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@wh: ich weiß, daß das hier kein Kammer-Threat ist. Du wirst aber zugeben, daß der DPR nicht unwesentlich mit dem Kammergedanken zusammenhängt, um es vorsichtig zu formulieren. Aus meiner Sicht ist das eine gar nicht mehr vom anderen zu trennen. Und Kampagnen, welcher Art auch immer, schon mal gleich gar nicht.
@squaw: Ja, das will ich gerne zugeben. Der Zusammenhang ist da. Der DPR hat ein paar Funktionen, die eine Bundespflegekammer übernehmen könnte, wenn wir davon ausgehen, dass der DPR das Äquivalent zur Bundesärztekammer ist.
Es gibt aber auch sehr deutliche Trennlinien:
- Der Unterschied ist, dass der DPR kein Mandat der gesamten Berufsgruppe hat und dass seine Mittel im Vergleich zu den Kammern äußerst bescheiden sind, weil die Berufsgruppe als Ganzes bisher keinen Beitrag zu seiner Verantwortung leistet. Das macht den DPR drastisch unterlegen gegenüber den anderen Interessenvertretungen.
- Eine weitere Trennlinie ist, dass beim DPR derartige politische Kampagnen nur deshalb möglich sind, weil er keine Körperschaft öffentlichen Rechts ist und auch kein Zusammenschluss von solchen. Wäre er eine, dürfte er nur sachbezogene Kampagnen fahren, die in sein Zuständigkeitsgebiet fallen, wie z. B. Kampagnen zur Personalentwicklung oder zur Einhaltung ethischer Berufsrichtlinien.
An der von Dir so leidenschaftlich unterstützten Kampagne ist vieles gut und richtig. Für mich ist es aber ein buntes Sammelsurium von durchaus berechtigten Forderungen, die man nach meiner Meinung nicht in einen Topf werfen kann. Die Interessen unseres Berufsstandes sind andere als die der Pflegebedürftigen oder ihrer Angehörigen.
Ich finde die Zusammenstellung äußerst anspruchsvoll. Ich teile fast alle Forderungen. Manche sind mir wichtiger als andere. Wenn das der Konsens unserer Berufsgruppe ist, kann ich mit den Forderungen sehr gut leben. Wenn der DPR eine Kammer wäre, wäre dieser Konsens innerhalb der Berufsgruppe nach demokratischen Regeln der Mitbestimmung aller Mitglieder entstanden. Da der DPR keine Kammer ist, kann er nur die Partikularinteressen der mitwirkenden Berufsverbände vertreten.
Wenn der DPR eine Kammer wäre, wäre seine Zielsetzung satzungsgemäß auf das Interesse der gesamten Bevölkerung nach einer qualitätiv angemessenen Qualität ausgerichtet. Das nehmen die Verbände sicher auch für sich in Anspruch, jedoch nicht mit gesetzlicher Verpflichtung dazu.
@squaw: Du müsstest jetzt eigentlich im Gegenzug zugeben, dass eine Kammer in diesen Punkten Deiner Kritik durchaus entgegenkäme.
Was mich persönlich am meisten stört, ist der Titel. "Ich will Pflege, weil..." ich will Pflege überhaupt nicht! ich will, daß wir unter akzeptablen Umständen pflegen können. Ich will, daß die Gesellschaft unseren Beitrag akzeptiert uund honoriert. ich will, daß alle Berufsgruppen im GW das genauso tun. ich will, daß die Patienten unsere Arbeit wertschätzen. DAS will ich. Und nicht "Pflege"...
Ja, den Slogan finde ich auch nicht gerade prickelnd.
Aber Du spricht ein Dilemma der Pflege an. Niemand möchte pflegebedürftig werden. Aber jeder möchte ein gutes Leben in der Rente führen. Das führt dazu, dass viele für die Rente vorsorgen. Aber Geld zurücklegen für den Fall, dass man ein Pflegefall wird, ist mit negativen Gedanken besetzt und wird von den meisten Menschen hinausgeschoben, wie die Pflegereform durch die Regierung.
Wir Pflegenden arbeiten in einer Zone, die von der Gesellschaft gerne ausgeblendet wird. Wenn es dann aber soweit ist, soll auf einmal die Allgemeinheit einspringen. Die Beiträge der Pflegeversicherung dürfen nicht zur Belastung werden und wenn der Fall eintritt, wird auf die Sozialhilfe zurückgegriffen. Die Kommunen müssen das auffangen. Und wir Pflegenden bekommen den Schwarzen Peter weitergereicht, weil wir der Kostenfaktor sind.
Wenn wir zu teuer sind, geht's zur Konkurrenz. Wenn wir dann keine gute Qualität mehr leisten, wird der Kontrolldruck erhöht. Und damit es nicht zu teuer wird, wird über vieles großzügig hinweg gesehen. Die Missstände werden nicht wirklich angegangen. Aber die Pflegerkräfte wandern immer schneller ab aus ihrem Beruf, weil sie sich das irgendwann nicht länger antun. Der allgemeine Fachkräftemangel öffnet vielen neue Türen - außerhalb der Pflege.
@squaw: Wäre es da nicht gut, wenn wenigstens der DPR es schafft, die eigenen Berufsgruppe zu mobilisieren?
Und außerdem: Die Forderungen des DPR vertreten nicht nur die Interessen der Berufsgruppe, sondern auch die der Gesellschaft. Du hast die Wahlprüfsteine gelesen.
- Z. B. der Pflegebedürftigkeitsbegriff: Er erfasst auch die Menschen, die bisher kläglich vernachlässigt wurden.
- Z. B. die Schnittstellen zwischen den Sozialgesetzbüchern: Finanzierungsgrenzen, die sich als Barrieren für gut Versorgungsqualität erweisen.
- Z. B. das Präventionsgesetz: Davon profitieren die Menschen und sicher viele Gesundheitsberufe, die jetzt an der Barriere der ärztlichen Verordnung scheitern.
- Z. B. die Pflegeforschung: Es gibt noch viele ritualisierte Methoden und ausgeblendete Handlungsfelder in der Pflege, die von therapeutischer Bedeutung sind, Heilungserfolge sichern und präventiv wirken - gut für die Lebensqualität.
@squaw: Es kommt vielleicht etwas konfrontativ rüber, wenn ich so ausführlich auf einzelne Punkte eingehe. Es ist nicht so gemeint. Bitte stell Dir vor, ich sitze vor Dir in einem Bistro bei einem Glas Wein und tausche mich ganz entspannt mir Dir aus.
Was meinst Du? Willst Du Dich nicht mit ein paar Abstrichen auf einen Konsens nach dem Muster des DPR einlassen - aus Überzeugung natürlich, einschließlich der Überzeugung, dass es ohne Kompromisse nichts werden kann?
Für Dein "Ja-Wort" stell Dir mich auf Knien neben dem Bistrotisch vor - äh - nee, dass wäre dann ja eher Überredung. Ich bleibe sitzen und höre Dir zu.