik hat sich in den letzten Jahren denke ich einiges für betroffenes Pflegepersonal getan.
Mittlerweile haben wir zu jedem Vorfall ein Aggressionsprotokoll welches wir an die PDL schicken. Und wir können uns externe Hilfe einholen. Da wir ein gutes Team sind konnten wir das bisher intern lösen.

..so, nun hab ich das einfach mal getippt wie es war und was ich dazu denke.
Ich würde allen betroffenen Kollegen mittlerweile empfehlen, bei einem gezielten Angriff von Patienten diesen anzuzeigen !

Dann mal allen Psychiatrieschwestern & -pfleger alles Gute !
 
Ich kann Eure Nöte sehr gut nachvollziehen, habe auch 15 Jahre meine Haut in einer geschlossenen, psychiatrischen Notaufnahmestation zu Markte getragen. Habe dann als mein Haus privatisiert wurde den Absprung geschafft.

Was mich als QMB für die Arbeitssicherheit und für das Risikomanagement interessiert, ob es eine Erfassungsstelle für Gewalttaten gegen Pflegepersonal gibt. Hatte mal eine Studie aus Bayern gelesen, aber die hatten nur Stichproben. Vielleicht gibt es ja jemanden der hier genaueres weiß, denn vielleicht ließen sich daraufhin bestimmte Risikoarbeitsplätze neu bewerten.

Wie steht denn eigentlich die private Psychiatrie im Vergleich zur öffentlich-rechtlichen in Sachen Mitarbeiterschutz da? -
Aus meinem alten Haus höre ich, dass nach der Privatisierung die äußere Sicherheit und das "Vertuschungsmanagement" ausgebaut wurde.

Danke
 
Ich wurde in meiner Laufbahn schon mit messern bedroht, verletzt, mit Schusswaffen bedroht, Platzwunden genäht und prellungen versorgt usw.

Da muss man schon ein dickes Fell haben, und angemessen konstituiert sein^^

Ich lebe für die Psychiatrie und möchte trotz der vielen potentiellen Gewalt niemals etwas anderes machen als meine Herde zu pflegen :mrgreen:
 
Habe einige Jahre auf einer beschützdenen Station gearbeitet und auch den ein oder anderen Übergriff mitgemacht. Bei schweren Verletzungen muss ich sagen, werden nach reichlich Diskussionen meistens Anzeigen von unserem Haus gestellt und siehe da, diese Patienten werden recht zügig in eine Forensik verlegt von uns aus.
Bei kleineren Verletzungen wird dann aber doch eher drüber weg gesehen.
Früher war ich auch der Meinung, die Pflege muss alles leisten, auch jede Fixierung.
Mittlerweile denke ich darüber anders. Ich bin als Krankenpfleger in diesem Haus angestellt und nicht als "Kirmesboxer". Sicherlich hat man nicht jederzeit die Polizei neben sich, die einen beschützt. Hierfür muss man dann irgendwie selber sorgen bei spontanen Übergriffen.
Bei uns im Haus ist es aber mehr und mehr so, das bei geplanten Fixierungen z.B. zur "Zwangsmedikation" oder bei Verlegungen von offener auf beschützener Station, wo mit Gegenwehr zu rechnen ist, die Polizei hinzugezogen wird. Diese sind rechtlich befugt Gewalt anzuwenden, also sollen die es auch tun.
Das die Polizei sich über einen Einsatz bei uns beschwert oder meint das es nicht ihre Aufgabe ist, habe ich noch nicht mitbekommen.
Ich muss aber allerdings sagen, das ich bei den Vergangenen Einsätzen der Beamten, mir gewünscht hätte, das die nicht dabei gewesen wären, da ich den Eindruck hatte, wenn es die Pflege gemacht hätte, wäre es für den Patienten wesentlich sanfter gewesen.
Übrigens, das SEK der Polizei hatten wir auch schonmal bei uns im Einsatz und die sind da ziemlich schnell und ohne lachen unterwegs...
Aber an sich bemerkenswert, das es eigentlich mehr oder weniger in jedem Haus fast die selben schwierigkeiten gibt! Also sag ich mir häufig, das es woanders auch nicht besser ist, sondern noch schlimmer sein könnte!
 
