Ist das Konzept Patientenverfügung gescheitert?

Der "gesunde Menschenverstand" irrt sich leider sehr häufig, ich halte ihn für keine zuverlässige Quelle. Du hast eine These aufgestellt, die Du nicht belegen kannst. Die NEXT-Studie z.B. hat sich mit dem Ausstiegswunsch aus dem Beruf befasst, "Betreuung von aussichtlosen Patienten" wurde dort nicht als Begründung genannt (oder ich habe es überlesen). https://www.baua.de/DE/Angebote/Pub...setzungen/Ue15.pdf?__blob=publicationFile&v=1

Ich verfüge über 20 Jahre Palliativerfahrung. "Aussichtslosere" Patienten gibt es nicht. Studien belegen eine größere Arbeitszufriedenheit und eine geringere Fluktuationsrate als in anderen Bereichen der Pflege, trotz der hohen psychischen Belastung. Arbeitssituation von Pflegekräften in der spezialisierten Palliativversorgung in Rheinland-Pfalz
Dir ist hoffentlich bewusst, dass die NEXT-Studie fast 15 Jahre alt ist!? Vielleicht hast Du diesen Passus in der Studie überlesen: »Die Arbeit von Pflegekräften kann – insbesondere wenn sie die Konfrontation mitschweren Erkrankungen und Tod mit sich bringt – eine ernstzunehmende Quelle affektiver Belastung sein. Die Fähigkeit von Pflegekräften mit diesen Stressoren umzugehen, ist vom Umfang ihres unterstü̧tzenden Umfeldes und der Möglichkeit abhängig, über die Lebensqualität der Patienten zu sprechen und diese zu verbessern (Rodary & Gauvain-Piquard 1993).« Gerade, wenn eine Verbesserung der Lebensqualitzät nicht möglich erscheint, dürfte die Belastung am höchsten sein.

Seit 2003 gibt es in Deutschland DRGs, durch die das System auf Wettbewerb getrimmt und ökonomisch motiviert wurde. Ob das einer der Gründe ist, weshalb die Anzahl der in WGs »gepflegten« Beatmungspatienten so dramatisch angestiegen ist? Schau doch mal hier:
 
@spade
Du kritisierst die NEXT Studie, weil sie zu alt sei, und zitierst eine Quelle von 1993? :roll: Aha.
Und zu Deinem Link:
Da steht viel Quatsch drin, u. a. ist Claus Fussek alles, aber kein Pflegeexperte.
Und die Zahl der Beatmungsfälle ist gestiegen, weil es jetzt technisch möglich ist. Diese Leute wären zum Großteil in den 90ern gestorben.
 
@spade
Du kritisierst die NEXT Studie, weil sie zu alt sei, und zitierst eine Quelle von 1993? :roll: Aha.
Und zu Deinem Link:
Da steht viel Quatsch drin, u. a. ist Claus Fussek alles, aber kein Pflegeexperte.
Und die Zahl der Beatmungsfälle ist gestiegen, weil es jetzt technisch möglich ist. Diese Leute wären zum Großteil in den 90ern gestorben.
Das Zitat war aus der Next-Studie. Ich denke, die Autoren haben das eingefügt, weil es unverändert gilt.

Wir haben fast 2020 und Du sagst »Diese Leute wären zum Großteil in den 90ern gestorben.«. Daraus entnehme ich, das Du Leute kennst, die seither künstlich beatmet werden!?
 
Schau mal auf meinen Einsatzbereich. 8-)
 
Schau mal auf meinen Einsatzbereich. 8-)
Willst Du sagen, dass davon ausgegangen wird, dass diese Menschen diese Behandlung gewünscht hätten oder bekommen sie die, weil ihre Patrientenverfügung das nicht explizit ablehnt und es keine Vertreter gibt, die einen ablehnenden mutmaßlichen aktuellen Willen glaubhaft machen können?
 
Vielleicht ist in dem Zusammenhang auch wichtig zu bedenken, dass der HVD auch nicht Nutznießer von unzureichenden Patientenverfügungen ist, im Gegensatz zu den Kirchen.
Welchen Nutzen haben die "Kirchen" von einer unzureichenden Patientenverfügung ?
Wobei der Begriff "Kirchen" für mich schwer zu definieren ist. DIE KIRCHE existiert nach meiner Ansicht nicht.

LG Einer
 
  • Like
Reaktionen: Martin H.
Welchen Nutzen haben die "Kirchen" von einer unzureichenden Patientenverfügung ?
Wobei der Begriff "Kirchen" für mich schwer zu definieren ist. DIE KIRCHE existiert nach meiner Ansicht nicht.

LG Einer
Es dürfte bekannt sein, dass Diakonie und Caritas in der Pflegetätig sind und beide großen christlichen Kirchen auch Betreiber von Krankenhäusern sind. Das dort christliche Nächstenliebe nicht das höchste Motiv ist, kann man u. a. auch am kirchlichen Arbeitsrecht erkennen.
 
Willst Du sagen, dass davon ausgegangen wird, dass diese Menschen diese Behandlung gewünscht hätten oder bekommen sie die, weil ihre Patrientenverfügung das nicht explizit ablehnt und es keine Vertreter gibt, die einen ablehnenden mutmaßlichen aktuellen Willen glaubhaft machen können?
Ich will damit sagen, daß beatmete Pat. mein Fachgebiet sind.
Im übrigen sind die nicht notwendigerweise alle palliativ, sondern vielfach im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte und froh, daß es uns gibt. Und die Möglichkeit der Beatmung.
Ohne die technischen Möglichkeiten der Beatmung wären viele nicht mehr am Leben und ohne uns müßten sie in stationäre Pflegeeinrichtungen.
 
