Lavendelöl zur Schlafförderung - Welche Applikationsform ist geeignet?

@hartwig:

Wir betreiben allenfalls Aromapflege. Und die ist nun mal im esoterischen Bereich angesiedelt. Was per se nicht schlecht sein muss. Es geht ja um das Wohlbefinden.

Was mich immer wieder stört: es wird gemacht, ohne das man sich dafür interessiert, wie was funzt und warum bzw. warum nicht. Das ist Laienhandeln. Ich dachte immer, dass wir Kompetenz ausstrahlen wollen.

Elisabeth

Ich kämpfe immer wieder für den Einzug von evidenzbasierten Handeln in die Pflegepraxis. Wenn wir in unserer Profession ernst genommen werden wollen dürfen wir uns nicht auf eine Argumentation nach dem Schema: Ich denke, das wirkt, also tue ich es, bzw. ich denke, das ist Esoterik, also gibt es eh keine messbaren Effekte. Das ist nicht professionell. Gerade zur Wirkung von Lavendelöl gibt es eine vergleichsweise gute Studienlage. Einfach mal unter Pubmed schauen. Insbesondere gibt es eine interessante deutschsprachige Dissertation mit einer randomisierten, Placebo gesteuerten Studie,was insofern interessant ist, weil es im Bereich der Aromapflege auf naheliegenden Gründen schwierig ist, eine Placebo gesteuerte Studie zu gestalten. Der Effekt von Lavendelöl ist recht gut gesichert, da sind wir meilenweit entfernt von Esoterik zu sprechen...!

Gruss hartwig
 
Evidencebasiert bedeutet aber nicht, dass man (natur-)wissenschaftliche Erkenntnisse außer Kraft setzen kann und will.

Und was das Lavendelöl angeht... es geht wie bei allem um die Dosis und den Wirkmechanismus. http://www.arznei-telegramm.de/blitz-pdf/a-t1103_Lavendeloel.pdf

Zur homöopatischen Dosis... der Glaube versetzt bekanntlich Berge. Nur, ob es dann überhaupt Lavendel braucht? Die Homöopathie glänzt ja dadurch, dass sie suggestiv arbeitet- auch wenn sie es immer bestreitet. Ergo: es reicht jedes Basisöl für eine Einreibung.

Elisabeth
 
Evidencebasiert bedeutet aber nicht, dass man (natur-)wissenschaftliche Erkenntnisse außer Kraft setzen kann und will.

Natürlich nicht. Evidenz bedeutet ja, dass man auf Grundlage einer wissenschaftlichen Herangehensweise eine Entscheidung fällt. In dem Fall unseres Themas heißt das, es gibt aufgrund mehrerer Studien einen deutlichen Hinweis darauf, dass Lavendelöl einen schlafffördernden Effekt hat. Es gibt also eine wissenschaftliche Grundlage für diese Verwendung in der Praxis.

Der nächste Schritt wäre nun zu untersuchen, ob es Hinweise gibt, dass bestimmte Applikationsformen anderen vorzuziehen sind - das ist meine Ausgangsfrage zu diesem Thread und nach welchen Kriterien zu entscheiden ist wann die Anwendung dieser Massnahmen sinnvoll ist.

Gruss Hartwig
 
Kannst du die Studien mal verlinken damit man sich eine Übersicht verschaffen kann?

Moin!

Mach ich:

Die Dissertation:
http://edoc.ub.uni-muenchen.de/7994/1/Eidt_Julia.pdf

ausserdem:

nur drei aktuelle Beispiele (gibt noch wesentlich mehr...)
  • "Effect of inhaled Lavender and sleep hygiene on self reported sleep issues" J.Altern Complement Med 2015, 21 (7)
  • "Lavender fragrance essential oïl and the quality of sleep...." Keshaverz A.M. et al Iran Red Crescant Med J 2015 (25)
  • "Effect of Lavender aromatherapy on vital signs and percieved quality of sleep..." Lythed et al. Am J Crit Care 2014 (23)

nur als Beispiele...