:gruebel: wenn ich das so lese bin ich direkt froh nicht in der Akut zu sein sondern in der Forensik. Wir hatten lt. Aussage meiner Kollegen schon seit 6 Jahren keine Fixierung mehr geschweige denn eine körperliche Auseinandersetzung.
Anders siehts im Nebenhaus aus mit den Pat. §63. Da gehts dann ab und zu schon etwas hoch her. Aber im Gegensatz zu der Akut doch ruhiger:eek1:
 
Formal ist der Arbeitgeber verpflichtet, Vorsorge zu treffen, um Schaden von den Mitarbeitern abzuwenden. Es gibt also einen Anspruch auf Regeln/ Vorschriften/ passive Bewaffnung/ Alarmgeber, die verhindern, daß wir durch Patientenangriffe Körperschäden erleiden. Nur wie diese Hilfe konkret aussehen muß, steht m. W. nirgends. Wenn es gar nicht anders geht, würde ich, wenn nötig täglich, die Polizei holen. Irgendwann ist der Arbeitgeber dann gezwungen, etwas zu machen.
Aber seien wir doch ehrlich: Der Vorsorge sind Grenzen gesetzt. Wie will man verhindern, daß ein Zweizentnermann ausrastet und Einmetersechzigschwestern krankenhausreif kloppt? Ein Restrisiko werden wir immer tragen müssen.
Auch, wenn ich jetzt verbale Prügel ernten werde, weil man sich angeblich nicht wehren darf, wie viele Kollegen behaupten: Füllt eine 2 ml-Spritze mit Pfeffer und tragt sie verschlossen bei Euch. Wenn es nicht anders geht, öffnet die Spritze und schleudert dem Angreifer den Inhalt ins Gesicht. Es hinterläßt keine bleibenden Schäden, ist keine Waffe und sorgt dafür, daß der Angreifer im Moment nicht mehr sieht, wo der steht, den er angreifen will.
 
@ MarkusOntour
Ich finde es ein bischen übertrieben, schon prophylaktisch die Polizei dazu zu holen. Dadurch eskaliert so eine Situation doch erst recht. Der Pat. fühlt sich doch von Anfang an in die Enge getrieben und entmachtet. Das fände ich schon ohne Wahnvorstellungen o. ä. schlimm, aber wenn ich mich dann evtl. noch verfolgt fühlen würde und möglicherweise Angst um mein Leben hätte (oder was auch immer), entsetzlich!!! Arbeitet Ihr denn diese Situationen mit dem Pat. nachher noch mal auf?
 
Hallo,

mich erschreckt es immer, wenn ich diese Beiträge lese. Arbeite seit1990 in einer Psychiatrischen Klinik, auch bei uns besteht Aufnahmeverpflichtung, wir arbeiten nach Behandlungsschwerpunkten (Stationen für schizophrene Psychosen, Depression, Personlichkeitsstörungen, Krisenintervention...). Wir haben keine geschlossenen, beschützten usw. Stationen, alle Stationen sind fakultativ geschlossen, je nach Bereich häufiger oder seltener. Gewalt ist sicher auch ein Thema, aber nicht in dem Maß, wie es immer geschildert wird. Woran liegt das, das es in manchen Häusern so gewalttätig zugeht? Wie läßt sich das verhinden? Wo, in welchen Einrichtungen ist das so, da will ich nämlich nie hin?!

Liebe Grüße, Marion
 
Hi,

Bei einem akuten Notfall können wir die Polizei nachfordern. Es gibt zwischen der Klinik und der Polizei eine entsprechende Vereinbarung. Die kommen dann auch recht zeitnah, ich hab damit bis jetzt wirklich sehr gute Erfahrungen gemacht.

Die Klinik erstattet teilweise auch selbst Anzeige (Sachbeschädigung), ob ich einen Patienten anzeige liegt in meinem ermessen. AFAIK bietet unsere Klinik auch die Möglichkeit das die stellvertretend Anzeige erstattet.