  • Like
Reaktionen: Tryit
Ich will damit sagen, daß beatmete Pat. mein Fachgebiet sind.
Im übrigen sind die nicht notwendigerweise alle palliativ, sondern vielfach im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte und froh, daß es uns gibt. Und die Möglichkeit der Beatmung.
Ohne die technischen Möglichkeiten der Beatmung wären viele nicht mehr am Leben und ohne uns müßten sie in stationäre Pflegeeinrichtungen.
... und wie groß sind die Anreize, Patienten von der Beatmung zu entwöhnen? Es dürfte bekannt sein, dass das sehr mühselig ist und das Atmen unter künstlicher Beatmung sehr schnell verlernt ist.
 
... und wie groß sind die Anreize, Patienten von der Beatmung zu entwöhnen? Es dürfte bekannt sein, dass das sehr mühselig ist und das Atmen unter künstlicher Beatmung sehr schnell verlernt ist.
Die Anreize sind in der Tat sehr groß, da profitabel.
 
  • Like
Reaktionen: Bachstelze
Es dürfte bekannt sein, dass Diakonie und Caritas in der Pflegetätig sind und beide großen christlichen Kirchen auch Betreiber von Krankenhäusern sind. Das dort christliche Nächstenliebe nicht das höchste Motiv ist, kann man u. a. auch am kirchlichen Arbeitsrecht erkennen.

Du hast damit trotzdem noch nicht die Frage beantwortet, welchen Nutzen die "Kirchen" von einer unzureichenden Patientenverfügung haben.
 
  • Like
Reaktionen: Martin H.
Also zurück zu meiner Ausgangsfrage: Könnten besser Patientenverfügungen helfen, dass Menschen nicht über Monate und teilweise Jahre das erleiden müssen, ohne Aussicht auf Wiedererlangung einer selbstbestimmten Teilhabe am Leben? Und, kann sowas beobachten zu müssen Pflegekräfte demotivieren, in ihrem Beruf weiterzuarbeiten? Es ist mt mir klar, dass das nicht alle betrifft, aber es sollte doch unser aller Anliegen sein das Leiden von Menschen (egal ob Pflegekraft oder Patient) zu gut wie möglich zu vermeiden.
 
Du hast damit trotzdem noch nicht die Frage beantwortet, welchen Nutzen die "Kirchen" von einer unzureichenden Patientenverfügung haben.
Ach, ich dachte, das wäre offensichtlich: Durch Übertherapie und Sterbeverhinderung werden Millionenumsätze gemacht.
 
Zäumen Sie das Pferd mal von anderer Seite auf: Wieviele Angehörige möchten noch eine Maximal-Therapie, obwohl diese das Leiden des Patienten verlängern?

Man sollte schon mal beide Seiten einer Medaille betrachten, bevor man gewagte Thesen aufstellt.
 
  • Like
Reaktionen: Martin H.
Also zurück zu meiner Ausgangsfrage: Könnten besser Patientenverfügungen helfen, dass Menschen nicht über Monate und teilweise Jahre das erleiden müssen, ohne Aussicht auf Wiedererlangung einer selbstbestimmten Teilhabe am Leben?
Ich denke schon; vor allem sollten viele Menschen überhaupt erst mal eine machen.
Und, kann sowas beobachten zu müssen Pflegekräfte demotivieren, in ihrem Beruf weiterzuarbeiten?
Wenn es tatsächlich Einzelne gibt, dann sind das sicher nicht die Massen. Ich seh das wie Claudia. Die Hauptgründe für Berufsflucht sind andere.
 
Zäumen Sie das Pferd mal von anderer Seite auf: Wieviele Angehörige möchten noch eine Maximal-Therapie, obwohl diese das Leiden des Patienten verlängern?

Man sollte schon mal beide Seiten einer Medaille betrachten, bevor man gewagte Thesen aufstellt.
Gegen Angehörige, die unnötige Maximaltherapie fordern (die dann gerne gewährt wird, da einträglich) lässt sich auch nur mit einer guten Patientenverfügung und mit aufgeklärten verlässlichen Bevollmächtigten etwas machen. Wo ist da die andere Seite der Medaille?
 
Dies ist wohl die andere Seite der Medaille, die mit der These begann, dass es die (kirchlichen) KHs selber seien, und nur diese, die einen Sterbeprozess durch Maximaltherapie verhindern. Leander zeigt auf, dass dieser Wunsch nicht nur dem Profitdenken des Trägers, sondern auch den mittelbar Beteiligten entspringt.
 
  • Like
Reaktionen: Martin H.
Durch Übertherapie und Sterbeverhinderung werden Millionenumsätze gemacht.
Stimmt !!!
Interessanter weise habe ich dies "Übertherapie" bevorzugt an "nicht-kirchlichen" Universitätskliniken erlebt, wo den Patienten (und Angehörigen) noch therapeutische Möglichkeiten versprochen wurden. Die dann aber hauptsächlich den "Forschungs- und Ausbildungsquoten" halfen.
Im "kirchlichen" Haus habe ich dagegen eine Unterstützung durch engagierte Paliativ-Mediziner erlebt, die Patienten und Angehörige geholfen haben, human (und Schmerzarm) diese Welt verlassen zu dürfen.

Also bitte: unterlasse diese unangemessenen einseitigen Unterstellungen !!!

Einer
 
Um diese Inhalte anzuzeigen, benötigen wir die Zustimmung zum Setzen von Drittanbieter-Cookies.
Für weitere Informationen siehe die Seite Verwendung von Cookies.

Der Film hat mich tief betroffen.
 

Ähnliche Themen