Die Studien sind unter pubmed zumindest als Abstract lesbar.

gruss hartwig
 
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Reaktionen: amezaliwa
Werd ich mal unseren Pharmazeuten drüber schauen lassen. Als erstes fällt mir nur auf, dass man meint, dass Düfte nur wahrgenommen werden, wenn man sie bewusst riechen kann. Und es fehlt mir die Frage nach der Assoziation, die der Proband mit den Düften verbindet.

Btw.: Du fragtest eingangs- wie die Applikation erfolgen sollte. Warum hälst dich net an die in der Studie vorgegebene Art? Die ist doch genau beschrieben.

Elisabeth
 
Moin!
Das war reine Neugier...

Zum Punkt der Assoziation: Der Effekt stellt sich ja auch ein, wenn der Geruch als solches nicht mehr wahrgenommen wird. Dies hat die Autorin der Dissertation ja genutzt um in einer Kontrollgruppe mit einem Plazebo zu arbeiten. Für die Wirkung eines solchen Öls ist der Geruch unwichtig bzw. basiert ja nicht auf der psychologischen Wirkung des Geruchs, sondern auf der chemischen Wirkung der Inhaltsstoffe.

Es kann natürlich gut sein, dass man den Geruch des Öls dermaßen abstoßen findet, dass man es nicht anwenden möchte, das ist dann ein anderes Thema... :-)

Gruss hartwig
 
Es gibt den schönen Aspekt des Krankheitszugewinnes. Hier wird sich intensiv mit den Betroffenen beschäftigt.

Hinzu kommt die Frage: was verbinden die Probanden mit den Düften? Sie dürften ihn kennen.
Die wertvollen Inhaltsstoffe sind sorgfältig aufeinander abgestimmt. Bergamotte, Zitrone und Orange sorgen für die unverwechselbar revitalisierende Wirkung. Lavendel und Rosmarin wirken beruhigend, entspannend und stärken die Nerven. Neroli, gewonnen aus der Blüte der Bitterorange, wirkt in der Fondnote beruhigend und sorgt für positive Stimmung.

Die Habituation setzt zwar schnell ein- aber jede Änderung, und da reicht Fenster auf oder Raum verlassen- lässt den Duft wieder lebendig werden.

Lavendel hat durchaus eine Wirkung. Das bestreitet keiner. Nur- per Aromatisierung der Raumluft ist es eher ein Wohlfühlangebot denn eine Therapie. Und in dem Sinne... das schöne Spitzentaschentuch mit ein bis zwei Tropfen 4711 (http://www.4711.com/index.php/de/echt-koelnisch-wasser2.html) tut es auch.

Elisabeth
 
Nicht nach Standard... sondern nach AO. Denn anders dürftest das Aromaöl nicht einsetzen. Wird gerne unterschlagen von den Aromatherapeuten.

Elisabeth
 
Das ist abhängig von der Konzentration. Bis zu einer bestimmten Konzentration, in der Regel, 4 - 5 Tropfen auf 5ml Basisöl gilt es als Aromapflege, bei höheren Konzentrationen als Aromatherapie.

Gruss hartwig
 
Damit ist doch schon alles gesagt... Wohlbefinden vs. Therapie. Und wenn es um das Wohlbefinden geht- warum nicht. Sofern der biographische Aspekt beachtet wird.

Elisabeth
 
Damit ist doch schon alles gesagt... Wohlbefinden vs. Therapie. Und wenn es um das Wohlbefinden geht- warum nicht.

Elisabeth

Nein, um das Wohlbefinden geht es ja gerade nicht! Sonst könnte ja irgend ein Geruch verwendet werden. Es geht um die therapeutische Wirkung! Der Geruch spielt keine Rolle.

Gruss Hartwig
 
Das ist abhängig von der Konzentration. Bis zu einer bestimmten Konzentration, in der Regel, 4 - 5 Tropfen auf 5ml Basisöl gilt es als Aromapflege, bei höheren Konzentrationen als Aromatherapie.
Von der Konzentration hängt es nicht ab ob es Aromapflege oder -Therapie ist.