Ich, aus meiner persönlichen Erfahrung, würde zu einer Anzeige raten. Steter Tropfen höhlt den Stein.

CU, Strike
 
Gewalt lässt sdich nie ganz verhindern.
Im Rahmen des Deeskalationsmanagements wird immer wieder versucht dies zu tun, aber nicht immer erfolgreich.
Es gibt einfach Personengruppen bei denen nichts hilft außer Gewalt. Traurig aber wahr.

Bei uns gibt es halt eine akut Aufnahmestation und das sind wir, wir fangen alles ab, da kommts halt auch zu auseinamdersetzung. Aber zum Glück leben ja noch alle:mrgreen:
 
@schwester Nicole:

sicherlich hast du recht, in der Situation, welche du dir vorstellst, würd ich das auch so sehen. Ist halt die Frage wieviel Mühe man sich macht, im Vorfeld ads ganze durch Beziehungsaufbau abzufangen.

Ich meine leider die Situationen, in denen eine Eskalation unvermeidbar ist. Wo der Patient es eh schon auf Prügeleien abgesehen hat, so frei nach dem Motto, aber mindestens einen von euch haue ich noch was auf´s Maul oder bereits Mitpatienten durch diesen erheblich gefährdet wurde... Leider gibts ja auch eine Menge an Persönlichkeitsstörungen, oder Patienten die aus einer Belastungsmaßnahme massiv intoxikiert zurück kommen. Und wenn wir hier von Schutz der Mitarbeiter reden, dann hole ich lieber die Polizei hinzu, wenn ich von erheblicher Gegenwehr rechnen muss und nicht genügend Personal im Hause zur Verfügung steht.

Ich habe auch schon den Umgekehrten Fall mitbekommen, wo Patienten erst beim erscheinen der Polizei ruhiger wurden, z.B. wenn diese gegen das PsychKG protestieren und meinen es läuft nicht mit rechten Dingen zu. Da hat eine Erklärung des Polizisten schon dazu geführt, das der Patient ruhiger wurde, seine Medikamente nahm und zugänglicher wurde...

Ich denke, das alles was hier steht nicht pauschalisiert werden sollte, sondern sich jeder Einzelfall genau angesehen müsste.
Bei dem einem Patienten ist die Entscheidung besser, bei dem anderem was anderes. Bei einigen "großen, starken Männern" reicht auch eine kleine zierliche Frau um die zu beruhigen...

Also bei uns werden solche Situationen immer Nachbesprochen (vorraussetzung der Patient möchte). Es wird auch alles erdenkliche versucht, um solche Situationen zu vermeiden. Denke das wir sehr menschlich, gerade auf der beschützenden Station mit den Patienten umgehen. Sonst gäbe es bei uns nicht eine Vielzahl von Patienten die sich freiwillig auf die geschlossene Station einweisen lassen und gar nicht woanders hin möchten.
Auch wir selbst besprechen und analysieren jeden Einzelfall nach, um zu schauen, ob man in Zukunft nicht hätte etwas anders machen können und gucken genau hin, ob wir nicht noch etwas anderes hätten probieren können.

Im Rahmen der Nachbesprechung mit dem Patienten versuchen wir auch heraus zu finden, was der Patient meint, was ihm hätte helfen können. Wir schließen nach akuten Phasen mit den Patienten häufig Behandlungsverträge, in denen auch solche Ausnahmesituationen mit dem Patienten thematisiert werden. Die Patienten können hier klare Wünsche äußern, z.B. welche Pflegekraft sich um sie kümmern sollen, welche Medikamente vertragen werden etc...
 
Hallo MarkusOntour,

Da mussich dir völli rechtgeben. Viele Situationen lassen sich deeskalieren.
Es kommt aber auch zu Situationen wo sie solange die Polizei da ist kooperativ und einsichtig sind, aber sobald diese dann weg ist erst richtog aufdrehen.

Aber nocheinmal, mit genug Personal einer ruhigen Hand und der Polizei im Rücken lässt sich fast alles deeskalieren.
 

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