Keine Arbeit auf der Arbeit (Menschen mit Behinderung) aber Kollegen gestresst

Grogon

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Hallo, ich arbeite seit einigen Monaten auf einer Wohngruppe für Menschen mit Behinderungen und ich muss ganz ehrlich sagen: so leicht verdientes Geld und gleichzeitig so wenig zutun überrascht mich.

Ich bin alleine auf meiner Wohngruppe und habe einen Heilerziehungshelfer mit mir dabei und wir sind quasi immer zuzweit für 8 Personen zuständig. Auf der einen Seite klingt es total toll aber ich habe dadurch keine Arbeit. Es klingt nach jammern auf hohem Niveau und ist es auch, ich habe zuvor auf einer Neuro gearbeitet (Phase B) und war alleine für 6-8 Personen zuständig (mit Beatmung etc.) und war nur am rotieren aber jetzt merke ich erst wie blöd ich war. So einfach wie jetzt habe ich NOCH NIE mein Geld verdient.

Ich muss lediglich nur anleiten bei der Pflege und allgemein im Alltag Struktur rein bringen mit den Bewohnern und war heute 3 Stunden am Wäsche zusammenlegen mit drei Bewohnern.

Jetzt kommt eigentlich der Grund weshalb ich den Thread eröffne:
Ich mache sehr viel auf der Arbeit und versuche den Bewohnern so viel wie möglich selbständig zu erledigen und mache quasi alles mit denen (Einkaufstraining, kochen, Arztbesuche usw.) und mir macht es richtig viel Spaß aber meine Kollegen sind nur am Heulen. Ich arbeite mit keine Pflegefachkräfte sondern mit Heilerziehungspflegern und Erziehern und wenn ein Bewohner die IKH voll hat hört man meistens bei der Übergabe unprofessionelle Sachen wie "Der ... hat heute wieder alles vollgekackt und war mega stressig".

Mich nerven nicht die Bewohner sondern meine Kollegen und selbst ein Anruf beim Betreuer ist meistens gleich "stress".
Kennt ihr Heilerziehungspfleger/ Erzieher und sind diese Berufsgruppen tatsächlich so überfordert mit allem und merken gar nicht wie chillig unsere Arbeit ist auf solchen Gruppen oder bin ich einfach zu empfindlich?
 
Du hast Probleme... Du wirst niemanden ändern, ändern kannst du nur deine Sicht auf andere.
 
Albert Einstein hat schon gesagt: „Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.“ ;)
 
Kennt ihr Heilerziehungspfleger/ Erzieher
Ja
und sind diese Berufsgruppen tatsächlich so überfordert mit allem
Nein

Erzieher kenne ich nicht aus dem Erwachsenenbereich, sondern nur aus Kita, Schule und Kinder- und Jugendpsychiatrie, deswegen lasse ich die mal außen vor und beschränke mich auf die Heilerziehungspfleger.
Eine Bekannte und eine gute Freundin von mir sind beide Heilerziehungspflegerinnen. Und beide sagen, dass man immer zwei Möglichkeiten hat, seinen Job zu machen. Entweder man macht nur das Nötigste, dann ist es mehr als chillig, und dann kann man auch schonmal den Blick für die Realität verlieren und selbst einen Wechsel von Inkontinenzmaterial, der außerhalb der planmäßigen Versorgungszeiten stattfinden muss, schon als Stress empfinden. Oder man "sucht sich Arbeit", soll heißen, man macht sich Gedanken darüber, wie man die Bewohner fördern kann in ihren Fähigkeiten und ihrem Alltag. Und dann führt man das auch durch.

Das ist also nicht anders als bei uns. Es gibt immer solche und solche. Leider gibt es da wie in jeder Berufsgruppe manchmal negative Teamdynamiken (ist in Pflegeteams nicht anders). Wenn jemand von der "Ich arbeite schnell das Nötigste ab und chille dann den restlichen Dienst"-Fraktion sehr dominant ist, färbt das oft auf andere ab, und viele übernehmen diese Arbeitseinstellung. Wenn jemand von der "Ich mache mir Gedanken, wie ich meine Arbeitszeit so sinnvoll nutzen kann, dass sie meine Bewohner weiterbringt"-Fraktion dominanter oder mitreißender ist, kann das das Team pushen und motivieren, ebenfalls engagierter zu arbeiten. Ich beobachte solche Dynamiken in jedem Team, in dem ich ausreichend Einblick dafür bekomme.

Das fängt manchmal ganz klein an, bei einem einzelnen Dienst, in dem man zu zweit ist. Ich persönlich gehöre eher zu der Gruppe der "Weltverbesserer" (übertrieben gesagt), möchte immer das Beste für meine Patienten herausholen. Bei der Mobilisation nochmal fünf Minuten auf der Bettkante sitzen üben zur Förderung der Rumpfstabilität, Wahrnehmungstraining mit verschiedenen Materialien, Spiele spielen, die Ressourcen fördern... Da ist natürlich nicht immer Zeit für, aber wenn ich die Zeit habe (seit Corona leider kaum noch der Fall :-( ), möchte ich sowas auch machen. Aber ob ich das tatsächlich mache, hängt immer stark davon ab, mit wem ich zusammen Dienst habe. Gott sei Dank sind viele meiner Kolleginnen ähnlich idealistisch veranlagt wie ich und ziehen mit. Aber wenn eine von den nicht so motivierten Kolleginnen die zweite im Dienst ist, fühle ich mich oft ausgebremst und mache dann auch nichts mehr in der Richtung. Das ist nicht gut, weiß ich selbst, aber ich kann mich da nicht gut behaupten.

Na ja, und je nachdem welche Gruppe in so einem Team die Mehrheit darstellt, ist dann häufig das Team als solches eher engagiert oder eher unmotiviert, egal was für Ausreißer es gibt. Das hat also gar nichts mit der Berufsgruppe zu tun.
 
Wenn jemand von der "Ich mache mir Gedanken, wie ich meine Arbeitszeit so sinnvoll nutzen kann, dass sie meine Bewohner weiterbringt"-Fraktion dominanter oder mitreißender ist, kann das das Team pushen und motivieren, ebenfalls engagierter zu arbeiten.

Amen! Dynamik im Team wird so so sehr unterschätzt. Motivation entsteht durch Stimmung und durch Identifikation. Erkennt man, dass man nicht für sich arbeitet und begreift sich als "Zahnrad" ohne dass es nicht geht, kann die Motivation so sehr nach oben schießen. Das oft zitierte "Mindset" ist mMn entscheidend.
 

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