Aber zurück zur Ausgangsfrage:
Folgende Applikationsformen wären noch möglich:
Duftlampe - elektrisch in der Klinik
Vernebler

Dabei allerdings auch wieder beachten - weniger ist mehr und nicht über die gesamte Nacht.

In Bezug auf den Lavendel, sollte man sich auch noch die Inhaltsstoffe ansehen. Lavendel ist ein Öl das recht gut schon untersucht ist.

Es gab vor einigen Jahren einen ganz interessanten Versuch im Bereich von Vermarktung von "Ladenhütern".

Ein Unternehmen stellte 2 "Ramschtische" in einem Laden auf.
Tisch 1 wurde zentral im Eingangsbereich plaziert, an dem alle Kundinnen oder Kunden des Ladens vorbei mussten.
Tisch 2 in einer abgelegenen Ecke abseits des Kundenstroms.
Tisch 2 wurde im Gegensatz zu Tisch 1 mit "Babyduft" unterhalb der subjektiven Wahrnehmungsgrenze beduftet (logisch, reine Chemie, kein Lavendel).

Welcher Tisch machte aus dem Ladenhüter einen Verkaufsschlager?
 
@hartwig ... es gibt ja durchaus seriöse Studien, die bis hin zur Herstellung eines phytotherapeutischen Medikamentes mit Lavendel führt. Auffällig ist, dass es oral appliziert wird- also in einer ganz bestimmten Konzentration zugeführt wird und- ganz wichtig- nicht wahrgenommen werden kann. Als Indikation wird die depressive Verstimmung angegeben. Wenn ich davon ausgehe, dass eine Depression in der Regel Schlafstörungen mit sich bringt... .

Was mich an den Pflegeaktivitäten stört- der Wunsch zu therapieren ohne überhaupt eine saubere Anamnese erheben zu können/wollen. Und Wohlbefinden schein etwas zu sein, was Pflege als unter ihrer Würde sieht. Komisch.

Elisabeth
 
@hartwig ... Und Wohlbefinden schein etwas zu sein, was Pflege als unter ihrer Würde sieht. Komisch.

Elisabeth

Moin!

Ich glaube nicht, dass man die Dinge so schwarz sehen kann! Wohlbefinden ist ein sehr interessantes Konzept, dass auch zunehmend beforscht wird!

Zur oralen Applikation von Lavendelöl: Das stimmt. Die orale Aufnahme ätherischer Öle ist allerdings Aromatherapie und darf von Pflegekräften nicht eigenständig ausgeführt werden.
Zum Thema Düfte gibt es in diesem Thread immer wieder Ungenauigkeiten bzw. Missverständnisse. Bei der Anwendung ätherischer Öle steht nicht die psychologische Wirkung des Duftes im Vordergrund! Es geht nicht um Assoziationen! Bei der Aromapflege geht es um die Wirkung der Inhaltsstoffe auf den Organismus. Lavendelöl last sich auch synthetisch herstellen, riecht dann auch genauso, hat aber keinen Wirkeffekt, ist also auch nicht schlaffördernd. Da ich als Pflegekraft nicht therapieren möchte und kann (obwohl es ja bekanntlich auch Pflegetherapeutische Konzepte gibt, man also den Bereich "Therapie" exakter definieren müsste), erübrigt sich beispielsweise beim Einsatz von Lavendelöl zur Schlafförderung die medizinische Diagnostik, denn das Lavendelöl ist schließlich nicht das Therapeutikum, es ist lediglich schlaffördernd, ein Effekt der allerdings in mehreren Studien in unterschiedlichen Settings bestätigt wurde. Andererseits, und da stimme ich Elisabeth voll und ganz zu, ein wahlloses "beduften" aller Patienten mit diesem Öl ist natürlich nicht professionell... Wie bei jeder Pflege-Intervention muss der Pflegeprozess berücksichtigt werden, bei jedem Patient ist eine individuelle Pflegediagnostik nötig, um beurteilen zu können, ob ein solcher überhaupt sinnvoll ist.

Gruss hartwig
 
Aromatherapie vs. Phytotherapie. Die Phytotherapie beschäftigt sich mit den Inhaltsstoffen der verschiedenen pflanzlichen Wirkstoffen- wozu auch die Öle gehören. Von daher würde ich immer dort schauen.

