Anfang der Neunziger ging es deshalb richtig zur Sache. Dank Verdi gab es Streiks. Habe selbst in einer Klinik gearbeitet, die bestreikt wurde. Das endetet mit großen Erfolgen und Zugeständnissen für unsere Leute, die jedoch langsam aber sicher und meist klammheimlich über die Jahre wieder abgebaut wurden.
Stimmt genau. Aber wie wollen wir den Abbau in Zukunft nachhaltig verhindern? Die Wahlprüfsteine des DPR enthalten gleich mehrere Ansätze.
Das, was verdi damals erstritten hatte, hat die Ökonomisierung per Fallpauschalen in der Pflege wieder zur Ader gelassen. Die Krankenhäuser konkurieren und investieren sich in den Ruin oder in lukrative Tempel für Investoren und behandeln drauf los, Hauptsache die Fallzahl ist hoch. Ein morbides System. Die Pflege hat keine echten Mitspracherechte. Dabei wäre sie mit ihrer Nähe zum Schicksal der Menschen ein echtes moralisches Korrektiv.
Allein über Tarife werden wir nicht mehr erreichen, als bisher. Wir können uns den höheren Organisationsgrad nicht herbeiwünschen. Wir brauchen neue Ansätze (zusätzlich), die über das hinausweisen, was uns nur bis hier her und nicht weiter geführt hat.
Da hat Elisabeth nun mal recht. Seit 1960 wird in regelmäßigen Abständen der Pflegenotstand ausgerufen (hier auf Seite 2 nachzulesen: Ulrike Peretzki-Leid (2002): "Der Pflegenotstand der Krankenpflege in Krankenhäusern der Akutversorgung in seiner gesellschaftlichen Dimension").
@calypso: Ja, hat sie. Aber was nützt es mir, wenn auf meinem Grabmahl steht, "Er hatte bis zuletzt Recht behalten"? Ich wäre nicht stolz darauf (Elisabeth sicher auch nicht!).
Abgesehen davon wurde damals der Pflegenotstand ausgerufen, weil die Krankenhäuser einfach nicht mehr genug Pflegepersonal hatten. Der Pflegenotstand von heute ist geprägt durch Benachteiligung der Pflege gegenüber den anderen Gesundheitsberufen, durch die Unatraktivität des Berufes (zumindest für viele potentielle Auszubildende) und durch die kopfstehende Alterspyramide, die besonders im Altenpflegebereich mit voller Härte zuschlagen wird. In den Krankenhäusern war damals niemand dramatisch gefährdet. In der Altenpflege werden viele Pflegebedürftige an Druckgeschwüren sterben, weil auch ein MDK Qualifikation nicht in Stippvisiten herbreiprüfen kann. Viele werden in ihren Exkrementen stundenlang liegen bleiben, weil die Pflegenden überfordert sein werden (zum Teil heute schon sind) oder innerlich ausbrennen (Gewalt in der Pflege ist ein Symptom dafür) und weil es keinen Nachwuchs geben wird, der bereit ist, andere zu pflegen und gleichzeitig zu wissen, dass man selbst nicht mehr mit Hilfe rechnen kann, wenn es soweit ist. 1960 war es ein Notstand, der die Krankenhausversorgung beeinträchtigte - der Pflegenotstand, um den es diesmal geht, wird lebenswertes Leben zerstören und das massenhaft. Die Zahlen sprechen so eine klare Sprache, dass die Politiker sie am liebsten gar nicht erst in den Mund nehmen. Schlechte Nachrichten machen nicht popular.
Ich war Mitglied im DBfK und habe dort auch sehr aktiv mitmachen wollen. Aber das Tempo und die Veränderungsbereitschaft sowie die Effektivität von Arbeitsgruppen waren mir zu langsam. ... im Endeffekt, wenn es dann an Aktivitäten u. richtiger Arbeit kam, blieben nicht viele übrig, die noch dabei waren. ...
@squaw: Ich muss die Filme nicht selbst drehen, die ich mir im Kino ansehe, aber mit einem kleinen Ticket kann ich trotdem teilhaben. Tritt wieder ein in den DBfK, wenn er der Dir am nahestehndste Berufsverband ist. Die sind in den letzten 20 Jahren viel besser geworden. Lass die die Filme drehen und zeigen und schau einfach zu, aber zahl Dein Ticket, gerade Du, die Du Deine Leidenschaft für Berufspolitik noch im Leibe hast. Aktivisten braucht es einige, aber Mitglieder (auch ein Beitrag ist ein Beitrag) braucht es noch viel mehr.
Du kannst mich nicht schon wieder so lange Dir zu Füßen liegen lassen.