Und warum nicht einfach nur das Ziel Wohlbefinden hernehmen. Wohlbefinden entsteht ja, wenn Umwelt, Umfeld und Körperwahrnehmung im Einklang stehen. Das ganze Paket macht es. Früher nannte man das wohl Ganzheitliche Pflege. Was dann schlussendlich den entscheidenden Ausschlag gegeben hat- kannst net feststellen. Ich geh immer davon aus, dass es die Empathie der Pflegekraft ist. Und wenn der Patient/Bewohner mit der Pflegekraft den Lavendelduft verbindet... man kann ja auch Duftwahrnehmungen neu definieren.

Elisabeth
 
Ich würde bekloppt werden, wenn ich krank wäre und jemand käme und würde mit irgendwelchen stinkenden Ölen an mir rumgrabbeln.

Ich mag keine Duftstoffe und ich mag keine Berührungen von Fremden.
Ich würde den hauen, wenn ich mich nicht artikulieren könnte.

...und deshalb erfolgt auch "Beduftung" bzw. Aromapflege nach Befund sowie Biografie des Patienten. Auch wir Pflegenden müssen es im Zimmer aushalten- z.B. Nachtkollegen, also zeitliche Komponente im Hinterkopf. Manche Kollegen reagieren empfindlich auf Lavendel (gibt`s übrigens in unterschiedlicher Ausführung).
:nurse::cleanglasses:
 
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Moin!

Ich glaube nicht, dass man die Dinge so schwarz sehen kann! Wohlbefinden ist ein sehr interessantes Konzept, dass auch zunehmend beforscht wird!

Zur oralen Applikation von Lavendelöl: Das stimmt. Die orale Aufnahme ätherischer Öle ist allerdings Aromatherapie und darf von Pflegekräften nicht eigenständig ausgeführt werden.
Zum Thema Düfte gibt es in diesem Thread immer wieder Ungenauigkeiten bwz Missverständnisse. Bei der Anwendung ätherischer Öle steht nicht die psychologische Wirkung des Duftes im Vordergrund! Es geht nicht um Assoziationen! Bei der Aromapflege geht es um die Wirkung der Inhaltsstoff auf den Organismus. Lavendelöl last sich auch synthetisch herstellen, riecht dann auch genauso, hat aber keinen Wirkeffekt, ist also auch nicht schlaffördernd. Da ich als Pflegekraft nicht therapieren möchte und kann (obwohl es ja bekanntlich auch Pflegetherapeutische Konzepte gibt, man also den Bereich "Therapie" exakter definieren müsste), erübrigt sich beispielsweise beim Einsatz von Lavendelöl zur Schlaffœderung die medizinische Diagnostik, denn das Lavendelöl ist schließlich nicht das Therapeutikum, es ist lediglich Schlaffördernd, ein Effekt der allerdings in mehreren Studien in unterschiedlichen Settings bestetigt wurde.Andererseits, und da stimme ich Elisabeth voll und ganz zu, ein wahlloses "beduften" aller Patienten mit diesem Öl ist natürlich nicht professionell... Wie bei jeder Pflege Intervention muss der Pflegeprozess berücksichtigt werden, bei jedem Patient ist eine individuelle Pflegediagnostik nötig, um beurteilen zu können, ob ein solcher überhaupt sinnvoll ist.

Gruss hartwig
Hallo hartwig!
Biochemie Aromaöle ist schon komplex in sich, deshalb sind kundige Kollegen gefragt diese Aromaöle im Pflegealltag zu nutzen. Lavendel kommt die Eigenschaft zu schlaffördernd zu wirken, kann aber auch auf kleine Wunden, Mückenstiche aufgetragen werden. Als eins der Wenigen, die pur aufgetragen werden dürfen. Und auf biologisch reine Öle (Chargennummer) sollte Wert gelegt werden- synthetisch hergestellte Aromaöle (z.B. Erdbeerduft) sollte keine Anwendung finden.

Grüße von Irse
 

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